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„Brandstiftung durch Worte“ Maria Fanks gefährlicher Berufswunsch

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Maria Fank bei einer Kundgebung der rechtsextremen NPD in Berlin (Quelle: Screenshot)

von Laura Piotrowski

Es ist Montag, Mittag 12.00 Uhr, schönstes Herbstwetter. Am Berliner Oranienplatz in Kreuzberg fahren Polizeiwagen vor. Erst Beamte in zivil, später Einsatzwagen. Worauf sie warten, wird schnell klar. Das Antirassistische Infoportal Hellersdorf hat angekündigt, hier ein Vortreffen zu veranstalten, um gemeinsam zu einer Kundgebung zu laufen. Der Protest richtet sich gegen Nazikader Maria Fank, die an der Akademie für Berufliche Bildung gGmbH Berlin eine Ausbildung zur Sozialassistentin absolviert. Seit Sommer 2013 ist der Antifa dieser Fakt bekannt – seitdem macht sie auf verschiedenen Wegen mobil. In den vergangenen Wochen wurden in der Umgebung der Schule Plakate geklebt, die über Maria Fank und ihre Aktivitäten berichten. Am Schuleingang begrüßt seit Tagen ein Schriftzug „Guten Morgen Maria F. Die Antifa“ die Eintretenden. Im Juni 2013 hat das Recherche Portal recherche & aktion erste Informationen über Fank veröffentlicht, im September diesen Jahres brachte die Zeitschrift „Unser Blatt“ (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes- Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) einen Artikel, in dem Maria Fanks Aktivitäten und Ideologie mit ihrer Eignung für den Sozialberuf  abgeglichen werden. Der Autor zitiert u.a. eine Rede am 23. Juli 2013 auf einer Kundgebung gegen sogenannte „kriminelle Ausländer“, in der sie beklagt: „Unsere lieben Damen und Herren von oben interessiert die deutsche Bildung aber nicht, vielmehr wird sich um die Bildung irgendwelcher Negerstämme gekümmert“. Die Rede kann man auf YouTube nachhören und sehen. Auch die Junge GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) hatte schon das Gespräch mit der Schule gesucht.

Langsam sammeln sich einige Menschen, viele von ihnen mit  Sonnenbrille, dunklen Jacken und Antifa-Buttons sowie Hipbags – Demooutfit. Nicht mehr als 20 Menschen haben sich am Vortreffpunkt eingefunden. Dann kommt eine Journalistin der „taz“ in die Runde und stellt kritische Fragen. Sie will wissen, warum die Antifa mobil macht, wer genau Maria Fank ist und ob das nicht alles ein bisschen nach Berufsverbot klinge?

Ein Demoteilnehmer, der selbst Soziale Arbeit studiert, erklärt: „Maria Fank ist ein Nazikader. Sie ist keine, die sich mal in ihrer Freizeit am Stammtisch rassistisch äußert. Sie ist eine trainierte politische Akteurin und äußert sich immer wieder öffentlich mit völkischen und menschenverachtenden Reden. Das ist nicht vereinbar mit den Grundlagen Sozialer Arbeit!“

Maria Fank – eine Aktivistin der Naziszene

Maria Fank ist Mitglied in der neonazistischen NPD, Bundesvorstandsmitglied des Ring Nationaler Frauen (RNF) sowie Landesvorsitzende des RNF in Berlin und war Rednerin auf diversen rechten Veranstaltungen. Sie ist seit Jahren in der rechten Szene aktiv und kann ohne Zweifel als Kader der Bewegung bezeichnet werden. Ihr Lebensgefährte ist Sebastian Schmidtke, Vorsitzender der NPD Berlin und seit Jahren aktiv im militanten Kameradschaftsspektrum.

Spätestens seit Fank im Zuge der rassistischen Bürgerbewegung gegen das Flüchtlingsheim in Hellersdorf aktiv geworden ist, tritt sie aus dem Schatten von Schmidtke.

Zitate, die ihre menschenverachtende und neonazistische Einstellung belegen, finden sich viele. Nach ihrer Wahl zur Landesvorsitzenden des RNF im Dezember 2012 erklärte sie ihr zentrales Anliegen: „Gerade auch die Frauen aus der Hauptstadt werden hier mit gutem Beispiel vorangehen und sich aktiv im Kampf gegen Überfremdung und Eurowahn, für unsere deutsche Heimat und die Zukunft unserer Kinder einbringen.“ In Hellersdorf spielte sie auf einer Bürgerversammlung die besorgte Mutter und gab sich nicht als aktive Nationalsozialistin zu erkennen, anderswo spricht sie offener, wie auf der NPD- Veranstaltungen zum 1. Mai 2013, wo sie ihre Rede mit einem Goebbels-Zitat beendete. Auf der RNF Seite schreibt sie: „Für den Erhalt unseres Volkes, unserer Sitten und Werte werde ich mich aktiv einsetzten! Ich möchte den jungen Menschen andere Lebensweisen vorzeigen, welche nicht von diesem BRD System geprägt sind.“

2012 trat sie vor allem als Mitglied des RNF-Bundesvorstands in Erscheinung, wo sie u.a. auf dem Deutschen Stimme Pressefest Plätzchen sowie das neue Give-away „Überraschungsbodys für Schwangere und Neugeborene mit den Aufschriften: Deutsches Mädel, Deutscher Bub oder Deutsche Zukunft“ (Quelle: RNF Website) verteilte. Maria Fank erscheint als Muster einer Nazi-Aktivistin. Sie sei an der Schule ihres Kindes aktiv, so eine Demonstrantin, ergreift einen Sozialberuf, hat als Themen traditionell weiblich konnotierte Themen wie Kindeswohl, Mutterschutz, Gesundheit, aber auch sogenannte „Ausländerkriminalität“ und Euro-Politik.

Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Sebastian Schmidtke fährt sie einen harten Kurs gegen Asylsuchende. Damit bedienen NPD und RNF ein Thema, das sich besser für die Wählergewinnung eignet als die Euro-Krise – nicht zuletzt, da als neuer Akteur hier die AfD auf den Plan getreten ist. Mit dem Thema Asyl verbinden die Neonazis klassische Stammthemen, wie sogenannte „Ausländerkriminalität“, „Volkstod“, „Überfremdung“, „Sozialschmarotzertum“… die Liste ist beliebig erweiterbar. Es werden Ängste geschürt, die in der Bevölkerung schon vorhanden sind. Alltagsrassismus vermischt sich mit der Angst vor sozialem Abstieg, durch gezielte Fehlinformationen von NPD und RNF radikalisieren sich Meinungen und Handlungen.

Neonazis streben vermehrt in den Sozialbereich

Begleitet von den Polizisten machen sich die Teilnehmenden der Kundgebung auf den Weg in die Alte Jakobstraße und sammeln sich auf der anderen Straßenseite gegenüber der Ausbildungseinrichtung. Diese ist heute geschlossen, am ersten Tag nach den Ferien. Schulleiter Roland Schmidt befürchtete eine „Großdemonstration“ und dass man Sicherheit und Schulablauf nicht gewährleisten könne. In einer Pressemitteilung vom 14.10.2013 begrüßt die Niederlassungsleitung „ein friedliches gesellschaftspolitisches Engagement“ und betont die eigene Ausrichtung der Schule „gegen Rassismus und Intoleranz“. Die Ausrichtung der Schule könne und würde durch einzelne Personen nicht unterwandert werden.

„Man kann die Linie von Maria Fank getrost als Brandstiftung durch Worte bezeichnen“, erklärt ein Organisator der Kundgebung am Montag. Die Übergriffe auf Andersdenkende und Asylsuchende hätten seit der Agitation von Fank und co. deutlich zugenommen. Das zeigen auch Medienberichte.

Muss man die Eignung einer Aktivistin wie Maria Fank für den Sozialberuf nicht in Frage stellen? Die AFBB schreibt auf ihrer Website: „Mit dem Abschluss als Sozialassistent/in ist eine aufstiegsorientierte Ausbildung zum Erzieher möglich.“  Auch die Bundesregierung stellt 2013 in einer Antwort auf die Kleine Anfrage des SPD-Abgeordneten Willi Brase  fest, dass Neonazis, insbesondere der RNF, bestrebt sind, sich ehrenamtlich in örtliche Strukturen und soziale Bereiche einzubringen. Sie verfolgen diese Strategie, um sich in der Mitte der Gesellschaft zu verankern und eine schleichende Normalisierung zu erreichen.  Der RNF gibt 2010 laut Bundesregierung selbst bekannt, dass „Frauen in der nationalen Bewegung (…) zunehmende Anerkennung durch ihr politisches Engagement und ihren beruflichen und ehrenamtlichen Einsatz als (…) Tagesmütter oder Erzieherinnen bekämen“. Warum demonstriert hier also das Antirassistische Infoportal Hellersdorf und nicht Familienministerin Kristina Schröder?

Etwa 50 Menschen protestieren vor der geschlossenen Schule

Auf der Kundgebung ist die Stimmung entspannt, an Passantinnen und Passanten werden Flyer verteilt, die über Maria Fank aufklären, und die Moderation liest Redebeiträge via Megaphon vor. Etwa 30 bis 50 Menschen sitzen oder stehen im Halbschatten bunt belaubter Bäume, lauschen oder unterhalten sich. Einige halten ein Transparent mit der Aufschrift „Gemeinsam gegen Rassismus!“ Weil die Schule geschlossen ist, bleibt der erhoffte Anspracheeffekt an die Schülerinnen und Schüler aus.

Seit Juni diesen Jahres wurden Informationen über Maria Fank, ihre politischen Aktionen und die Ausbildung als Sozialassistentin öffentlich. Bis zur Kundgebung positionierte sich die Schule nicht dazu. Das Orga-Team der Kundgebung zeigt sich enttäuscht von der Zurückhaltung der Schule. „Keiner will die Verantwortung übernehmen,“ erklärt eine junge Frau. Als die befürchtete „Großdemonstration“ kann man die maximal 50 Menschen auf der anderen Straßenseite der Ausbildungseinrichtung nicht bezeichnen. „Wir halten hier zwar eine Kundgebung vor einer geschlossenen Schule ab. Das mag sinnlos erscheinen, aber wir halten es auch für ein Zeichen, dass wir erfolgreich Druck ausüben können“, erklärt der Moderator am Megaphon.

„Wir gehen davon aus, dass sie ihren Beruf dazu nutzen wird, zu agitieren“, erklärt eine Organisatorin der Kundgebung gegenüber anwesenden Pressevertreterinnen. Damit rechtfertigt die Antifa das Vorgehen und ihre Forderung, Maria Fank die Ausbildung zu kündigen.

Der Druck wirkt

Inzwischen scheint die AFBB den Forderungen nachzugeben. So teilte Niederlassungsleiter Roland Schmidt Belltower.news mit, dass er Maria Fank einen Aufhebungsvertrag angeboten habe oder sie auch mit einer Kündigung rechnen müsse. Maria Fank äußerte sich dazu in einer Pressemitteilung der NPD: „Ich werde keiner Auflösung zustimmen und gegen eine etwaige Kündigung alle rechtlichen Schritte einleiten.“ Ihr werde vorgeworfen, Schulablauf und Frieden zu stören, aber sie habe sich nichts zu Schulden kommen lassen. Sie erklärt weiter: „Nicht ich störe den Schulablauf, sondern die rotlackierten Faschisten der kriminellen Antifa.“

Einige Schülerinnen der AFBB scheinen das anders zu sehen. Sie sind zur Kundgebung gekommen, weil sie sich die „Großdemonstration“ ansehen wollten. An der Schule sei nicht kommuniziert worden, was der Grund für den Schulausfall sei. Maria Fank ist ihnen an der Schule noch nicht näher aufgefallen, von den Aufklärungsplakaten im Umfeld der Schule haben sie nur eines am nahe gelegenen U-Bahnhof bemerkt. Sie, die auch Sozialberufe ergreifen werden, ärgern sich darüber, dass Nazis mit ihren menschenverachtenden Ideologien in ihr Arbeitsfeld drängen. Es kommt die Idee auf, das Thema an der Schule publik zu machen, um gemeinsam eine Diskussion darüber zu führen, ob sich Vertreterinnen und Vertreter menschenverachtender Weltbilder dazu eignen, einen Beruf zu ergreifen, in dem es um Menschenwürde und den Gleichheitsgrundsatz geht. Unterstützung finden die Auszubildenden des AFBB dabei sicher nicht zuletzt in der Berliner Zivilgesellschaft.

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