Seit kurzer Zeit tourt die „Frauen Bustour“ durch Deutschland und versucht Menschen zum Widerstand gegen die Pandemie-Maßnahmen der Bundesregierung zu mobilisieren. Dabei lassen sie sich nichts Neues einfallen, sondern bedienen sich an den klassischen Verschwörungserzählungen über Covid-19, picken sich gut klingende Aussagen heraus und bilden so ihr Widerstands-Konzept gegen die „Marionetten der Politik“.
Mehrere Wochen reisen sie gemeinsam durch Deutschland und halten in den Städten Kundgebungen ab. Zum Kern der „Frauen Bustour“ gehören Eva Rosen (Vorsitzende des Vereins „WIR2020“ – unterstützt von Sucharit Bhakdi), Alexandra Motschmann (Aktivistin), Wiebke Matern (Sängerin), die rechtsalternativen Youtuber Elijah Tee und Erkan, sowie Sandra Wesolek (Aktivistin) und Janko Williams (Anwalt von „Anwälte für Aufklärung“). Unterstützt von „Honk for Hope“ sind sie für „Wahrheit, Liebe, Freiheit und Gerechtigkeit“ unterwegs und versuchen mit ihrer „weiblichen Energie die Menschen zusammenzuführen“. Auf ihrer Webseite findet man Verlinkungen zu „Querdenken 711“, „Lehrer für Aufklärung“, „Anwälte für Aufklärung“ und „Eltern stehen auf“.
Um zumindest mit etwas Prominenz glänzen zu können, war Miriam Hope eine Zeit lang mit auf Tour – als Mitglied des „Neuen Schmalkaldischen Bundes“ taucht sie immer in Verbindung mit Verschwörungserzähler*innen auf und verbreitet selbst Desinformation wie zum Beispiel, dass man nur noch mit Impfung Lebensmittel einkaufen könne und Familien zur Zwangsimpfung aus den Wohnungen geholt werden würden (vgl. Correctiv).
Ihre Forderungen sind wenig einfallsreich. So viel wird bei einem Besuch des letzten Halts der Bustour am Dienstag, den 15. Dezember 2020, in Nürnberg klar. Dort hörte man, dass sie gegen die derzeitige Regierung und ihre Maßnahmen sind, gegen die „Diktatur“ eben. Sie sind auch gegen alle Menschen, die Masken tragen und vor allem gegen die Polizei, die die Maskenpflicht kontrolliert, denn sie „arbeitet für die faschistische Regierung“ und man lasse sich diese „Schikanerie“ nicht gefallen, schließlich sei man nicht ihr „Befehlsempfänger“. Ihre Forderungen sind wirr und nicht zusammenhängend, und werden weder belegt noch ausgeführt. Sie springen auf den „Querdenken“-Zug auf und versuchen ihn durch „Weiblichkeit“ und Feminismus einen neuen Anstrich zu geben, auch wenn diese feministischen Ansätze in den Reden schlichtweg nicht thematisiert werden. Stattdessen wünschen sie sich Unterstützung von Donald Trump, der wohl versprochen haben soll, in seiner zweiten Amtszeit „ein Auge auf das deutsche Volk“ zu haben:
„Scheißt einfach drauf, macht was euer Herz euch sagt“
Eva Rosen, das bekannteste Gesicht der „Frauen Bustour“, beginnt ihre Reden gerne mit Zitaten von griechischen Philosophen und stellt zu Beginn klar: „Wir sind keine Corona-Leugner, wir sind Pazifisten“. Ihren Pazifismus begründet sie mit „unseren Großeltern, die für Freiheit gekämpft haben“ und fragt: „Wo ist unser Kampfgeist geblieben?“. Das Klatschen der Zuschauer*innen gilt als Zustimmung und es kann weitergesponnen werden. Der „Frauen Bustour“ ginge es vor allem um Menschen, die sich nicht wehren können: um kranke, arme und behinderte Menschen. Sie dürfen nicht isoliert werden, wie es gerade passiert und für sie müsse man kämpfen. Dass das allerdings der Definition von „Pazifismus“ widerspricht, ist dann schon längst vergessen. Sandra Wesolek betont in ihren Reden, wie sich die Angst vor einem Krieg in die Angst voreinander gewandelt hat und relativiert alle Vorsichtsmaßnahmen mit: „Scheißt einfach drauf, macht was euer Herz euch sagt“. Sie tun das nämlich auch:
Man kennt es: Einige wenige versammeln sich und tun so, als wären sie die Mehrheit und tun alles dafür die „DDR 2.0“ zu bekämpfen – wie es Karl Hilz von „Polizisten für Aufklärung“ in hetzerischer Manier von sich gibt. Sie sind die Guten und müssen sich für den Tag, an dem alles einstürzt, vorbereiten. Die Redner*innen nehmen zudem immer wieder Bezug auf die Verschwörungserzählungen „NWO” („New World Order”) und „The Great Reset” und den von Rechtsextremen oft thematisierten „Tag X” bzw. „D-Day”. Wesolek sagte dazu: „Wir bilden eine neue Gesellschaft und wenn alles zusammenbricht, haben wir noch uns“. Alle, die sich ihnen in den Weg stellen sind „noch nicht aufgewacht“, sind „die Antifa“ oder wollen die Bewegung gezielt sabotieren. Denn Sabotage ist offenbar überall. Auch an diesem Dienstag in Nürnberg: Auf der Bühne gibt es technischen Schwierigkeiten mit einem Mikrofon. Janko Williams von „Anwälte für Aufklärung“ ist sich sicher, es wurde von einem „Störer zerstört“.
Karl Hilz und der mitreisende Weihnachtsmann rufen dazu auf, keine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, denn für sie seien Menschen mit Maske gefährlich. Masken würden zudem die Gesundheit gefährden und führten nur dazu, die Menschen zu spalten: „Man kennt es, es gibt immer Tyrannen“. Der Weihnachtsmann lässt es sich nicht nehmen, auch seine Meinung und die Einschätzung der Lage bei der Tour kundzutun. Für ihn sind Menschen, die eine Maske tragen, krank: sie hätten Mysophobie – die Angst vor Viren – und das sei genauso schlimm wie Xenophobie.
Schwimmen im „Querdenken“-Fahrwasser
Ein bisschen hat man das Gefühl, die „Frauen Bustour“ weiß selbst nicht so recht, wie sie sich positionieren wollen und an was genau sie jetzt eigentlich Kritik üben wollen. Eins steht fest: Sie sind gegen vieles. Ein bisschen deutsche Finanzkritik hier: „Nur weil der Staat Steuern einziehen will, kann es nicht sein, dass beide Elternteile arbeiten müssen“, ein bisschen Globalisierungs- und Ausbeutungskritik da: „Kauft nicht bei Nestlé und Amazon“. Dass der regionale Mittelstand unterstützt werden müsse, steht auch auf der Agenda. Und auf keinen Fall dürfe man Fernsehen, denn das „bringt den geistlichen Tod nach Hause“. Abgerundet wird die Kundgebung in Nürnberg mit den Rufen „Söder/Merkel muss weg“ und „Wir sind das Volk“, auf anderen Terminen singt Eva Rosen z.B. etwas vor. Auch wenn die Redner*innen sich zum Teil von einer Leugnung von Covid-19 distanzieren wollen, so widerlegen sie und ihre Anhänger*innenschaft dies mit ihren Aussagen – z.B. in ihrem Telegram-Kanal.
Die Frauen der Bustour behaupten, es ginge ihnen um Liebe, Freiheit und Menschheit. Vielmehr sind sie aber eine neue Plattform für Menschen, die konspirative Erzählungen verbreiten und den Virus leugnen oder den möglichen gefährlichen Krankheitsverlauf verharmlosen. Sie treten jeden Tag diejenigen mit Füßen, die geliebte Menschen an den Virus verloren haben, mit diesem selbst zu kämpfen haben oder sich aus Solidarität und Schutz anderer Menschen an die Hygienemaßnahmen und Einschränkungen halten und tragen zur Hetze gegen die Demokratie bei, die ihnen ermöglicht, diese Bustour durchzuführen.
Ihre nächste „große“ Aktion soll am 24. Dezember stattfinden: Menschen sollen auf die Straße gehen, aber nicht gemeinsam, sondern alle einzeln. Denn nur so schafft man es, dass die Polizei mit der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nicht nachkommt und „das System kollabiert“. Doch ihr Versuch, einen Widerstand gegen die „Diktatur“ zu mobilisieren, findet wenig Anklang und ist tatsächlich eher langweilig und schon gar nicht innovativ. Spenden sammeln sie in einer Box vor ihrem Bus, denn irgendwie müssen sie sich ihre Ordnungswidrigkeiten ja auch leisten können.
Statt „die Mehrheit“ zu vertreten, die diese „faschistische Regierung“ nicht mehr akzeptieren, sagt die geringe Zahl der Teilnehmenden auf ihrer Tour viel mehr über die Bedeutung ihrer Bustour aus: Meist kommen nur wenige Menschen zu ihren Kundgebungen oder sie werden von einer Gegendemonstrationen empfangen.
Gähnende Leere in Trier:
Und in Würzburg: