Aus dem Stand hat die AfD bei den Kommunalwahlen in Hessen vielerorts Ergebnisse im zweistelligen Bereich erzielt. Wie der Landeswahlleiter am frühen Montagmorgen in Wiesbaden bekanntgab, bleibt die CDU mit landesweit 28,2 Prozent stärkste Partei, knapp vor der SPD mit 28,0 Prozent. Drittstärkste Kraft im Land wäre die Alternative für Deutschland mit 13,2 Prozent – sie ist aber nur in in 18 von 426 Gemeinden angetreten. Die Grünen kommen auf 11,6 Prozent und müssen mit diesem Ergebnis die höchsten Verluste dieser Wahl hinnehmen. Mit einem amtlichen Endergebnis wird allerdings nicht vor Donnerstag gerechnet.
Die AfD strebt trotz ihrer Erfolge keine Koalitionen in den Kreis- und Gemeindevertretungen an. Wie der Sprecher des hessischen Landesverbandes, Peter Münch, erklärte, sei es für eine so junge Partei wie die AfD gut, erst einmal aus der Opposition heraus zu agieren.
Der Wahlerfolg der AfD ging zu Lasten mindestens einer „alteingesessenen“ rechtspopulistischen Wahlliste – die Frankfurter Liste „Bürger für Frankfurt“ kam nur auf 2,8% bei der Wahl zum Römer, dem Frankfurter Stadtparlament. Auf die AfD entfielen hier voraussichtlich 10,2 Prozent der Stimmen.
Die NPD profitiert dort, wo die AfD nicht antritt – Lokal bis zu 32 Prozent der Stimmen
Die von einem Parteiverbot bedrohte rechtsextreme Partei NPD hat in der mittelhessischen Kleinstadt Büdingen mehr als 14 Prozent der Stimmen erhalten. Im Vergleich zur letzten Kommunalwahl gewannen die Rechtsextremen damit mehr als 12 Prozentpunkte hinzu. In der Stadt mit circa 21.000 Einwohnern gibt es eine der größten Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge in Hessen. Der lokale NPD-Ableger hat in der Vergangenheit intensiv Stimmung gegen die Einrichtung gemacht – online, mit Demonstrationen und mit zahlreichen Plakaten mit der schlichten Forderung „JETZT ABSCHIEBEN“. Das hohe Ergebnis der NPD in Büdingen ist damit der traurige Beweis, dass rassistische Mobilisierungen in der Konsequenz zu rechtsextremen Wahlerfolgen führen.
Spitzenkandidat der NPD ist in Büdingen der Stadtverordnete und Wetterauer Kreistagsabgeordnete Daniel Lachmann, der auch Landesgeschäftsführer und stellvertretender Landesvorsitzender der hessischen NPD ist. Bei der vorherigen Wahl im Jahr 2011 hatten nur 2,2 Prozent der Wähler in Büdingen für die Rechtsextremen gestimmt.
In einem Ortsteil von Büdingen wird die NPD voraussichtlich sogar stärkste Kraft: Im kleinen Ortsteil Michelau, mehr als 5 Kilometer außerhalb der Stadt gelegen und fernab der Erstaufnahmeeinrichtung, erhielt sie in den Trendergebnissen 31,8 Prozent der Stimmen. Die Michelauer wählten damit mehrheitlich für die Nazis – die wurden noch vor CDU und SPD stärkste Kraft.
In der Stadt Leun im Lahn-Dill-Kreis erhielt die NPD sogar noch mehr Stimmen als in Büdingen – hier kam sie am Sonntag auf 17,3 Prozent. Vor fünf Jahren hatte die Partei in der 6000-Einwohner-Stadt dort 5,2 Prozent erzielt. In der Gemeinde Altenstadt konnten die Rechtsextremen ihren Stimmenanteil gegenüber 2011 von 1,2 Prozent auf 12,3 Prozent verzehnfachen.
Die Splitterpartei REP („Die Republikaner“) erreichte in Hanau, eine gut 90.000 Einwohner zählende Stadt, 12,4 Prozent der Stimmen. Weit überdurchschnittlich schnitten die Republikaner ebenfalls in Ebersburg (9,8 Prozent) und Fulda (8,7 Prozent) ab – landesweit erhieltdie Partei im Durchschnitt 0,2 Prozent der Stimmen.
Dass die NPD überall dort, wo die AfD nicht zur Kommunalwahl antritt, solche satten Zugewinne verzeichnen kann, zeigt vor allen Dingen: Die AfD wird wegen ihrer flüchtlingsfeindlichen und rechtspopulistischen Positionen gewählt. Ein relevanter Teil der Stimmberechtigten Hessen_innen hat für eine flüchtlingsfeindliche Politik in den Kommunalparlamenten gestimmt. Was das für die politische Kultur in den Kommunen für die nächsten Jahre bedeutet, lässt sich deutlich an den Beiträgen der führenden AfD-Politiker zur Flüchtlingsdebatte ablesen. Die AfD vergiftet das politische Klima in Deutschland nachhaltig und verhilft selbst totgeglaubten Kleinparteien wie der NPD zu Wahlerfolgen.
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