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„Die Rechte“ in NRW Sammelbecken verbotener Kameradschaften

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Die Rechte in NRW (Quelle: Antifaschistisches Infobüro Rhein-Main)

Entstehungsgeschichte „Die Rechte“

„Die Rechte“ wurde im Mai 2012 vom altgedienten Neonazi-Kader Christian Worch gegründet. Worch (Jhrg. 1956) ist seit 35 Jahren in der extremen Rechten aktiv und hat bereits Erfahrungen mit Organisationsverboten gemacht. Weil er die verbotene „Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten“ (ANS/NA) mit der „Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front“ fortführte, saß er Mitte der 1990er Jahre in Haft. Die Neonazis aus Dortmund und Hamm haben mit Worch vor allem als Anmelder bzw. Versammlungsleiter von Naziaufmärschen zusammengearbeitet. Bis Mitte der 2000er Jahre war er bundesweit in fast jeden Aufmarsch der „Freien Kameradschaften“ involviert.

In den letzten Jahren orientierte sich Worch zeitweise in Richtung der Partei „Deutsche Volksunion“ (DVU), ohne allerdings seine Verbindungen zu den „Kameradschaften“ zu kappen. Innerhalb der DVU unterstützte er denjenigen Flügel, der sich einem Zusammengehen der Partei mit der NPD widersetzte. Im Dezember 2010 wurde die Fusion dennoch beschlossen, die NPD schluckte die DVU. Einzelne DVU-Funktionär*innen reichten dagegen Klage ein, der allerdings kein Erfolg beschieden war. Zusammen mit diesen ehemaligen DVU-Kadern gründete Worch dann die Partei „Die Rechte“ und ließ sich zum Bundesvorsitzenden wählen. Die vormalige DVU-Landesvorsitzende von Schleswig-Holstein, Ingeborg Lobocki, wurde zur stellvertretenden Parteichefin und Bundesschatzmeisterin gewählt. „Die Rechte“ solle „radikaler als die REPs und die Pro-Bewegung“, aber „weniger radikal als die NPD“ sein, bekundete Worch nach der Gründung. Der Name und das Logo spielen bewusst auf die Partei „Die Linke“ an. Selbst den roten Pfeil, der im Logo der Linkspartei über dem „i“ steht, hat „Die Rechte“ imitiert. Er zeigt allerdings nicht nach links sondern nach rechts. Worch behauptet, seine neue Partei solle zum einen der Sammlung der ­­­ rechten Kräfte dienen, zum anderen solle sie all jene Bürger*innen ansprechen, denen die bisherigen extrem rechten Parteien suspekt seien. Der Name und der biedere Auftritt (mit schwarz-rot-goldener Fahne) sind dabei Kalkül.­

Im Parteiprogramm von „Die Rechte“ findet sich an exponierter Stelle sogar ein Bekenntnis zur „freiheitlich demokratischen Grundordnung“. Es folgen nationalistische und rassistische Positionen, wie sie für eine extrem rechte Wahlpartei üblich sind. Der Programmtext basiert in weiten Teilen auf dem alten Parteiprogramm der DVU. Doch programmatische Fragen haben ohnehin nur geringe Bedeutung. Es ist charakteristisch für (neo)faschistische Parteien, dass die Tat mehr zählt als das Wort, dass die Aktion vor dem Programm rangiert. So ist es auch bei „Die Rechte“. Das „Bekenntnis“ zur „freiheitlich demokratischen Grundordnung“ ist zudem strategisch motiviert, Worch strebt die Anerkennung von „Die Rechte“ als Partei an. Mit Hinblick auf ein mögliches Verbot der NPD sowie die nach dem Bekanntwerden der NSU-Mordserie zunehmenden staatlichen Repressions-Maßnahmen gegen lange Jahre weitestgehend ungestört agierende Kameradschaften, schuf Worch eine Organisation, die als Auffangbecken für Neonazis dienen könnte. So sicherte er sich zudem Einfluss auf die Neonazi-Szene.

„Die Rechte“ in NRW

„Die Rechte“ blieb bis zu den Kameradschafts-Verboten in NRW eine Partei ohne aktive Mitgliedschaft und regionale Verankerung. Es existierte lediglich der Bundesverband. Der Aufbau von Parteistrukturen begann erst mit dem Eintritt führender Aktivist*innen der „Kameradschaften“, die auf der Suche nach einem neuen Betätigungsfeld waren. Sie fanden in der Partei ausreichend Gestaltungsspielraum. Am 15. September 2012 wurde in Dortmund der erste Landesverband von „Die Rechte“ gegründet, zu dessen Vorsitzenden Dennis Giemsch, einst der führende Kopf des verbotenen „Nationalen Widerstands Dortmund“, gewählt wurde. Gemeinsam mit Michael Brück sowie dem ehemaligen Anführer der verbotenen „Kameradschaft Hamm“ (KSH), Sascha Krolzig, führt er die Landespartei an. Am 13. Oktober 2012 wurden Giemsch und Krolzig nachträglich als Beisitzer in den Bundesvorstand aufgenommen, somit können sie auch auf Bundesebene Einfluss geltend machen. Wenig später gründeten sich fünf nordrhein-westfälische Kreis- bzw. Bezirksverbände. Drei weitere kamen Anfang 2013 hinzu.

Kreisverband Hamm

2003 wurde die „Kameradschaft Hamm“ (KSH) gegründet. Die Neonazi-Gruppe war verantwortlich für zahlreiche Gewalttaten, vornehmlich gegen politische Gegner*innen, sowie für Aufmärsche und Propaganda-Aktionen. Unumstrittener Anführer der „Kameradschaft Hamm“ war der zurzeit in Bielefeld studierende und wohnhafte Sascha Krolzig. Die Neonazis in Hamm konnten über Jahre hinweg recht ungestört Strukturen aufbauen, weil ihre Aktionen von städtischer und polizeilicher Seite verharmlost wurden. Im Sommer 2012 gelang es ihnen ein Ladenlokal anzumieten und dort ein „Nationales Zentrum“ zu schaffen. Kurze Zeit nachdem Antifas den Treffpunkt bekannt gemacht hatten, traf die KSH und ihre laut Polizei 25 Mitglieder das Vereinsverbot. Die Räume und das Vereinsvermögen wurden beschlagnahmt. Obwohl die Gruppe von dem Verbot überrascht wurde, gründete sie gemeinsam mit den Dortmunder Neonazis den Landesverband von „Die Rechte“. Den lokalen Kreisverband führen Sascha Krolzig und Dennis Möller an. Möller ist wie Krolzig seit den Anfangsjahren der KSH dabei. Die Neonazis haben angekündigt, 2013 eine „Geschäftsstelle“ in Hamm eröffnen zu wollen.

Kreisverband Dortmund

Der Kreisverband Dortmund ist die mitgliederstärkste und aktivste lokale Struktur von „Die Rechte“. In ihr organisieren sich zahlreiche Mitglieder des verbotenen „Nationalen Widerstands Dortmund“ (NWDO), dessen Vorgehensweise, Aktionen und Stil eine Vorbildfunktion für große Teile der Neonazi-Szene erfüllten. Der NWDO verfügte über eine ausgebaute Infrastruktur, die den Neonazis nach den Verboten aufgrund von Beschlagnahmungen entzogen wurde. Bereits vier Monate nach den Polizeiaktionen hatte sich die Szene Ersatz geschaffen.

Statt des „Infoportals Dortmund“ gibt es nun das „DortmundEcho“ – die Funktion ist dieselbe, die Aufmachung der Internetseiten ähnlich. Als Ersatz für das beschlagnahmte „Nationale Zentrum“ in Dortmund-Dorstfeld dient ein Ladenlokal in Dortmund-Huckarde, das offiziell als Geschäftsstelle von „Die Rechte“ fungiert. Die Räumlichkeiten wurden vom NWDO-Aktivisten Dietrich Surmann gekauft. An die Stelle des „Resistore-Versand“, der die Szene mit Propagandamaterial und Waffen versorgte, trat der „Antisem-Versand“ von Michael Brück, der unter der provokanten Adresse „antisem.it“ im Web erreichbar ist. Auch die digitale Infrastruktur aus Dortmund (ein eigener Maildienst, Hostingdienste etc.) wird weiter betrieben und genutzt.

Dem Dortmunder Kreisverband steht mit Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt eine bekannte Neonazigröße vor. In den 1980er Jahren war Borchardt Gründungsmitglied der berüchtigten Hooligan-Gruppe „Borussenfront“ und NRW-Landesvorsitzender der Neonazi-Partei „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“ (FAP), die 1995 verboten wurde. Mit der Wahl Borchhardts zum Kreisvorsitzenden sollte wohl ein deutliches und selbstbewusstes Signal gesetzt werden, dass man zur lückenlosen Fortsetzung der Strukturen steht. Der Dortmunder Kreisverband hat bereits mehrere öffentliche Kundgebungen durchgeführt und tritt auch als Veranstalter des Aufmarsches am 1. Mai 2013 in Dortmund auf.

Kreisverband Rhein-Erft

Im Rhein-Erft-Kreis betätigen sich Aktivist-*innen der „Autonomen Nationalisten Pulheim“ für die Partei. Auch die „Autonomen Nationalisten Pulheim“ waren auf der Suche nach neuen Strukturen, schließlich wurden mit der „Kameradschaft Köln“ und dem „Aktionsbüro Mittelrhein“ zwei bedeutenden Neonazi-Gruppen zerschlagen, mit denen sie eng kooperierten. Als Vorsitzender des Kreisverbands wurde allerdings der im niedersächsischen Verden als wohnhaft gemeldete Markus Walter gewählt. Er saß in Verden seit Frühjahr 2011 als Mandatsträger der NPD im Stadtrat und im Kreistag. Vor seinem Umzug nach Verden war Walter in der süddeutschen Neonazi-Gruppe „AG Lörrach“ aktiv, die eng mit den Neonazis aus Dortmund kooperierte. Nun wohnt Walter in Pulheim. In Niedersachsen gibt es keinen Landesverband von „Die Rechte“.

Kreisverband Mülheim

Der Mülheimer Verband wird von dem ehemaligen NPD-Mitglied Marc Rostkowski geleitet. Rostkowski gründete im Februar 2011 einen Ortsverband der NPD in Mülheim. Seine Versuche dort eine NPD-Gruppe aufzubauen, waren nicht sonderlich erfolgreich. Die einzig nennenswerte Aktion war eine Kundgebung am 30. April 2011 in Mülheim, an der 10 Neonazis teilnahmen. „Die Rechte Mülheim“ teilte mit, dass außerdem Ralph Liebermann als Stellvertretender Vorsitzender und Schatzmeister und Janina Schmadalla als Beisitzerin dem Kreisverbandsvorstand angehören.

Bezirksverband Münsterland

Der Bezirksverband Münsterland ist eine Parteiuntergliederung, die keine Angaben zu ihren Vorstandsmitgliedern macht. Doch es ist offensichtlich, dass der Verband von Aktivist*innen der „Nationalen Sozialisten Münster“ geführt wird. Die Neonazi-Kameradschaft gründete sich im November 2009 mit tatkräftiger Unterstützung der KSH. Sie stellte ihre öffentlichen Aktivitäten aber, nachdem sie sich kurzfristig bereits in „Netzwerk Münsterland“ umbenannt hatte, nach den Verboten vom August ein. Zwei Mitglieder zählte die Polizei zur KSH. Einer der führenden Aktivisten ist Achim Kemper, der als Redner der „Nationalen Sozialisten Münster“ auftrat.

Kreisverband Wuppertal

Am 30. Januar 2013 wurde die Gründung eines Kreisverbands Wuppertal bekannt gegeben. Zum Vorsitzenden wurde mit Matthias Drewer ein ehemaliges Mitglied der „Kameradschaft Hamm“ ernannt, der vor einiger Zeit nach Wuppertal gezogen ist. Der vorbestrafte Gewalttäter Drewer muss sich zurzeit vor Gericht verantworten, weil er eine junge Frau angegriffen und mit einem Knüppel schwer verletzt hat. Im „Die Rechte“-Kreisverband sammeln sich die Mitglieder der Kameradschafts-Szene aus Wuppertal.

Kreisverbände Aachen/Heinsberg

Als letztes wurde die Gründung zweier „eng zusammenarbeitender“ Kreisverbände vollzogen, die für die Kreise Düren, Aachen und Heinsberg sowie für die Stadt Aachen zuständig sein sollen. In dieser Region war bis zu ihrem Verbot im August 2012 die „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL) aktiv. Angaben zum Vorstand macht die Gruppe nicht. Als „Verantwortlicher im Sinne des Presserechts“ wird das ehemalige KAL-Mitglied Andrè Plum genannt. Die beiden Kreisverbände dienen offenkundig als Nachfolgeorganisationen der verbotenen KAL. Die Fortsetzung der so genannten Trauermärsche in Stolberg, die bis 2012 von der KAL und ehemaligen NPD-Funktionären aus der Region organisiert wurden, hat „Die Rechte“ bereits angekündigt.

Aktivitäten von „Die Rechte“

Die verbotenen Neonazi-Gruppen haben mit „Die Rechte“ eine neues Betätigungsfeld gefunden. Sie hoffen, dass sie der Parteienstatus vor einem erneuten Verbot schützt und sie ungestört ihre Aktivitäten fortsetzen können. Mit einer gewissen Dreistigkeit machen sie weiter, als wären die Verbote nicht erlassen worden. Die Hinwendung zu Parteipolitik ist nur ein strategischer Schachzug. Sie werden zukünftig versuchen, bei Wahlen zu kandidieren, um ihren Parteienstatus nicht zu gefährden. Ansonsten führen sie ihr „außerparlamentarisches” Aktionsrepertoire fort. Dies zeigte sich deutlich an den Aktionen der letzten Monate. So versuchten sie zum einen lokale Themen zu besetzen und Konflikte anzuheizen, indem sie gegen Wohnheime von Asylbewerber*innen in Dortmunder Stadtteilen agitierten oder sich in Pulheim gegen die Umwandlung einer Realschule in eine Sekundarschule aussprachen. Mit kleinen Kundgebungen und Infoständen versuchte man Präsenz zu zeigen. Außerdem setzten sie auf Provokationen, beispielsweise indem sie am 23. Dezember in der Nähe von drei Wohnungen von Politiker*innen in Dortmund demonstrierten. Ebenso mobilisierte die Szene weiterhin zu überregionalen Naziaufmärschen der „Freien Kräfte” wie im November 2012 nach Remagen, wo sich das Auftreten der Neonazis nicht unterschied von der Zeit vor den Verboten. (siehe Fotos) Für den 1. Mai wurde zudem ein Aufmarsch in Dortmund angemeldet. Dies kann der Versuch sein, weiterhin Events mit bundesweiter Ausstrahlung zu organisieren, wie es der „Nationale Antikriegstag“ war. Inhaltlich ist ebenfalls keine Mäßigung erkennbar: Sie bleiben militante Nationalsozialist- *innen – Nazis eben.

Verhältnis zur NPD

„Die Rechte“ hat angekündigt, 2014 bei den Kommunalwahlen anzutreten. Damit wird die Partei zur Konkurrenz für die NPD. In Dortmund sitzt die NPD mit zwei Abgeordneten im Stadtrat sowie in einigen Bezirksvertretungen. Sollten sich die beiden Parteien nicht einig werden, schmälern sie ihre Chancen bei der Wahl, zumal auch die „Bürgerbewegung pro NRW“ antreten will. Die Dortmunder NPD und die Neonazis des NWDO haben schon seit längerem ein angespanntes Verhältnis. In anderen Regionen zeigt sich ein anderes Bild. Die NPD Unna/Hamm kooperierte immer eng mit den „Freien Kameradschaften“ und­­ sucht auch heute noch die Nähe zu den „neuen“ Gruppen. Sie hat angekündigt, in „fairer und kameradschaftlicher Konkurrenz“ agieren zu wollen.

Fazit

Unter dem Deckmantel von „Die Rechte“ versucht die Neonazi-Szene den ­­Verboten zu trotzen. Die Re-Organisierung geht zügig voran, besonders in Dortmund. Die Szene der Ruhrgebiets-Stadt behält ihre dominante Stellung bei. Antifaschist*innen sollten im Kampf gegen die Neonazi-Strukturen nicht nachlassen. Die staatliche Verbotspolitik hat die Neonazis nicht gestoppt, sie dient der Beruhigung der kritischen Öffentlichkeit und der PR-Arbeit für die „Sicherheitsbehörden“. Das Image von Polizei und Geheimdiensten, deren „Versagen“ und Verstrickungen im Zusammenhang mit den NSU-Taten offenkundig wurden, soll aufgebessert werden. Wir wissen aber, dass gegen Neonazis gesellschaftlicher Widerstand notwendig ist, der zudem nicht bloß auf die organisierten Neonazis blickt, sondern Nationalismus, Rassismus und anderen Ideologien der Ungleichwertigkeit entgegentritt.

Textübernahme mit freundlicher Genehmigung der Antifa Linke Münster.

Weitere Informationen:

Braune Kader unter anderem Label (blick nach rechts)

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