Die Artikel der vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift sind unter dem Titel „Ökologie von rechts“ zusammengestellt und werden durch kurze Informationsseiten ergänzt. Eine statistische Aufstellung zur Verbreitung rechtsextremer Einstellungen in der gesellschaftlichen Mitte Deutschlands und ein Zitat der NPD zum eigenen rassistisch-biologistischen Gesellschaftsbild gehen beispielweise dem Einführungsartikel Toralf Stauds voran.
Nach diesem schildert Ludwig Trepl, emeritierter Professor der Landschaftsökologie an der TU München, die Verbindungen zwischen Nationalsozialismus, historischem Konservatismus und dem Umweltschutz einführend wie eindrücklich. Der Autor stellt heraus, dass ökologische Bestrebungen historisch gesehen, konservativen Ursprungs sind. Ausgangspunkt dabei war die Vorstellung, dass Menschen sich an ihre natürlichen Umwelten anpassen müssten und sich nur so weiterentwickeln könnten. Individuelle Freiheit sei demnach nur in der „Bindung an die [spezifische] Natur und die tradierte Gemeinschaft“ möglich. Das Verhältnis zwischen den Menschen und ihren Gesellschaften sei aber nicht von Isolation oder Hierarchien geprägt, sondern von einer „ranglosen Verschiedenheit“ der Kulturen, die sich so gegenseitig bereichern sollten.
Das Spannungsverhältnis zwischen Ökologie und Rechtsextremismus und dessen Auflösung
Der Nationalsozialismus deutete dieses Konzept rassistisch um und bestimmte eine nordisch-germanische Herrenrasse. Diese sei von der sie umgebenden, harten Natur geprägt und in besonderem Maße biologisch ausgestattet. Aufgrund seines besonderen Ursprunge handele das germanische Volk immer im Einklang mit seiner natürlichen Umwelt. Darüber hinaus komme diesem der Auftrag zu, andere Gebiete zu erobern und damit „weiterzuentwickeln“. Der Mensch und dessen zusammenleben in Gesellschaften werden dabei ausschließlich biologistisch begriffen. Seine Fähigkeit, soziale Bindungen reflektiert zu erzeugen und zu gestalten, komplett negiert. Er ist ein Tier, welches denselben Naturgesetzen folgen müsse, wie seine animalischen Verwandten.
Dem heutigen Rechtsextremismus bescheinigt Trepl eine andere Beschaffenheit. Die aggressive Annektierungspolitik würde dieser nicht mehr verfolgen. Vielmehr geht es ihm um abgeschlossene Idyllen, welche aufgrund der in ihr herrschenden Lebensbedingungen in eine Rangordnung gebracht werden können.
Über diese Einschätzung kann sicherlich gestritten werden. Der Autor weist aber darauf hin, dass die aktuelle Zurückhaltung gegenüber imperialistischen Formulierungen Folge der Schwäche der rechtextremen Szene und damit Teil einer Vernebelungsstrategie sein könnte.
Der Artikel Trepls, führt aus, was die ihm vorangestellte Informationsseite darstellt: Die lange Zeit bestehende Gleichsetzung von Umweltschutz und Heimatschutz in der deutschen Geschichte – Sinnbild eines völkisch-rassistisch geprägten, ökologischen Verständnisses sowie dessen Umkehrung.
Zu einer Veränderung dieses Verbundes kam es erst in Folge der 68er-Bewegung. Eine Entwicklung, welche im Beitrag Johannes Melcherts beschrieben wird: „Die […] Ökologiebewegung und die sich entwickelnden Biowissenschaften schufen ein Vokabular , das den Begriff „Heimat“ mit samt seinen kulturellen, ethischen und emotionalen Anteilen aus dem Naturschutz verdrängte.“ Einher ging dies mit dem Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes 1977. Dieses löst das 1935 eingesetzte Reichsnaturschutzgesetz ab und stellt eine institutionelle Abkehr von „traditionalistischen, völkischen und zum Teil auch von konservativen Denkweisen“ dar. Darüber hinaus integrierte die entstehende Partei der Grünen ökologische Thematiken stärker in das linke politische Lager und löste es damit aus dem ursprünglich konservativen und zum Teil radikalisiertem Umfeld heraus.
In weiteren Artikeln wird das Handeln von „Naturschützern“ im Dritten Reich ebenso wie das Wirken von rechtsextremen Akteuren in ökologisch geprägten Bewegungen des Deutschlands der Nachkriegszeit geschildert.
Das aktuelle Wirken brauner Öko-Freunde
Den Block zu aktuellen Bestrebungen Rechtsextremer im Öko-Bereich leiten Artikel zu braunen Bio-Bauernhöfen und völkischen Siedlern sowie der rassistischen Zeitschrift „Umwelt und Aktiv“ ein.
Dem folgend liefert der Artikel „Auf die sanfte Tour“ von Anna Schmidt Aufklärung über rechtsextreme Aktivistinnen im ökologischen Umfeld. Neben der Heraushebung einzelner Akteurinnen geht es Schmidt auch um das grundsätzliche Begreifen ihrer Rolle im rechtsextremen Spektrum. Diese werden aus einem traditionalistischen Verständnis heraus als Fürsorgerin für „Heim und Herd“ verstanden. Sie streben Führungspositionen an, können diese bisher aber nur in der Familien- und Sozialpolitik der NPD einlösen. Darüber hinaus werden Frauen von der rechtsextremen Partei aufgefordert, eine völkisch-rassistische Heimatideologie in ihrem Arbeits- und Privatumfeld zu verbreiten. Dr. Heike Radvan von der Fachstelle „Gender und Rechtsextremismusprävention“ der Amadeu-Antonio-Stiftung stellt die dahinterliegende Motivation dar: „Man hat die geringere Wahrnehmung für Menschenfeindlichkeit unter Frauen erkannt und setzt dies strategisch ein“.
Die Ausgabe beschließen ein Beitrag von Nils M. Franke und ein Interview mit Bernd Wagner, Mitbegründer der Aussteiger-Initiative „Exit Deutschland“. Beide schlagen Brücken zu den ökologischen Prämissen der Ideologie der aktiven, rechtsextremen Szene. So gelingt es vor allem Franke mit der Schilderung des Neobiota-Diskurses, das heisst den Auswirkungen umweltfremder Tier- und Pflanzenarten auf das jeweilige Ökosystem, die Anknüpfungspunkte zwischen rassistischem und ökologischem Denkens im Aktuellen zu beschreiben. Dabei liefert er die intensivste Auseinandersetzung mit den Prämissen des modernen rechtsextremen Spektrums und vermag es, deren Wirken im wissenschaftlichen wie lebensweltlichen Kontext aufzuzeigen. Ganzheitlich gesehen stellt dies den informativsten Artikel der Ausgabe dar: Er vermag es wie der Artikel von Toralf Staud, am Anfang der Zeitschrift, einen prägnanten Überblick zu liefern. Modernes, ökologisches Denken hat sich demnach von seinen zu Teilen völkischem Ursprung gelöst. Der Umweltschutz ist damit aber nicht vor Vereinnahmungsbestrebungen Rechtsextremer gefeit. Die Leistung von Franke und Staud ist es, dass sie Inszeniertes und Intendiertes ins Verhältnis setzen.
Das Gespräch mit Wagner, welches unter anderem von vegan lebenden, rechtsextremen Cliquen berichtet, knüpft daran an, kann natürlicherweise die klare Komplexität der vorangegangenen Artikel aber nicht erreichen.
Fazit
In der Verbindung mit den weiteren Artikeln der Zeitschrift ist es dem Lesenden möglich, sich einen intensiven Überblick anzueignen. Einzelne Informationsseiten und Artikel wirken zwar deplatziert. Nach dem Konsum der gesamten Ausgabe lassen sich aber auch diese inhaltlich einordnen. Bis zuletzt bleibt allerdings, vor allem im historischen Kontext, unklar, warum eine analytische Trennung in Naturschützer und Nationalsozialisten oder Rechtsextreme so strikt durchgehalten werden sollte. Vielmehr erscheint es sinnhaft, dass die jeweiligen Akteure Umweltbezug und völkisch-rassistisches Weltbild so eng verbanden, dass sie ökologische Nazis und nazistische Ökologen gleichermaßen waren.
Eine umfassende Aufklärung über rechtsextreme Umtriebe im ökologischen Feld ist die schließende Forderung der meisten Artikel der Ausgabe. Wenn sie die Aufklärung theoretischer Verknüpfungen und praktischem Zusammenwirken von Rechtsextremismus und Ökologie im Auge haben, ist die Zusammenstellung ihrer Beiträge im Themenheft „Ökologie von rechts“ eine sehr gute Grundlage. Im abschließenden Interview äußert Bernd Wagner die wohl erfassendste Aussage im Heft: „Im Wesentlichen gehen alle, egal aus welcher Fraktion des rechtsextremen Spektrums sie kommen, von einem ökologischen Modell des Seins aus“. Erfreulicherweise trifft die Umkehrung, dass die Akteure des ökologischen Spektrums ein völkisch-rassistisches Modells des Seins verfolgen, nicht (mehr) zu.
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Weitere Informationen:
Naturschutz gegen Rechtsextremismus – eine Argumentationshilfe (pdf)Braune Ökologen (pdf)