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Der NPD-Trainer aus Wetzlar

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Konflikte und Rechtsextremismus sind unangenehm, da guckt man gerne weg

Die meisten Mitglieder von Sportvereinen sagen erst einmal: ?Wir haben keine Probleme mit Rassismus und Rechtsextremismus ? und wir haben auch keine Konflikte!? Das macht meinen Job nicht leicht, ich muss sehr sensibel vorgehen. Sportvereine sind für Rechtsextreme interessant, weil sie sich dort als normale Bürger engagieren können. Oft merkt man auch gar nicht wes Geistes Kind ein ehrenamtlicher Trainer zum Beispiel ist. Ohne das ehrenamtliche Engagement würde der Fußball beispielsweise jedoch gar nicht überleben, das ist ein Massengeschäft, der DFB hat allein schon 6,5 Millionen Mitglieder.


Der Jugendtrainer ist ein hoher NPD-Funktionär

In Wetzlar gab es einen schwierigen Fall. Da war der Vater eines Fußball spielenden Jungen, der einen Trainerjob übernommen hatte, ein hoher NPD-Funktionär, nämlich der ehemalige Landesvorsitzende der NPD Hessen Und nicht nur das, er ist auch vorbestraft wegen Volksverhetzung. Thomas Hantusch, auch den Namen kann ich nennen, denn der Fall ist geoutet und der Verein hat sich vor zwei Monaten von ihm getrennt. Darauf aufmerksam gemacht hat eine türkische Mutter. Sie rief beim Hessischen Fußballverband an. Sie hatte wohl mitbekommen, dass ein NPDler dort Trainer ist. Der Verband wiederum hat uns informiert und ich habe den Vorstand des RSV Büblingshausen angerufen. Die Beratung hat ein Jahr gedauert, bis der Trainer letztendlich rausflog. Davor war er fünf Jahre lang Trainer.

Beratung heißt für mich: Gemeinsam mit dem Verein eine Lösung finden. Ich kann nicht einfach mit einer fertigen Lösung ankommen, sondern wir müssen gemeinsam einen Weg finden, den der Verein gehen kann. Wenn ich gleich sage, der Mann muss weg, dann würde es in vielen Fällen schwierig werden. Die Mitglieder sind ja dort verwurzelt, oft sind es gut funktionierende Gemeinschaften. Auch besteht ein Mangel an Ehrenamtlichen, den man oft nicht so schnell ausgleichen kann. Herr Hantusch war aus der Sicht des Vereins – sportlich gesehen – ein guter Jugendtrainer. Dies sind für Außenstehende die „falschen“ Gründe an jemanden festzuhalten. Als externe Beraterin muss man sie jedoch beachten, denn sonst verschließt sich der Verein.

Auf dem Spielfeld unpolitisch

Interessant war für mich auch die Aussage des Vereinsverantwortlichen des RSV Büblingshausen, Herr Hantusch sei auf dem Spielfeld ganz unpolitisch, einfach nur ein guter Trainer. Es wird in Vereinen oft ganz deutlich getrennt zwischen politischem Amt und ehrenamtlicher Funktion. Was ich also immer wieder höre: Was der in seiner privaten Zeit macht, ist uns egal. Diese Einstellung ist verbreitet. Die Vereine haben die Haltung: Mit Politik haben wir nichts zu tun. Politik beschmutzt den Sport, oft wird auch die Zeit des Nationalsozialismus herangezogen. Klar, solche Konflikte sind zutiefst unangenehm. Die NPD zum Beispiel ist eine politisch legitimierte Partei, mit der Partei zu argumentieren ist schwierig, schließlich kann man sie wählen. Ich setze dann auf Inhalte. Fair-Play auf allen Ebenen: Partizipation und Vielfalt, gegen Rassismus und gegen Antisemitismus.

Der Verein muss sich bekennen

Ich habe mir als Erstes die Satzung von dem Verein schicken lassen, in der Regel hat jeder Verein so einen Paragraphen: ?Wir wenden uns gegen jede Form der Benachteiligung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Geschlecht, Behinderung.? Der RSV Büblingshausen hat eine ähnlich lautende Formulierung, auf der ich aufbauen konnte. Dem Vorstand habe ich gesagt: ?Auf diesem Grundsatz können wir ihren Verein stark machen für Demokratie, Toleranz, ein offenes und demokratisches Klima in dem Verein zu stärken mit einer klaren Absage an Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus!? Ich habe ihnen auch einen Trainerkodex vorgefertigt und gegeben. Der kann allen ehrenamtlichen Trainern vorgelegt werden. Darin müssen sie sich positionieren und unterschreiben, dass sie zum Beispiel gegen jede Form von Rassismus und Rechtsextremismus sind. Eine andere Möglichkeit ist, die Satzung ergänzen. In einer Broschüre des Landessportbundes Thüringen werden Formulierungen vorgeschlagen (?Rechtsextremismus im Sport ? nicht mit uns?): ?Ein Mitglied kann aus dem Verein ausgeschlossen werden: Bei Kundgabe rechtsextremistischer, rassistischer und fremdenfeindlicher Gesinnung einschließlich des Tragens rechtsextremer Kennzeichen und Symbole.?

Sensibilisierung der ehrenamtlichen Betreuer

Mit dem RSV Büblingshausen haben wir dann nach dem Gespräch mit dem Vorstand eine Vereinsbetreuerschulung vereinbart. Es kamen viele Jugendbetreuer und Jugendbetreuerinnen aus den verschiedenen Vereinsabteilungen, vom Eisstockschießen über Turnen bis hin zum Fußball. Wir haben über das vier Säulen Konzept der NPD aufgeklärt: Kampf um die Dörfer, die Schulen, Zusammenarbeit mit den Kameradschaften, Intellektualisierung der Jugend. Die Schulung war nicht einfach, weil viele die Haltung haben: ?Was soll ich hier, der macht doch nichts.? Es ist immer schlecht, wenn man berät, während es einen akuten Fall gibt. Es ist immer besser, die Beratung ist präventiv, dann fühlt sich keiner so angegriffen. Was auch häufig passiert ist, dass Jugendliche mit rechtsextremen Codes auftauchen. Deswegen klären wir über die Kleidungs- und Zahlencodes auf. Damit alle Neonazis erkennen können. Die ?88? zum Beispiel, manche Neonazis bestehen darauf, dass sie das tragen wollen, sie provozieren auf dem Platz. Wir und der Verein müssen dann halt gucken, wie man den anspricht und was es damit auf sich hat. Eine ?88? kommt nicht durch Zufall auf das T-Shirt. Man überlegt erst: ?Was ist mit dem Spieler, ist der in der rechten Szene, hat der Verein genug Ressourcen, um sich nachhaltig um die Spieler zu kümmern??


Die Zukunft

Der RSV Büblinghausen hat dann schließlich den NPD-Trainer entlassen. Vor fünfzehn Jahren war es fast undenkbar, etwas gegen Rassismus zu machen im Sport. Der Sport heute lässt viel mehr Beratung zu. Anfang der 90er es schon erstaunlich und einmalig, als es beim DFB die Aktion gab: ?Mein Freund ist Ausländer!? und die Spieler mit diesen Zeilen auf ihren T-Shirts trugen. Das hat sich geändert, heute gibt es eben gute Bündnisse gegen Rechtsextremismus und viel Aufklärung. Die Schweigespirale muss aufhören.

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