Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

Bündnis für Demokratie und Toleranz der Zwickauer Region „Wir schaffen Berührungspunkte“

Von|

Laut amtlicher Statistik sind 1,2 Prozent der Menschen im Landkreis Zwickau nichtdeutscher Herkunft. Wenn Sabine Hietzke mit Schulklassen Projektarbeit macht und fragt, wie hoch die Jugendlichen den Ausländeranteil in ihrer Stadt einschätzen, sagen die oft: 50 Prozent. ?Dann frage ich: Ist denn die Hälfte der Leute, die Du kennst, nichtdeutscher Herkunft sein? Da kommen die Schüler ins Grübeln?, sagt Hietzke und erklärt weiter: ?Sie lesen NPD-Wahlplakate oder alarmistische Artikel in den Medien und reflektieren das nicht. Aber das können sie dann bei unseren Schulprojekttagen tun.? Sabine Hietzke ist seit 2009 die festangestellte Koordinatorin des ?Bündnisses für Demokratie und Toleranz der Zwickauer Region?, das seit 1995 Vereine, Institutionen und Interessenvertretungen in der 93.000 Einwohner Stadt im Westen Sachsens vereint, wenn es um die Arbeit für Demokratie und gegen Rechtsextremismus geht. Das Bündnis gehört zu den zehn Nominierten für den ?Sächsischen Förderpreis für Demokratie? (Link) der Amadeu Antonio Stiftung, der Freudenberg Stiftung und der Sebastian Cobler Stiftung, der am 09. November in Dresden verliehen wird.

Die präventive Arbeit mit Jugendlichen zu Themen wie Alltagsrassismus und Teilhabe macht einen Teil des vielfältigen Engagements des Bündnisses aus. ?In Zwickau gibt es leider noch zu wenig interkulturellen Austausch?, sagt Sabine Hietzke, ?also schaffen wir Berührungspunkte?. Für alle Interessierten in Zwickau ist das etwa die ?Interkulturelle Woche?, die jeden September gemeinsam mit der Ausländerbeauftragten des Landkreises und Mitgliedern des Interkulturellen Arbeitskreises vorbereitet wird. Mit Jugendlichen fährt Hietzke auch ins Zwickauer Asylbewerberheim. ?Danach sind die Jugendlichen oft schockiert über die Lebensbedingungen, sind sehr nachdenklich?, sagte Hietzke. Sie möchte die Jugendlichen stets zum Mitmachen und Mitdenken anregen: ?Sie sollen selbst darauf kommen, wo sie oder ihre Umwelt problematische Positionen einnehmen.? Ein Highlight ihrer Arbeit war 2010 ein Jugendaustausch, bei dem vier palästinensische Jugendliche nach Zwickau kamen, in Gastfamilien wohnten und von gleichaltrigen Zwickauern die Stadt gezeigt bekamen: ?Da waren die Kinder mit großer Begeisterung dabei.?

Das Bündnis für Demokratie und Toleranz der Zwickauer Region bringt allerdings auch Menschen aus verschiedenen politischen und weltanschaulichen Richtungen und Positionen zusammen. Auch die Stadt und die Bürgermeisterin Pia Findeiß (SPD) sind mit Begeisterung dabei ? in Sachsen nicht selbstverständlich! -, wenn es wieder einmal gilt, sich Neonazis entgegen zu stellen. Die NPD ist in der Stadt aktiv, auch Neonazis sind präsent. ?Gut ist, dass sich die Menschen hier inzwischen darüber bewusst sind, das Rechtsextremismus ein Problem ist?, sagt Sabine Hietzke, ?unserer Herausforderung ist nun, die Menschen für ein kontinuierliches Engagement zu gewinnen.? 2009 gab es einen großen NPD-Aufmarsch in der Stadt, gegen den das Bündnis für Demokratie und Toleranz der Zwickauer Region im breitestmöglichen Verbund den Gegenprotest organisierte. ?Da kamen 1.500 Menschen ? ich meine, wir hatten einige Gegendemonstranten erwartet, aber der Erfolg war sehr erfreulich?, sagt Sabine Hietzke.

Für die Zukunft wünscht sie Zwickau, ?dass es noch mehr zur Selbstverständlichkeit wird, gegen Nazis aktiv zu werden.? Das Bündnis möchte zukünftig noch mehr als bisher über die Stadt hinaus in den Landkreis wirken, zu dem auch Limbach-Oberfrohna gehört, der Ort in Sachsen, der aktuell mit den geballtesten Übergriffen zu kämpfen hat. Doch zunächst stehen die Vorbereitungen für die Demokratietage an, die im kommenden April wieder stattfinden. ?Das ist viel Organisation und Koordination?, sagt Hietzke, ?aber wenn ich 100 Klinken putze, gehen 3 Türen auf ? es lohnt sich immer!? Ein schönes Bild für den langen Atem, den Demokratieprojekte brauchen.

* Helga Dierichs ist stellvertretende Vorsitzende der Sebastian Cobler Stiftung und sitzt in der Jury des Sächsischen Förderpreises für Demokratie.

Mehr auf netz-gegen-nazis.de:

Nominiert 2011:

| Zittau: ?Weiterhin die Augen auf machen?
| RAA Hoyerswerda: Viele Kulturen erlebbar machen
| Limbach-Oberfrohna: ?Ich dachte erst, das ist nur eine Schmiererei?
| Chronik.LE: „Anerkennung unserer Arbeit“
| AG Kirche für Demokratie gegen Rechtsextremismus: Beten und Mahnen gegen Nazis
| InitiatorInnenkreis des Riesaer Appells: Wenn selbst Straßen vom Widerstand gegen die NPD zeugen

| 67 Bewerbungen zum Sächsischen Förderpreis für Demokratie
| Preise für Demokratie mit und ohne Bürger und Eigensinn in Sachsen

Mehr im Internet:

| Zwickauer Bündnis für Demokratie
| Sächsischer Förderpreis für Demokratie
| Amadeu Antonio Stiftung

Weiterlesen

2017-04-10-meme

Memes Bildsprache politischer Netzkultur

Debatten und Diskussionen im Internet werden nicht nur rhetorisch geführt, sondern auch durch Bilder – die sogenannten Memes. Auch Nazis und Rassist_innen haben das Potential dieser Bilder für sich entdeckt – zeigt die neue Broschüre „Meme: Die Kunst des Remix“ der Amadeu Antonio Stiftung.

Von|
2016-06-23-internet

Monatsüberblick Mai 2016 Internet

Darin: Aktuelle Verurteilungen zu Hassrede (viele) +++ ?re:publica: Im Zeichen der Hassrede +++ 21 Übungen gegen Hassreden im Internet +++ Fallgeschichten, z.B.…

Von|
Eine Plattform der