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Eine kenianische Rezeptur Hoffnung für Einheimische. Und Touristen.

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Illustrierendes Foto aus dem Buch "Hoffnung für Afrika" von Arno Köster. (Quelle: Residenzverlag)

Es gibt diese Redensart über gutes Helfen: Statt Bedürftigen einen Fisch zu schenken, sollten wir sie das Fischen lehren. Hilfe zur Selbsthilfe.

Doch so geht es nicht, sagt Auma Obama. Sondern: „Gib uns keinen Fisch, bring uns nicht bei, wie man Fische fängt. Frag uns, ob wir Fisch essen!“

Dieser widerspenstige Satz ist eines der vielen – teils schönen, teils sehr schmerzlichen – Highlights in Arno Kösters Buch „Hoffnung für Kenia“, das von der Arbeit der Udo Lindenberg Stiftung erzählt. Obamas Appell steht erst ziemlich am Ende des Buchs, doch er erklärt perfekt, was sich beim Lesen vorher entfaltet: eine spannende, eindrückliche Innenansicht des Landes, um das es vorrangig (doch nicht ausschließlich) geht, und der mit ihm verbundenen Menschen. Denn statt uns einen Förderbericht vorzulegen, wie man ihn erwartet: mit Problemanalyse, Zielvorgaben, Lösungsschritten und Erfolgseinschätzung, nimmt Köster uns mit auf eine Reise und lässt Landschaften, Jugendliche, Träumer und Schulgründerinnen, Tierschützer und technische Allroundgenies zu uns sprechen. Sie, nicht unsere Förderkonzepte, verkörpern die Hoffnung, um die es geht: Entwicklung nach lokalem Rezept, mit einheimischen Zutaten.

Ein Reiseführer der anderen Art: von Katalog-Traumstränden hin zu Orten, die nicht touristisch sind und uns statt dessen das Leben, die Tierwelt, die täglichen Nöte und Überlebenstricks, auch das Sterben, die Arbeit, den politischen und sozialen Alltag der Menschen in Kenia erfahren lassen. Kösters Band bringt uns – Unvollständigkeit vorausgesetzt – an Orte, die wir anders kaum bereisen würden und die uns besondere Blicke hinter die Kulissen erlauben. Jenseits von Kulturromantik oder Armutstourismus kommen wir in Kontakt, denn die kenianischen Protagonisten ergreifen immer wieder selbst das Wort. Und so liest sich diese Reise ganz anders als erwartet, als spannendes Mosaik aus Erzählungen Einzelner, die sehr persönlich, oft poetisch, manchmal fast zauberhaft, vielfach schwer (zu ertragen) und dennoch zumeist optimistisch sind. So wie die Perspektiven einiger leidenschaftlicher Hamburger, Leipziger, Schweizer und anderer, die sich davon haben in den Bann ziehen lassen und ebenfalls zu Wort kommen.

Dabei findet sich denn auch Merkwürdiges, das das Kaleidoskop aus Erfahrungen und Sichtweisen ungeschönt und authentisch macht – wie das Leben uns alle ja erst durch Widersprüche recht lehrt: Da werden die amourösen Eskapaden einer Schulleiters (die sich zum Problem im Kollegium auswuchsen) detailliert geschildert – und gleich danach kommt er selbst als geschickter, kundiger Bildungsmanager zu Wort. Negative Erfahrungen mit Vertrauenspersonen werden genauso wenig ausgelassen wie die höchst unterschiedlichen Arten der jeweils Betroffenen, ihre Enttäuschungen zu reflektieren und, nicht immer wohltuend, zu verallgemeinern. Ebenso vielfarbig wie ungekünstelt sind auch die zahlreichen Fotos, die das Buch lebendig begleiten.

Zutiefst anrührend und eindrücklich stechen aus dem Panorama immer wieder die Berichte der Jugendlichen heraus: von ihren weit abgelegenen Herkunftsdörfern, von entfernten Verwandten, die sich ihrer annahmen und sie in die Nähe einer fürsorglichen Schule brachten, von einer Schlange, die die Großmutter auf der Wanderschaft beschützte, von brutaler Gewalt und dem Verlust des Vertrauens und immer wieder von der Hoffnung, die das Lernen in ihnen weckt …

So sind viele der Stationen auf unserer Reise Bildungsorte, aus privater Initiative geschaffene Schulen, Kindergärten und Ausbildungszentren. Zugleich aber sind sie Zentren der Nachhaltigkeit: Sauberes Trinkwasser ist die zweite wesentliche Zutat für die Hoffnung, von der Köster spricht. Hoffnung nicht nur für die Kinder und Jugendlichen, wie das Beispiel von Bombolulu, eines Stadtteils in Mombasa, zeigt: Mit ihrer neu gebauten Trinkwasseranlage, die viel mehr Wasser aufbereitet, als die Schule dort braucht, wurde diese zum Anlaufpunkt und Entwicklungsmotor für die ganze Umgegend.

Die dritte Zutat ist ein effektiver Tier- und Naturschutz, der die Bedürfnisse der Menschen und der sich ausbreitenden Siedlungen mit bedenkt. Und die Folgen von Landkonflikten beobachtet, an denen auch der Tourismus mit den immer noch in Nationalparks aus dem Boden sprießenden Lodges seinen Anteil hat.

Die vierte schließlich ist ein besonderer Blickwinkel, der einen riesigen Bogen schlägt: von Hermann Hesse über einen Stau in Mombasa, einen Azubi in Dubai bis hin zu einem Schulprojekt im Harz. Ein Blickwinkel, mit dem das Buch es schafft, unsere Welt als zusammenhängende erscheinen zu lassen, als hätte unser Leben in Berlin und Greifswald mit dem Alltag in Kenia etwas zu tun, als würde sich eins aus dem anderen ergeben und alles gemeinsam erst ein ganzes Bild ausmachen.

Ganz genau: So ist es ja auch.

Deshalb stellt Köster nicht nur die Partner mit vor, die die Projekte in Kenia, Südafrika und Tansania mit angeschoben haben und tragen, er berichtet zum Ende auch kurz vom Engagement der Udo Lindenberg Stiftung in Deutschland für musikalische und demokratische Bildung. Denn Mangel an Hoffnung, frischen Perspektiven und einem neuen Takt gibt es gewiss auch hier.

Über alldem und der weit gespannten Reise hätten wir den Stifter fast aus den Augen verlieren können – klänge nicht seine unverwechselbare Sprache, der Udo-Sound, immer wieder durch und würde dieses Buch so kurzweilig machen wie einen Abend in seinem Musical „Hinterm Horizont“.

Arno Köster: „Hoffnung für Kenia. Die Udo Lindenberg Stiftung in Afrika“. Residenz Verlag, Salzburg-Wien, 2018

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