Der Kölner Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn bestätigte den Vorgang dem Kölner Stadtanzeiger. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen, da S. gegen das Urteil in Berufung gegangen ist. Laut dem Bündnis „Köln gegen rechts“ gehört der Böllerwerfer zum Umfeld des Vereins „Begleitschutz Köln“ und „Internationale Kölsche Mitte“. Vor allem Ordner, Fotografen und Freiwillige wurden bei dem Böllerwurf verletzt und erlitten Knalltraumata.
Der „Begleitschutz Köln“ gründete sich offenbar nach den Ereignissen der Silvesternacht 2015 in Köln. Mitglieder des Vereins sollen 2016 an Übergriffen durch eine selbsternannte „Bürgerwehr“ beteiligt gewesen sein, bei denen es zu Hetzjagden gegen Migrant*innen in der Kölner Innenstadt gekommen war. Insgesamt elf Menschen wurden dabei verletzt. Sechs Pakistaner, zwei Syrer und drei Personen aus Neu-Guinea wurden von größeren Gruppen getreten und geschlagen. Zwei der Opfer mussten im Krankenhaus behandelt werden.
Der „Begleitschutz“ organisierte sich hauptsächlich über Facebook. Als Sprecher der Gruppierung präsentierte sich Dennis Mocha und gründete einen gleichnamigen Verein. Auf seiner Website bot er „sicheren Transport“ für vermeintlich „hilflose Bürger“ durch „motivierte Helfer“ an. Für einen Monatsbeitrag von fünf bis 20 Euro konnten die Dienste des Vereins in Anspruch genommen werden. Die Polizei warnte vor der rechten Gruppierung – mehrere der Mitglieder seien vorbestraft. Auch die Kölner „Mobile Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus“ ordnet sie „der Hooligan- und Türsteherszene“ zu „mit vereinzelten Kontakten zu offen rechtsradikalen Gruppierungen“.
Nach Informationen von „Köln gegen rechts“ ist die die Gruppe weiterhin aktiv und nimmt immer noch an rechtsextremen Demonstrationen teil. S. – der unter anderem wegen Drogenbesitzes vorbestraft ist – ist laut der Recherchegruppe oft mitvertreten. Am 14. Oktober 2018 veranstaltete der „Begleitschutz“ eine Demo am Breslauer Platz in Köln. Hier soll S. den Hitlergruß gezeigt haben. Die Demo war allerdings für den „Begleitschutz“ nicht besonders erfolgreich: Lediglich 18 Teilnehmer*innen fanden sich ein, ein Programm oder Redebeiträge gab es nicht.
Nach dem Böllerwurf im Stadion läuft jetzt ein weiteres Verfahren wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und gefährlicher Körperverletzung gegen S. Der 1. FC Köln hat ihn mit einem bundesweiten Stadionverbot über drei Jahre belegt, die Höchstdauer für Ersttäter.
Darüber hinaus könnten aber auch eine Geldstrafe auf S. zukommen. Der Verein hat bereits angekündigt, S. in Regress zu nehmen, sollte der DFB eine Verbandsstrafe wegen des Böllerwurfes aussprechen. Das könnte teuer werden. 2014 hatte ein Mann einen Böller auf der Nordtribüne im Spiel gegen Paderborn gezündet. Der Täter musste 20.340 Euro Strafe zahlen.
Foto oben: Flickr / Ralf Heid / CC BY-NC 2.0