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GMF aktuell April 2015 Rassismus und Feindlichkeit gegen Flüchtlinge

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Foto von der Antifa-Demonstration in Tröglitz am 01.05.2015 (Quelle: flickr / Creative Commons / Caruso Pinguin)

In Tröglitz (Sachsen-Anhalt) wurde im März 2015 der Ortsvorsteher bedroht, weil er sich für eine Willkommenskultur für Flüchtlinge einsetzte – im April 2015 kam dann die angekündigte Gewalt: Ein Haus, in dem Flüchtlinge zukünftig untergebracht werden sollten, wird angezündet – wobei in Kauf genommen wird, dass die beiden aktuellen Bewohner_innen Schaden nehmen. In der Folge ziehen viele Reporter_innen nach Sachsen-Anhalt und betrachten den ländlichen Rassismus ohne Migrant_innen-Kontakt von Nahem. Unter anderem sagt der in Gestalt einer Frau auf dem Supermarktparkplatz: „Deutsche erfrieren und die Ausländer kriegen die schönen Wohnungen.“ Reporter: „Wie viele sind denn hier erfroren?“ Frau: „Hier nicht, in Gesamtdeutschland!“ Reporter: „Also, Obdachlose in Tröglitz unterbringen wäre okay?“ Frau: „Klar, das sind Deutsche. Also, das sagen die sich dann. Nicht ich.“ und so weiter (vgl. BILD-Video).

Passt auch: Der Leiter des Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt spekuliert, es seien ja vielleicht keine rechten Täter, sondern linke, die es rechten Tätern in die Schuhe schieben wollten. Eine glasklare rechtspopulistische Argumentation, die hier nicht nur in der Mitte der Gesellschaft, sondern sogar in der Polizei verfängt (vgl. Tagesspiegel). Nicht gerade mit demokratischem Ruhm bekleckert sich die AfD, die argumentiert, durch die „Nichteinhaltung des bestehenden Asylgesetzes“ und „unterlassene Abschiebungen“ sowie durch die „fortlaufende Missachtung des Willens eines Großteils der Bevölkerung, gerade in solch brisantem Bereich wie der Massenzuwanderung“, komme es zu „lokal unerträglichen Zustände“, die eben „in unerträglichen Gegenreaktionen“ mündeten. Ab gesehen davon, dass die Argumentation „Die Leute sind überfordert, da müssen sie halt was anzünden“ keine demokratische Problemlösung ist, trifft sie auf Tröglitz nicht einmal mit gutem Willen zu, denn in Tröglitz wohnt zum Zeitpunkt des Anschlages noch kein einziger Asylbewerber (taz).

Die folgenden Diskussionen laufen die erste April-Hälfte über, versanden dann:

Ist Tröglitz überall in Deutschland? Antwort: Noch nicht, aber zumindest überall möglich.„Darf man Flüchtlinge überhaupt in solche Dörfer schicken, wo sie der Feindlichkeit der Anwohner_innen ausgesetzt sind?“ Einerseits ja – kein Einknicken vor rassistischer Gewalt, Kontakt ist das beste Mittel gegen Rassismus. Andererseits nein – Isolation ist schwierig, das Abgeschnittensein von mehrsprachigen Hilfsangeboten, die es meist in Städten gibt;  und die Residenzpflicht an sich eh kritikwürdig. Kompliziert also.vgl. tazSüddeutsche Zeitung

Ende April hat Tröglitz einen neuen Ortsvorsteher, noch keine Spur von den Täter_innen und auch noch keine Flüchtlinge.

Übergriffe gegen Flüchtlinge und Flüchtlingsheim gehen derweil ungebremst weiter. Die genauen Vorfälle hier:Flüchtlinge-Chronik

Die Volksstimme interviewt Politikpsychologen Thomas Klische. Interessante Frage: „Warum funktioniert das Zusammenleben mit Flüchtlingen und Asylbewerbern an manchen Orten fast geräuschlos und an anderen nicht?“ Interssante Antwort: „Konflikte sind die Ausnahme. Es ist ein wenig Zufall, wo Rechtsextreme sitzen und Angst und Wut anheizen. Aber wo wenig Menschen leben und wo die Gesellschaft schon zerfällt, hat Rechtsextremismus mehr Freiraum. Anderswo greift die Zivilgesellschaft ein – Kirchen, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen, Verbände, Handwerkskammern, Freiwillige mit Weitblick und Menschlichkeit.“

Rassismus

Eine interessante Auswertung ihrer Studie „Die stabilisierte Mitte. Rechtsextreme Einstellung in Deutschland 2014“ veröffentlichen die Forscher Oliver Decker, Johannes Kiess, Elmar Brähler der Universität Leipzig. Zusammengefasst stellen sie fest:

Jeder 5. Deutsche ist „ausländerfeindlich“ (ergo: rassistisch)13,6 % sind chauvinistisch eingestellt5 % sind antisemitisch eingestellt5,6 % der Deutschen haben ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild (2002 noch 9,7 %) (dazu gehören: Befürwortung einer Diktatur, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus, Verharmlosung des Nationalsozialismus, Chauvinismus)Bildung immer noch wichtigster Schutz vor rechtsextremer Einstellung – je höher der formale Bildungsabschluss, desto weniger GMF (z.B. Rassismus: 6,8 % mit Abitur sind rassistisch, aber 20,8 % ohne Abitur)Rechtsextrem Eingestellte finden sich unter den Wählern aller Parteien, stärkste Anziehungskraft für Menschen mit rassistischen, antisemitischen oder chauvinistischen Einstellungen hat aber die AfDWeiterhin deutliche Ost-West-Differenzen: Im Osten mehr Chauvinismus und Ausländerfeindlichkeit.Wo wenig Kontakt zu Menschen mit Migrationshintergrund besteht, ist der Rassismus größer.Der Antisemitismus erreicht in Ostdeutschland nach jahrelangem Anstieg der Zustimmung fast wieder das niedrige Ausgangsniveau von 2002. Aber auch in Westdeutschland finden antisemitische Aussagen die niedrigste Akzeptanz seit Beginn der Messung.Bei jungen Erwachsenen und bei Männern finden rechtsextreme Aussagen höhere Resonanz.Die EU wird von 60 % der Deutschen auch 2014 immer noch skeptisch betrachtet.Überraschend hohe Abwertung von Asylsuchenden, Sinti und Roma und Muslimen: 84,7% der Befragten in den neuen und 73,5% der Befragten in den alten Bundesländern lehnen die Forderung ab, der Staat solle großzügig bei der Prüfung von Asylanträgen vorgehen. 50 % der Befragten meinen, die Asylsuchenden würden nicht „wirklich“ verfolgt. Besonders Islamfeindlichkeit und Antiziganismus steigen.Statistikmaterial zur Studie

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