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Cottbus Ein Bürgermeister-Kandidat, den „Zukunft Heimat“ mag

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Der rechtsextreme Verein "Zukunft Heimat" freut sich auf den AfD-Bürgermeisterkandidaten. Die Kontakte zwischen Verein und Partei in Brandenburg sind eng. (Quelle: Screenshot)

Lars Schieske ist für die AfD ein sehr dankbarer Bürgermeisterkandidat. Er ist gebürtiger Cottbuser. Er arbeitete jahrelang im Kleine-Jungen-Traumberuf Feuerwehrmann. Als solcher rief bei einer Demonstration 2018 über den Lautsprecher seines Dienstautos: „Wir grüßen die Patrioten in Cottbus!“ Die Patrioten, die Schieske da grüßte, war eine Demonstration des rechtsextremen Vereins „Zukunft Heimat“, der Cottbus zur zweitwichtigsten Rechtsaußen-Proteststadt im Osten nach Dresden machen wollte – und zu einer rechtspopulistisch bis rechtsextrem dominierten Stadt (vgl. Tagesspiegel). Cottbus ist aber bisher keine so rechtsaußen dominierte Stadt: Schieske erhielt ein Disziplinarverfahren wegen mangelnder Neutralität im Dienst – und begann, sich bei der AfD zu engagieren.

Heimat, aber für wen

Dass „Zukunft Heimat“ für ihn immer noch eine politische Bezugsgröße ist, lässt Schieskes Werbespot zur Oberbürgermeisterwahl am 11. September 2022 vermuten. Der letzte Satz lautet: „Für die Zukunft unserer Heimat.“ Bevor der Satz fällt, hat die AfD sämtliche rhetorischen Kanonen abgefeuert, die ihr zur Verfügung stehen. Ganz viel geht es um Wende-Narrative, Wende-Bilder, das starke Volk, dann wie schlimm alles nach Wende Nummer 1 im Jahr 1989 für Cottbus wurde, aber jetzt ist stehen die wieder „die Zeichen auf Wende“. Der Spot preist die „selbstbestimmte Art“ der Menschen in Cottbus, dazu Bilder von Coronaleugner*innen-Demonstrationen. Die hat Schieske in den letzten Jahren selbst angemeldet, beworben wurden die Demonstrationen u.a. von „Zukunft Heimat“. Unter den Teilnehmer*innen waren Rechtsextreme und Hooligans, und aus einer Demonstration im Mai 2020 griff eine Gruppe von 50 Personen Polizist*innen an, als die Demonstration untersagt wurde, weil die Hygieneauflagen nicht eingehalten wurden (vgl. Tagesspiegel).

In Cottbus sieht die AfD, deren Brandenburger Landesverband stark von Rechtsextremen wie Andreas Kalbitz geprägt wird, das als positives Verkaufsargument für ihren OB-Kandidaten. Auch wird angepriesen, Schieske sei „nicht Teil der politischen Klassen, sondern der zu uns gehört.“ Dabei ist er seit 2019 durchaus Teil der „politischen Klasse“, denn er sitzt für die AfD im Landtag, hatte eines von zwei Direktmandaten gewonnen. Seit dieser Landtagswahl ist die AfD auch stärkste Kraft im Stadtparlament in Cottbus. Deshalb sind ihre Hoffnungen auf den ersten AfD-Bürgermeister hier auch nicht so unbegründet wie in anderen Städten.

Die AfD Cottbus ist zerstritten

Lars Schieske sagt, er wolle, dass Cottbus die Stadt der Cottbuser bleibe, und wer dabei an die bei Rechtsextremen beliebte Losung „Deutschland den Deutschen“ denkt, der hat den Sinn vielleicht ganz gut erfasst. Denn Rassismus ist für Schieske ebenso ein Thema wie die Elitenfeindlichkeit, das er immer wieder im Wahlkampf spielt oder von seinem Team spielen lässt.

299 Abonnent*innen auf Telegram sind jedenfalls noch kein Volk.

Seine Homepage ist voller „Messer-Migranten“-Geschichten. Auf Telegram schreibt er: „Schon jetzt hat unsere Stadt mit den gravierenden Folgen der Massenmigration zu kämpfen. Unsere Stadt verträgt nicht noch mehr Zuwanderung. Als Oberbürgermeister werde ich das der Landesregierung in diesen deutlichen Worten mitteilen und sie auffordern, endlich konsequenter abzuschieben.“ Nach dem Wahlkampfabschluss am Freitag feiert ein Post: „Am Sonntag holen wir uns unsere Stadt zurück!“ Und das klingt in Kombination mit dem Rassismus und dem Hass auf Andersdenkende nicht nur wie ein Feierruf, sondern wie eine Drohung.

Dazu muss es allerdings auch nicht kommen. Schieske tritt gegen sechs Gegenkandidaten an und hat bisher keinerlei kommunalpolitische Erfolge vorzuweisen. Die AfD trat in der Cottbusser Stadtverordnetenversammlung 2019 als stärkste Fraktion mit elf Sitzen an – und verlor im kommenden Jahren sieben Fraktionsmitglieder (!), weil den Mitgliedern der Einfluss des rechtsextremen „Flügels“ in der Brandenburger AfD zu viel wurde (vgl. nd). Zwei sind zwar inzwischen in die Fraktion zurückgekehrt – der Frieden aber nicht. Sollte es am Sonntag bei der Bürgermeisterwahl zu einer Stichwahl kommen, werden sich die demokratischen Parteien mutmaßlich auf den erfolgreichsten demokratischen Kandidaten einigen. So wurde bereits 2019 ein AfD-Bürgermeister in Görlitz verhindert (vgl. taz).

 

Update 12.09.2022:

Cottbus hat am 11.09.2022 noch keinen neuen Bürgermeister gewählt. SPD-Kandidat Tobias Schick bekam im ersten Wahlgang 31,8 Prozent der Stimmen, AfD-Kandidat Lars Schieske erzielt mit 26,4 Prozent die zweitmeisten Stimmen. Stichwahl ist in 4 Wochen, am 09.10.2022. Die Wahlbeteiligung bei der Stimmabgabe in den 53 Wahllokalen lag bei 53,3 Prozent (vgl. Cottbus.de).

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