1. Mai ist Demotag. In ganz Deutschland gab es 2022 nach vielen abgesagten oder eingeschränkten Veranstaltungen während der Coronapandemie wieder Veranstaltungen. Auch in diesem Jahr waren Rechtsextreme unterwegs, zum Beispiel in Zwickau. Dort versuchte die Neonazi-Kleinstpartei „Der III. Weg” Stärke zu zeigen, mobilisierte aber letztendlich nur etwa 250 Anhängerinnen zu einer Demo, die nur unter strengen Auflagen stattfinden durfte.
Den Belltower.News-Demobericht aus Zwickau hier lesen.
Rechtsextreme hatten an verschiedenen Orten in Deutschland Demos organisiert, aber auch Impfgegner:innen, Corona-Leugner:innen und Maßnahmen-Kritiker:innen wollten zum Tag der Arbeit leider nicht zu Hause bleiben. Ein unvollständiger Überblick über Demonstrationen am 1. Mai 2022.
Erfurt – „Neue Stärke”
In Erfurt demonstrierte die Neonazi-Partei „Neue Stärke”. Die Gruppierung wurde 2020 in der thüringischen Landeshauptstadt von Personen gegründet, die bereits die Neonazi-Parteiszene von NPD, „Die Rechte” oder „Der III. Weg” durchwandert haben. Letzteres diente der Neugründung als Vorbild für eine neue Parteistruktur. Mittlerweile gibt es Ableger in Sachsen-Anhalt, Rheinhessen und Gera. Zur Demo am 1. Mai reisten auch Kader aus anderen Bundesländern an.
Besonders erfolgreich war die Mobilisierung trotzdem nicht. Laut Zählung der Thüringer Allgemeinen nahmen 134 Personen an der Neonazi-Veranstaltung teil. Trotz weniger Teilnehmer:innen versuchten die Rechtsextremen offenbar so martialisch wie möglich zu wirken. Vor ihrem Demozug legten sie eine Regenbogenflagge und die Fahne der Sowjetunion, sodass die Neonazis demonstrativ darüber laufen konnten.
Der Auftritt der Neonazis in Erfurt zeigt nicht zum ersten Mal verräterische Ähnlichkeiten zum „III. Weg”. Sowohl das Logo der Partei, die sich mit NS abkürzt, ist schwer vom Logo der älteren Gruppierung zu unterscheiden, auch Outfits, Farben und Ideologie sind sich ziemlich ähnlich. Kein Wunder also, dass die „Neue Stärke” sich, genau wie der „Der III. Weg” pro-ukrainisch positioniert.
In Erfurt hatte aber auch die, in Thüringen laut Verfassungsschutz rechtsextreme, AfD zu einem Autokorso aufgerufen. Allerdings nur mit mäßigem Erfolg. 300 Fahrzeuge waren angemeldet, zwischen 85 und 100 nahmen am Ende teil.
Dortmund – „Die Rechte”
In Dortmund demonstrierte die Neonazi-Kleinstpartei „Die Rechte” mit 220 Teilnehmenden. Schon lange ist die Partei in der Stadt etabliert, in Dortmund-Dorstfeld beansprucht sie eine Straße für sich. Die Stadt versucht den Neonazis, mal mehr, mal weniger erfolgreich etwas entgegenzusetzen, unter anderem wie am diesjährigen 1. Mai mit Auflagen.
So wurde etwa die Anzahl der Fahnen beschränkt, um „einschüchterndes und angsteinflößendes Auftreten von Rechtsextremisten” zu verhindern, heißt es in einer Stellungnahme.
Das Ziel, die Demo so ungemütlich wie möglich für die Neonazis zu gestalten, wurde aber nicht nur durch Auflagen und daraus resultierende Verspätungen erreicht, sondern auch durch den Einsatz der Zivilgesellschaft. Mindestens 350 Personen beteiligten sich an antifaschistischen Gegenprotesten und Sitzblockaden, die den Neonazi-Umzug vom Dortmunder Hauptbahnhof bis fast zum sogenannten „Nazikiez” in Dorstfeld begleiteten.
Berlin: Corona-Leugner:innen
Auf der Querdenken-Demonstration „Freedom Parade” im Berliner Wedding waren ungefähr 300 Teilnehmer:innen vor Ort. Das Motto der Demonstration lautete: „Pandemie und Krieg = Profit für die Konzerne!” Zur Veranstaltung aufgerufen hatten unter anderem die Partei „Die Basis” und die Querfront-Gruppierung „Freie Linke”. Mitorganisator:innen der „Freedom Parade” waren die Aktivistin Bettina Lube, die bis vor kurzem mit dem Schweizer Rechtsextremisten Ignaz Bearth liiert war, außerdem der bei seinen Auftritten als Superheld kostümierte „Captain Future“. Teilnehmer:innen und Redebeiträge positionierten sich gegen die Corona-Maßnahmen und für Russland, der russische Propaganda-Kanal „InfraRot” dokumentierte die Veranstaltung mit einem Livestream. Antifaschist:innen hatten zu Gegenprotesten aufgerufen, an denen sich etwa 150 Personen beteiligten.
Kleine Veranstaltungen
In ganz Deutschland versuchten Corona-Leugner:innen, den 01. Mai für ihre reaktionären Falschbehauptungen zu instrumentalisieren, wenn auch in der Regel mit nur mäßigem Erfolg.
Querdenken-Demonstration fanden unter anderem in Würzburg, Baden-Baden oder Düsseldorf statt. Auch in Wernigerode in Sachsen-Anhalt marschierten zwischen 100 und 200 Menschen aus dem verschwörungsideologischen und prorussischen Spektrum. In Dresden veranstaltete die AfD auf dem Theaterplatz zum „Wahlkampfauftakt der OB-Wahl” ein Bratwurstessen mit musikalischer Begleitung, auf dem auch Vertreter:innen der Querdenken-Bewegung, zum Beispiel der Youtuber Ilia Tabere, der unter dem Namen ElijahTee auftritt, gesichtet wurden. Trotz der Behauptung, eine bürgerliche Partei zu sein, kam es auch in Dresden zu Bedrohungen gegenüber „Menschen mit abweichenden Meinungen”, wie Demobeobachter:innen berichten.