Vor wenigen Wochen haben Unbekannte in der Bremer Rahma-Moschee rund 50 Koranexemplare zerrissen und die Überreste in die Toilette gestopft. In Mönchengladbach haben Unbekannte einen Schweinekopf vor eine Moschee platziert. In Rostock wurde ein Schweinekopf auf ein Gelände gelegt, auf dem eine Moschee gebaut werden soll. In Bremen stach ein 27-Jähriger einen 16-Jährigen aus islamfeindlicher Motivation mit einem Messer in den Hals. Das sind nur einige islamfeindliche Übergriffe aus diesem Jahr. Hinzu kommen noch Einschüchterungen, rassistische Schmierereien und Morddrohungen.
Hohe Dunkelziffer Islamfeindlicher Übergriffe
2018 wurden laut Bundesinnenministerium 910 islamfeindliche Straftaten gemeldet. Im Jahr 2017 lag die offizielle Zahl noch bei 1.075. Bedeutet der Rückgang der Zahlen, dass wir das Problem mit antimuslimischen Rassismus richtige angehen? Wohl kaum. Vielmehr müssen wir davon ausgehen, dass die offizielle Statistik nicht das wahre Ausmaß des antimuslimischen Rassismus abbildet. Zudem verzeichnen die Behörden kaum Ermittlungserfolge bei der Aufklärung von islamfeindlichen Straftaten, heißt, die Täter*innen bleiben sehr häufig unentdeckt. Das hat auch zur Folge, dass viele Angriffe erst gar nicht bei der Polizei zur Anzeige gebracht werden, weil das Vertrauen in die Behörden schwindet. Auch deswegen wird die Dunkelziffer islamfeindlicher Übergriffe um einiges höher geschätzt.
Antimuslimischer Rassismus kommt aus der Mitte der Gesellschaft
„Angriffe und Drohungen gehören so selbstverständlich zum muslimischen Gemeindeleben in Deutschland wie überfüllte Gebetsräume und das holprige Deutsch der Imame. Nur bekommt die nicht-muslimische Öffentlichkeit davon kaum etwas mit“, so der Islamwissenschaftler Fabian Goldmann im Deutschlandfunk Kultur. Ein Großteil der deutschen Öffentlichkeit interessiert sich schlicht nicht für islamfeindliche Übergriffe; wohl auch, weil sie sich selbst vom Islam bedroht fühlen:
Diverse Umfragen und Studien belegen, dass sich islamfeindliche und antimuslimische Einstellungen in Deutschland seit Jahren auf einem hohen Niveau bewegen: 2015 sagten 57 % der nicht-muslimischen Befragten einer Studie der Bertelsmann Stiftung, dass sie den Islam für bedrohlich oder sehr bedrohlich halten. 2016 wurde im Rahmen der Leipziger Mitte-Studie festgestellt, dass sich jede*r zweite Befragte durch Muslim*innen manchmal „wie ein Fremder im eigenen Land“ fühlt (2009 noch 32,3 %) und 41,4 % sich dafür aussprechen, Muslim*innen die Zuwanderung nach Deutschland zu untersagen (2009 noch 25 %). In der Mitte-Studie 2019 glaubten 24,9 % der Befragten, dass der Islam die Gesellschaft unterwandere. Muslim*innen werden offen als „Problemgruppe“ wahrgenommen – antimuslimische Ressentiments kommen aus der Mitte der Gesellschaft.
Antimuslimischer Rassismus findet seinen Nährboden dabei auch in den Medien. Was hängen bleibt bei deutschen Talkshows sind Titel, die so irreführend wie unverantwortlich sind, wie etwa „Beethoven oder Burka – braucht Deutschland eine Leitkultur?“ oder „Mann, Muslim, Macho: Was hat das mit dem Islam zu tun“. Muslim*innen und der Islam werden in den Medien oft als gewalttätig, sexistisch, religiös, fanatisch und in Zusammenhang mit einer generellen sozialen und kulturellen Rückständigkeit dargestellt. Sie kommen meist als Täter*innen, nicht aber als Opfer vor. Solche Diskurse führen zu einer Normalisierung von antimuslimischen Ressentiments und im schlimmsten Fall zu Gewalt.
Aktionswochen gegen Islamfeindlichkeit: #HassHatKeinHerz
Mit der Aktionswoche gegen antimuslimischen Rassismus von CLAIM, der Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit, soll ein Bekenntnis gegen Rassismus und Hass im Allgemeinen und antimuslimischen Rassismus im Besonderen gesetzt werden. In ganz Deutschland werden ab Montag unter dem Motto #HassHatKeinHerz bis zum 1. Juli Veranstaltungen durchgeführt. Ziel ist es, die breite Öffentlichkeit für das Thema antimuslimischer Rassismus zu sensibilisieren und aufzuklären.