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Unsere Bilder aus Chemnitz AfD an der Seite von Neonazis

Am Samstag ist die AfD in Chemnitz Seite an Seite mit Rechtsextremen aufmarschiert. Ständig grölte die rassistische Menschenmenge „Lügenpresse, Lügenpresse“ – schließlich kam es zu massiven Angriffen auf Journalist*innen. Unsere Bilder aus Chemnitz.

 
(Quelle: BTN)

 

 

Am Samstag, den 1. September, ist wieder ein rechtsextremer Mob durch Chemnitz gezogen. Zunächst fand um 16 Uhr eine Kundgebung am Karl-Marx-Denkmal der örtlichen rechtsextremen Wählervereinigung „Pro Chemnitz“ statt. Die Verantwortlichen brachen ihre Kundgebung allerdings vorzeitig ab, um zum wenige Meter entfernten Parteibüro der AfD zu gehen. Von dort hatten AfD und Pegida ab 17.30 zu einem angeblichen „Trauermarsch“ mobilisiert. Vor rund einer Woche kam der Chemnitzer Daniel H. ums Leben. Rechtsextreme missbrauchen seither diesen tragischen Fall für ihre Zwecke, um Ängste in der Bevölkerung vor Migrant*innen zu schüren. Und so machte sich eine Menschenmenge an 1.500 Aufgepeitschten auf den Weg zum AfD-Büro in der Theaterstraße.

Zwar hatten AfD und Pegida explizit darauf hingewiesen, dass die Teilnehmer*innen einheitlich in dunkler Trauer-Bekleidung erscheinen sollten, doch daran hielten sich die wenigsten. Einige Teilnehmer*innen trugen Kleidung bekannter Neonazi-Marken, NS-verherrlichende Pullover, einer trug ein abgewandeltes Hakenkreuz als Kette (die Polizei meinte allerdings dies sei nicht strafrechtlich relevant), einer hatte einen Pullover des „Schild & Schwert“-Festivals (SS-Festival), dass im April von NDP-Kader Thorsten Heise organisiert wurde. Mindestens ein Teilnehmer trug ein Shirt, auf dem er seine Solidarität mit der verurteilten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck zum Ausdruck brachte. Einige der Teilnehmer*innen waren vor zwei Wochen bereits beim NS-verherlichenden Rudolf Heß-„Gedenkmarsch“ in Berlin mit marschiert.

In der Theaterstraße, wo sich nun über 5.000 Menschen versammelt hatten, wurde die Stimmung dann nach und nach aggressiver. Der Beginn der Demonstration wurde immer wieder verschoben. Erst gegen 18 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung, weitestgehend schweigend. Am Rande dieses angeblichen „Trauermarsches“ kam es zu einem Zusammenstoß zwischen einigen vom linken „schwarzen Block“ und aggressiven Rechtsextremen. Es flogen Flaschen und Stühle. Als die Polizei die Situation unter ihre Kontrolle bringen konnte, wurden Gegendemonstrant*innen von der Polizei bis spät in die Nacht eingekesselt.

Als der braune Mob, mit Björn Höcke und weiteren AfD-Kadern in den ersten Reihen, schließlich am Karl-Marx-Denkmal angelangt war, wurde ihnen der Weg hin zum Tatort, an dem Daniel H. verstarb, untersagt. Es wären nur noch wenige Meter bis dorthin. Auf der anderen Seite des Tatorts fand die Gegendemo „Herz statt Hetze“ mit rund 3.500 Menschen statt, zu der ein breites Bündnis aus der Zivilgesellschaft aufgerufen hatte. Auf der Straße stellten einige von ihnen nachgebastelte Grundgesetze zu einer symbolischen Blockade auf.

 

Massive Angriffe auf Journalist*innen

Als die Verantwortlichen schließlich verkündeten, dass man nicht zum Tatort gehen werde, sondern zurück zum AfD-Parteibüro und die Demonstration für beendet erklärte, schäumte die Menge und versuchte. an der Polizeikette vorbeizukommen. Die meisten AfD-Politiker*innen machten sich zu diesem Zeitpunkt schleunigst aus dem Staub – schließlich sollten, nach dieser Inszenierung, keine negativen Bilder mit ihnen entstehen. Nun wurde die Situation vollends unübersichtlich. Einigen Rechtsextremen gelang es, hinter die Polizeikette zu kommen. Da keine Gegendemonstrant*innen in Sicht waren, entlud sich die ganze Wut und Aggression an den anwesenden Journalisten. Es kam zu massiven Angriffen auf Berichterstatter*innen – auch unser Team wurde massiv von einer rechtsextremen Kampfsport-Gruppe eingeschüchtert. Auch als wir Polizeibeamt*innen darauf hinwiesen, dass wir so nicht mehr unsere Arbeit machen können, wurden keine Maßnahmen zum Schutz der Journalist*innen getroffen.

Obwohl ein Wasserwerfer vorfuhr (der allerdings nicht zum Einsatz kam), drängte der rechtsextreme Mob immer weiter in Richtung Tatort. Die Polizei forderte die Menge mehrfach auf, sich auf den Heimweg zu machen. Schließlich ließen sie jedoch vereinzelte Personen aus der Absperrung durch. Und so versammelte sich schließlich doch eine recht große Gruppe am Tatort, wo sie abermals, angeblich trauernd, Pegida-Parolen anstimmte und abermals „Lügenpresse, Lügenpresse“ skandierte.

Am Abend wurde ein 20-jähriger Afghane von vier vermummten Personen angegriffen. #AfDwirkt

 

Unsere Bilder aus Chemnitz

 

Chemnitz: "Pro Chemnitz" und AfD Kundgebung am 01.09.2018

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