Die Vorwürfe sind gravierend: Fünf mutmaßliche Neonazis in Finnland sollen einen Terroranschlag mit Sprengstoff und Schusswaffen geplant haben. Am vergangenen Dienstag, den 30. November 2021, führte die finnische Polizei Hausdurchsuchungen bei fünf Männern aus Kankaanpää in der südwestlichen Region Satakunta statt. Seit Freitag, den 3. Dezember sitzen sie in Untersuchungshaft, wie die Polizei mitteilte.
Die Tatverdächtigen, die zwischen 23 und 26 Jahre alt sind, sollen in Besitz von schweren Feuerwaffen und Dutzenden Kilogramm Sprengstoff sein, die sie gestohlen haben sollen. Hinzu kommen Materialien, die auf ein radikalisiertes rechtsextremes Weltbild hindeuten, so finnische Ermittler:innen. Über ein konkretes Ziel des geplanten Anschlags gibt es bislang keine Angaben. Es ist die erste Ermittlung überhaupt gegen Rechtsterrorismus in Finnland. Im März hatte der finnische Geheimdienst Supo die Terrorgefahr im Land auf Stufe zwei von vier erhöht.
Schon seit zwei Jahren sind die mutmaßlichen Neonazis aus Kankaanpää im Fadenkreuz von Polizei und Justiz. Im Dezember 2019 leitete die Polizei Ermittlungen gegen die Gruppe ein: Damals wurden sie einer schweren Schusswaffenkriminalität verdächtigt. Bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmten Ermittler:innen eine erhebliche Anzahl von Schusswaffen, Patronen und Sprengstoff, heißt es. Im Januar 2020 wurden vier der Männer vorübergehend festgenommen. Daraufhin wurde die Gruppe von Ermittlungsbehörden beobachtet – auch online.
Laut Behörden verfolgen die Tatverdächtigen eine akzelerationistische Ideologie: Durch Anschläge und Gewalt soll demnach der gesellschaftliche Umsturz beschleunigt werden. Eine Strategie, die ihre Wurzeln in den Schriften des US-amerikanischen Neonazis James Mason sowie der Szenebibel „The Turner Diaries“ von William Pierce hat. In einem Foto, das die Polizei veröffentlicht hat, posiert ein Mitglied der Gruppe mit Sturmhaube, Pistole und Messer.
Die fünf Tatverdächtigen haben nach aktuellem Ermittlungsstand offenbar keine Verbindungen zu festen neonazistischen Strukturen. Drei Mitglieder der Gruppe, ein 23-Jähriger, 25-Jähriger und 26-Jähriger, sind aber im Vorstand eines Kampfsportclubs aktiv, die an der Wohnadresse des 26-Jährigen angemeldet ist (siehe Ilta-Sanomat). Alle drei sind bereits polizeibekannt: Der 23-jährige Schatzmeister des Kampfsportclubs sowie der 26-jährige Vereinssekretär überfielen 2019 eine Person vor einem Restaurant in Kankaanpää – offenbar mit einem rassistischen Motiv. Sie traten das Opfer und schlug ihm ins Gesicht. Dieses Jahr wurden die beiden zu drei Monaten Haft verurteilt. Auch der 25-jährige Vereinspräsident wurde bereits mehrfach verurteilt – unter anderem wegen Diebstahl.
Die mutmaßliche Neonazi-Gruppe aus Kankaanpää beschäftigt inzwischen nicht nur die örtlichen Behörden: Die Polizei in Südwestfinnland hat bei den Ermittlungen eng mit der Sicherheitspolizei des Landes sowie Europol zusammengearbeitet, heißt es. Am vergangenen Dienstag kam es zu einer Hausdurchsuchung und anschließend Festnahmen bei den Tatverdächtigen. Kriminalkommissar Toni Sjöblom sagte in der Pressemitteilung der Polizei: „Es gibt unter uns Menschen, die mit ihrem ideologischen Denken das Leben und die Gesundheit anderer Menschen gefährden können“. Sjöblom appellierte an die finnische Bevölkerung, Anzeichen von Radikalisierung bei Angehörigen bei den Behörden zu melden.
In der Zwischenzeit laufen die Ermittlungen weiter: Frist für die Anklageerhebung ist erst am 31. März 2022. „Nach aktuellen Schätzungen wird es Monate dauern, bis die Vorermittlungen abgeschlossen sind“, heißt es von der Polizei.