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Alt-right Steve Bannon begnadigt – für Trumps neue rechtsalternative Medienoffensive?

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Steve Bannon auf einer Veranstaltung in Budapest 2018. (Quelle: Elekes Andor / Wikipedia / CC BY-SA 4.0 )

Die Beziehung zwischen Trump und Bannon hatte gute und schlechte Zeiten. Sagte Trump nach Bannons Entlassung aus den Diensten des Präsidenten noch, er habe „seinen Verstand verloren“, fand Donald Trump zum Ende seiner Amtszeit als Präsident überraschend freundliche Worte: Er sei ein „wichtiger Anführer in der konservativen Bewegung und bekannt für seinen politischen Scharfsinn.“ (vgl. Whitehouse.gov). Wie konnte so ein scharfsinniger Menschen denn nur in die Lage kommen, begnadigt werden zu müssen? Nun, wer sich nicht an einen Prozess gegen Stephen Bannon, genannt Steve, erinnern kann, der hat Recht: Dieser sollte nämlich erst im Mai 2021 beginnen. Angeklagt werden sollte der Mitbegründer der rechtsalternativen (Alt-Right)-Desinformationsplattform Breitbart News, der Trumps Wahlkampfleiter im Jahr 2016 und Trumps „Chefstratege“ 2017 war, wegen Veruntreuung einer massiven Summe Geldes aus einer Online-Spendenaktion für den von Trump anvisierten Mauerbau zwischen den USA und Mexiko, die 25 Millionen Dollar gesammelt hatte.

Bannon erklärt sich auf „Freie Welt TV“

Nun wird der rechtsradikale Stratege also begnadigt, bevor ein Prozess geführt werden konnte. Bannon wird das gefallen. In einem Interview mit der AfD-Bundestagsabgeordneten Beatrix von Storch im September 2020 auf ihrem Sender „Freie Welt TV“ hatte er bereits ausführlich dargelegt, wie er die Anklage sieht: Er sei (natürlich) „kein Verschwörungstheoretiker“, aber es sei ja offensichtlich, dass der „Deep State“ (Verschwörungserzählung über einen strippenziehenden, geheimen Staat im Staat, vgl. Belltower.News) die Anklage genau in dem Moment erhoben hätte, als die „Liberalen“ und „Globalisten“ (O-Ton Bannon) Angst bekommen hätten, er hätte 2020 wieder in Trumps Wahlkampfteam einsteigen können. Das hätte der „Deep State“ auf alle Fälle verhindern wollen, dabei hätte er sich die Mühe sparen können. Bannon erklärt von Storch im September (!): „Dabei wollte ich gar nicht zurück. Ich beschäftige mich mit der Pandemie und wie die progressive Linke mit der Pandemie die Wählerbasis traumatisiert hat, damit die uninformierten Wähler Angst haben, zur Wahl zu gehen. Sie haben eine Massenhysterie verursacht.“ „Die Linke“ könne nur gegen Trump gewinnen durch Betrug, wenn sie den Sieg stehle. „Jetzt werde ich mich auf den Bürgerkrieg konzentrieren, der kommt, wenn die Linke verliert und die Wahl von Trump stehlen muss.“ „Stop the Steal“ wurde ein großes Trump-Motto, und wer die Ereignisse des 06. Januars im Hinterkopf hat, versteht, dass Stephen Bannon kein direkter Trump-Angestellter sein muss, um Einfluss zu nehmen. In Alt-Right-Kreisen, also in den sich moderner gerierenden, internetaffinen Teilen der rechtsextremen Szene in den USA, kann Trumps Begnadigung so auch als letzter Schlag gegen „Deep State“ gelesen werden, den Trump ja ebenfalls als real imaginierte und immer angab, bekämpfen zu wollen.

Die gemeinsame Geschichte

Steve Bannon und Donald Trump trafen sich 2011 zu einem Gespräch im Trump-Tower. Bannon war auf der Suche nach Politiker*innen, um seine populistisch-nationalistische Agenda in den Politikbetrieb einzubringen – was zuvor mit Vertreterinnen der Tea-Party-Bewegung wie Sarah Palin und Michele Bachmann noch nicht umfassend erfolgreich gelungen war. Trump erzählte Bannon, er wolle gegen Obama kandidieren, doch niemand wollte ihm große Chancen als Kandidat einräumen.

Steve Bannon hatte schon eine vielfältige Berufslaufbahn hinter sich, die unter anderem ein Stadtplanungs-Studium, eine eingeschlagene und abgebrochene Offizierslaufbahn, ein zweites Studium an der Harvard Business School, eine Anstellung im Finanzunternehmen Goldman Sachs, eine eigene Investmentbank-Gründung und eine eigene Filmproduktionsfirma umfasste, bevor er 2011 den Milliardär Robert Mercer als Investor für die „Nachrichten“-Seite Breitbart gewann und damit Mitglied des Aufsichtsrats des Breitbart News Networks wurde.

Inhaltlich war und ist er der „Alt-Right“ zuzuordnen, nannte sich zwar selbst einen „Wirtschaftsnationalisten“, vertrat aber besonders ausgiebig „White Supremacy“-Ideologie (rassistische Ideologie einer „Vorherrschaft“ der „weißen Rasse“) und schürte Hass auf das „politische Establishment“ in Washington: „Ich will alles zum Einsturz bringen und das komplette heutige Establishment zerstören.“ (vgl. Welt). Außerdem vertritt er Verschwörungsideologien über „globalistische Eliten“ und „dschihadistisch-islamischen Faschismus“, die durch Religiosität, oder aber einen Bürgerkrieg besiegt werden sollten. Dabei zitiert er gern den NS-Vordenker Julius Evola oder den rechtsextremen russischen Autor Alexander Dugin.

Als Andrew Breitbart, der Leiter und Gründer der gleichnamigen Website, 2012 überraschend starb, übernahm Bannon das Geschäft und baute „Breitbart“ zu der einflussreichen Hetz-Seite auf, die sie bis heute ist. 2016 erklärte Bannon in einem Interview, Breitbart News sei „die Plattform für die Alt-Right“, (vgl. Mother Jones), es seien „junge Menschen, […] sehr nationalistisch“, „gegen die Globalisierung und gegen das Establishment“ (vgl. Zeit). Zeitgleich gründete Bannon, wiederum mit Mercers Geld, das „Governement Accountability Institute (GAI)“, um „Schmutz“ über Politiker auszugraben und große Medien damit zu füttern (vgl. New Yorker).

Bannon begann ab 2012, Donald Trump durch Breitbart-Beiträge zu pushen und als Macher darzustellen, der Massen elektrisieren könne. Trump wiederum übernahm nationalistische und rassistische Argumentationen von Breitbart, vor allem gegen illegal Eingewanderte. Während Parteigenossen schockiert waren, schnellten Trumps Umfragewerte nach oben.

2016 verließ Steven Bannon Breitbart – der 67-Jährige wurde Teil von Donald Trumps‘ Wahlkampfteam – weshalb ihm auch ein maßgeblicher Anteil am überraschende Erfolg Trumps zugeschrieben wird. Zuvor war Paul Manafort Trumps Wahlkampfmanager – der im Verdacht stand, große Geldsummen von ukrainischen Politikern erhalten zu haben, und ebenfalls vor wenigen Tagen von Trump begnadigt wurde. Bannons Strategie, Gegenkandidatin Hillary Clinton so lange als korrupt, ungeeignet und als Teil eines böswilligen, „globalistischen“ Netzwerks darzustellen, bis Trump gewann, erwies sich als erfolgreich, obwohl es jeglicher Realität entbehrte.

Als „Chefstratege“, was Bannon nach der gewonnenen Wahl wurde, hielt er sich dagegen nicht so lang: Er war vom 20. Januar 2017 bis zum 18. August 2017 im Amt, dann musste er Trumps Team bereits wieder verlassen. Weiteren Schaden hatte er da allerdings schon angerichtet: Seinem Einfluss wird maßgeblich zugeschrieben, dass die USA sich aus den Klimaschutzabkommen von Paris verabschiedeten. Als Bannon das Weiße Haus am 18. August 2017 wieder verließ, kehrte er zu Breitbart News zurück und verkündete: „Jetzt habe ich wieder die Hände an meinen Waffen.“ (vgl. Weekly Standard). Auch Trump freute sich, dass Bannon nun wieder „eine starke und kluge neue Stimme bei Breitbart“ sein werde.

Mit der Freude war es erst vorbei, als Steve Bannon im Buch „Fire and Fury“ von Michael Wolff ein Treffen Donald Trump Jr.s mit einer russischen Anwältin als Landesverrat bewertete. Trump ließ daraufhin in einer Pressemitteilung erklären, Bannon habe „nicht nur seinen Job verloren, sondern auch seinen Verstand“. Auch den Job bei Breitbart News war Bannon danach los. Im November 2020 verliert Bannon nach Mordgedanken und Enthauptungsphantasien gegen den FBI-Direktor und einen Immunologen seinen Twitter-Account, noch bevor es weitere Teil der rechtsradikalen Trump-Unterstützer und QAnon-Fans trifft (vgl. Euronews).

Bisher wenig erfolgreich in Europa: The Movement

Als sein Einfluss in Amerika abnahm, versuchte Steve Bannon sein Glück unter europäischen Rechtspopulist*innen, doch es kam weder zu einem rechtsalternativen Medienseiten-Netzwerk à la Breitbart Europa noch war sein Netzwerk europäischer Rechtspopulist*innen, genannt „The Movement“, sichtbar erfolgreich – das anvisierte Ziel, bei der Europawahl 2019 ein Drittel der Plätze im EU-Parlament mit Rechtspopulist*innen zu füllen, scheiterte deutlich. Unangenehm bleibt die Vernetzung Bannons zu zahlreichen rechtspopulistischen bis rechtsradikalen Kräften Europas. Vorn dabei: Die AfD, etwa in Person von Alice Weidel, Beatrix von Storch und Jörg Meuthen, die Bannon seit 2018 treffen. Auch bei der französischen „Rassemblement National“ trat Bannon auf und warb für eine rechtsradikale europäische Bewegung, traf Italiens Innenminister Matteo Salvini von der „Lega“, Viktor Orbán, den ungarischen Ministerpräsidenten. Als Teil von „The Movement“ wurden Giorgia Meloni, Präsidentin der Fratelli d’Italia vorgestellt, ebenso Eduardo Bolsonaro als Brückenkopf in Lateinamerika und der Chef der montenegrinischen Partei Bewegung für Veränderungen (PzP), Nebojša Medojević.

Trotzdem muss zumindest Bannons Beratertätigkeit für die AfD kritisch weiterverfolgt werden. 2019 lud die AfD Steven Bannon sogar in den Bundestag ein – für die „1. Konferenz der freien Medien”, ein Treffen rechtspopulistischer bis rechtsradikaler Blogger, die Petr Bystron organisiert hat. Wenige Wochen zuvor hatte Bannon sich unter anderem mit Jörg Meuthen getroffen und in einem Interview mit der neurechten Zeitung „Junge Freiheit“ gesagt, dass die AfD „hervorragende Arbeit“ leiste und in Deutschland sein Ansprechpartner sei (vgl. Spiegel). Zur Konferenz kam er nicht. Aber im Austausch ist er weiterhin – nicht zuletzt mit Beatrix von Storch, die davon ein Interview-Video veröffentlichte.

Stratege ohne Plattform

Bannon kann und muss sich nun neue Wege suchen, um zukünftig Einfluss auszuüben. Auf den großen Social Media-Plattformen ist der Agitator aktuell kalt gestellt: Nachdem erst Twitter und Facebook Bannon von ihren Plattformen verbannten, folgte vor einer Woche YouTube, die Bannons Kanal zu seinem „War Room“-Podcast sperrten. Der Rauswurf erfolgte wenige Stunden nach einem Videogespräch zwischen Bannon und dem persönlichen Anwalt Trumps, Rudy Giuliani. Dieser hatte dabei den gewaltsamen Sturm des rechten Mobs auf den Sitz des US-Kongresses verteidigt. Der republikanische Ex-Bürgermeister von New York gab „den Leuten, die die Unterdrückung durchführen“, Mitschuld an den größtenteils für die sozialen Medien arrangierten Vorfälle vom Mittwoch, und empfahl Trump, Staatsgeheimnisse als nicht mehr vertraulich einzustufen und so öffentlich zu machen. Auch Apple warf den „War Room“-Podcast von der Plattform. Rechtsalternative Netzwerke wie Parler oder Odysee bieten allerdings weiterhin Verbreitungsmöglichkeiten (vgl. Heise.de).

Vielleicht ist für Bannon aber auch ein Job bei Trumps Haussender Fox News frei. Der hat gestern insgesamt 16 Redakteur*innen, auch in leitender Position, entlassen – laut Insidern, weil ihre Berichterstattung in der Wahlnacht Trump missfallen hat. Offiziell heißt das „Restrukturierung“. Fox News will aber offenkundig weiterhin ein Sender für rechtspopulistischen Meinungsjournalismus bleiben (vgl. Yahoo News). Der ehemalige Präsident Trump wird also weiter zahlreiche einflussreiche Medienstimmen haben, die an seiner Rückkehr arbeiten werden. Nicht zuletzt hatte er im November 2020 angekündigt, ein eigenes Medienimperium, das „Trump News Network“, begründen zu wollen (vgl. AmerikasWahl.de).

 

Das Foto wurde veröffentlicht unter der Lizenz CC BY-SA 4.0 veröffentlicht.
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