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Franco A. Mit einem mutmaßlichen Rechtsterroristen an der Uni Frankfurt

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Universität Frankfurt am Main (Quelle: Wikimedia Commons)

Franco A. scheint ein sehr gelassener, zukunftssicherer Mann zu sein. Denn obwohl er gerade vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main steht und ihm die „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat im Sinne von § 89a StGB, Verstöße gegen das Waffengesetz, das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Sprengstoffgesetz sowie Diebstahl und Betrug“ vorgeworfen werden, hat er sich an der Goethe-Universität Frankfurt am Main für ein Jura-Studium immatrikulieren lassen.

Um das Gedächtnis der Leser:innen in Bezug auf Franco A. etwas aufzufrischen: es handelt sich um jenen Mann, der sich als syrischer Geflüchteter ausgegeben hatte, um einen Terroranschlag zu verüben und in Folge dessen das rassistische Ressentiment der Gesellschaft anzufachen. Franco A. vertritt seit Jahren eine gefestigte rechtsextreme Weltanschauung. Bereits bei seinem Studium an der französischen Militärschule Saint-Cyr hatte er eine Abschlussarbeit eingereicht, die von einem rassistisch-völkischen Hasspamphlet nur durch das Deckblatt zu unterscheiden war. Der ehemalige Soldat hatte Waffen, Sprengstoff und Munition gehortet und war Teil eines rechtsextremen Netzwerks aus Soldat:innen und Polizist:innen, die sich auf den „Tag X“ vorbereitet hatten: den gewaltsamen Umsturz der bürgerlichen Zivilgesellschaft hin zum faschistischen Ethnostaat – Stichwort „Hannibals Schattenarmee“. Trotz der vehementen Beteuerungen seines Anwalts, bei A. würde es sich um einen „friedliebenden Patrioten“ handeln, sprechen Ideologie und Pläne des Mannes eine andere Sprache: bereits als junger Mann fantasierte er davon, einen Putsch zu initiieren, er verehrt Hitler, hängt dem rassistischen und antisemitischen Verschwörungsnarrativ des „großen Austausch“ an, ist in rechtsextremen Gruppen involviert. Der mutmaßliche Rechtsterrorist hatte eine „Todesliste“ angelegt, auf der unter anderem der deutsche Außenminister Heiko Maas, die Grünen-Politikerin Claudia Roth, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow, die Abgeordnete der Linkspartei Anne Helm, als auch Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung zu finden sind. Er hatte sich sogar Baupläne des Stiftungsgebäudes organisiert und in der Tiefgarage auf Kahane gewartet.

Der Angeklagte Franco A. (M) sitzt am dritten Prozesstag im Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt zwischen seinen Anwälten Johannes Hock (l) und Moritz Schmitt-Fricke (M). Der Angeklagte soll aus mutmaßlich rechtsextremistischer Motivation Waffen beschafft haben, um Anschläge zu verüben. Dazu gab er sich laut Anklage als Syrer aus, um den Verdacht auf Geflüchtete zu lenken. (picture alliance/dpa/Getty Images Europe/Pool | Thomas Lohnes)

Das Wissen über die Immatrikulation des momentan in Offenbach lebenden Ex-Soldaten ist, wie so vieles, antifaschistischen Aktivist*innen zu verdanken, durch deren Veröffentlichung auch der AStA der Universität Frankfurt auf die enge Verbindung von Franco A. zur Goethe-Universität aufmerksam geworden ist.

„Es ist ein Unding, dass die Unileitung von Studierenden, als auch dem Lehrpersonal der Rechtswissenschaften zumutet, potentiell einen Rechtsterroristen in ihrer nächsten Veranstaltung sitzen zu haben“, meint Paul Schmidt. Er studiert Jura an der Uni Frankfurt und ist Mitglied des „Arbeitskreis kritische Jurist:innen“. Gerade angesichts der Tatsache, dass die Universität wieder auf Präsenzlehre umsteigen möchte, zeigt er sich besorgt, da die Anwesenheit eines Rechtsextremisten eine direkte Gefahr für jüdische, migrantische, queere oder linkspolitische Studierende darstellt. Zudem gäbe es am Hochschulgebäude für Rechtswissenschaften auch keinen selbstverwalteten Rückzugsraum für diese Gruppen, kritisiert Schmidt. Er befürchtet zudem, dass bei einem strukturell konservativ eingestellten Studiengang wie Jura kein Grundwissen bezüglich der rechtsextremen Positionen von Franco A. existiert, und Studierende oder auch Lehrpersonen den mutmaßlichen Rechtsterroristen und seine Hetze nicht direkt als solche erkennen. Es ist davon auszugehen, dass der Rechtsextremist versuchen wird, andere von seinem Weltbild zu überzeugen und gezielte Radikalisierung zu betreiben.

Im Zuge des Outings von Franco A. im Juli 2021 hatte der Allgemeine Studierendenausschuss der Universität die Forderung an die Unileitung gestellt, Maßnahmen gegen Rechtsextremist:innen im Hochschulkontext zu ergreifen.

Auch das Lehrpersonal hatte sich mit der Unterstützung von Personalrat und Gewerkschaften an die Hochschulleitung gewandt und um Hilfestellung gebeten. Doch das Uni-Präsidium hat bisher weder auf die Forderungen des AStA, noch auf die Anfragen von Gewerkschaft und Personalrat reagiert. „Wir fordern die Unileitung dazu auf, ein Schutzkonzept zu entwickeln, wie mit Rechtsextremisten im Hochschulkonzept umzugehen ist, da dies eine konkrete Bedrohungssituation darstellt“, sagt die AStA-Vorsitzende Kyra Beninga gegenüber Belltower.News. „Das ignorante Schweigen ist gänzlich unangemessen.“ Erschwerend kommt hinzu, dass die berechtigte Sorge der Studierendenvertretung, Opfer eines militanten und bestens organisierten Neonazis zu werden, in einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung  geradezu als Panikmache dargestellt worden ist. „Der Artikel spielt das Gefahrenpotential von Rechtsterrorismus herunter“, kritisiert Beninga.

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass die Uni Frankfurt mit organisiertem Rechtsextremismus auf dem Campus konfrontiert worden ist: vor zwei Jahren outeten antifaschistische Aktivist*innen ein Mitglied der sogenannten „Identitären Bewegung“. Die Aktivistin war ideologisch gefestigt und europaweit vernetzt, unter anderem mit den Neofaschist:innen der italienischen Casa Pound. „Die Leitung hatte also genug Zeit, um sich etwas zu überlegen, aber es gibt immer noch kein umfassendes Konzept“, meint die AStA-Vorsitzende. Eine einberufene „AG Menschenfeindlichkeit“ wurde erst auf Druck von Studierenden gebildet.

Sowohl Schmidt als auch Beninga fordern von dem Präsidium ein umfassendes Konzept zum Umgang mit Rechtsextremismus, als auch, dass die Bedrohung durch Rechtsterrorismus endlich ernst genommen und in der Lehre thematisiert wird. „Ich wünsche mir, dass Franco A. exmatrikuliert wird, aber das ist leider rechtlich nicht möglich“, so Schmidt. „Aber ich will, dass ein Diskurs an der Uni darüber geführt wird.“ Das beharrliche Schweigen über die Präsenz von Rechtsextremisten führe nämlich letztendlich dazu, dass diese ihre menschenfeindliche Ideologie in Seminaren oder Vorlesungen verbreiten könnten, diese dort als legitime Position diskutiert und somit normalisiert wird. Dem entgegenzutreten, darf nicht nur den Studierenden überlassen werden.

Angesichts der Geschichte der Frankfurter Universität ist es besonders unverständlich, wieso seitens des Präsidiums oder des Rechtswissenschaften-Dekanats noch keine Maßnahmen gegen Franco A. ergriffen worden sind. Auf dem Campusgelände der Universität forschte während des Nationalsozialismus die IG Farben an der möglichst effektiven Vernichtung von Jüdinnen und Juden, was auch primär von Studierenden thematisiert worden ist. Zwischen Hochschule, IG Farben und der NSDAP bestand eine enge Zusammenarbeit, Josef Mengele hatte auch eine Ehrendoktorwürde inne. Nach dem Krieg setzten sich Student:innen radikal für eine Aufarbeitung der Hochschulgeschichte ein; und in den Sechzigern und Siebzigern erblühte Frankfurt mit dem Institut für Sozialforschung zu einem wichtigen Zentrum für eine sozialpsychologische und -philosophische Analyse des Nationalsozialismus. Dass sich eine Universität, die Plätze nach Max Horkheimer benennt und den Schreibtisch Theodor W. Adornos auf dem Campusgelände ausgestellt hat, sich nicht dazu bemüßigt fühlt, sich zur Immatrikulation eines Neonazis zu äußern zeigt, dass der Bezug auf die Frankfurter Schule ihr nicht mehr zu sein scheint als ein Prestigeobjekt.

Auch auf die Anfrage von Belltower.News hat die Hochschulleitung bisher nicht reagiert.

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