Von Andreas Speit
Der Gruppenname „Jeanne d’Arc“ kam in der rechtsextremen Szene nicht gut an. Eine französische Nationalheldin als Vorbild für eine deutsche Selbsthilfefrauengruppe, das war NPD und Freien Kameradschaften unerträglich. Die Idee einer „Solidaritätsorganisation“ für „politisch verfolgte Frauen aus dem nationalen Spektrum“ gefällt aber. Die Initiatorinnen Sigrid Schüssler und Iris Niemeyer reagierten: Aus „Jeanne d’Arc“ wurde „Jeanne D. (Deutschland)“.
Auf ihrer Website verkünden sie: „Jeanne D. wehrt sich. Jeanne D. liebt ihre Heimat und überlässt keinem, der dies nicht tut und sich seiner Heimat nicht verpflichtet fühlt, kampflos das Feld.“ Ende 2007 begann die Planung für das Projekt. Über laufende Aktivitäten will Schüssler aus Karlstein am Main sich nicht äußeren. „Wir behandeln das sehr diskret“, betont die 37-Jährige und hebt hervor: „so am Telefon möchte ich auch nicht mehr sagen.“ In dem bayerischen Ort unterhält Diplomschauspielerin Schüssler das Theater Hollerbusch. Mit ihrem Programm für Kinder tritt sie nicht bloß bei der NPD auf. Auch Schulen, Kindergärten und Büchereien buchen sie.
Aus eigener Erfahrung dürfte indes Niemeyer auf die Idee gekommen sein, Frauen, die wegen ihrer „nationalen Weltanschauung“ berufliche und soziale Nachteile erfuhren, zu unterstützen. Im September vergangenen Jahres verlor die diplomierte Sozialarbeiterin und -pädagogin, wohnhaft im nordrhein-westfälischen Rheine, ihre Arbeit in einem Kinder- und Jugendzentrum. Ihrem katholischen Arbeitgeber war bekannt geworden, dass sie an einem Naziaufmarsch teilnahm und Verbindungen zum „Ring Nationaler Frauen“ (RNF) unterhält – eine NPD-Unterorganisation. Nach dem Rechtsstreit ließ sich die 33-Jährige zur NPD-Ortvorsitzenden Rheine wählen, sagt Rena Kenzo vom „Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus“.
In den vergangenen Jahren drängen Frauen und Mädchen bei der NPD und den Kameradschaften verstärkt nach vorne. Im Hintergrund, die Öffentlichkeit meidend, so Kenzo, waren Frauen schon immer in der Szene aktiv. „Ein kontinuierlicher Anstieg von Frauen ist in der Szene zu beobachten“, ergänzt Renate Bitzan, ebenfalls vom „Forschungsnetzwerk“. Die Gründung der Selbsthilfegruppe ist insofern auch eine Reaktion, denkt Kenzo, dass rechte Frauen jetzt wie die Männer in der politisch-öffentlichen Auseinandersetzung stehen und gesellschaftlichen Widerstand erfahren. Mit „Jeanne D.“, betont Kenzo, wollen sie ihren „eigenen Opferstatus“ konstruieren und Rechtssicherheiten besonders in der sozialen Berufswelt forcieren.
Im Selbstverständnis erklärt die Gruppe Anfang 2008, auch die „politische Verfolgung“ dokumentieren und eine „Orientierungshilfe“ für rechtliche Ansprüche veröffentlichen zu wollen. Sie versprechen, „nicht nur psychologische, sondern auch politische Unterstützung“ zu leisten. Nötige Ansprechpartner wie Rechtsanwälte würden vermittelt. Auf der Website der RNF führen sie in der Rubrik „Frauen, die sich trauen“ aus, dass „Männer“ willkommen seien, „dennoch, habt Ihr schon einmal einen Mann gesehen, der freiwillig um Hilfe gebeten hätte, wenn es um eine solche alle Lebensbereiche umfassende Situation ginge?“. Diese besuchten eher die „nächsten Demonstrationen“.
Solche Teilnahmen wären für Frauen aber „unberechenbar gefährlich“ geworden, schreiben sie, zudem seien „Frauen soziale Wesen“ und bräuchten „die Aussprache mit anderen Frauen“.
Die NPD-Zeitung Deutsche Stimme lobt: „Sie sind Kämpferinnen und stehen wieder auf. Sie beweisen nationale Solidarität.“ Die Partei betont, dass sie durch die Frauen-Gruppe auf einen Imagegewinn für die männlich dominierte rechtsextreme Szene hofft: „Sie sind jung, gesund und sehen gut aus.“
Auch Freie Kameradschaften betrachten die Gruppe wohlwollend. In einem Szeneforum stört jemanden nur das Angebot der psychologischen Hilfe. Denn: „Deutsche Maiden sind stark wie Eichen und brauchen keine jüdische Psychiaterbank!“