Von Marc Latsch
Zurückgezogener Musterschüler
Peter Richter heißt der Mann, der derzeit die juristische Linie der NPD bestimmt. Seit einiger Zeit vertraut die Partei in ihren Verfahren auf die Unterstützung des Saarländers. Richter ist 28 Jahre alt, kommt glatt und unscheinbar daher, ist optisch niemand, der in einer Menschenansammlung auffallen würde. Er entspricht nicht dem Standardbild eines dumpfen Neonazis, eher dem eines Anwalts, und gehört zu den intellektuellen Köpfen in der NPD. Bereits zu Schulzeiten ragte er mit seinen Leistungen heraus, fiel aber bereits durch seine politische Tätigkeit negativ auf. 2005 wurde er erstmals als Teilnehmer einer Veranstaltung der „Dresdner Schule“, eines NPD-nahen Thinktanks, gefilmt. Sein Abitur bestand Richter schließlich mit 1,0, ein ausgeschriebener Preis für den besten Politikschüler des Landes wurde mit Hinweis auf seine „parteipolitisches Engagement für eine rechtsextremistische Partei“ einbehalten. Auch im Studium fiel er durch seine zurückgezogene Lebensweise und starke Leistungen auf. Als bereits Befürchtungen aufkamen, Richter müsse aufgrund seiner Noten in den Staatsdienst aufgenommen werden, entschied dieser sich jedoch für die „Karriere“ als NPD-Anwalt. Er war langjährig Beisitzer des NPD-Parteivorstandes im Saarland – inzwischen ist er der stellvertretende Vorsitzende der Saar-NPD – hinter NPD-Multifunktionär Peter Marx.
Formaljuristischer Provokateur
Seit Richter für die NPD juristisch tätig ist, gehen die existenzbedrohten „Nationaldemokraten“ zunehmend in die juristische Offensive. Mehrere Parallelverfahren am Bundesverfassungsgericht sind mittlerweile die Regel geworden. Einen ersten Erfolg verzeichnete Richter, als er vor dem Landgericht Kassel erwirkte, dass das von einigen Gemeinden praktizierte Abhängen der „Geld für die Oma statt für Sinti und Roma“-Wahlplakate unzulässig sei. In seinen bislang größten Verfahren vor dem Bundesverfassungsgerichtshof blieb er zwar erfolglos, produzierte jedoch immer wieder medienwirksame Schlagzeilen. Insbesondere mit seinem Antrag auf „Feststellung der Verfassungskonformität der NPD“ landete er einen großen PR-Coup. Er gefällt sich in der Rolle als Provokateur und verlangt den Verfassungsrichtern mit seinen juristischen Kniffen immer wieder einiges ab. Er wird dabei von Kollegen als „formaljuristisch ziemlich brillant“ beschrieben und verfolgt auf diese Weise nach Ansicht von Sigurd von Pleidelsheim eine alte NPD-Strategie: „Richter agiert bislang so gekonnt, dass Fachkollegen ihn als einen sehen, der das Zeug hat, sich der Mittel eben jenes demokratischen Systems zu bedienen, dass die Neonazis hassen und abschaffen wollen. Weimar reloaded gewissermaßen.“
Ein neuer „furchtbarer Jurist“?
Das Auftreten von Peter Richter verleitete den „Spiegel“ dazu ein Porträt des Anwalts mit dem Ausdruck „furchtbarer Jurist“ zu betiteln. Ein Begriff, der zur Klassifizierung der Juristengeneration genutzt wird, die zwischen 1933 und 1945 in deutschen Gerichten (Un-)Recht sprach. Der spätere Baden-Württembergische Ministerpräsident Hans Filbinger und Volksgerichtshofpräsident Roland Freisler fallen unter diese Bezeichnung. Von deren Renommee und Versiertheit ist Richter zum Glück weit entfernt, doch er beherrscht das Gesinnungsversteckspiel bereits sehr gut. Meist tritt Richter öffentlich nur mit seinen juristischen Fähigkeiten und der Suche nach rechtlichen Schlupflöchern auf. Doch dann gibt es auch diese Momente, in denen deutlich wird, was für ein Mensch in der Robe steckt. Angesprochen auf das Verfahren zu einem Neonazi, der einen jungen Antifaschisten mit dem Auto überfuhr und seitdem erfolgreich auf „Notwehr“ plädiert, ließ er sich dem „Spiegel“ gegenüber zu dem Kommentar hinreißen: „Wenn da wirklich einer das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden hat, muss er sich dafür halt auch gegebenenfalls verantworten.“ Ein Satz, der in seiner Menschenverachtung zeigt welche Gesinnung hinter dem korrekten Auftreten des jungen Juristen wirklich schlummert.