Die Nummer mit den Kochtöpfen haben sich die Menschen, die nicht an die Gefährlichkeit des Coronavirus glauben, in Dänemark abgeschaut. Dort – so hieß es in einschlägigen Gruppen – sei vor dem Parlament so laut protestiert worden – mit Kochtöpfen – dass schließlich kein Infektionsschutzgesetz verabschiedet worden sei. Ob hier Tat und Wirkung richtig folgerichtig verknüpft sind, sei dahingestellt – doch der Kochtopf-Protest wirkt auch sinnbildlich für die Art der radikalisierten Menschen, die am 18.11.2020 morgens in Berlin auf der Straße stehen: Es sind wirklich viele Spießbürger*innen auf der Suche nach Vergemeinschaftung, Eltern, organisiert in „Eltern stehen auf“-Gruppen (wie sie selbst bei Reden angeben oder auf Fahnen tragen), ältere Damen und Herren, dazwischen verstrahlt wirkende Hippies und Sinnsuchende. Immerhin: Es gibt nicht so viele Kinder auf der Veranstaltung. Die, die da sind, langweilen sich.
Nazis?
Viel weniger als etwa am 29. August in Berlin oder am 07. November in Leipzig sind hier allerdings am Vormittag des 18. November offen Rechtsextreme zu sehen. Es sind nur wenig Reichsbürger mit Reichsfahnen zu treffen, nur wenige zeigen offene Bekenntnisse zur Verschwörungsideologie von „QAnon“ und nur wenig offen agierende Nazis in Szenebekleidung oder Habitus sind auf der Veranstaltung, sowohl auf der Marschallbrücke am Bundestag als auch am Brandenburger Tor und auf der Straße des 17. Juni.
Narrative
Dafür gibt es weiter viele Verschwörungserzählungen – diesmal mehr zum Impfen als zum Thema „Friedensvertrag“, und am allermeinsten geschichtsvergessene bis geschichtsrevisionistische Vergleiche: Hannah Arendt- und Sophie Scholl-Zitate sind allgegenwärtig – man wähnt sich also kochtopfschlagend demonstrierend gegen die Corona-Schutzmaßnahmen der Bundesergierung als gleichgesetzt zu Jüdinnen und Juden im Dritten Reich, die Hitler mit industrieller Organisation und Grausamkeit ermorden ließ, um sie zu vernichten. Plakate, die 2020 mit 1933 gleichsetzen oder gleich Angela Merkel mit Adolf Hitler, sind ebenfalls ausgesprochen beliebt. Wie erwähnt, nicht (nur) bei Nazis, sondern auch bei Mutti und Vati, die zu diesen Protesten nach Berlin gereist sind und hier verkünden, das Infektionsschutzgesetz, dass heute im Bundestag gelesen wird (vgl. tagesschau.de), sei gleichzusetzen mit dem Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialist*innen, dass ihnen ermöglichte, die Demokratie in Deutschland zu beenden (vgl. Wikipedia). Einig sind sich alle Teilnehmenden darin, dass es das Coronavirus nicht gibt oder dass das Coronavirus nicht gefährlich ist. Sinnbildlich ein Sprecherwechsel auf einem Demo-Wagen an der Marschallbrücke. Der Veranstalter sagt dem älteren Herren, der als nächster sprechen will: „Hier, Du bekommst ein frisches Mikrophon.“ Antwort: „Das brauche ich nicht! Denn das Virus ist kein bisschen gefährlich.“ Angst haben hier stattdessen alle vor Impfungen und Rücksichtnahme.
Demokratiegefährdung
Während also die Demonstrierenden ohne Masken dicht an dicht stehen, „Umarmbar“-Buttons tragen, auf der Straße tanzen und so sich selbst und andere gefährden, wähnen sie sich auf Seiten von „Wahrheit“ und „Demokratie“, die sie fordern und doch nur Deinformation und Egoismus meinen. Die AfD ist übrigens diesmal offen dabei, wenn auch mit wenigen Menschen. Die aber tragen AfD-Fahnen und die schon mehrfach verwendeten „Knast“-Plakate und sprechen bisweilen in rechtsalternativen Livestreams wie Hansjörg Müller.
Hier ein paar erste Eindrücke von den Demonstrierenden am 18. November 2020 in Berlin, aufgenommen zwischen 9 und 12 Uhr.
Plakat gegen Satan. Antisemitisch gemeint.
Dieser Mann mag wohl keine Impfungen. Oder einfach keine Spritzen.
Auch hier ist man gegen Infektionsschutz.
Mit Pfanne gegen Vernunft.
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