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Die wichtigsten Thesen von Pegida

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Facebook-Seite der "Patriotischen Europäer gegen Islamisierung des Abendlandes": Tabus behaupten, Ängste schüren, sich als Mahner gegen das System darstellen. "Wichtig ist, dass wir gegen den antideutschen Politik-Gender-Presse-Mainstream zusammen halten." (User auf der Pegida-Facebook-Seite). (Quelle: Screenshot)

Die Geschichte von Pegida ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Das jedenfalls denken die Anhänger der Gruppe, die Woche für Woche montags durch die Dresdner Innenstadt ziehen. Sie werden verkannt, in die falsche Ecke gestellt, so der Vorwurf aus den Reihen der Protestierenden der selbst ernannten Patriotischen Europäer Gegen die Islamisierung des Abendlandes, die ihre Ängste schon im Namen tragen. Mit der Presse reden sie fast nie, die folgenden Thesen und Aussagen wiederholen sie aber auf ihren Veranstaltungen immer wieder. 

These: „Pegida ist nicht ausländerfeindlich und auch nicht gegen den Islam an sich. Nur gegen die Islamisierung.“

Gründer Lutz Bachmann sagte in einem Interview, er habe viele muslimische Freunde, auch einer seiner Trauzeugen sei Türke. Er habe in Südafrika sogar die erste Disco für Schwarze in der Innenstadt aufgemacht. Auf den Protestmärschen kommt das Bündnis betont bürgerlich daher. Dennoch mischen sich unter die Demonstranten viele, die keinen Unterschied zwischen dem Islam als Religion und einer radikalen Form der Islamisierung machen. Pegida bedient sich Klischees. Viele Anhänger sehen den Islam kritisch und werfen den Muslimen mangelnde Integrationsbereitschaft vor. Die lässt sich aber nicht belegen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2012 für das Bundesinnenministerium geben 78 Prozent der befragten Muslime zwischen 14 und 32 Jahren an, dass sie zur Integration bereit sind. Von einer Islamisierung kann in Sachsen ohnehin keine Rede sein. Eine Studie der Deutschen Islamkonferenz besagt, dass nur 0,7 Prozent der sächsischen Bevölkerung Muslime sind, das sind etwa 28.000.   

These: „Extra Schwimmzeiten für Trägerinnen der Burka sind ein Beleg für die Islamisierung.“

Es gibt inzwischen in vielen Schwimmbädern spezielle Öffnungszeiten für Musliminnen. So etwa in Offenburg, Düsseldorf und in Saarbrücken. Es geht vor allem darum, dass strenggläubige Musliminnen in Gegenwart von fremden Männern ihren Körper verhüllen. In öffentlichen Schwimmbädern ist das aber nur dann möglich, wenn die Frauen einen Burkini, einen Ganzkörper-Badeanzug tragen. Um es den Frauen zu ermöglichen, auch ohne Burkini zu schwimmen, bieten einige Bäder Öffnungszeiten nur für Frauen an. Man könnte dieses Zugeständnis an religiöse Besonderheiten auch als angemessene Akzeptanz von Minderheiten verstehen, die keinem schadet. Von deutschen Patrioten und Patriotinnen jedenfalls, die während der Burkini-Öffnungszeiten in Massen am Schwimmen gehindert werden, ist bisher nichts bekannt.

These: „Wir sind keine Nazis.“

Die Gruppe fühlt sich missverstanden, in eine Ecke gerückt mit Rechtsradikalen und Nazis. Dass stadtbekannte Nazis bei den Kundgebungen in der Menge mitlaufen, ist den Veranstaltern in Dresden bewusst. Die seien aber in der Minderheit, heißt es – und ohnehin, man könne sie ja nicht davon abhalten, wegen des Versammlungsrechts.  Das Kulturbüro Sachsen, das die Neonazi-Szene des Landes beobachtet, sagt, die Demonstrationen würden nicht von Rechtsextremen organisiert. „Auch Lutz Bachmann ist bisher nie in einem rechtsextremen Zusammenhang in Erscheinung getreten“, sagt Andrea Hübler von der Opferberatungsstelle RAA Sachsen ZEIT ONLINE. Und es seien vor allem Bürger der unteren Mittelschicht, Unternehmer und Kleinbürger, die an den Protesten teilnehmen. Pegida mobilisiert Menschen jenseits des rechten Milieus. Die Veranstalter distanzieren sich aber auch nicht wirklich von Neonazis und auch von Hooligans. Zwar sagt Bachmann immer wieder, dass er mit Nazis nichts zu tun habe. Aber die Frage, ob es ihn stört, dass Rechtsextreme unter den Protestierenden sind, lässt er offen – um dann darauf zu verweisen, dass es die Gesetzeslage jedem erlaube, an der Demonstration teilzunehmen.   

These: „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Dresdner Christstollen umbenannt wird.“

Die große Sorge der Pegida-Anhänger: Die Bedrohung der deutschen Kultur und eine schrittweise Abschaffung christlichen Kulturguts. Seit in Berlin ein Wintermarkt (neben unzähligen Weihnachtsmärkten) eröffnet wurde, fürchten die Protestierenden, dass sich die Änderung in weniger religiöse Begriffe fortsetzt. So auch beim Dresdner Christstollen. Doch die Sorge ist unbegründet. Der Name Dresdner Christstollen ist seit 1996 als Marke geschützt und unterliegt damit Markenrechten. Ein zusätzliches EU-Siegel regelt die geografische Zuordnung des Stollens. Nur Stollen, die im Dresdner Raum gebacken werden und bestimmte Qualitätskriterien vorweisen, dürfen auch so genannt werden. Laut des Schutzverbandes Dresdner Stollen e.V. backen derzeit 130 Bäcker den Original Dresdner Christstollen. Mehrmals pro Jahr wird das Gebäck geprüft. Im Jahr 2012 wurde der Dresdner Christstollen Marke des Jahrhunderts. Der Name sei schwer zu kippen, sagte eine Sprecherin des Verbandes ZEIT ONLINE.

These: „Wir sind nicht politisch korrekt und wollen endlich wieder Meinungsfreiheit.“

Politisch korrekt sind viele der Demonstranten tatsächlich nicht. Allen voran Bachmann selbst, der im vergangenen Jahr auf Facebook schrieb, die Grünen seien „Ökoterroristen“ und gehörten standesrechtlich erschossen, allen voran „Claudia Fatima Roth“.   

Der Politik und damit auch der deutschen Gesellschaft werfen sie vor, keine Meinungsfreiheit zuzulassen. Genau diese Freiheit üben die Demonstranten aus, wenn sie Woche für Woche nach Dresden kommen, um durch die Stadt zu ziehen und ihrer Plakate in die Kameras zu halten.  

Einem Gespräch wollen sich die meisten von ihnen nicht stellen. Redet nicht mit der Presse, sagt Bachmann immer wieder. Er hat Sorge, missverstanden zu werden, und wirft den Medien vor, Propaganda zu verbreiten und gleichgeschaltet zu sein. Die meisten Pegida-Anhänger halten sich an das Redeverbot. Nicht selten ist ein „Verpiss dich!“ zu hören, wenn ein Journalist eine Frage stellt.

These: „Wir haben Null Toleranz gegenüber kriminellen Zuwanderern.“

Nach Angaben des Dresdner Polizeipräsidenten Dieter Kroll sind Asylbewerber strafrechtlich nicht auffälliger als Deutsche. Das betreffe auch die Umgebung von Asylunterkünften. „Es gibt Ausländerkriminalität“, sagte er Ende November beim Bürgerdialog Asyl in Dresden. Davon aber die Gefährlichkeit einer ganzen Menschengruppe abzuleiten, gehe zu weit. Die Einsetzung einer Sondereinheit lehnt er ab. „Wenn ein Asylbewerber eine Straftat begeht, dann machen wir unseren Job“, so Kroll. 

Bachmann ist selbst kriminell, macht daraus aber keinen Hehl. Er ist vorbestraft, saß mehrmals in Haft und ist im Moment auf Bewährung frei. Der Grund: Drogenhandel. Sein Strafregister ist lang: Diebstahl, Einbruch, Anstiftung zur Falschaussage, Fahren ohne Führerschein, Trunkenheit am Steuer. Ende der 1990er Jahre wurde er zu vier Jahren Haft verurteilt, floh nach Südafrika und wurde dort erst zwei Jahre später von der Einwanderungsbehörde gefasst.

These: „Die armen Rentner in Deutschland sitzen ohne Strom in kalten Wohnungen und können sich noch nicht mal ein Stück Stollen leisten, während der Staat Asylbewerbern voll ausgestattete Unterkünfte zur Verfügung stellt.“

Es stimmt, dass die Altersarmut in Deutschland zunimmt. Gründe dafür sind laut des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin unter anderem die Lohnentwicklung und Rentenreformen der vergangenen Jahre. Allein in den letzten acht Jahren stieg die Zahl der Menschen ab 65 Jahren, die auf eine Grundsicherung angewiesen sind, um etwa 45 Prozent. Betroffen sind inzwischen etwa eine halbe Million Senioren. Das existenzielle Minimum, das sie bekommen, ist eine Leistung der Sozialhilfe, das von den Bundesländern bezahlt wird. Die Grundsicherung im Alter entspricht etwa der Höhe der Hartz-IV-Leistung: 391 Euro im Monat, zusätzlich Miet- und Heizkosten.

Die Leistungen, die ein Asylsuchender in Deutschland bekommt, sind im Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Das ist ein eigenständiges Gesetz. Es handelt sich bei den Leistungen in erster Linie um Sachleistungen wie Nahrung, Unterkunft und Kleidung. Zusätzlich dazu bekommen Asylsuchende Bargeld. Seit Januar 2014 sind das für Alleinstehende 140 Euro im Monat. Die Unterkünfte – hauptsächlich Gemeinschaftszimmer – sollen humanitären Maßstäben entsprechen. Fernseher, Internetzugang und Telefonmöglichkeiten für den Kontakt zu den Familien im Herkunftsland gehören in der Regel nicht dazu.

These: „Wir haben nichts gegen Flüchtlinge. Kriegsflüchtlinge können gerne kommen, Wirtschaftsflüchtlinge aber nicht.“

Asyl gibt es in Deutschland nur für politisch Verfolgte. Es ist ein Grundrecht, das im Grundgesetz verankert ist. Menschen, die aus ökonomischen Gründen nach Deutschland kommen, weil sie sich hier ein besseres Leben versprechen, fallen in der Regel nicht unter das Asylrecht und haben keinen Anspruch auf Asyl. Das gilt für diejenigen, die ihr Heimatland ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen, ohne dass zumindest eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben besteht. 

2014 wurde nach Angaben des Bundesinnenministeriums bisher etwa jeder dritte Asylantrag abgelehnt. „Man kann anhand dieser Zahl nicht darauf schließen, dass es sich bei diesen Asylsuchenden um Menschen handelt, die wegen der wirtschaftlichen Lage ihr Heimatland verlassen haben“, sagt Bernd Mesovic, stellvertretender Geschäftsführer von Pro Asyl ZEIT ONLINE. „Die Maßstäbe des Asylrechts und der Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sind eng. So werden etwa auch Asylsuchende aus Afghanistan abgelehnt, trotz der sich dort weiter verschlechternden Sicherheitslage.“ Oft scheitern die Verfahren auch aus rein formellen Gründen.

Deutschlandweit kommen nach Angaben des Bundesamtes in diesem Jahr etwa 200.000 Asylbewerber nach Deutschland, Sachsen muss etwa 12.000 aufnehmen. Nach Angaben des sächsischen Innenministeriums sind im laufenden Jahr gerade einmal 0,3 Prozent der Anträge in Sachsen anerkannt worden.

These: „Die Politik hört uns nicht zu, deshalb müssen wir selbst aktiv werden.“

Die Veranstalter von Pegida fordern, die Politik solle ihnen zuhören. Die Anhänger selbst verweigern aber jedes Gespräch. Die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung hatte das Bündnis Anfang Dezember zu einer Diskussionsrunde eingeladen. Thema: „Wie verteidigen wir das Abendland?“ Vertreter von Pegida waren nicht dabei. Das Bündnis hatte abgesagt.  

Auf die Frage, warum er nicht Sachsens neue Integrationsministerin zu einer der Demonstrationen einlade, sagte Bachmann: „Sie kann gern kommen! Aber sie läuft Gefahr, ausgebuht zu werden. Sie schwingt bis jetzt die Nazi-Keule, aber unsere Demonstranten sind keine.“

Den Plan von Bundesinnenminister Thomas de Maizière, kriminelle Ausländer schneller abzuschieben, tat Bachmann als Augenwischerei ab. Er begrüße die neuen Gesetze, sagte er auf einer Veranstaltung in Dresden, aber das sei reine Beruhigungstaktik, die das Volk davon abhalten solle, selbst zu denken.

Dieser Text erschien am 09.12.2014 bei ZEIT Online. Mit freundlicher Genehmigung.

Mehr auf netz-gegen-nazis.de:

| So verschleiert propagiert „Pegida“ antimuslimischen Rassismus

| Dresden: Pegida gestoppt – Organisator demaskiert 

Ergänzung 12.12.2014

Heute hat die Berliner Boulevardzeitung B.Z. den „Faktencheck“ bei den „neuen Demoparolen“ gemacht. Das Ergebnis ist sehr viel direkter (als dieser Text), sehr viel weniger Wörter und sehr gut nutzbar.

Zum Beispiel:

„Flüchtlingheime mindern den Wert unserer Häuser“

Niemand wohnt gern in Containerburgen! Riesige Containerburgen, in denen Flüchtlinge zusammengezwängt werden, sind für viele ein Ärgernis, auch für diejenigen, die darin wohnen müssen. Dass die Container auch die Landschaft verschandeln, stimmt zwar. Die Rechtspopulisten aber demonstrieren nicht für eine bessere Unterbringung der Flüchtlinge, sondern gegen Flüchtlingsunterkünfte überhaupt.

„Keine Einwanderung in die Sozialsysteme“

Stimmt nicht, Ein­wan­de­rer zah­len ein?. Einer Studie des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung zufolge hat die Zuwanderung viel Geld in die Sozialkassen gespült. 6,6 Millionen Menschen ohne deutschen Pass haben 2012 einen Überschuss von 22 Milliarden Euro erwirtschaftet.

„Es gibt immer mehr Muslime“

Ja, und? In Deutschland leben vier Millionen Muslime, fünf Prozent der Gesamtbevölkerung. Der Großteil davon ist gut integriert. Bis 2030 werden es sieben Prozent sein.

„Die EU ist schlecht für Deutschland“

Deutschland profitiert von der EU. Trotz aller Probleme: Die deutsche Exportwirtschaft profitiert vom gemeinsamen EU-Binnenmarkt mit einer halben Milliarde Menschen. Die einheitliche Währung hilft auf dem Weltmarkt und die Reisefreiheit erleichtert den Tourismus innerhalb der europäischen Staaten.

„Die Homo-Ehe zerstört die Familie“

Die Wahrheit sieht anders aus. Meh­re­re in­ter­na­tio­na­le Stu­di­en be­wei­sen: Die Ent­wick­lung von Kin­dern, die bei gleich­ge­schlecht­li­chen Paa­ren auf­wach­sen, ver­läuft ge­nau­so wie bei Kin­dern aus he­te­ro­se­xu­el­len Ge­mein­schaf­ten. Das Miss­brauchs­ri­si­ko ist für Kin­der in ho­mo­se­xu­el­len Part­ner­schaf­ten so­gar ge­rin­ger.?

Toll!

| http://www.bz-berlin.de/deutschland/die-neuen-demo-parolen-im-b-z-check

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2016-11-14-islamfeindlichke

Monatsüberblick Oktober 2016 Islamfeindlichkeit

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