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„Germany First“ Die gefährliche Rolle des Migrationsdiskurses im Erfolg der AfD

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Beim Parteitag der AfD im Juni 2024 in Essen ist der Slogan präsent: "Deutschland zuerst" (Quelle: picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt)

Die Anfang September vorgestellte Studie des rheingold Instituts „Wie wir wirklich leben“ offenbart, dass die AfD nicht nur von ökonomisch Benachteiligten gewählt wird, sondern von Menschen aus allen sozialen Schichten – vom Arbeiter bis zur Akademikerin. Im Zentrum stehe nicht die reale wirtschaftliche Not, sondern die Angst vor sozialem Abstieg und ein unreflektiertes Anspruchsdenken – im Sinne von Germany First – heißt es in der Studie. Abstiegsängste dominierten besonders in Ostdeutschland, wie die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen gezeigt haben. Doch ein besonders problematischer Aspekt dieser Ängste sei die zunehmende Instrumentalisierung von Migration als Sündenbock.

Migration als Hauptschuldiger: Der verzerrte Diskurs

Die Studie zeigt klar auf, dass viele Bürger*innen ihre ökonomischen Sorgen auf das Thema Migration projizieren. Migrant*innen werden als Konkurrenz um knappe Ressourcen wie Arbeitsplätze, Wohnraum oder Sozialleistungen wahrgenommen, obwohl dies oft faktisch unbegründet sei. Doch diese Wahrnehmung werde von der AfD gezielt verstärkt und genutzt, um ihre „rechtspopulistischen Positionen“ zu untermauern. Das führe zu einer simplifizierten und gefährlichen Narrativ, beschreiben die Studien-Autor*innen: Die Probleme des Landes könnten durch die Begrenzung oder Abschaffung der Zuwanderung gelöst werden.

Dieser Fokus auf Migration als Ursache für soziale und ökonomische Probleme blende die tiefer liegenden, strukturellen Ursachen der Unsicherheiten aus. Statt Lösungen für tatsächliche Herausforderungen wie soziale Ungleichheit oder den Mangel an bezahlbarem Wohnraum zu suchen, werde Migration als vermeintlich leichtes Ziel gewählt.

Studienvorstellung und Diskussion mit (v.l.n.r.) Valentine Baumert (Government Affairs, Philip Morris) , Lars Castellucci (SPD, MdB & Vorsitzender des Ausschusses für Inneres und Heimat), Anna-Mira Brandau (Verfassungsblog), Torsten Albig (Philip Morris)

Die Verantwortung der etablierten Parteien

Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, warnt zur Studienvorstellung in Belrin eindringlich vor der problematischen Rolle, die demokratische Parteien auch jetzt vor der Brandenburger Landtagswahl in diesem Diskurs spielen: „Viele Parteien übernehmen aus Angst vor Wählerverlusten den Migrationsdiskurs der Rechtsextremen, anstatt klar Position zu beziehen. Das öffnet der AfD weiter die Tür und legitimiert rassistische Narrative.“ Reinfrank betont, dass die demokratischen Parteien klare Kante gegen Rassismus und Rechtsextreme zeigen müssen, anstatt in einen gefährlichen Wettstreit um die härteste Migrationspolitik zu treten.

Was wirklich getan werden muss

Wenn der Aufstieg der AfD gestoppt werden soll, müssen Politik und Zivilgesellschaft aktiv werden. Das bedeutet, den Migrationsdiskurs zu entkräften, der von der AfD geschickt genutzt wird, um Ängste zu schüren. Stattdessen brauche es eine offene und differenzierte Debatte über die tatsächlichen Herausforderungen, vor denen das Land stehe – insbesondere über soziale Gerechtigkeit und gerechte Verteilung von Ressourcen. Nur wenn die Politik den Menschen das Gefühl zurückgäbe, wieder Kontrolle über ihr Leben zu haben, und dabei zugleich klar gegen rassistische Sündenbockpolitik vorgehe, kann der Erfolg „rechtspopulistischer Parteien“ – so die Studie – eingedämmt werden.


Die „Wie wir wirklich leben“-Studie des rheingold Instituts im Auftrag von Philip Morris liefert Erkenntnisse darüber, wie politische Einstellungen in Deutschland entstehen und wie populistische Parteien ihre Erfolge feiern. Detaillierte Informationen finden sich unter: www.wiewirwirklichleben.de

 

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