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Antirassismusarbeit Das Schweigen brechen

Todesopfer rechter Gewalt - 182 Namen, die nicht vergessen werden dürfen. Foto: Mut, c

Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, unterstützte das Hearing und hoffte, besonders viele Menschen erreichen zu können. Das Hearing könne ein Auftakt sein, die Diskussion um den alltäglichen Rassismus in Deutschland anzustoßen: „Wir wollen über Rassismus sprechen, über die Neonazis in Deutschland, über die Ermittlungs- und Sicherheitsbehörden und über uns selbst“, so Kahane.

„Die Verletzten des NSU-Nagelbombenattentats in der Kölner Keupstraße vor fast genau acht Jahren kämpfen noch immer im Alltag mit den Folgen und den Erinnerungen an den rassistischen Mordanschlag“, sagte Kutlu Yurtseven, der zum Zeitpunkt des NSU-Attentats in der Keupstraße wohnte. Der Sänger der Band „Microphone Mafia“ erzählte auch davon, wie die Polizei jahrelang gegen die Bewohner*innen der Straße ermittelte – unter anderem mit fünf verdeckten Ermittlern. Damals sei ein Klima des Misstrauens entstanden, das die Verletzten und Traumatisierten der dringend benötigten Unterstützung beraubt habe.

Der britische Jurist Dr. Richard Stone, machte deutlich, dass es einer kontinuierlichen zivilgesellschaftlichen Kontrolle von Polizeiarbeit bedarf, um Veränderungen in Bezug auf rassistische Praktiken bei den Strafverfolgungsbehörden zu erreichen. Stone war von 1997 bis 1999 Mitglied der prominenten Untersuchungskommission zur Aufklärung des Mordes an dem afrobritischen Teenager Stephen Lawrence.

Außerdem kamen auf dem Hearing der Publizist Imran Ayata, der Geschäftsführer des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) Wolfgang Kaleck sowie die Rechtsextremismusexpert/innen Kati Lang (Opferberatung der RAA Sachsen), Ulli Jentsch (Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum e.V.) und David Begrich (Miteinander e.V.) zu Wort. Besonders spannend waren auch die Beiträge von Edith Lunnebach und Yavuz Narin, die als Rechtsanwälte Angehörige der NSU-Opfer vertreten.

Die Teilnehmer*innen zeigten sich beeindruckt von der Fülle an Informationen, die sie während des Hearings erhielten. Die sechsstündige Veranstaltung wurde auch zu fortgeschrittener Zeit nicht langweilig. Während der Pausen diskutierten die Anwesenden angeregt weiter. „Es ist so wichtig, mit dem Hearing ein gemeinsames öffentliches Forum zu haben, um die Kommunikation wieder aufzunehmen und eigene politische Standpunkte und Forderungen zu entwickeln“, sagte eine Sprecherin des Forschungsnetzwerks Frauen und Rechtsextremismus. Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Berlin betonte: „Das Hearing kann dazu beizutragen, dass aus den Morden des NSU wirkliche Konsequenzen gezogen werden. Als Verein für demokratische Kultur in Berlin e.V. ist es uns ein Herzensanliegen, den damit notwendig verbundenen gesellschaftlichen Wandel nach Kräften zu unterstützen.

„Bündnis gegen das Schweigen“ fordert Aufklärung

Begleitend zum Hearing veröffentlichte das „Bündnis gegen das Schweigen“ eine Resolution mit konkreten Forderungen zur Aufklärung der Hintergründe der rassistischen NSU-Mord- und Anschlagsserie. Zu deren Erstunterzeichner/innen gehören u.a. Kenan Kolat, Bundesvorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Stefan Kramer, dams Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, der Berliner Integrationsbeauftragte Günther Piening, die seinerzeitige Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth, Heilgard Asmus, Vorsitzende des Brandenburger Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit und die Publizistin Mely Kiyak.

Zentrale Forderungen der Resolution sind unter anderen die umfassende Aufklärung aller Hintergründe der rassistischen NSU-Mord- und Anschlagsserie, personelle und strukturelle Konsequenzen in den Reihen der zuständigen Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden, die umfassende Entschädigung aller Angehörigen und Hinterbliebenen des NSU-Terrors sowie ein Bleiberecht für alle Opfer rassistischer Gewalt in Deutschland. Darüber hinaus fordern die Unterzeichner*innen die Einrichtung einer unabhängigen Beobachtungsstelle zur Begleitung der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse und der bevorstehenden Strafverfahren gegen mutmaßliche Mitglieder des NSU-Netzwerks.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

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