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Bayern-NPD ohne Erfolg

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Von Robert Andreasch

Sascha Roßmüller wollte hoch hinaus: Im Februar 2008 schwebte dem 35-jährigen der große politische Durchbruch vor: ?Herr Huber?, also CSU-Chef Erwin Huber, so zitierte ihn eine Pressemitteilung der bayerischen NPD, ?kann sich schon mal mit dem Gedanken anfreunden, den Stab im September an uns zu übergeben.? Im Wahlkampf präsentierte die NPD Roßmüller als ?Spitzenkandidaten?, und folgerichtig galt ihm die CSU als Hauptfeind: „Beckstein muss weg!?

Nach den Erfolgen bei den Landtagswahlen in Sachsen (2004) und Mecklenburg-Vorpommern (2006) wollte die NPD nach Jahrzehnten wieder in ein westdeutsches Landesparlament einziehen. 1966 war sie schon einmal mit 15 Abgeordneten im Maximilianeum vertreten.

Der Schwung für den jetzigen Landtagswahlkampf sollte nicht zuletzt aus dem guten Abschneiden zweier als Bürerinitiativen getarnten Listen bei den bayerischen Kommunalwahlen kommen: In Nürnberg konnte NPD-Landeschef Ralf Ollert das Ergebnis der ?Bürgerinitiative Ausländerstopp? (BIA) um über 40 Prozent steigern, in München zog Karl Richter, stellvertretender Chefredakteur der NPD-Zeitung ?Deutsche Stimme?, ebenfalls mit seiner ?BIA? in den Stadtrat ein.

Erstmals seit 1972 traten zur Landtagswahl in allen 91 Stimmkreisen Direktkandidatinnen und -kandidaten der NPD an. Doch wie schon bei der Kommunalwahl im März, war der Landesverband mit dem Wahlkampf hoffnungslos überfordert. Die in der ?Deutschen Stimme? und auf dem Bundesparteitag in Bamberg angeworbenen ?NPD-Wahlhelfer? waren genauso wenig zu sehen wie der eigentlich zum ?Kampagnenmanager? auserkorene stellvertretende Bundesvorsitzende Holger Apfel.

Abgesehen von einigen Regionen in Niederbayern und in Franken, in der eine massive Plakatierung beeindrucken sollte, gab es kaum NPD-Propaganda im öffentlichen Raum und auffallend wenig Veranstaltungen oder Informationsstände. Offensichtlich war auch die Unterstützung aus der bayerischen Kameradschaftsszene weitgehend ausgeblieben, NPD-Landeschef Ralf Ollert musste am Ende seine Plakate selbst an den Ausfallstraßen von Nürnberg aufhängen.

?Wir gegen Überfremdung!? und ?Guten Heimflug!? hieß es auf den NPD-Plakaten, auf ihnen waren Zeichnungen von Menschen zu sehen, die auf einem fliegenden Teppich sitzen. Die Bildsprache sparte nicht mit rassistischen Stereotypen. Sechs bayerische Staatsanwaltschaften ließen die Plakate wegen des Straftatbestands der Volksverhetzung wieder abhängen.

Aus der von Sascha Roßmüller erträumten ?Stabübergabe? ist nun nichts geworden, nur 1,2 Prozent der Stimmen konnte die NPD am vergangenen Sonntag erringen. Damit schnitt die neonazistische Partei bei den Landtagswahlen in Bayern sogar schlechter ab als bei der Bundestagswahl 2005 (1,3 Prozent). Das Ergebnis liegt weit hinter den Erwartungen zurück. Im Parteiblatt ?Deutsche Stimme? hatte NPD-Landeschef Ollert noch vor der Wahl geträumt: ?Das Potential für eine volkstreue Partei liegt in Bayern nachweislich deutlich über fünf Prozent, es muß aber für die Wahl der NPD mobilisiert werden?. Doch selbst im neonazistischen online-Portal altermedia wurden die dilettantischen NPD-Wahlwerbespots zerrissen.

Desolate Finanzlage

Hauptgrund für die miserable Kampagne der Bayern-NPD dürfte die desolate Finanzlage der Bundes-NPD gewesen sein. Die bayerische NPD-Schatzmeisterin Bettina Roßmüller bettelte noch kurz vor der Wahl in der ?Deutschen Stimme? um Spenden: ?Erstens Geld, zweitens Geld, drittens Geld!?.

Mit der schlechten finanziellen Ausstattung begründet die bayerische NPD jetzt auch selbst das magere Ergebnis. Der unterfränkische Bezirksvorsitzende Uwe Meenen veröffentlichte eine Erklärung nach der Wahl: ?Es ist uns gelungen, aus dem Stand die 1-Prozent-Hürde zu nehmen und somit den Grundstock zu neuen Erfolgen zu legen. Dies in einer Situation äußerster Benachteiligung durch hetzende Medien, einer feindlich gesonnenen Verwaltung, einer politischen Justiz, Antifa-Systemschlägerbanden und einer finanziell sehr schwierigen Lage?.

Wenig zur Wählermobilisierung dürfte auch das extrem radikalisierte und NS-nostalgische Auftreten führender NPD-Aktivisten beigetragen haben. Die 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Block der bayerischen NPD/JN beim zentralen NPD-Aufmarsch am 11. Mai 2008 in Nürnberg trugen rote T-Shirts mit einem Hitler-Zitat auf dem Rücken: ?Die Arbeit ist in keiner Form eine Schande, sondern der höchste Adel für jeden, der (?) damit beiträgt zur Erhaltung der Nation.? Als Udo Voigt Ende Juli auf der Beerdigung des Altnazis Friedhelm Busse bei Passau die Grabrede hielt, breitete das frühere NPD-Vorstandsmitglied Thomas Wulff eine Reichskriegsflagge mit großem Hakenkreuz auf dem Sarg aus. Und Karl Richter, Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Bezirk Oberbayern, wurde vor der Wahl vom Amtsgericht München wegen des Zeigens des Hitlergrußes zu einer Geldstrafe von 5.600 Euro verurteilt.

Dennoch, einzelne NPD-Aktivisten konnten ihre lokale Verankerung in höhere Wahlergebnisse ummünzen, nicht zuletzt Sascha Roßmüller. Er erhielt im Wahlkreis Straubing 2,6 Prozent der Erststimmen. Ihre besten Ergebnisse konnte die Partei in den Wahlkreisen Oberfranken, Oberpfalz und Niederbayern erreichen. Hier kam sie jeweils auf 1,7 Prozent. Trotz des insgesamt mageren Abscheidens wurde deutlich: In Bayern gibt es einen Nährboden für rassistische und völkisch-antikapitalistische Propaganda. Über 123.000 Wähler gaben der NPD ihre Zweitstimme. Für einen Geldzufluß aus der Parteien-Teilfinanzierung hat es der Partei so gerade noch gereicht: 85 000 Euro aus Steuergeldern müssen der NPD wohl jährlich überwiesen werden.

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