In dem Parteiausschlussantrag des Bundesvorstands gegen den Thüringer AfD-Politiker Björn Höcke heißt es laut „Tagesspiegel“-Recherchen: „Der AG“ – gemeint ist der Antragsgegner Höcke – „hat unter dem Namen ,Landolf Ladig‘ in den NPD-Veröffentlichungen ,Volk in Bewegung‘ und ,Eichsfeld-Stimme‘ Artikel verfasst.“
Aus dem Anwaltsschreiben geht weiter hervor, dass „vernünftige Zweifel daran, dass der Antragsgegner unter der Bezeichnung ,Landolf Ladig‘ veröffentlicht hat, nicht mehr möglich“ seien. Vertreten wird der Bundesvorstand in dieser Angelegenheit von Frauke Petry, Klaus Fohrmann und Julian Flak.
Was macht die Cusa „Landolf Ladig“ so brisant?
In mehreren NPD-nahen Veröffentlichungen zwischen den Jahren 2011 und 2013 wurde eben unter jenem Pseudonym die NS-Zeit verherrlicht und die NPD gelobt.
Der Soziologe Andreas Kempers analysiert seit 2015 auf seinem Blog die These, dass Höcke hinter dem Pseudonym „Landolf Ladig“ stecke.
Kemper schreibt in einer detailreichen Analyse von 2016: „ „Ladig“ hat nicht einfach nur im NPD-Magazin 2012 dazu aufgerufen, die NPD zu wählen. Er hat zudem in Heises ‘„Volk in Bewegung’ geschrieben und dieses Blatt ist eher rechts von der NPD anzusiedeln. Entsprechend waren auch die Texte von „Ladig“.“
Höckes NPD-Verbindungen
Veröffentlicht wurden die Ladig-Texte 2011 und 2012 in den Magazinen „Volk in Bewegung“ und „Eichsfeld-Stimme“. Diese Zeitschriften wurden von dem militanten Neonazi Thorsten Heise herausgebracht, der heute Thüringer NPD-Landeschef und stellvertretenden NPD-Bundesvorsitzenden ist. Kemper weist zu Recht darauf hin, dass Höcke im Falle einer Bestätigung dieses Vorwurfs von dem militanten Neonazi Heise erpressbar gewesen wäre.
Belastende Argumentationskette gegen Björn Höcke
Kempers Argumentationskette wirkte bereits 2015 derart belastend, dass der damalige AfD-Bundesvorstand unter Bernd Lucke von Höcke verlangte, dieser solle eine eidesstattliche Versicherung abgeben, dass er nicht unter dem Pseudonym „Ladig“ geschrieben habe. Höcke kam dieser Aufforderung nicht nach. Allerdings beteuerte er in einer persönlichen Erklärung: „Ich habe zu keinem Zeitpunkt unter dem Pseudonym Landolf Ladig Texte geschrieben (…).“
Selbst die kleinsten NPD-Funktionäre sollen von Höckes Aktivität gewusst haben
Als weiterer Beleg für die Höcke-Ladig-Verbindung ist dem Antrag eine Erklärung des ehemaligen thüringischen AfD-Chef Matthias Wohlfart beigefügt, in dem es um ein geheimes Treffen des ehemaligen Südthüringer AfD-Kreischefs Heiko Bernardy mit Höcke geht.
Der „Tagesspiegel“ zitiert: „“Hier ist ein Gespräch geführt worden, in dem der AG (Höcke, d. Red.) Herrn Bernardy gegenüber unverblümt zugegeben hat, dass er Landolf Ladig ist. Herr Bernardy führte darüber hinaus noch aus, dass selbst dem kleinsten NPD-Funktionär die früheren Aktivitäten des AG kein Geheimnis seien.““
Machtkampf zwischen Petry und Höcke
Nach Höckes Dresden-Rede im Januar, als er das Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der Schande“ bezeichnete, will der Teil der AfD, der in diesem Zusammenhang als gemäßigt bezeichnet werden könnte, den Rechtsaußen-Politiker aus der Partei werfen. Im Februar entschied sich der Bundesvorstand mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit für einen Rauswurf. Doch die endgültige Entscheidung liegt beim Landes- und anschließend beim Bundesschiedsgericht.
Wann sich das Thüringer Landesschiedsgericht zum Ausschlussantrag gegen Höcke äußert, ist unklar. Eine Entscheidung dürfte es aber nicht vor dem AfD-Bundesparteitag am 22. und 23. April geben.
Höcke fährt nicht auf den AfD-Parteitag nach Köln
Auf einem am Mittwoch veröffentlichten Facebook-Video kündigt Björn Höcke an, nicht auf den Bundesparteitag zu fahren. „Ich möchte nicht Anlass dafür geben, einen Skandal zu initiieren“, so Höckes Begründung. Er spricht davon in den letzten Tagen „auch von Parteifreunden“ hart angegangen worden sei.
Der Fall „Ladig“ zeigt einmal mehr die innerparteilichen Spannungen der AfD. Die Entscheidung über ein Parteiausschlussverfahren Björn Höckes wird richtungsweisend sein, wie sich die AfD in Zukunft aufstellen wird. Sollte das Verfahren scheitern, würde dies wohl das Ende von Frauke Petry und jenen Kräften innerhalb der Partei bedeuten, die versuchen, dem Rechtsaußen Flügel Einhalt zu gebieten.