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Burschentag 2013 Im Fackelschein Richtung extreme Rechte

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Burschenschaftsdenkmal in Eisenach (Quelle: Wikimedia/Creative Commons Lizenz /Micha aus Thüringen)

Fanfaren ertönen auf der Wartburg, aus rund 200 Kehlen ertönt Gesang – ein übliches Ritual beim Deutschen Burschentag, dem Mitgliedertreffen der Deutschen Burschenschaft (DB), das einmal im Jahr kurz nach Pfingsten in Eisenach stattfindet. Demonstrativ recken einige Burschenschaftler den rechten Arm in die Höhe, ihre Kappen dabei fest im Griff: Die Geste erinnert an den Hitler-Gruß. Nicht nur bei unbeteiligten Beobachtern weckt das Bild Erschrecken, auch Mitglieder des DB selbst sind entsetzt. Nicht wenige setzen darauf, dass ihre Burschenschaften den Dachverband bald verlassen, wie es bereits so viele getan haben – etwa 25 in den vergangenen zwei Jahren.

Auslöser für den immensen Mitgliederschwund war eine Debatte über so genannte „Arier-Nachweise“ 2011: Damals diskutierte der DB heftig, ob Kai Ming Au, Burschenschaftler mit chinesischen Wurzeln, deutsch genug für die DB ist. Er hatte sich um ein Vorstandsamt beworben. Die Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn reagierte mit einem Antrag, in dem es hieß: „Es ist besonders in Zeiten fortschreitender Überfremdung nicht hinnehmbar, dass Menschen, welche nicht vom deutschen Stamm sind, in die Deutsche Burschenschaft aufgenommen werden.“ Der massive öffentliche Druck führte schließlich dazu, dass der Antrag zurückgezogen wurde – und ein interner Machkampf in der DB begann.

Proteste in Eisenach

Wer diesen Machtkampf letztlich für sich entschied, macht der diesjährige Burschentag mehr als deutlich. Denn erneut wurde über rassistische Anträge diskutiert, die nach entsprechenden Schlagzeilen in den Medien wieder zurückgezogen wurden. Diese Vorgehensweise scheint mittlerweile eine beliebte Taktik im DB zu sein, die sich dann als Opfer einer „Medienhysterie“ geriert. Heißt das im Umkehrschluss, dass gar nicht über entsprechende Vorfälle berichtet werden sollte, um solchen Argumentationen und Reaktionen den Boden zu entziehen? Wegsehen mit guter Absicht? Wohl kaum. So schreibt auch Oliver Trenkamp in einem Kommentar auf „Spiegel Online„: „Journalisten müssen Rassismus dokumentieren – vor allem, wenn er in vermeintlichen Eliten keimt.“

Zur Berichterstattung gehört auch, darauf hinzuweisen, dass sich viele Menschen in Eisenach mit dem burschenschaftlichen Treiben nicht mehr abfinden wollen: So rief das Bündnis gegen den Burschentag in Eisenach zu einer Gegendemonstration auf, 250 Bürgerinnen und Bürger folgten dem Aufruf und zogen demonstrierend durch das Städtchen, unter ihnen Bürgermeisterin Katja Wolf (Linke). Von ihr weiß man, dass sie das DB-Treffen lieber heute als morgen raus aus Eisenach hätte, doch langfristige Mietverträge würden dies nicht erlauben.

Aberwitzige Vergleiche

Die DB selbst zeigt sich von der öffentlichen Debatte unbeeindruckt – zumindest nach außen. So heißt es in einer abschließenden Presseerklärung zum Burschentag: „Gerade dieser Burschentag zeigt, daß sich die Deutsche Burschenschaft in ihrer Einheit und Gesamtheit sieht und ihrer Verantwortung bewußt ist, die sie in der Öffentlicheit einzunehmen hat. Ihre Aufgabe, sich für die Anliegen junger Menschen in Deutschland, Österreich, aber auch in ganz Europa einzusetzen, wird sie in Zukunft mit aller Kraft wahrnehmen.“ Auf Nachfragen etwa zu den Anträgen für rassistische Aufnahmekriterien reagiert der DB allerdings mit aberwitzigen Vergleichen: So erklärte Pressesprecher Walter Tributsch, Rassismusvorwürfe seien nicht gerechtfertigt: „Wir sind leider nicht so rassistisch ausgerichtet wie zum Beispiel jüdische Organisationen.“

Es sind Aussagen wie diese, die Berichterstattung über den Burschentag und schließlich die Entwicklung der vergangenen Jahre, die Expertinnen und Experten vermuten lassen, dass hier Kaderbildung für die Neue Rechte betrieben wird. So erklärt etwa Alexandra Kurth, Politologin und Rechtsextremismusexpertin an der Universität Gießen, im Deutschlandfunk: „Meines Erachtens ist die Deutsche Burschenschaft nach dem Austritt einer ganzen Reihe von konservativen Bünden und einzelnen Mitgliedern mittlerweile als Verband politisch so zu charakterisieren, dass er Teil der extremen Rechten ist.“

Verfestigte Hochschul-Struktur der extremen Rechten

Ähnliche Befürchtungen äußert auch Christian Becker. Er war Mitglied bei den Bonner Raczeks. Als er sich gegen rechtsextremes Gedankengut in der Verbindung äußerte, wurde er rausgeworfen. Seither betreibt er einen Blog mit dem Titel „Burschenschafter gegen Neonazis„. Er meint im  Deutschlandfunk: „Wenn die Entwicklung jetzt so weitergeht, wie es sich abzeichnet, dann ist eigentlich das eingetreten, wovor Experten vor vielen Jahren schon gewarnt haben. Nämlich, dass die äußere Rechte in Deutschland zum ersten Mal dann eine verfestigte Struktur an deutschen Hochschulen hat.“

Auch, wenn erst in den vergangenen zwei Jahren über den Rechtsruck der DB verstärkt berichtet wird, ist dieser doch auch ein Ergebnis eines Aufrufs aus den 1990ern: Damals forderte Jürgen Schwab, zu jener Zeit Chefideologe der NPD, indirekt zur Unterwanderung der Burschenschaften auf. Dazu erklärt Christian Becker: „Man hat sich ja mal gewundert: Wie kommt eigentlich dieser Rechtsruck, der tatsächlich sich zehn, 15 Jahren bei den Burschenschaften vollzieht, wie kommt der eigentlich zustande? Und der ist nach einem Masterplan erfolgt. Hintergrund war damals, dass Anfang der 90er viele rechtsextreme Gruppierungen nach Anschlägen in Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda verboten wurden. Und dann waren sozusagen viele frei und suchten neue Strukturen.“

Verfassungsschutz schaut weg

Tatsächlich gibt es einige NPD-Funktionäre, die sich mit ihrer Mitgliedschaft in einer Burschenschaft brüsten. Dazu kommen Erkenntnisse des Thüringer Innenministeriums, denen zufolge Mitglieder der Jenaer Burschenschaft Normannia jahrelang Kontakte zum Umfeld des NSU-Trios unterhielten. Dazu kommen die eindeutigen Veröffentlichungen der „Burschenschaftliche Gemeinschaft“, einer ultrarechten Gruppierung innerhalb der DB. All das wären genug Anhaltspunkte, die Entwicklungen innerhalb der DB genauer im Auge zu behalten – könnte man meinen. Doch der Verfassungsschutz sieht das anders, wie Stern.de berichtet: „Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat den Dachverband der Burschenschaften trotz der Entwicklung in den letzten Jahren bisher überhaupt nicht auf dem Schirm, wie eine Sprecherin stern.de bestätigte. Selbst die Landesbehörden beobachten deutschlandweit von 120 Verbindungen aktuell nur ganze fünf.“

Hintergrund:

Die Deutsche Burschenschaft – kulturelles Erbe oder Sammelbecken der Rechten?

von Martha Grau

Schülerkorporationen, Damenverbindungen, Corps, Burschenschaft, Sängerschaft, Turnerschaft, Katholische Verbindungen: Die Landschaft der studentischen Organisationen ist verwirrend. Wichtig festzuhalten ist, dass nicht alle Verbindungsstudenten Burschenschaftler sind, obwohl die Begriffe „Verbindung“ und „Burschenschaft“ oft fälschlicherweise synonym verwendet werden. Eine Burschenschaft ist eine Art von Studentenverbindungen. In Deutschland gibt es ungefähr 1.000 Studentenverbindungen, davon sind nur etwa 140 Burschenschaften.

„Ehre, Freiheit, Vaterland“

Die meisten Burschenschaften sind im Verband Deutsche Burschenschaft (DB) organisiert. Dieser hat 15.000 aktive Mitglieder, im Verband Neue Deutsche Burschenschaft (NDB) sind 4.000 Mitglieder organisiert. Burschenschaften verstehen sich – im Unterschied zu anderen Studentenverbindungen – als explizit politische Organisationen. Politisch bezieht man sich viel mehr auf die Themen des Wahlspruchs „Ehre, Freiheit, Vaterland“ als auf Parteien. Dieser Nationalismus kann radikal oder gemäßigt sein, aber die völkische Ideologie und der Nationalismus waren schon immer fester Bestandteil der Bewegung.

In vielen traditionellen Studentenstädten wie Jena, Heidelberg, Göttingen oder Tübingen stehen einige prachtvolle Verbindungshäuser. Im allgemeinen Stadtbild gibt es dort nicht nur viele Studenten, sondern auch viele die “korporiert”, also in Verbindungen sind, meist besonders wenig Miete zahlen, altertümliche Kostüme und Trachten tragen und Rituale pflegen. Burschenschaften sind immer farbentragend d.h, dass eine bestimmte Farbkombination an Hut und „Schärpe“ ihre Zugehörigkeit zur jeweiligen Burschenschaft zeigt. Diese Zugehörigkeit funktioniert nach einem Lebensbundprinzip: einmal Burschi, immer Burschi!

Burschenschaften sind überwiegend schlagend, das bedeutet, dass sie „Mensur“ („Das Blutopfer“) Fecht-Turniere veranstalten, die ritualisiert mit scharfen Klingen seit langer Zeit zur Tradition der Burschen gehören. Die Mensur gilt als Aufnahmeritual und die Wunden als Beweis der Männlichkeit.

Burschentag in Eisenach

Die Kleinstadt in Thüringen ist nicht zufällig der Treffpunkt des alljährlichen Burschentag des Dachverbandes „Deutsche Burschenschaft“. Denn über der Stadt thront die Wartburg, die für den Nationalismus der Burschenschaftler eine wichtige Rolle spielt. Nach den Deutsch-Französischen Befreiungskriegen erwuchs im zersplitterten Deutschland eine junge Bewegung von Studenten mit der Hoffnung auf nationale Einigung. Im Krieg waren viele dieser Studenten in einem Freiwilligenverband der preußischen Armee, dem „Lützwoschen Freikorps“. Studenten der Universität Jena gründeten 1815  die sogenannte „Urburschenschaft“, um ihre Bestrebungen nach einem geeinten Nationalstaat an die Universität zu tragen.

Nachdem Luther auf der Wartburg im 16. Jahrhundert die Bibel ins Deutsche übersetzte, feierten nationalgesinnte Studenten dort 1817 ein riesiges Fest. Dort versammelten sich über 500 Studenten, um zwei Jahrestage zu zelebrieren: den vier Jahre zuvor errungenen Sieg über Napoleon, sowie den 300. Jahrestag des Lutherschen Thesenanschlags. Zum schaurigen Höhepunkt des Festes wurde die Verbrennung von verschiedenen Schriften jüdischer und französischer Autoren in antifranzösischer und antisemitischer Absicht. Heinrich Heine, als kritischer Zeitzeuge der Geschehnisse äußerte sich 1840 folgendermaßen dazu: „Auf der Wartburg krächzte die Vergangenheit ihren obskuren Rabengesang, und bei Fackellicht wurden Dummheiten gesagt und getan, die des blödsinnigsten Mittelalters würdig waren! (…) Auf der Wartburg herrschte jener beschränkte Teutomanismus, der viel von Liebe und Glaube greinte, dessen Liebe aber nichts anderes war als Haß des Fremden und dessen Glaube nur in der Unvernunft bestand, und der in seiner Unwissenheit nichts Besseres zu erfinden wußte als Bücher zu verbrennen. (…) Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“

Rechtsextrem? Rechtskonservativ? Ewig gestrig?

Aktive Rechtsextremisten in Burschenschaftlichen Verbindungen sind zwar eine Minderheit und auch nur vereinzelt sind Burschenschaften zu Beobachtungsobjekten von Verfassungsschutzbehörden geworden. Trotzdem ist das Spektrum vor allem nach rechts offen, Übergänge sind fließend und gute Beziehungen zur extremen Rechten werden durch personelle und thematische Überschneidungen gepflegt. Zu beobachten ist aber, dass Korporierte immer wieder als intellektuelle Meinungsmacher und Funktionselite in der Rechten auftauchen. Im Brücken-Spektrum zwischen rechtskonservativ und rechtsextrem verstehen sich die Burschenschaftler als elitäre Avantgarde und bieten so eine akademische Rückendeckung für extrem rechte Positionen, was sie durchaus gefährlich macht. Burschenschaften sind und waren schon immer streng hierarchisch durchstrukturiert und die völkische, nationalistische Ideologie ist nicht nur Bestandteil der Geschichte, sondern auch der Gegenwart. Der Ursprung als militärische Einheit wird immer wieder im Uniformismus und in der Affinität zu Gewalt deutlich, die noch heute gewahrt werden. Gehorsam und Durchalten wird im strikten Regelwerk und durch die streng autoritäre Struktur eingeübt .

Sammelbecken der Rechten und kulturelles Erbe muss keineswegs im Widerspruch zueinander stehen: Die bürgerlichen Revolutionäre der Burschenschaften gehören natürlich mit zur Einigungs- und Demokratiebewegung der deutschen Geschichte. Die Korporationen können allemal auf eine traditionsreiche Vergangenheit zurückblicken: Das Eisenacher Wartburgfest 1817, das Hambacher Fest im Jahre 1832, die Revolution von 1848 – diese Meilensteine auf dem Weg zur nationalen Einheit Deutschlands hätte es ohne die Burschenschaftsbewegung vielleicht gar nicht gegeben.

Burschenschaften haben dabei eine wichtige Rolle gespielt, doch zu sagen bleibt, dass das burschenschaftliche Weltbild auf Hierarchien, Autorität und einem rückständigen dualistischem Geschlechterbild basiert. Ihr überkommener Traditionalismus und die elitäre Seilschaftenbildung stehen in einer problematischen, unaufgearbeiteten und überholten Tradition mit bedenklicher Nähe zur extremen Rechten. Ihre Wertvorstellungen bilden immer wieder eine offene Grenze nach Rechts. Zudem gibt es bis heute keine glaubhafte Distanzierung von Neonazis in eigenen Reihen – genauso wenig haben sie sich bislang ernsthaft mit Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus ihrer eigenen Geschichte auseinandergesetzt.

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Pressespiegel zum Burschentag:

Der rechte Sinn – Zum Burschentag in Eisenach (Deutschlandfunk)Burschentag in Eisenach: Fackelzug in die Vergangenheit (Spiegel Online)Rechtsextreme in der Deutschen Burschenschaft: Wir behalten euch im Auge (Spiegel Online)Burschentag 2013: Rechtsruck entzweit die Burschenschaft (Stern.de)Burschenschaften und Neue Rechte: Verbindung zum Schaden der Republik (Spiegel Online)Burschentag in Eisenach: Deutschtümelei unter der Wartburg (taz)Rechtsextreme mit Band und Mütze: Der Streit in der deutschen Burschenschaftsszene (Deutschlandfunk)Deutschtümelei unter Ausschluss der Öffentlichkeit (Sueddeutsche.de)

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