25.11.2011
Zwickauer Terroristenzelle: Die Spur führt zum ?Blood and Honour?-Netzwerk
Nach Recherchen des ARD-Magazins MONITOR verdichten sich Hinweise, dass hinter dem Zwickauer Terrortrio ein größeres Netzwerk steht, das sich auf die Strukturen der im Jahr 2000 in Deutschland verbotenen Organisation ?Blood and Honour? stützt. ?Blood and Honour? ist ein internationales Netzwerk von Rechtsextremen, das vor allem konspirative Konzerte organisiert und rechtsextreme Tonträger verbreitet und das unter dem Namen ?Combat 18? vor vielen Jahren einen bewaffneten Arm gründete. Nach Erkenntnissen von Ermittlern hatten Uwe M. und Uwe B. Mitte der 90er Jahre gemeinsam mit anderen Personen aus dem Thüringer Heimatschutz konspirativ ?Blood and Honour?-Konzerte organisiert. Mit dabei auch Marcel D., der spätere Sektionschef Thüringen von ?Blood and Honour? und V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes, außerdem noch mindestens zwei weitere Mitglieder des Thüringer Heimatschutzes. Aus dieser ?Blood and Honour?-Arbeit sei eine eingeschworene Clique entstanden, zu denen B. und M. auch außerhalb von Jena Kontakt hielten. Die Verbindung zu ?Blood and Honour? ist auch deshalb brisant, weil das Terrortrio bei seinen Anschlägen genau nach einer Blaupause gearbeitet hat, wie sie im Umfeld von ?Combat 18? Mitte bis Ende der 90er Jahre als Propagandamaterial verbreitet wurde. Darin wird empfohlen, Anschläge auf Migranten durchzuführen, dabei nur in kleinen Zellen von maximal zwei bis vier Personen zu arbeiten und niemals Bekennerschreiben zu hinterlassen. Außerdem wurden Anleitungen für Nagelbomben verbreitet, die der beim Anschlag in der Kölner Keupstraße verwendeten Nagelbombe stark ähneln (Video hier).
Stellten sächsische Behörden Uwe Mundlos einen falschen Pass aus?
Im Fall der Jenaer Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)“ verstärkt sich der Verdacht, eine Behörde könnte die Neonazis unterstützt haben. Nach Informationen des Tagesspiegels konnte ein Mitglied des NSU, Uwe Mundlos, über eine sächsische Meldebehörde an einen falschen Reisepass herankommen. Die Meldebehörde habe auf der Basis eines ebenfalls gefälschten Personalausweises einen so genannten legalen illegalen Reisepass ausgestellt, hieß es aus Sicherheitskreisen.Dabei handelt es sich um ein echtes Dokument aus der Bundesdruckerei, das mit einem falschen Foto und einer falschen Unterschrift versehen wurde.
Mehr zu Videoproduzent Andre E.
Er soll das Bekennervideo des Zwickauer Trios gemacht haben. Jetzt sitzt Andre E. in U-Haft. ?Dieses Machwerk verhöhnt die Opfer der terroristischen Verbrechen der Gruppierung und zeigt ein unfassbares Ausmaß an Menschenverachtung“, sagte Generalbundesanwalt Harald Range (Hamburger Abendblatt, Sueddeutsche.de I, Sueddeutsche.de II).
Der Agitator: Ralf Wohlleben
Ralf Wohlleben soll dem Neonazi-Terrortrio beim Untertauchen geholfen haben, er gehörte zum engsten Kreis der „Kameradschaft Jena“ – und war führender NPD-Funktionär. Jetzt haben Fahnder sein Haus durchsucht. Porträt eines radikalen Rechten auf Spiegel online.
Keine Milde für Beate Zschäpe
Der neue Generalbundesanwalt Harald Range sieht eine Kronzeugenregelung für eine mutmaßliche Helferin der Zwickauer Neonazi-Zelle äußerst skeptisch. Er wolle, wenn irgend möglich, ohne eine solche Vereinbarung auskommen, sagte Range im Innenausschuss des Bundestages nach einem Bericht der ?Süddeutschen Zeitung?. ?Bei zehn Morden tue ich mich ? jedenfalls heute ? furchtbar schwer, mit jemandem ernsthaft in Verhandlungen einzutreten?, wurde der Staatsanwalt zitiert (Hamburger Abendblatt).
BKA korrigiert sich: Alle Angaben über Polizistinnen-Familie falsch
Die Verbindungen der in Heilbronn erschossenen Polizistin Michèle Kiesewetter zu Neonazis in ihrer Thüringer Heimat bleiben unklar. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat eine Aussage seines Präsidenten Jörg Ziercke korrigiert. Demnach hat die junge Frau in ihrem Heimatort Oberweißbach nicht gegenüber einem Treffpunkt von Rechtsradikalen gewohnt. „Diese Aussage muss nach heutigem Kenntnisstand berichtigt werden“, heißt es in einer Mitteilung des BKA. Allerdings sei sie unweit davon zur Schule gegangen. Der Großvater erklärte dagegen, seine Enkelin habe in Saalfeld die Schule besucht, ehe sie sich ab 2003 in Baden-Württemberg zur Polizistin habe ausbilden lassen. Sie sei dann nur noch zu Besuch gekommen. Vielleicht sollte das BKA einfach erst mal recherchieren und dann reden (Südwestpresse).
Und wer ist Daniel „Gigi“ Giese?
Vom langhaarigen Heavy-Metal-Freak zum rechtsradikalen Skinhead: Diese Entwicklung hat der Meppener Daniel Giese in den vergangenen 20 Jahren genommen. In seinem ?Döner-Killer-Song? verhöhnte er 2010 die Opfer der Neonazi-Mordserie, bei der neun Menschen starben und die jetzt die Republik erschüttert. Porträt in der Osnabrücker Zeitung.
24.11.2011
Mutmaßlicher Unterstützer der Nazi-Terrorzelle NSU festgenommen
ie Bundesanwaltschaft hat einen weiteren mutmaßlichen Unterstützer der rechtsextremen Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) festgenommen. Bei dem Beschuldigten handelt es sich um den 32-jährigen Andre E. aus dem Landkreis Potsdam-Mittelmark, wie die Behörde am Donnerstag mitteilte. Andre E. ist demnach dringend verdächtig, den Propagandafilm hergestellt zu haben, mit dem sich die NSU zu den Morden an neun Migranten und einer Polizistin in Heilbronn bekannt hat (stern.de).
Hinweise in Thüringen: Doch V-Mann in der NSU?
In Thüringen verdichten sich die Hinweise, dass der Verfassungsschutz eine zweifelhafte Rolle in den Ermittlungen gegen den „Nationalsozialistischen Untergrund“ um Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gespielt hat. Der Justizminister des Landes habe in einer Ausschusssitzung am Mittwoch von einem Akten-Vermerk berichtet, der eine Verbindung zum Verfassungsschutz oder gar eine V-Mann-Tätigkeit von einer Person aus dem Terror-Trio nahelege, berichten Teilnehmer der Sitzung des Justizausschusses. Eine Sprecherin des Ministeriums wollte dies auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren (taz).
Helmut Roewer nimmt Stellung: NSU habe Helfer bei der Thüringer Polizei gehabt
Und noch eine neuer Version der Realität: Helmut Roewer meldet sich in der ZEIT zu Wort. Er war damals beim Verschwinden der bisher bekannten NSU-Mitglieder Chef des Verfassungsschutzes in Thüringen und als solcher in der Kritik. Nun schreibt er in einem E-Mail-Interview mit der ZEIT: Nicht der Verfassungsschutz habe versagt, sondern die Landespolizei. Mehr noch: In ihren Reihen habe es allem Anschein nach Verräter gegeben, welche die Neonazi-Szene mit Informationen versorgt hätten. Sollte Roewers Version stimmen, würde dies eine neue Dimension im Skandal um das Mordtrio bedeuten. Polizisten hätten dann eine schützende Hand über die späteren Serienkiller gehalten. Roewers Schilderungen dienen der Selbstverteidigung, keine Frage. Gleichzeitig enthalten sie wesentlich mehr Faktenbeschreibungen zum damaligen Geschehen, als sie das Erfurter Innenministerium bisher vorlegt. Laut Helmut Roewer hegte das Innenministerium schon »deutlich vor der Jena-Sache« den Verdacht, dass es »Informationsabflüsse« von der Polizei in die militante rechte Szene gegeben habe. Aus diesem Grund habe der damalige Staatssekretär Peter Krämer den Verfassungsschutz angewiesen, gegen thüringische Polizisten zu ermitteln (ZEIT).
NSU-Trio besuchte 2009 „Kameraden“ in Erftstadt
Sie hielten doch Kontakt zur rechtsextremen Szene: Die mordenden Zwickauer Neonazis Uwe Mundlos, Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt sollen im Jahr 2009 ein Neonazi-Treffen im Rheinland besucht haben. Aus Teilnehmerkreisen des Neonazi-Treffens erfuhren bnr.de und das TV-Magazin ?Westpol? des WDR, dass das Trio im November 2009 die Jahresabschlussfeier der ?Kameradschaft Köln? beziehungsweise der ?Freien Kräfte Köln? besucht haben soll.
Hintergrund: Bekennerschreiben von Nazis? Eher selten
Die Ermittler in der Neonazi-Mordserie schauten nicht nach rechts, weil es keine Bekennerschreiben gab? Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass das selten anders war (taz).
Analyse: Das Problem mit der Wahrnehmung der Nazis seit 1990
Lesenswerte Analyse im stern von Bernd Wagner (EXIT): „Neonazis terrorisieren die Menschen seit der Wiedervereinigung, nicht nur im Osten. Doch noch immer wird das Wesen rechtsextremer Gewalt verkannt. Es mussten erst zehn Menschen sterben, um den Tod von 170 anderen Mitbürgern zu verstehen, die in den vergangenen 20 Jahren zum Opfer rechter Mörderbanden wurden. Sie wurden nicht nur aus einem spontanen Impuls heraus getötet, wie gerne behauptet wurde: Überfälle auf Linke, Pogrome gegen Ausländer, Brandschatzungen, Attacken auf Homosexuelle und „Undeutsche“ sind Schlachten in einem nicht erklärten Krieg gegen die Demokratie.“
23.11.2011
Die NPD und der Terror
Sieben von zwölf NPD-Vorstandsmitgliedern in Thüringen waren im Jahr 2000 zugleich Anhänger des Thüringer Heimatschutzes (THS). Vier der sieben waren NPD-Kreisvorsitzende. Aus dem THS stammt auch das Terrortrio von Zwickau. Nach Recherchen von REPORT MAINZ waren zwei heutige NPD-Funktionäre als Anhänger des damaligen THS an einem Sprengstoffanschlag auf einen Dönerimbiss 2000 in Eisenach mitbeteiligt: Patrick Wieschke und Danny Pfotenhauer. Patrick Wieschke wurde erst kürzlich Mitglied des NPD-Bundesvorstandes. Außerdem gibt es enge personelle Verquickungen der NPD mit weiteren extrem gewaltbereiten Vereinigungen wie Skinheads Sächsische Schweiz (SSS) oder Sturm 34. Die SSS, so der sächsische Verfassungsschutz, wurde von NPD-Mitgliedern ?aufgebaut? (swr).
Ermordete Polizistin: Stiefvater dementiert Kontakt zur rechtsextremen Szene
Der Stiefvater der 2007 in Heilbronn ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter hat jeden Kontakt seiner Familie zu dem Neonazi-Trio aus Zwickau bestritten. Es habe niemals Kontakt zwischen seiner Stieftochter oder einem anderen Familienmitglied und der Gruppe um Uwe Mundlos gegeben, sagte Ralf Kiesewetter der «Ostthüringer Zeitung». «Frei erfunden ist die Meldung, wonach ich ein Lokal besessen haben soll, in dem sich die rechte Szene traf», sagte der 58-Jährige weiter. Seine Tochter habe auch niemals gegenüber dem Gasthof in Lichtenhain an der Bergbahn (Landkreis Saalfeld-Rudolstadt) gewohnt, den 2005 ein Jenaer übernahm, welcher offenbar Verbindungen zu Rechtsextremisten unterhielt. Kieswetter: «Meine Tochter ist bereits 2003 zur Polizeischule nach Baden-Württemberg gegangen und nur noch zu Besuch nach Oberweißbach gekommen.» Außerdem habe er auch nie einen Koch beschäftigt, der mit Beate Zschäpe – der Frau im Neonazi-Trio – verwandt ist (Greenpeace-Magazin).
?Nationalsozialistischer Untergrund?: Kameraden und Kameradinnen, die mutmaßlich halfen
Ein Leben im Untergrund ist ohne Helfer kaum denkbar. Um die Terrorzelle ?Nationalsozialistischer Untergrund? hatte sich offenbar ein dichtes Netz von ihnen geknüpft. Die Rede ist von Holger G. aus Jena-Lobeda, Neonazi-Aktivist Ralf W., Andre K., Versandhändler André E., Matthias D. aus Johanngeorgenstadt, Mandy S. aus Schwarzenberg, Tino Brandt, einst Spitzenquelle des Thüringer Verfassungsschutzes (F.A.Z.).
Spurensuche in Jena: Woher kommen die rechten Terroristen?
Sie waren jung, dann wurden sie Neonazis und am Ende Killer. Was machte drei ostdeutsche Jugendliche zu Mördern? Die (Badische Zeitung) befragt Lothar König, Jugendpfarrer in Jena, der die drei Mörder von Anfang an kannte. Er sagt, sie waren eine Dreierbande, und Uwe Mundlos war der Anführer. „Der Schlaue“, sagt der Jugendpfarrer. „Ein pfiffiges Kerlchen.“ Sohn eines Informatikprofessors, mit einem behinderten älteren Bruder. Naturwissenschaftlich interessiert, gut in Mathe und Physik, „so ein Genauer“. Einer, der zu DDR-Zeiten Westwaren hatte, vermutlich wegen des Professoren-Vaters. Die Eltern leben in Jena, mit ihnen könne man aber nicht reden. „Da ist zu.“ Uwe Böhnhardt sei anders gewesen, ein „Naziproll“, sagt König. Hilfsarbeiter, Kampfsportler. Der habe Waffen geliebt, vor allem Dolche. So ein Mitläufertyp, der Handlanger vom Mundlos, grob und schnell, wenn es ums Zuschlagen ging. Eigentlich einer, der dem Mundlos suspekt und unangenehm gewesen sein müsste. Und Beate Zschäpe? Die Gärtnerin? Anfangs sei die angeblich ganz nett gewesen. Als Jugendliche fiel sie beim Klauen im Supermarkt auf. Freundliche Fassade. Und später? „Die war aggressiv. Die sah zwar nicht aus wie so eine Nazitante, keine Symbole und so, aber die?“. Lothar König beendet den Satz nicht. „Also, ich weiß noch genau, die hat mal einer jungen Frau den Fuß gebrochen.“
Uwe Mundlos: Vom Musterschüler zum rechten Killer
Er war der stille Ideologe des Neonazi-Mordkommandos: Uwe Mundlos (38). Wie konnte aus einem freundlichen Professorensohn ein von Hass geleiteter Rechtsterrorist werden? (Cicero.de)
Zwickau: Naziladen »Eastwear« wirbt mit Pink Panther um Kundschaft
Ehemaliger »The Last Resort Shop« verhöhnt Opfer des Naziterrors. Versteckt in einer Seitenstraße, einige Gehminuten von einem tristen, mit Graffiti bedeckten Busbahnhof entfernt, bietet das »Eastwear« -Bekleidungsgeschäft in Zwickau alles, was sich der heutige smart gekleidete Neonazi nur wünschen kann. Vergangene Woche aber war der unheimlichste der ausgestellten Artikel nicht etwa ein T-Shirt mit Schlagring und dem Bild gekreuzter Baseballschläger, sondern ein an der Vorderseite des Tresens angebrachtes T-Shirt mit einem Aufdruck des »Pink Panther« und dem Schriftzug »Staatsfeind« beziehungsweise »enemy of the state«. (dasletzte.blogsport)
Sachsens Verfassungsschutz hatte keine Ahnung von der und keine Kontakte zur NSU
Sachsens Verfassungsschutz hatte nach eigenem Bekunden keinen Hinweis auf das Versteck und den Verbleib der Neonazi-Terrorzelle in Zwickau. Das teilte der Vorsitzende der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) im Landtag, Günther Schneider (CDU), am Montag in Dresden mit. Am Vormittag hatte Geheimdienstchef Reinhard Boos dem Gremium Rede und Antwort gestanden. ?Der sächsische Verfassungsschutz hat mit dem Thüringer Trio weder unmittelbar noch mittelbar zusammengearbeitet. Das betrachten wir als eine Garantieerklärung des Präsidenten“, sagte Schneider mit Blick auf V-Leute in der Neonazi-Szene. Das Trio und sein Umfeld seien weder direkt noch indirekt unterstützt worden, weder durch Ausweispapiere noch in anderer Form. „Die zur Schau gestellte Ahnungslosigkeit des sächsischen Verfassungsschutzes ist unfassbar“, kritisierte auch der Grünen-Abgeordnete Miro Jennerjahn die Erklärung. „Insbesondere ist aufzuklären, inwieweit es im Freistaat ein Unterstützernetzwerk der ‚Zwickauer Zelle‘ gegeben hat. Stichwort: Matthias D. aus Johanngeorgenstadt, André E. aus Zwickau, Mandy S. aus Schwarzenberg“, so Jennjahn. (DNN).
Nanu: Friedrich will NPD-Verbot ohne Abzug aller V-Leute
Das letzte Verbotsverfahren gegen die NPD scheiterte, weil der Staat V-Leute bei den Rechtsextremen hielt. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hält nun aber ein Verbotsverfahren gegen die NPD für möglich, ohne dass der Verfassungsschutz zuvor alle seine V-Leute aus der rechtsextremen Partei abziehen müsse. „Wir werden prüfen, ob es einen gangbaren Mittelweg gibt“, sagte der CSU-Politiker der Rheinischen Post. Informationen aus dem Innenleben der NPD seien weiterhin „ungemein wichtig“. Das Verfassungsgericht hatte 2003 darauf hingewiesen, dass Beweise gegen die NPD nicht verwertbar seien, falls V-Leute dort selbst aktiv beteiligt sind. Den Bestand aller Verfassungsschutzämter der Bundesländer stellte Friedrich in Frage. Föderalismus dürfe die Rechtsextremismus-Bekämpfung nicht behindern (ZEIT.de, taz).
Ginkgo Biloba: Die Stille
Das deutsche Volk ist wieder leise
auf eine sehr altbekannte Weise
In der Not kennt keiner Zusammenhalt;
ist der Fremde tot ? keine Gegengewalt.
Stillschweigen heißt immer Akzeptanz
deshalb gibt es hier keine Resonanz!
Nun muss der Hinterbliebene organisieren,
sich dagegen wehren und selbst protestieren
Proteste der Minderheit verlaufen im Sand
Die wenigen Schreie werden nicht anerkannt
Gerechtigkeit für ALLE wird es nur geben,
wenn WIR statt mit Fehlern zu leben
ALLE zusammen die Fehler beheben!
(migizin.de).
Entschuldigung aus Berlin Bundestag erhebt sich für Opfer der Neonazis
Fahndungspannen und falsche Verdächtigungen: Die Bundestagsabgeordneten haben die Angehörigen der Opfer des braunen Terrors offiziell um Entschuldigung gebeten. „Wir sind beschämt“, sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert (stern.de). Die Bundesregierung will die Opferfamilien des Neonazi-Terrors mit je 10.000 Euro entschädigen (Tagesspiegel).
22.11.2011
NSU-Mitglieder und ermordete Polizistin kannten sich doch
Neue Erkenntnisse um den NSU-Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn 2007: Die 22-jährige Polizistin ist doch kein „zufälliges“ Opfer aufgrund ihrer Profession, wie bisher vermutet wurde, sondern kannte die Mörder und die Mörderin des „Nationalsozialistischen Untergrundes“ (NSU) persönlich. Kiesewetter soll von 2000 bis 2003 im direkten Umfeld einer Gaststätte in Oberweißbach gewohnt haben, die immer wieder für Veranstaltungen rechtsextremer Gruppen genutzt wurde. Auch ihre Großeltern und ein Onkel lebten in der Nähe. Der Stiefvater der Polizistin arbeitet als Gastronom in einem Nachbarort und führt dort ein Hotel. Es heißt, er sei auch an der Pacht einer weiteren Gaststätte interessiert gewesen: Der Zuschlag ging aber schließlich an Ralf Wohlleben – einen Mann, der als Unterstützer der NSU gilt. Wohlleben soll zudem gemeinsam mit Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe Teil der „Kameradschaft Jena“ gewesen sein; außerdem stieg er in der NPD Thüringen bis zum stellvertretenden Landesvorsitzenden auf, berichtet Spiegel online. Sueddeutsche.de berichtet, auch in der Gaststätte von Kiesewetters Stiefvater habe die rechtsextreme Szene gefeiert – Uwe Mundlos soll dort gar für eine Veranstaltung nachgefragt haben. Außerdem habe Kiesewetters Stiefvater in seinem Gastronomiebetrieb einen Koch beschäftigt, der den gleichen Nachnamen wie Beate Zschäpe trägt. Damit liegt die Vermutung nahe, dass der Mord der NSU an Michèle Kiesewetter zwar wohl nicht geplant war – sie tauschte die Schicht kurzfristig mit einem Kollegen, hätte eigentlich Urlaub gehabt. Allerdings könnte er damit begründet gewesen sein, dass die Täter Angst vor einer Enttarnung hatten.
Mehr Fragen als Antworten vor dem Bundestagsinnenausschuss
Was die Parlamentarier am Montag im Bundestagsinnenausschuss von den Behördenchefs über mögliche Ermittlungsfehler bei der Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) hörten, befriedigte sie nicht. Der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, und Generalbundesanwalt Harald Range referierten den Stand der Ermittlungen.
Demnach soll die Zahl der mutmaßlichen Mitglieder und Helfer des NSU inzwischen auf 12 gestiegen sein. Fünf werden von der Bundesanwaltschaft als Beschuldigte geführt. Sie sollen dem Neonazi-Trio unter anderem Pässe überlassen, Wohnungen untervermietet, Konten zur Verfügung gestellt oder beim Herstellen der Bekenner-DVD geholfen haben (taz).
Ermittlungsstand zum Tod von Uwe Mundlos und Uwe Bönhardt
Das BKA gab neue Details zu den Todesumständen von Böhnhardt und Mundlos bekannt. Präsident Ziercke zufolge hat Uwe Mundlos seinen Kameraden Uwe Böhnhardt mit einem aufgesetzten Kopfschuss getötet, berichtet die Nachrichtenagentur dapd. Dann legte Mundlos Feuer und erschoss sich mit derselben Waffe. Dies belege die Tatsache, dass bei der Obduktion nur in der Lunge von Mundlos Rußpartikel des Feuers gefunden wurden, sagte Ziercke. Insgesamt hatte das Trio bis zu 20 Waffen im Einsatz: Elf entdeckte die Polizei in der Wohnung der Gruppe, die später von Beate Z. in Brand gesetzt wurde. Die übrigen Waffen fanden die Ermittler in dem Wohnwagen, in dem Mundlos und Böhhardt starben.(sueddeutsche.de).
Hessischer Ex-Agent führte doch rechte V-Männer
Der hessische Ex-Verfassungsschützer, der 2006 Zeuge beim Neonazi-Mord in Kassel war, hat offenbar doch V-Leute in der rechtsextremen Szene geführt. Das ergaben Recherchen der hessenschau. Der Verfassungsschutzbeamte war nach Informationen der hessenschau stärker mit der Neonazi-Szene befasst als bisher bekannt. Demnach beobachtete der frühere V-Mann-Führer Andreas T. aus Hofgeismar nicht nur die islamistische Szene, sondern leitete auch zwei V-Leute in der Neonazi-Szene. Einer der beiden hatte vor seiner Anwerbung mehrmals an Treffen rechtsextremer Gruppen in Thüringen teilgenommen. Es soll sich dabei um rechtsradikale Demonstrationen in Eisenach und Mülhausen gehandelt haben. Einer dieser rechtsradikalen Aufmärsche sei 2001 vom sogenannten „Thüringer Heimatschutz“ organisiert worden. Der „Heimatschutz“ soll Kontakte zur Zwickauer Terrorzelle gehabt haben, die für zehn Morde verantwortlich sein soll. Es ist allerdings nach hr-Informationen bislang nicht erwiesen, dass der V-Mann auch direkten Kontakt zum „Heimatschutz“ hatte.
(hr).
Veränderungen beim Verfassungsschutz
Der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm nannte die neonazistische Mordserie sei „eine Niederlage für die Sicherheitsbehörden“ und will als erste Konsequenz in seiner Behörde künftig eine eigene Abteilung „Rechtsextremismus/Rechtsterrorismus“ haben. Bisher sind der „Deutsche Links- und Rechtsextremismus“ in einer Abteilung zusammengelegt, während es längst eine eigene für „Islamismus und islamistischen Terrorismus“ gibt. Die Innenminister möchten zudem, dass der Verfassungsschutz Daten länger speichern darf und regen an, Neonazi-Seiten im Internet stärker zu beobachten – wo Belltower.news sich fragt: Warum erst jetzt? (taz).
Wie sehr der Verfassungsschutz versagt hat
Zehn Menschen könnten noch leben, wenn die Geheimdienste ihre Arbeit getan hätten. Es ist Zeit, sie abzuschaffen, findet die F.A.Z. und belegt die Hinweisdichte und das daraus folgende Versagen des Verfassungsschutzes eindringlich.
Nur eine Handvoll Mitarbeiter
Was aber nicht vergessen werden sollte: In den meisten kleineren Bundesländer arbeiten meist nur fünf bis zehn Beamte hauptberuflich an der Überwachung des Rechtsextremismus (Frankfurter Rundschau).
Hintergrund: Thüringen – ein Freizeitpark der rechtsextremen Szene
Thüringen ist klein, beschaulich – und ziemlich braun. Das fiel bislang nicht so ins Auge, weil die NPD nicht im Landtag sitzt. Dafür finden fast jede Woche Neonazi-Konzerte statt (stern.de).
Hintergrund: Die radikale Generation Hoyerswerda
Ausländerfeindliche Übergriffe der frühen 90er-Jahre schufen in Hoyerswerda ein Milieu, von dem die Rechtsextremen bis heute profitieren. Und obwohl die Zahl der offen fremdenfeindlichen Gewalttaten zurückgeht, radikalisiert sich die Szene (Berliner Morgenpost).
Hürden für ein NPD-Verbot
Viele Politiker wollen jetzt ein NPD-Verbot. Das Verfassungsgericht hat bereits 2003 klargestellt, was die Politik beachten muss, um mit einem NPD-Verbot nicht erneut zu scheitern.
– V-Leute in der NPD-Spitze müssen „unmittelbar vor und während der Durchführung eines Parteiverbotsverfahrens“ abgeschaltet werden.
– Die Verbotsanträge dürfen sich nur in „unerheblichem Umfang“ auf Aussagen von Funktionären stützen, die zugleich als V-Leute für den Staat arbeiteten. Dies ist schon schwieriger umzusetzen: Es könnte auffallen, welche hetzerischen Passagen vor Gericht bewusst weggelassen werden. (taz)
21.11.2011
Weitere Tat der Gruppierung „Nationalsozialistische Untergrund (NSU)“?
In Thüringen hat es kurz vor dem Untertauchen der rechtsextremen Zwickauer Terrorgruppe einen weiteren Anschlagsversuch auf Ausländer gegeben. Ermittler hatten am 18. November 1997 einen Sprengsatz in einem Haus in Stadtroda bei Jena gefunden, wie der MDR unter Berufung auf die Jenaer Polizei berichtete. In dem Gebäude waren demnach portugiesische Arbeiter untergebracht. Laut Sender lag der Sprengsatz neben dem Kessel einer Gasheizung. Lediglich eine Störung am Zünder habe eine Explosion verhindert (tagesschau.de).
Zentralregister und „Abwehrzentrum Rechts“ beschlossen
Angesichts der Terror-Morde der Thüringer Neonazi-Zelle einigten sich die Innen- und Justizminister von Bund und Ländern am Freitag bei einer Sonderkonferenz in Berlin auf erste Konsequenzen.
Unter anderem soll ein neuer Anlauf für ein NPD-Verbotsverfahren geprüft werden. Der letzte Antrag war 2003 gescheitert, weil die NPD mit Verbindungsleuten des Verfassungsschutzes durchsetzt war. Außerdem einigte man sich auf die Einrichtung eines Zentralregisters, in dem gefährliche Neonazis erfasst werden. Eine solche Datensammlung gibt es bereits über gefährliche Islamisten. Parallel soll ein gemeinsames „Abwehrzentrum Rechts“ aufgebaut werden – ähnlich dem Terrorabwehrzentrum in Berlin Treptow (rbb). Das neue Zentrum wird allerdings in Meckenheim bei Bonn sitzen (Weser-Ems.Busines-on.de).
Gedenkveranstaltung und Entschädigungen
Für die Opfer der rechtsterroristischen Vereinigung ?Nationalsozialistischer Untergrund? (NSU) soll es eine Gedenkveranstaltung geben, die gemeinsam vom Bundespräsidenten, der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag ausgerichtet wird. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) kündigte zudem an, Opfer und Hinterbliebene sollten als Zeichen der Solidarität finanzielle Entschädigungen erhalten (F.A.Z.).
Gesucht: ein Kontrolleur für die Nazi-Kontrolleure
Wer schützt uns vor dem Verfassungsschutz? Nach der Enttarnung der Zwickauer Neonazi-Zelle wollen Abgeordnete die Mordserie von einem Sonderermittler püfen lassen. Die Parlamentarier erwarten „schonungslose Berichte“ der Sicherheitsbehörden, andernfalls drohe aus einer Vertrauens- eine Staatskrise zu werden (Süddeutsche.de).
Mehr Helfer
Wie zu erwarten war, hatte die NSU HelferInnen und UnterstützerInnen – wie viele, das werden die Ermittlungen ergeben. Die taz spricht von „bis zu 20“. Bekannt ist schon Holger G.. Ins Visier der Ermittler geraten sind jetzt unter anderem der Vermieter der Zwickauer Wohnung, Matthias D., und ein Mann, der beim Erstellen der Bekenner-DVD geholfen haben könnte, Andre E. Bis vor Kurzem betrieb er in Zwickau den Online-Versand „Caput Mortuum“ (lat. Totenkopf), sein Bruder ist führender Kader der NPD-Jugendorganisation JN in Potsdam. Laut Spiegel benutzten Zschäpe und Böhnhardt auch BahnCards, die auf Andre E. und dessen Frau lauteten. Darüber hinaus kursieren Gerüchte über mögliche Verbindungen zu weiteren Größen in der Kameradschaftsszene und sogar zu ehemaligen Mitgliedern des NPD-Bundesvorstands. Nach Informationen des „Spiegels“ soll der thüringische Geheimdienst mindestens drei V-Leute im Umfeld der NSU geführt haben. Laut „Focus“ wusste zudem der Militärische Abschirmdienst (MAD) kurz nach dem Verschwinden des Trios über dessen Aufenthaltsort Bescheid (Berliner Morgenpost).
LKA riet Vater, seinen Nazi-Sohn nicht zu suchen
Als Uwe Mundlos (? 38) endgültig untertauchte, suchte sein Vater Siegfried auf eigene Faust nach ihm ? doch LKA-Fahnder stoppten den Informatikprofessor.
Seine Nachforschungen würden die Ermittlungen gefährden, sagten die Beamten des LKA dem besorgten Vater (BILD).
Wie funktionierte der Doppel-Selbstmord – oder war es ein Doppelmord?
Anwohner in Eisenach hörten keine Schüsse, berichten aber von einer dritten Person, die vom Wohnmobil weggelaufen sei – eines der vielen Rätsel um die NSU-Morde (stern.de)
Eva Hermans Visionen: ?Döner-Morde? angeblich von europäischer Geheimorganisation und CIA koordiniert
Der rechtsgerichtete Kopp-Verlag versucht, seinen werktäglich im Internet verbreiteten ?Kopp-Nachrichten? mit der umstrittenen Ex-Nachrichtensprecherin Eva Herman (früher: Eva Hermann) den Hauch von Seriosität zu verleihen. Dass Herman sich von dieser längst verabschiedet hat, belegt ein aktueller Beitrag der Frontberichterstatterin der Kopp-Nachrichten. Unter dem Titel ?Döner-Morde: Geheimbund plant Massendeportationen von Migranten? verliest sie dort einen Text, der unter anderem fabuliert, dass ein vom CIA koordinierter Geheimbund in ?fast allen von der Migrationsproblematik betroffenen europäischen Staaten? die ?Massendeportation von Migranten? vorbereite. Dazu würden rechte Gruppen und ?auch deutsche Sicherheitsbehörden? gezielt unterwandert und infiltriert. ?Beobachter gehen davon aus, dass auch die so genannten Döner-Morde von dieser europäischen Geheimorganisation koordiniert werden?, so Herman weiter (bnr.de).
NPD-Funktionär verspottet Opfer der Terrorzelle NSU und fliegt aus Partei
Auf seinem Facebook-Profil postete Rainer Biller, stellvertretender NPD-Kreisvorsitzender in Nürnberg, Bilder aus dem NSU-Video und verhöhnte die Opfer. Nun hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. Am Donnerstag teilte der bayerische Landesverband der NPD mit, dass der Mann mit sofortiger Wirkung seiner Ämter enthoben und aus der Partei ausgeschlossen worden sei. Als Gründe wurden ?seine parteischädigenden öffentlichen Äußerungen? genannt (Endstation rechts).
Beate Zschäpe: Scheinbar nett in Zwickau, brutal in Jena
Nur sie kennt die ganze Wahrheit über die Morder der Nazi-Killer. Mehrere Zeugen zeichnen ein Charakterbild zwischen Flirten und Hassen (BILD).
Die Angehörigen: „Es ist, als wäre mein Vater ein zweites Mal ermordet worden“, sagt Semiya S. (25) über den Schmerz und den Zorn, die seit den Enthüllungen über die rechtsradikalen Mörder in ihr brennen (B.Z.)
Und ein Plan: Was jetzt zu tun ist
„Mobile Beratungsteams und Opferberatungsprojekte beraten und begleiten Opfer rechter Gewalt, Kommunen und Zivilgesellschaft. Auch wenn wir seit Jahren vor der Gewalt von Neonazis und rassistischen Gelegenheitstätern warnen, sind wir geschockt von dem Ausmaß an Ignoranz und Verharmlosung staatlicher Stellen angesichts der rassistischen Mordserie. Wir verlangen jetzt eine Zäsur im Umgang mit der extremen Rechten (taz):
1. Eingreifen und einmischen statt wegsehen
2. Mehr Demokratie statt mehr Verfassungsschutz
3. Zivilgesellschaftliche Expertisen anerkennen und nutzen
4. Staatliche Alimentierung der Neonazis beenden, V-Leute abschaffen
5. Lückenlose Aufklärung und Konsequenzen auf allen Ebenen
6. Nebelkerze NPD-Verbot ad acta legen
7. Engagement gegen Rechts braucht Anerkennung und Unterstützung statt Diffamierung und Kriminalisierung
8. ?Extremismusklausel? abschaffen
9. Langfristige Planungssicherheit für Projekte gegen Rechtsextremismus und Ausweitung der bewährten Beratungsprojekte in den alten Bundesländer
10. Rassismus endlich beim Namen nennen (http://annalist.noblogs.org)
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