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Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit Rassismus

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Frau U. erhält eine Benachrichtigung, dass ihr Sohn in Zukunft viermal in der Woche verpflichtet ist, am DAZ-Unterricht (Deutsch als Zweitsprache)teilzunehmen. Da Deutsch die Umgangssprache ihrer Familie ist und auch ihr Sohn ein gutes Deutsch spricht, nimmt die Mutter telefonisch mit der neuen Klassenlehrerin ihres Sohnes Kontakt auf. Sie möchte, dass der Irrtum geklärt wird, ihr Sohn nicht am DAZ-Unterricht teilnehmen muss und es interessiert sie, nach welchen Kriterien die Kinder für den DAZ-Unterricht ausgewählt werden.

Die Lehrerin erklärt, dass es sich um Unterricht handele, der Kinder ausländischer Herkunft fördern solle. Frau U. sagt daraufhin der Lehrerin, dass ihr Sohn der deutschen Sprache ebenso mächtig ist wie herkunftsdeutsche Kinder und sie deshalb nicht möchte,dass er am DAZ-Unterricht teilnehmen muss. Sie weist darauf hin, dass Aussehen, Herkunft und Name eines Kindes nicht das Kriterium für eine Teilnahme am DAZ-Unterricht sein dürfe. Die Lehrerin entschuldigt sich und gibt zu, dass die Entscheidung wohl auch auf diese Art und Weise getroffen wurde. Ihr seien aber die Hände gebunden, der Sohn solle zunächst einmal bis zu den Herbstferien am DAZ-Unterricht teilnehmen, dann werde die zuständige DAZ-Lehrerin den Fehler schon feststellen.

Dies möchte die Mutter jedoch nicht abwarten und wendet sich daher an die zuständige DAZ-Lehrerin. Diese erklärt reserviert, die Teilnahme am Kurs sei nicht verhandelbar.Wenn sie nicht einverstanden sei, müsse die Mutter ihr Anliegen der Schulleitung vortragen. Als die Mutter dies tut, erlebt sie ein überraschendes Gespräch. Die Schulleiterin erläutert Frau U. als erstes, ihr Sohn sei ihr bereits als »unzuverlässig« aufgefallen. Als die Mutter nachfragt, was die Schulleiterin damit meine und was das mit ihrem Anliegen zu tun habe, antwortet die Schulleiterin, die Mutter solle besser selbst am DAZ-Unterricht teilnehmen, da sie es nötig habe.

Frau U. ist empört und weist die Schulleiterin darauf hin, dass ihr Verhalten diskriminierend ist. Diese entgegnet mit erhobener Stimme, dass sie niemanden diskriminierend behandle und dass die Mutter wiederholen solle, dass sie eine Rassistin sei. Jegliche Erklärungsversuche der Mutter, dass in der Familie ein sehr gutes Deutsch gepflegt werde, was sich auch an den guten Noten ihrer Tochter auf dem Gymnasium zeige, blockt die Schulleiterin ab und macht deutlich, dass sie Frau U. nicht glaubt.

Als Frau U. noch einmal nach den Kriterien für die Teilnahme am DAZ-Kurs fragt, erklärt die Schulleiterin, Grundlage der Entscheidung sei die Sprache, die im Elternhaus gesprochen werde. Der
Sohn sei »bestimmt« gefragt worden und habe »Türkisch« geantwortet. Als die Mutter insistiert,dass bei ihnen zu Hause Deutsch gesprochen werde und auch ihr Sohn sicher nichts
anderes angegeben hätte, wird sie vor die Tür gesetzt. Sie könne ihr Anliegen ja schriftlich einreichen.

Die Mutter ist bestürzt über die Vorfälle an der Schule ihres Sohnes und über das diskriminierende Verhalten von Seiten der Schulleiterin. Sie fühlt sich durch den Vorfall in ihrer Würde herabgesetzt und tief verletzt. Sie kann nicht nachvollziehen, dass ihre (Sprach-) Herkunft herangezogen wird, um ein sachliches Problem zu erörtern und dass Schülerinnen und Schüler nicht-deutscher Herkunft unangesehen ihrer Kompetenzen in den DAZ-Unterricht verwiesen werden.

Der Autor Florencio Cicote ist Mitarbeiter
des Antidiskriminierungsnetzwerks Berlin
(ADNB)
. Das Antidiskriminierungsnetzwerk
Berlin ist ein Projekt unter der Trägerschaft des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg (TBB). Ziele und Aufgaben des ADNB sind die Förderung
von Gleichbehandlung, die Sensibilisierung der
Öffentlichkeit und die Beratung der von Diskriminierung Betroffenen und deren Unterstützung.

Mehr dazu im Internet:
| www.adnb.de

Dieser Text ist ein Auszug aus der Broschüre „Reflektieren. Erkennnen. Verändern. Was tun gegen Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit?“ der Amadeu Antonio Stiftung. Die Broschüre kann hier heruntergeladen werden.

Mehr zur Arbeit gegen Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit:

| www.amadeu-antonio-stiftung.de/die-stiftung-aktiv/gegen-gmf/

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Eine Familiengeschichte über Fremdheit

Kürzlich saß ich mich mit meinem alten Freund „Linguist“ von der HipHop-Crew „Advanced Chemistry“ in einem Café in Addis Abeba. Wir sprachen über dies und das und natürlich auch über Deutschland. „Alleine mit (unserem Song) ‚Fremd im eigenen Land‘ haben wir Deutschland schon damals, 1992, soviel gegeben. Aber Deutschland gibt Dir nichts zurück“. Ein Kommentar von Philippa Ebéné

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Monatsüberblick Antisemitismus – Dezember 2017

+++ Antisemitismus bei Demo in Berlin +++ Mann wird vor seinem israelischen Restaurant antisemitisch beschimpft +++ Chanukka-Leuchter in Heilbronn zerstört +++ Farbanschlag auf Synagoge in Bremerhaven +++ Farbanschlag auf Synagoge in Bremerhaven +++

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