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#Bärgida 300 Rechtspopulist_innen blockiert im Regen

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Einmal "Bärgida"-Panoptikum: Fähnchenbekleider, "Islamisirungs"-Gegner (Fehler im Original - Deutschkurse zurerst für Bärgida?), AfD-Fans. (Quelle: ngn / sr)

Hinter dem Roten Rathaus ist es kalt, nass, zugig und von der Polizei weiträumig abgesperrt. Die ältere Dame, vielleicht um die 70, die mit mir die Sperre passiert, trägt eine beigefarbene Steppjacke und eine gehäkelte Mütze. „Gehen Sie auch zu der Demonstration?“ fragt sie. Ich bejahe, sage aber, dass ich die Meinung nicht teile und als Journalistin hier bin. „Letztes Mal waren wir ja nur 20 Leute“, sagt sie, „das war schade. Aber diesmal wird es besser! Wissen Sie, die Regierung ist so schlimm und korrupt! Aber am allerschlimmsten ist ja die Antifa!“ So sieht sie aus, die Berliner „Bärgida“, die rechtspopulistische Szene der Hauptstadt: Wie die grantige, nichtssagende Oma von nebenan. Leider treffe ich sie später nicht noch einmal wieder. Ich hätte gern gewusst, ob sie die bulligen, schalvermummten Herren in „HoGeSa“-Sweatshirts wirklich so sympathisch findet, dass sie gern mit ihnen auf der Straße steht. Vermutlich ist die Antwort allerdings ja. Denn um hier heute bei „Bärgida“ zu sein, muss man von seinen politischen Zielen schon überzeugt sein. Spaß hatte sie allerdings sicher nicht. Von Anfang an ist der Treffpunkt von „Bärgida“ von tausenden Gegendemonstrant_innen umzingelt.

Maskenfallen miterleben

Im abgesperrten Bereich treffen sich die Menschen, die sich von „Bärgida“ angesprochen fühlen – dem Berliner Ableger der „Pegida“, der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“, die seit Wochen jeden Montag die Straßen Dresdens mit ihrem Hass auf Islam, Staat und Presse verstopfen. In Berlin sind es nur rund 300 Menschen, die sich von dem Aufruf von Karl Schmitt angesprochen fühlten. Der 60-jährige hat die Demonstration angemeldet, war einmal CDU-Mitglied, dann engagiert bei den rechtspopulistischen, islamfeindlichen Parteien „Die Freiheit“ und „Pro Deutschland“. Aus diesem Umfeld stammt auch ein Großteil der Demonstrationsteilnehmer_innen, und das passt ja auch inhaltlich sehr gut zu „Pegida“ und so auch zu „Bärgida“. Es sind wütende alte Leute, mehr Männer als Frauen, die Schilder im Regen hochhalten – gegen Islamisierung, pro Schweinefleisch, für „Freiheit für Christen“ -, sich in Deutschlandfahnen einwickeln oder sie schwenken, und irgendwann von aufklärerisch zu ausfallend mutieren. Das ist, als immer klarer wird, dass „Bärgida“ heute nirgendwo hinläuft, nicht zum Brandenburger Tor, wo aus Protest gegen die Islamhetze das Licht ausgeschaltet ist und 1.000 Teilnehmer_innen der Demonstration „Gegen Hass, Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus“ des Türkischen Bundes stehen, darunter die Grünen-Politikerinnen Claudia Roth und Katrin Göring-Eckardt. In die andere Richtung ging es auch nicht. Laut Polizei übrigens, weil „kleine Kinder unter den Gegendemonstrant_innen waren“. Für die Kinder sind die Rechtspopulisten theoretisch ja auch, hier praktisch aber wohl nicht. Sehr schön kann man das Maskenfallen miterleben: Ein weißhaariger und -bärtiger Mann, der erst nur herumsteht, fängt nach etwa einer Stunde an, die Gegendemonstrant_innen am Rand als „Schlafschafe“ zu titulieren: „Wacht auf, seht Ihr denn nicht, was hier passiert?“ Eine Viertelstunde später hat er diese Geduld nicht mehr: „Arschl****!“ brüllt er mehrmals, sekundiert von einem zweiten alten Mann, der sich hinter seinem Schild versteckt, um zu brüllen: „Rotlackierte Faschisten! Terroristen!“ 

Oma geht nach Hause, Hools und Neonazis bleiben

Ab und zu versucht es die „Bärgida“-Demonstration auch mit den in Dresden so beliebten Schlachtrufen „Lügenpresse“ und „Wir sind das Volk“. Aber sie sind so wenig, es klingt nicht, und die Gegendemonstrant_innen rufen dann: „Wir sind die Mauer, das Volk muss weg.“ Und auch wenn die Polizei mehrfach „einfache körperliche Gewalt“ androht, 19 Menschen verhaftet und mehrfach massiv Pfefferspray einsetzt, bleiben die Blockaden doch bestehen und die „Bärgida“-Demo bleibt, wo sie ist, hinter dem Roten Rathaus, im Wind, im Regen, in der Bedeutungslosigkeit. Die älteren Menschen gehen dann nach und nach, übrig bleiben die bulligen jungen Männer in „HoGeSa“-Sweatern oder „Thor Steinar“-Jacken mit ihren Tricolorfrisur-Mädchen, die dann doch eher nach Hooligan- und Neonazi-Szene aussehen. Die Berliner Zeitung hat NPD-Mitglieder aus Neukölln – Jan Sturm – und Brandenburg gesehen. Heute gibt es ja keine Demonstration gegen Flüchtlinge in Marzahn-Hellersdorf, da war der Demo-Montag offenbar frei und so sind sie zu „Bärgida“ gekommen, der Rassismus ist eh der gleiche. Der Tagesspiegel erkannte einen bekannten Holocaustleugner und berichtet außerdem „Unter den Unterstützern des Berliner Ablegers der islamfeindlichen „Pegida“-Bewegung befanden sich auch zwei Funktionäre der islamfeindlichen Partei „Pro Deutschland“: Der Vorsitzende Manfred Rouhs und Generalsekretär Lars Seidensticker. Da diese mit Kamera und Mikrofon in der anfangs kleinen Menge standen, wurden sie von einigen Demonstranten für Journalisten gehalten und angefeindet.“ Mitglieder der antisemitischen „Friedensmahnwachen“ und Menschen aus dem Reichsbürger-Spektrum, die es in Berlin ja auch gibt, standen dagegen noch hauptsächlich außerhalb des Demonstrationsgeländes, betrachteten die Szenerie aber genau – ideologisch gibt es ja auch diverse Anknüpfungspunkte. Auch den 5.000  bis 7.000 Gegendemonstrant_innen ist kalt und nass, aber sie bleiben und sorgen dafür, dass „Bärgida“ keinen Meter weit kommt. Die Stadt zeigte ihre Solidarität mit den demokratischen Demonstrierenden, indem sie für eine Stunde die Beleuchtung des Brandenburger Tores und der Siegessäule abstellte – wie dies zeitgleich auch beim Kölner Dom der Fall war.  An der Gegendemonstration des „Bündnisses gegen Rassismus, Nationalismus und Ausgrenzung“ nahmen unter anderem Bundesjustizminister Heiko Maas und Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat (beide SPD) teil.

Leider ist „Bärgida“ noch nicht entmutigt genug. Eine nächste Demonstration ist für den kommenden Montag angemeldet.

Weitere Demonstrationen – von und gegen „Pegida“ 

gab es inDresden (Polizei: 18.000 / Presse: 10.000 „Pegida“-Teilnehmer_innen spazieren um ein Fußballstadion herum, mehrere Hundert versuchen im Anschluss, in die Innenstadt zu stürmen), 4.000 Gegendemonstrant_innen beim „Neujahrsputz“ Dresdner Künstler und Musiker),Köln  (500 „Pegida“-Teilnehmer_innen, 7.500 Gegendemonstrant_innen, blockiert),Stuttgart  (keine „Stugida“-Veranstaltung, 8.000 Gegendemonstrant_innen),Hamburg  (5.000 Gegendemonstrant_innen unter dem Motto „Tegida – Toleranten Europäer gegen die Idiotisierung des Abendlandes“),München (60 „Mügida“-Teilnehmer_innen, 1.500 Gegendemonstrant_innen),Münster  (10.000 Gegendemonstrant_innen), Rostock (800 Gegendemonstrant_innen),Würzburg  (300 „Pegida“-Teilnehmer_innen, 1.500 Gegendemonstrant_innen),Kassel  (200 „Pegida“-Teilnehmer_innen, 250 Gegendemonstrant_innen),Marburg  (3.500 Gegendemonstrant_innen) undWeinheim  (150 Gegendemonstrant_innen bei „Weinheim bleibt bunt“).

Mehr dazu bald in der Presseschau.

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