Eines muss man den Mitglieder der Partei „Die Rechte“ aus Hamm lassen: Sie haben die Internetseiten von Opferberatungsstellen für Opfer rechtsextremer Gewalt genau studiert – und kopiert. Nur dass auf ihrer Seite natürlich von „Ausländergewalt“, „Deutschenfeindlichkeit“ und „inländerfeindlicher Diskriminierung“ die Rede ist. Das klingt zum Beispiel so: „Leider werden Opfer von Ausländergewalt oftmals mit ihren leidvollen Erfahrungen allein gelassen. Schlimmstenfalls wird ihnen von linken Gutmenschen sogar vorgeworfen, sie seien „ausländerfeindlich“ und würden mit ihrem Verhalten das „friedliche Zusammenleben der Völker“ stören.“ Belege für diese Aussage fehlen ebenso wie für die bedrohlichen Zahlen, die „Die Rechte“ an den Beginn ihres Textes stellt: „Jede Woche werden durchschnittlich 7 Deutsche durch Ausländer ermordet und etwa 3.000 mißhandelt.“ [Fehler im Original] Doch nicht nur eine Bedrohung wird hier zusammenfantasiert. Auch die Ausbildung der „geschulten Berater“, die „professionelle und solidarische Unterstützung“ bieten sollen, würde interessieren. Eine Email an die Beratungsadresse ließ „Die Rechte“ bisher unbeantwortet.
„Deutschenfeindlichkeit“ ist ein Phänomen, das in der rechten Ecke immer wieder gern behauptet wird und es bisweilen auch in Mainstream-Diskurse schafft. Jenseits rechtspopulistischer und rechtsextremer Blogs, die voll sind von „Deutschenfeindlichkeit“, forderte zuletzt die AfD Sachsen in einem internen Papier die Einführung einer „deutschenfeindlichen Straftat“ für die Polizeistatistik, Thilo Sarrazin berichtete über „Deutschenfeindlichkeit“ an Schulen und Kristina Schröder sprach 2010 „Deutschenfeindlichkeit“ als „Form des Rassismus gegenüber Deutschen“ in ihrer Amtszeit als Familienministerin an – und erlitt damit politischen Schiffbruch.
Denn in der Realität lässt sich „Deutschenfeindlichkeit“ nicht nachweisen: Zwar gibt es Straftaten, Beschimpfungen und Übergriffe von Migrant_innen oder Deutschen mit Migrationshintergrund, die ihre Opfer explizit als „Deutsche“ attackieren und meinen, was eine klare Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ist, die auch gesellschaftlich bearbeitet werden muss. Allerdings handelt es sich erstens um ein sehr kleines (d.i. zahlenmäßig geringes) und zweitens nicht um ein kulturelles, sondern um ein soziales, schichtspezifisches Phänomen, dass vor allem von Angehörigen gesellschaftlich marginalisierter Gruppen ausgeübt wird: Übergriffe und Beleidigungen gegen „weiße“ Deutsche werden etwa nicht aus Schulen gemeldet, die von gutbürgerlichen Schülerinnen und Schülern mit „Migrationshintergrund“ besucht werden. Die Übergriffe auf oder Beleidigungen als Deutsche sind die Folge einer langjährigen Rassismus- und Diskriminierungserfahrung der Täter_innen, die sich als „Migrant_innen“ von der Mehrheitsgesellschaft abgelehnt und abgehängt sehen. Oft genug richtet sich deren Aggression auch gegen andere Migrant_innen, die besser in der Gesellschaft klarkommen.
Und nicht zuletzt ist natürlich das „Argument“ Unfug, Straftaten wie Angriffe oder Beleidigungen würden nicht als solche behandelt, weil sie durch Migrant_innen verübt würden. Studien zu Rassismus bei der Polizei lassen eher das Gegenteil vermuten. Allerdings argumentieren Rechtsextreme schon lange entsprechend, weil sie hoffen, damit Ängste in der Bevölkerung zu schüren.
Natürlich hat die Beratungsstelle für Opfer von „Deutschenfeindlichkeit“ gegenüber echten Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer Gewalt einen entscheidenden Unterschied: Sie hat keine Adresse und kein Telefon, sondern nur eine Email-Adresse – sie ist offenkundig kein Papier-, aber ein Pixel-Tiger.