Dieser Text ist ein übersetzter Auszug aus der Broschüre „On Europe’s Streets – Annual Marches Glorifying Nazism“ von B’nai B’rith und der Amadeu Antonio Stiftung.
Die Märsche verbreiten Antisemitismus, Holocaust-Leugnung und Holocaust-Relativierung
Wie wir in unserer Analyse von zwölf rechtsextremen Aufmärschen in Europa gesehen haben, ist Antisemitismus nicht nur ein Nebenprodukt, sondern ein Kernelement der Aufmärsche. Antisemitische Vorfälle sind an der Tagesordnung, sei es durch das Zeigen expliziter Banner und Symbole, durch Slogans wie „Juden raus“ und Lieder wie „AJAB“, durch offene Aufwiegelung durch Redner*innen, durch Gewalt-Demonstrationen vor jüdischen Gemeindehäusern oder Holocaust-Gedenkstätten und durch verschleierte Anspielungen überall dort, wo offene antisemitische Äußerungen kriminalisiert und strafrechtlich verfolgt werden.
Auch antisemitische Verschwörungsmythen spielen bei den Aufmärschen eine wichtige Rolle. Zu den gängigen Tropen gehören die Darstellung von Juden als „Globalisten“ oder „wurzellose Kosmopoliten“, als Gegner*innen von „Völkern“ in Form von „Bankern“ oder „Marionettenspieler*innen“. Ebenfalls populär unter Rechtsextremen: Die Behauptung, dass eine „von Zionisten besetzte Regierung“ die Kraft hinter einem angeblichen „großen Austausch“ der Europäer*innen durch afrikanische oder muslimische „Invasoren“ seien.
Ebenso besorgniserregend ist die wiederholte Leugnung und Relativierung des Holocausts bei den Aufmärschen. Wie beschrieben, wird bei den meisten Veranstaltungen ausdrücklich der Nationalsozialismus und Faschismus gefeiert, meist in Verbindung mit Versuchen, Nazi-Kriegsverbrecher und ihre Kollaborateure zu rehabilitieren.
Oft haben die Aufmärsche den direkten Bezug zu unbestreitbar antisemitische historischen Figuren wie Benito Mussolini, Rudolf Heß, Ante Pavelić oder Hristo Lukov, die alle entweder Nazis oder Nazi-Kollaborateure sind, und natürlich zu Adolf Hitler selbst. Es ist ein Affront gegen die europäischen Werte, wenn man zulässt, dass diese Verbrecher gegen die Menschlichkeit bei öffentlichen Veranstaltungen in der Europäischen Union geehrt werden.
Kein Wunder also, dass sich Veteranen der Nazi-Kampfverbände auf den Märschen willkommen und sogar geehrt fühlen. Sie nehmen an vielen dieser Märsche in ihren alten Uniformen aktiv teil, solange es ihre Gesundheit erlaubt. Nach einem in diesen rechtsextremen Kreisen geläufigen Narrativ seien die NS-Veteranen Helden, die nur oder zumindest in erster Linie versucht hätten, Europa vor dem Kommunismus zu retten. Nicht erwähnt wird dabei die Shoah, die Massenvernichtung von sechs Millionen jüdischen Kindern, Frauen und Männern – die wird bestenfalls eine unglückliche Nebensache angesehen, schlimmstenfalls als historische Tatsache bestritten.
Wie wir an den Beispielen Dresden und Bleiburg gesehen haben, erfolgt die Holocaust-Relativierung häufig in Form einer Umkehrung der Rollen zwischen Tätern und Opfern. Dies sind zwei extreme Beispiele für umfassendere Versuche rechtsextremer Bewegungen, die Erinnerungspolitik in Europa neu zu gestalten. Die Verharmlosung von Kriegsverbrechen und Völkermord, die Rehabilitierung von Kriegsverbrechern, die Beschönigung der dunkelsten Kapitel der europäischen Geschichte und die Aushöhlung der Grenzen des legitimen öffentlichen Diskurses sind die Bausteine einer aufkeimenden rechtsextremen Erinnerungskultur, die versucht, Ideen und Akteuren, die aus gutem Grund von demokratischen Prozessen ausgeschlossen sind, wieder politische Legitimität zu verleihen.
Bei den Märschen wird der Antisemitismus nicht immer offen zur Schau gestellt, auch die Holocaust-Leugnung und -Relativierung geschieht nicht immer explizit, sondern wird bisweilen auch bloß angedeutet. Das liegt allerdings nicht daran, dass die Teilnehmer diese Ideen nicht gutheißen, sondern es zeigt, dass die rechtsextremen Aktivist*innen die Notwendigkeit erkannt haben, sich an die bestehenden nationalen Gesetze zu halten und das öffentliche Bild ihrer Bewegungen so harmlos wie möglich zu halten, um Verboten zu entgehen.
Eine weitere besorgniserregende Tatsache ist, dass Anzeigen wegen antisemitischer Hetze oder Holocaust-Leugnung bei den Aufmärschen, die den Justizbehörden zur Kenntnis gebracht wurden, von Staatsanwälten und Richtern abgewiesen wurden, manchmal ohne angemessene Prüfung. Dies war etwa bei den Aufmärschen in Predappio 2018, in Madrid 2021 und in Dresden 2022 der Fall. Diese Entscheidungen zeigen, dass es noch viel zu tun gibt, um das Bewusstsein der Justiz für die wirksame Umsetzung von Gesetzen gegen Hasskriminalität zu schärfen.
Die Aufmärsche sind Vernetzungsbörsen für gefährliche Rechtsextreme
Die Aktivist*innen, die sich mehrmals im Jahr zu den Aufmärschen versammeln, repräsentieren rechtsextreme Strukturen und informelle Netzwerke, die in ganz Europa aktiv sind. In vielen Fällen sind sie dem sogenannten aktionsorientierten Sektor der Neonazi-Szene zuzuordnen, d.h. sie gehören informellen, dezentral organisierten Gruppen, die weniger am politischen Diskurs interessiert sind als an der Umsetzung ihrer Ideologie durch Gewalt.
Diesen Gruppen geht es bei den Aufmärschen weniger darum, die rechtsextreme Ideologie zu verbreiten und dafür Zustimmung zu erlangen, sondern um den Austausch von Wissen, die Verabredung zu Kampf- und Schießtrainings und die Beschaffung von Waffen. So tragen diese Aufmärsche dazu bei, Strukturen zu schaffen und aufrechtzuerhalten, die im harmlosesten Fall das Gewaltpotenzial bei einzelnen Veranstaltungen erhöhen und schlimmstenfalls europaweite terroristische Netzwerke stärken und es Gewalttäter*innen ermöglichen, unentdeckt zu bleiben.
Die Aufmärsche bieten Rechtsextremen und Antisemit*innen die Möglichkeit, unter dem Deckmantel angeblicher Gedenk- oder Freizeitaktivitäten ihre Reichweite zu vergrößern und ihre Fähigkeiten zu verbessern. Meistens ziehen die Demonstrationen genau die Art von Akteuren an, die eine echte Bedrohung für andere darstellen. Unter den Teilnehmern befinden sich rechtsextreme Mixed Martial Arts (MMA)-Kämpfer, die sich den Märschen anschließen, Kampfveranstaltungen organisieren und bei den Märschen selbst für einschüchternde Sicherheit sorgen. Bisweilen spielen auch rechtsradikale Fußball-Hooligans eine Rolle. Mitglieder ausgewiesener terroristischer Organisationen wie „National Action“ oder des „Russian Imperial Movements“ sind häufig unter den internationalen Teilnehmern dieser Aufmärsche zu finden. Sie nutzen die Möglichkeit, Informationen auszutauschen und gleichgesinnte Kontakte auf dem ganzen Kontinent zu knüpfen.
Auch Angehörige der rechtsextremen Musikszene spielen bei den Aufmärschen eine zentrale Rolle, insbesondere durch das europaweite „Blood and Honour„-Netzwerk und dessen rechtsterroristischen Arm Combat 18, aber auch durch Verbindungen zu Hammerskins, Rechtsrock oder Rock against Communism (RAC). Rechtsextreme Musikveranstaltungen gehen häufig mit hasserfüllter Gewalt einher, stellen den Soundtrack des Hasses. Die ersten internationalen rechtsextremen Veranstaltungen und Vernetzungsmöglichkeiten entstanden übrigens, weil Rechtsrock-Konzerte verboten wurden und dann in andere europäische Nachbarländer verlegt wurden.
Wo zum Beispiel das „Blood and Honour“-Netzwerk verboten ist, wie in Deutschland, haben sich kleine rechtsextreme Parteien wie Der III. Weg oder Die Rechte als Auffangstrukturen aufgetaucht. Politische Parteien sind viel schwieriger zu verbieten als größere Neonazi-Netzwerke oder sogenannte aktionsorientierte Kameradschaften. Deshalb haben sich die Neonazis in Deutschland für diese Organisationsform entschieden und dabei nichts von ihrer Entschlossenheit und Gewaltbereitschaft eingebüßt.
Rechtsextreme gewaltorientierte Gruppen legen besonderen Wert darauf, bei den Aufmärschen ein militaristisch-strenges Erscheinungsbild zu kultivieren und die Rolle zu spielen, vorgeblich für „Recht und Ordnung“ einzutreten. Es ist entsprechend eine Taktik, keine gewalttätigen Angriffe während der Märsche zu starten oder auszuleben – denn das würde die Fortführung der Demonstrationen gefährden. Deshalb werden Angriffe werden oft erst nach dem Ende der Aufmärsche durchgeführt, aber vor oder während der Veranstaltungen geplant oder vorbereitet.
Gelegentlich jedoch, wie in den Fällen von Warschau und Athen, beziehen die Aufmärsche einen Großteil ihrer Attraktivität aus der Tatsache, dass sie zielsicher in Gewaltexzessen enden. Die anfälligsten Ziele dieser Angriffe sind die Gruppen, die Rechtsextreme als für ihre Gesellschaftsvision unerwünscht ansehen: Juden*Jüdinnen, Roma, Muslim*innen, Migrant*innen und Geflüchtete, LGBTQI+ Menschen, aber auch Gegendemonstrant*innen und alle, die sich ihnen in den Weg stellen. Es sollte klar sein, warum diese Aufmärsche eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und die öffentliche Ordnung darstellen.
Zweifellos würde ein Ende der Aufmärsche zur Verherrlichung von Nationalsozialismus und Faschismus nicht das Ende der neonazistischen Netzwerke oder des rechtsextremen Terrorismus in Europa bedeuten. Rechtsextreme wenden sich ja schon länger von zentralisierten Bewegungen ab und nutzen Konzepte des „führerlosen Widerstands“ und von autonom agierenden Zellen, die durch Online-Netzwerke verbunden sind. Der Online-Raum bietet unbegrenzten Zugang zu rechtsextremen Inhalten und eine breite Palette von Vernetzungsmöglichkeiten. Mehr oder weniger klandestine Online-Gemeinschaften auf Social Media haben eine Ära des online-radikalisierten und dezentralen rechtsextremen Terrorismus eingeläutet, dessen Folgen wir auf Utøya und in Oslo, in Halle, Hanau oder Bratislava gesehen haben. Diese rechtsextreme Online-Subkultur überschneiden sich mit den klassischen rechtsextremen terroristischen Strukturen, ist aber nicht mehr unbedingt auf diese angewiesen.
Dennoch spielen physische Versammlungen immer noch eine entscheidende Rolle bei der Stärkung rechtsextremer Netzwerke. Aufgrund des kriminellen Charakters vieler ihrer Aktivitäten ist die rechtsextreme Szene von Natur aus paranoid. Persönliche Treffen sind für den Aufbau von Vertrauen und den Aufbau persönlicher Beziehungen wesentlich förderlicher als Online-Interaktionen. Folglich bleibt es eine wichtige Strategie, die Verfügbarkeit von Offline-Treffpunkten einzuschränken und zu verhindern, dass Neonazis offen und öffentlich ihrer menschenverachtenden Ideologie huldigen können. Das hilft, um die Ausbreitung von europaweiten rechtsextremen Netzwerken zu hindern.
Die Aufmärsche fördern eine paneuropäische Ideologie der „weißen Vorherrschaft“
Rechtsextreme in ganz Europa haben erkannt, dass ihre Überzeugungen denen der Rechtsextremen in anderen Ländern viel ähnlicher sind als denen der Demokrat*innen in ihren eigenen Ländern. Dies führt zu einer internationalistischen Bewegung von extremen Nationalisten. Unter einer paneuropäischen rechtsextremen Identität können verschiedene Bündnisse geschmiedet werden. Die beschriebenen Aufmärsche sind ein wichtiger Teil dieses Prozesses. Teile der extremen Rechten haben Strategien entwickelt, um eine gemeinsame Identität zu schaffen, wobei sie häufig Anleihen bei der Ideologie der „weißen Vorherrschaft“ („White Supremacy“) oder der „Alt Right“ in den Vereinigten Staaten machen. Das Ergebnis ist die Ideologie einer vermeintlich „weißen Rasse“, die durch „white power“ verteidigt werden muss. Allerdings verläuft dieser Prozess nicht ohne einige Unstimmigkeiten. Da die Rassist*innen in einigen europäischen Ländern nicht unbedingt mit biologistischen Vorstellungen von „Weißsein“ oder „Ariertum“ übereinstimmen, wurde das Konzept einer „europäischen Kultur“ oder einer „christlichen Kultur“ eingeführt, um die ethnisch-kulturelle Gemeinschaft zu beschreiben, die die Rechtsextremen verteidigen wollen.
Die Versuche, eine gemeinsame paneuropäische Identität der „White Supremacy“ zu schaffen, gehen in Europa Hand in Hand mit Revisionismus über den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust, mit dem Versuch des Reinwaschens von Kriegsverbrechen und dem systematischem Morden der Shoah. Das soll eine gemeinsame europäische Identität ermöglichen, die sogar teilweise an die Mehrheit der europäischen Gesellschaften vermittelt werden kann.
Antisemitismus spielt bei der Herausbildung dieser Identität eine wichtige Rolle. Besonders prominent ist unter Rechtsextremen der antisemitische Verschwörungsmythos, dass Juden*Jüdinnen Zwietracht gesät hätten zwischen den europäischen Völkern und dass der Zweite Weltkrieg ein „Bruderkrieg“ zwischen Kulturen war, die eigentlich zusammengehören sollten. Die Schlussfolgerung daraus ist, dass sich die europäischen Völker gegen den gemeinsamen Feind verbünden müssen, der als eine jüdisch dominierte „neue Weltordnung“ imaginiert wird. Dieses perfide Narrativ ermöglicht die Konstruktion einer paneuropäischen Ideologie der weißen Vorherrschaft und wird oft auf den Märschen gezeigt, zusammen mit anderen zeitgenössischen rassistischen, islamfeindlichen oder antifeministischen Verschwörungsmythen.
Bei diesen Aufmärschen geht es deshalb weniger um konkreten Applaus aus der Öffentlichkeit als vielmehr um das Vermitteln des gemeinschaftsstiftenden Gefühls in die rechtsextreme Szene, dass eine wiederauflebende rechtsextreme und revisionistische Ideologie auf Zustimmung stoßen könnte. Wenn rechtsextreme Aufmärsche ungehindert stattfinden können, vermittelt das den Teilnehmenden die Botschaft vermittelt, dass ihre Ideologie in einer demokratischen Gesellschaft als akzeptabel angesehen werden könnte.
Mit anderen Worten: Wo Neonazis in großer Zahl auf die Straße gehen können, können sie sich als Sprecher einer imaginierten politischen Pluralität fühlen – auch wenn dies weit von der Realität entfernt ist. Je ungestörter diese Aufmärsche verlaufen, desto mehr ermöglichen sie für Rechtsextremen eine gemeinsame Erfahrung auf der Straße, die den Zusammenhalt fördert, sie zu expliziteren Aktionen ermutigt und sich schließlich zu einer europaweiten weiß-supremistischen Bewegung entwickeln kann.
Die Märsche schüchtern Minderheiten ein, die zu den rechtsxtremen Feindbildern gehören
Europas Staaten haben die Verantwortung, die Sicherheit all ihrer Bürger zu gewährleisten. Jeder Aufmarsch zur Verherrlichung des Nationalsozialismus oder Faschismus, der auf Europas Straßen zugelassen wird, trägt zu dem Eindruck bei, dass die staatlichen Behörden zumindest nicht zwischen Angreifern und Opfern Partei ergreifen wollen. Dies bestärkt die Ansicht, die unter marginalisierten Gruppen weit verbreitet ist, dass die Behörden im Falle eines Hassverbrechens nicht auf ihrer Seite stehen werden.
Dazu kommt, dass Behörden gelegentlich dazu neigen, Gegendemonstrant*innen als Unruhestifter*innen und Provokateur*innen zu sehen, die durch ihren demokratischen Protest die Situation der Demonstration verkomplizieren oder gar zur Eskalation führen. Aus dieser Perspektive werden dann gefährliche Neonazis als friedliche und ordnungsliebende Demonstranten verklärt, während demokratische Gegenprotestierende zum Gefahrenfaktor stilsiert werden – eine Verkehrung der Realität.
Wenn jüdische Gemeinden angesichts rechtsextremer Aufmärsche um ihre Sicherheit fürchten, wie es in Athen der Fall war, werden sie oft als überempfindlich dargestellt – selbst angesichts von Beweisen für frühere antisemitische Vorfälle.
Diese Art von Reaktionen, sei es von Seiten der Öffentlichkeit oder der Behörden, haben eine abschreckende Wirkung auf die demokratische Zivilgesellschaft. Sie wiegen besonders schwer, wenn die Aufmärsche von Mitgliedern einer Regierungspartei unterstützt werden, wie es bei vielen der vorgestellten Beispiele der Fall ist.
Lehren aus zivilgesellschaftem Engagement
Während mögliche rechtliche Konsequenzen aus den Märschen in Teil II behandelt werden, ist es auch wichtig, auf die Maßnahmen der Zivilgesellschaft einzugehen, die eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung der Normalisierung der extremen Rechten spielen.
Als Mitglieder demokratischer Gesellschaften sollten wir alles in unserer Macht Stehende tun, um es Neonazis und Faschist*innen so schwer wie möglich zu machen, ihre Aktivitäten auszuüben. Dazu gehören notwendigerweise auch Proteste gegen Aktivitäten, die im öffentlichen Raum ausgeübt werden. Soziale Bewegungen und Vereine, Organisationen von Holocaust-Überlebenden, jüdische Gemeinden, Nachbarschaftskomitees und einzelne Aktivist*innen haben sich an die Spitze des Widerstandes gegen diese Aufmärsche gestellt und in einigen Fällen beachtliche Erfolge erzielt.
Gegendemonstrationen und Gegenaktionen bieten der demokratischen Zivilgesellschaft viele Möglichkeiten, Kontext zu geben, eine Tonalität zu vermitteln und so zu zeigen, dass es nicht gesellschaftsfähig ist, Nazismus und Faschismus auf europäischen Straßen zu verherrlichen. Es hat einen deutlichen Effekt, wenn Menschen den rechtsextremen Hassbotschaften entgegengetreten und lassen die Neonazis nicht ungestört marschieren können.
Auch den lokalen Behörden kommt hier eine wichtige Rolle zu, indem sie ihren Teil dazu beitragen, dass rechtsextreme Aufmärsche nicht auf den vorgesehenen und traditionellen Routen stattfinden und zumindest versuchen, sie auf die Außenbezirke der Städte zu beschränken. Zumindest werden Neonazis dann nämlich nicht das Vergnügen haben, sich vor den schönsten historischen Kulissen der Stadt zu versammeln, wenn sie dem Nationalsozialismus huldigen wollen.
Wichtige lokale Autoritäten können aber auch Kirchen sein oder große Unternehmen, Organisationen oder kulturelle Einrichtungen wie Theater und Museen sein, die sich gegen rechtsextreme Ideologie aussprechen. Kreative oder künstlerische Gegenaktionen wie Transparente an Gebäuden oder Dekorationen an Wegen vermitteln diese Botschaft und bieten viele Möglichkeiten, sich mit vielen verschiedenen Erklärungen und Tonlagen zu positionieren. Dies hilft, möglichst viele verschiedene demokratische Akteur*innen einzubeziehen, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Aber alle Botschaften zeigen: „Ihr Neonazis könnt nicht ungestört und unkommentiert durch unsere Straßen marschieren. Wir wehren uns gegen den Hass, den ihr verbreitet.“ Wenn rechtsextreme Gewalttäter in die Stadt kommen, können wir Synagogen oder Moscheen symbolisch mit Menschenketten und Lichtern schützen – oder sie praktisch mit privaten Sicherheitsdiensten versorgen. Die Medien sollten analytisch über die Menschenverachtung und rechtsextreme Ideologie bei den Aufmärschen oder über deren gefährliche Teilnehmer berichten – und auch über Gewalt, die im Umfeld der Aufmärsche entsteht.
Gegenaktionen können auch sehr kreativ sein. Im Jahr 2019 kauften beispielsweise Anwohner in Ostritz (Deutschland) das gesamte Bier in den örtlichen Supermärkten auf, so dass die Teilnehmer eines großen rechtsextremen Rockkonzerts auf dem Trockenen saßen und feststellen mussten, dass sie nicht willkommen waren. Es handelt sich um symbolische, friedliche Aktionen, die aber als klares Statement gegen die Feinde der Demokratie eine große Wirkung haben.
Der Report ist hier im Download erhältlich (auf Englisch):
https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/publikationen/on-europes-streets/
Auszüge aus dem Report auf Belltower.News:
Part 1: The Marches
1. Day of Honor, Hungary
2. Memorial March for the Bombing of Dresden, Germany
3. Lukov March, Bulgaria
4. Blue Division March, Spain
5. Remembrance Day of the Latvian Legionnaires
6. Bleiburg Meeting, Austria
7. Rudolf Hess Memorial March, Germany
8. Iron Wake, Belgium
9. March on Rome, Italy
10. Independence March, Poland
11. Kohti vapautta and 612-march, Finland
12. Imia March, Greece
Conclusion to Part I: The danger of the marches (auch auf Deutsch)
Part 2- Legal Analysis