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Aktive Demokratie Flüchtlingshilfe Königshain-Wiederau

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Am 22. Dezember 2015 formierten sich um den Bürgermeister ca. 30 Helfer*innen, um die ankommenden Menschen willkommen zu heißen. Alle waren froh, dass befürchtete Übergriffe ausblieben. Von nun an besuchten täglich alle Helfer*innen, die nur ir­gendwie Zeit und Mittel wie z. B. Wohngegenstände, Spielgeräte, Obst zur Verfügung stellen wollten, das Zelt, um den Zufluchtsuchenden die Ankunft und das Leben in dieser Einrichtung so angenehm wie möglich zu gestalten. Uns begegneten äußerst angenehme freundliche junge Männer. Am Heiligen Abend (also zwei Tage nach ihrer Ankunft) wurden sie z. T. Gäste in unseren Familien, bekamen unsere Telefonnummern für eventuelle Notfälle – während über Facebook auch destruktive und vernichtende Beschimpfungen zu erdulden waren.

Es galt, ein MITEINANDER zu entwickeln, um Barrieren von Hass, Diskriminierung, Angst, Gewalt und Verachtung nicht entstehen zu lassen. Eine Integration kann nur durch Teilhabe und Unterstützung gelingen. Dadurch ist es auch möglich, dass Fragen aufgeworfen werden, kulturelle, gesellschaftliche und religiöse Gepflogenheiten erlebt, hinterfragt und besprochen werden können. In diesen Prozessen erhalten Helfende auch die Aufgabe, eine ›Reibungsfläche‹ zu bieten.

Aus Patenschaften sind Freundschaften entstanden

Die gelebte Gemeinschaft wurde von den Campbewohner*innen als sehr bereichernd empfunden. Daneben wurden die Helfenden sowohl zu ›Lernenden‹ als auch zu ›Er- und Bekennenden‹ – gegenüber bis dato für sie unbekannten fremdenfeindlichen Dorfbewohnern, gegenüber neuen Kulturen, im Umgang mit bis dahin für sie ›unbekannten‹ Behörden und Formalia usw.
Als im Februar 2016 das Camp nach Rossau verlegt werden sollte, wollten die Helfer*innen bereits aufgebaute Beziehungen und Integrationsbemühungen nicht einfach aufgeben. Innerhalb von Minuten waren sich alle einig, und jeder nahm ein/zwei Campbewohner mit nach Hause. Es war der Moment, in dem ohne lange Diskussion Patenschaften ins Leben gerufen wurden und annähernd jede(r) Zufluchtsuchende eine/n persönlichen Ansprechpartner*in hatte.

Aus den Patenschaften sind Freundschaften entstanden. Durch das Miteinander fühlten sich auch immer mehr Menschen – ca. 150 Personen – angesprochen mitzuwirken. Inzwischen wohnen alle jungen Männer in Wohnungen in und um Wiederau herum. Ein Großteil besucht Integrations-, Arbeits- und Sprachkurse, viele sind Mitspieler im Sportverein. Einige wollten sich taufen lassen und sind in der Kirchgemeinde aktiv. Praktika und Arbeitsverhältnisse helfen auch dem ein oder anderen Handwerker. Und bei gemeinsamen Kochabenden kamen manche Dorfbewohner in den Genuss neuer Geschmacksrichtungen und fanden miteinander zum Gespräch.

Rückblickend sind viele ehemalige Campbewohner*innen Teil der Familien geworden und nicht mehr wegzudenken. Ein großer Gewinn ist, dass Gefühle von Angst das Leben im Ort nicht mehr beherrschen und Äußerungen von Diskriminierung, Hass und Fremdenfeindlichkeit nur noch sehr, sehr leise wahrzunehmen sind bzw. sich Menschen für ihr Verhalten auch schon entschuldigt haben.

Mit der Nominierung für den Sächsischen Förderpreis ehrt die Jury stellvertretend für viele Willkommensinitiativen dieses Engagement der Flüchtlingshilfe Königshain-Wiederau, das in besonderer Weise bürgerliches Engagement und Mitmenschlichkeit als zwei Seiten derselben Medaille zeigt.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

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