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Brandenburg vor der Wahl „Wenn wir uns zusammenschließen, können wir mächtig sein.“

Immer wieder organisiert "Unteilbar Südbrandenburg" große Demos für die Zivilgesellschaft. (Quelle: picture alliance/dpa | Frank Hammerschmidt)

Am 22. September wählt Brandenburg einen neuen Landtag. Hier ist die AfD laut der letzten aktuellen Umfragen die stärkste Kraft, mit Vorsprung auf SPD und CDU. Grüne, Linke und Freie Wähler ringen mit der Fünf-Prozent-Hürde. Auch in Brandenburg gibt es zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen, die sich für ein demokratisches Miteinander und gegen Diskriminierung einsetzen. Belltower.News hat mit einigen davon gesprochen, um mehr von ihrer Perspektive auf die Landtagswahlen und die Situation vor Ort zu erfahren.

Unteilbar Südbrandenburg ist in Cottbus und Umgebung aktiv und setzt sich für einen gesellschaftlichen Schulterschluss gegen Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und die extreme Rechte ein.

Belltower.News: Welche Punkte beschäftigen euch als Initiative auch mit Blick auf die Wahlen? Wie würdet ihr aktuelle Entwicklungen bei euch vor Ort nachzeichnen?
Unteilbar Südbrandenburg: Wir sind wie immer dabei, Sachen zu organisieren und abzuarbeiten. Deswegen hat eine Auseinandersetzung mit der allgemeinen politischen Lage manchmal gar nicht richtig Platz. Also, dass wir uns bewusst damit auseinandersetzen oder darüber austauschen. Vieles wird auf den Herbst, auf die Zeit nach den Wahlen verschoben. Jetzt liegt der Fokus erstmal darauf, unsere Aktionen weiter durchzuziehen. Eine richtige Auseinandersetzung – auch emotional – mit dem, was so passiert, wird später Raum haben.

Wie ist die aktuelle Situation vor Ort?
Da ist so vieles, was unterschwellig auf uns einströmt, aber wir erfahren auch viel Unterstützung, was natürlich sehr cool ist. Wir veranstalten am Samstag den 14. September, also eine Woche vor der Landtagswahl, eine große Aktion in Cottbus, und viele unterstützen das. Wir machen gerade im Vorfeld dazu eine Banneraktion „Demokratie verteidigen“ mit dem Theater, dem Kunstmuseum, einer Kirche und der Universität dazu. Gemeinsam rufen wir dazu auf, mit uns am 14.09. zu demonstrieren. Dazu laden wir auch herzlich Leute aus den Bundesländern ein, die bereits gewählt haben. Das Ganze findet auf dem Stadthallenvorplatz statt.

Welche Bedeutung haben die Landtagswahlen für eure Arbeit?
Es ist eine sehr emotionale Zeit. Es ist viel zu tun und wir sind überarbeitet. Da sind so viele Sachen, die uns mitnehmen. Ich habe neulich mit einem Kollegen über die Zukunft gesprochen und er meinte, dass er sich wahrscheinlich ins Private zurückziehen will, weil er das alles nicht mehr aushalten kann. Das sind dann so Momente, die einen sehr beschäftigen. Es fühlt sich an, als würden wir überrollt werden und als hätten wir keine Macht mehr darüber.

Was ist aus eurer Sicht das Worst-Case-Szenario für die anstehenden Landtagswahlen?
Wir versuchen natürlich uns vorzubereiten, auf ein „was wäre wenn“. Ein Worst-Case-Szenario zeigt das Beispiel einer Freundin ganz gut, die in der Sozialen Arbeit aktiv ist, die ja von Förderungen abhängig ist. Sie arbeitet in einem Demokratieprojekt mit Kindern und Jugendlichen und macht sich Sorgen darüber, ob sie Ende des Jahres noch einen Job haben wird. Es findet hier also schon eine klare Auseinandersetzung statt bei den Menschen, die sich als links orientieren und sich fragen, welche Bedeutung die Wahlen für sie haben werden.

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Welche Punkte machen euch Angst oder Sorgen? Was befürchtet ihr?
In Bezug auf Fördermittel versuchen wir uns unabhängig zu machen von staatlichen Fördertöpfen, damit wir den Kürzungen vorbeugen. Momentan sind wir teilweise finanziert durch private Stiftungen, aber zum Hauptteil sind wir spendenbasiert. Genau das versuchen wir gerade aufrechtzuerhalten und mitzudenken. Größere Angst als gestrichene Fördermittel macht mir ehrlich gesagt, dass es mittelfristig wieder eine faschistische Diktatur in Deutschland geben könnte. Meine Fantasie ist da aufgrund unserer deutschen Vergangenheit sehr lebhaft.

Was ist euer Ziel für die Demo am 14. September in Cottbus?  Welche Botschaft wollt ihr transportieren?
Unser Ziel ist es vor allen Dingen, Menschen ein Angebot zu schaffen, das nicht rechts ist. Den Menschen eine Möglichkeit zu geben, zusammenzukommen, auf eine Art eine gute Zeit zu haben. Das versuchen wir über ein niedrigschwelliges Angebot: Es wird Konzerte geben und wir werden tanzen. Außerdem versuchen wir stabile Inhalte mit unseren Redebeiträgen zu vermitteln und es gibt Infostände.  Und ansonsten wollen wir natürlich die Demokratie verteidigen und alle bitten, sich zu engagieren und aktiv zu werden – auch über die Wahlen hinaus. Und ganz klar: geht demokratisch wählen!

Welche Möglichkeiten gibt es, zum Beispiel für Leute aus Hamburg oder Berlin, euch und ähnliche Initiativen zu unterstützen?
Wir haben verschiedene Kooperationen mit Organisationen aus Berlin und mit anderen größeren Organisationen, die uns zum Beispiel finanziell unterstützen. Es ist immer gut, Geld zu organisieren für die Menschen, die vor Ort in Ostdeutschland sind, in der Provinz oder in kleineren oder größeren Städten wie Cottbus, und sich engagieren. Das ist eine wichtige Sache.

Ansonsten ist mein großer Appell Richtung Großstädte und Westdeutschland: Zieht hier her! Hier werdet ihr gebraucht und hier ist es auch schön. Was uns meistens fehlt sind Menschen. Aber auch andere Sachen helfen: Menschen, mit denen wir Hand in Hand arbeiten, also zum Beispiel solche, die Social-Media-Arbeit für uns machen oder Redner*innen. Also ganz praktische Dinge.

Was habt ihr den Leuten „da draußen“ zu sagen?
Auch wenn die Situation schwierig ist, ist es mein Wunsch, dass die Leute den Ernst der Lage erkennen und versuchen, ihn nicht wegzuignorieren. Ich kann verstehen, dass Menschen von den vielen Krisen unserer Zeit überfordert sind – das bin ich auch regelmäßig. Stillstand, Lähmung oder zu denken, dass es schon nicht so schlimm wird, kann aber auf Dauer keine Option sein. Wenn wir uns zusammenschließen, können wir mächtig sein. Das will ich den Menschen da draußen mitgeben.

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