Bis Anfang 2015 war unklar, ob es PEGIDA gelingt, zu einer bundesweiten rechten Bewegung außerhalb der Parlamente zu werden und sich europaweit zu vernetzen. Inzwischen ist klar geworden, dass es sich bei PEGIDA um ein sächsisches Phänomen, mit seinem Schwerpunkt in der Landeshauptstadt Dresden, handelt. Außerhalb Sachsens sind PEGIDA und die Ableger bedeutungslos.
20.000 war die höchste Teilnehmer_innenzahl, die PEGIDA in Dresden jemals erreichen konnte. Gemessen an der Einwohnerzahl Dresdens und daran, dass zu den Hochzeiten PEGIDAs einige der Teilnehmer_innen aus anderen sächsischen Regionen und aus Südbrandenburg angereist waren, wird sehr deutlich, dass PEGIDA innerhalb der Mehrheitsgesellschaft die Bewegung einer Minderheit bleibt. Insofern ist der Versuch, einen gesellschaftlichen Umgang mit PEGIDA zu finden, wichtig, es war jedoch erstaunlich, mit welcher Bedeutung PEGIDA dabei versehen wurde.
Die Dialogangebote an PEGIDA durch Teile von Staatsregierung und Landespolitik, die Bereitstellung der Räumlichkeiten, Know how und Logistik der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung für eine Pressekonferenz von PEGIDA schossen weit über das Ziel hinaus. Dadurch entstand eine Akzeptanz und Aufwertung einer Protestgruppierung, die ohne kritische Betrachtung von rassistischen Ressentiments vorbehaltlos versucht Gesprächsfäden zu knüpfen, ohne deutlich zu machen, wo Grenzen eines möglichen Gespräches liegen. Damit wurde auf unverantwortbare Weise eine im Kern islam- und asylfeindliche Protestbewegung durch demokratische Institutionen ohne Not hofiert und damit ihre Inhalte salonfähig gemacht.
Sinnvoller wäre der öffentliche Umgang mit PEGIDA, indem man geflüchtete Menschen verstärkt mit Empathie begegnet wäre und den Fokus der Auseinandersetzung auf die Situation und das Engagement von Migrantenselbstorganisationen, Protestakteuren, Willkommensbündnissen und engagierten Bürger_innen in Sachsen gerichtet hätte. Dort Dialogangebote verstärkt zu setzen, wäre ein wichtiger Beitrag zur realitätsnahen Wahrnehmung der eigentlichen Herausforderungen in Sachsen – dem menschenrechtsorientierten Umgang mit Geflüchteten und Asylsuchenden und dem Alltagsrassismus in der sächsischen Gesellschaft. Das Ergebnis der Oberbürgermeister_innen – Wahl mit der Kandidatin Tatjana Festerling in Dresden im Juni 2015 hat gezeigt, wie hoch die Zustimmungswerte zu den PEGIDA-Positionen tatsächlich sind. Da sich derzeit PEGIDA auf vergleichsweise niedrigem Niveau stabilisiert und gleichzeitig bei den Teilnehmer_innen und in der Schärfe der Reden radikalisiert, ist zu erwarten, dass die Zustimmungswerte bei deutlich weniger als einem Zehntel der Dresdner Bevölkerung liegen.
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Spätestens seit dieser faktischen Übernahme bzw. engen Anbindung von PEGIDA an die organisierte und etablierte Szene von Neu-Rechten und Verschwörungstheoretikern müsste klar geworden sein, dass es mit den Organisator_innen und deren Umfeld keine Diskussion auf Augenhöhe geben kann. Unter dem Deckmantel der Dialogbereitschaft wird von Seiten der PEGIDA-Strateg_innen eine massive Diskursverschiebung nach rechts, eine Erweiterung des rassistischen Resonanzraumes in unserer Gesellschaft forciert, die sich damit von menschenrechtsorientierten Haltungen entfernt.
PEGIDA kann somit als anti-emanzipatorisches, rassistisches und nationalchauvinistisches Projekt betrachtet werden, dass einer offenen und menschenrechtsorientierten demokratischen Gesellschaft diametral gegenüber steht und diese ablehnt.
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Das Kulturbüro Sachsen e.V. empfiehlt, dass aus Analyse von PEGIDA – Ressentiments andere Schlussfolgerungen als bisher gezogen werden sollten:
Die etablierten Parteien müssen das Recht auf Asyl in Deutschland als Menschenrecht klar kommunizieren, Ressentiments in den Diskussionen als solche kenntlich machen und sich mit ihnen auseinandersetzen. Die Wahrnehmung von Pegidisten als „besorgen Bürger_innen“ öffnet einem Dialog mit rechtsnationalen, ultrakonservativen, rechtspopulistischen und neurechten Kräften Tür und Tor und begünstigt eine Diskursverschiebung nach rechts. Dies wiederum schafft neue Anknüpfungspunkte für Neonazis in der Mehrheitsgesellschaft. Eine Intensivierung der Aufklärungs- und Bildungsarbeit zu Menschenrechten und Demokratie ist notwendig. Dialogforen mit den Bürger_innen sollten als Ausgangpunkt 24 2 für eine intensive politische Bildungsarbeit in Sachsen begriffen werden. Sie müssen unabhängig von politischen Wetterlagen, wie PEGIDA stattfinden. Politische Bildungsarbeit mit jungen Menschen allein in Schulen greift zu kurz. Auch wenn Schulen und Berufsschulen zweifellos ein sehr wichtiger Ort der Auseinandersetzung sind, muss diese auch und vor allem mit Erwachsenen und in den einzelnen Kommunen erfolgen.Wir brauchen eine verstärkte Wertschätzungs- und Anerkennungskultur für alle, die sich aktiv für geflüchtete Menschen einsetzen und sich in ihren Kommunen in Willkommensbündnissen, Patenschaftsprojekten, Nachbarschaftshilfe, Sprachkursen u.a. engagieren. Diese Menschen müssen mit ihrem Engagement deutlich sichtbarer werden. Beinahe flächendeckend existieren im Bundesland kleine Gruppen und Bündnisse, die sich zusammen gefunden haben, um Flüchtlinge willkommen zu heißen und ihnen den Start am neuen Ort zu vereinfachen.Gleichzeitig müssen geflüchtete Menschen und Asylbewerber_innen in unseren Kommunen neben aller Unterstützung auch eine schnelle Einbindung in Alltag, Nachbarschaft, Schule, Beruf und Gesundheitsversorgung bekommen, um vom Hilfeempfangenden schnell zu einem anerkannten und gleichberechtigten Menschen zu werden.
Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Analyse:
Kulturbüro Sachsen e.V.: Sachsen rechts unten 2015. Die gesamte Analyse als PDF zum Download gibt es hier| www.kulturbuero-sachsen.de
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