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„Höchststrafe für die CDU-Versager“

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Dresden – Olaf Rose ist bislang nicht dadurch aufgefallen, dass er sich besonders um die Kommunalpolitik in der Sächsischen Schweiz gesorgt hätte. Der Historiker kümmert sich weniger um Schulen oder das Abwasser in der Region, sondern reist mit Vorträgen zu geschichtsrevisionistischen Themen durch die Lande. In Südostsachsen hat Rose, der als Mitarbeiter in der sächsischen NPD-Landtagsfraktion beschäftigt ist, angeblich noch nicht einmal seinen Hauptwohnsitz: Gemeldet ist er in Bochum. Und trotzdem wünschten gestern 7,8 Prozent der Wähler in der Sächsischen Schweiz, dass Rose Landrat wird. Er erreichte damit das höchste Ergebnis für die NPD bei den sächsischen Landratswahlen ? und ließ in seiner Region die Bewerber von SPD und FDP hinter sich.

Unbekannt und erfolgreich

Die Zustimmung für Rose zeigt beispielhaft, wie fest die NPD in einigen Landstrichen Sachsens Fuß gefasst hat: Ihre Kandidaten, und seien sie noch so unbekannt, erhielten auch bei der Personenwahl nennenswerten Zuspruch. Bei den Kommunalwahlen hatte sich die rechtsextreme Partei in sieben Kreisen auch um das Amt des Landrats beworben. Dabei erhielt die Landtagsabgeordnete Gitta Schüßler, Mitbegründerin des Nationalen Frauenrings, mit glatten fünf Prozent noch das niedrigste Ergebnis; Bewerber wie ihr Landtagskollege Jürgen Gansel, der in Meißen angetreten war, oder Hartmut Krien, der in Dresden für das Nationale Bündnis im Stadtrat sitzt, nun aber auch Landrat in Mittelsachsen werden wollte, kamen auf 7,0 und 5,8 Prozent, und selbst ein bislang weitgehend unbekannter Bewerber wie der Handwerksmeister Mario Ertel kam im Landkreis Bautzen auf 5,5 Prozent. Ein noch höheres Ergebnis verhinderte hier womöglich nur die Kandidatur des für seine rechtspopulistischen Ausfälle bekannten Ex-CDU-Bundestagsabgeordneten Henry Nietzsche, der sich als Kandidat des Bündnisses „Arbeit, Familie, Vaterland“ für den Landratsposten bewarb und bemerkenswerte 13,2 Prozent erzielte.

Niedrige Wahlbeteiligung

Bei der Wahl der Kreistage hat die NPD 160 000 Stimmen bekommen, was einem landesweiten Stimmenanteil von 5,1 Prozent entspricht. Profitiert haben dürfte sie dabei von der niedrigen Wahlbeteiligung: Landesweit gingen weniger als 46 Prozent der Wahlberechtigten zur Abstimmung, was einem neuen Tiefstand im Freistaat entspricht. Die NPD wird das nicht ärgern: Gelänge es der Partei, das Ergebnis im September 2009 zu wiederholen, säße sie erneut im Landtag.

„Heimatpartei“ und „Bürgerwut“

Zwar liegt das jetzige Ergebnis deutlich unter den fulminanten 9,2 Prozent vom September 2004, als die NPD auf der Welle der Hartz-IV-Proteste erstmals in Ostdeutschland in ein Landesparlament getragen wurde. Zugleich belegen die Zahlen vom Sonntag aber, dass die in Umfragen zuletzt regelmäßig unter der 5-Prozent-Hürde gesehene Partei auch ohne zentrales Protestthema in Parlamente einziehen kann. Profitiert haben dürfte sie vom Unmut über die Kreisreform, die in der Wahrnehmung vieler Wähler mit einem Verlust an Bürgernähe einhergeht, und der monatelangen Krise der Regierungspartei CDU, die durch die Affären um Sachsen-Sumpf und den Notverkauf der Landesbank gebeutelt ist und erst kurz vor der Kommunalwahl mit der Kür des neuen Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich den Befreiungsschlag versuchte.

Zugelegt hat die NPD, die sich folgerichtig als „Heimatpartei“ präsentierte und populistische Slogans wie „Bürgerwut in die Kreistage“ oder „Höchststrafe für die CDU-Versager“ plakatierte, nicht nur gegenüber der vor vier Jahren durchgeführten letzten Kommunalwahl, als sie 1,4 Prozent der Stimmen erhielt, sondern auch gegenüber der Bundestagswahl 2005, bei der sie 4,8 Prozent der Zweitstimmen bekommen hatte.
Dabei bestätigt sich zwar einerseits, dass die zuletzt in fünf der bisher 22 Kreistage vertretene Partei regionale Hochburgen hat: Ihr „Kernland“ ist die Sächsische Schweiz, wo sie in einzelnen Wahlbezirken, darunter den Touristenzentren um Bad Schandau, Rathen, Königstein sowie im Kirnitzschtal, mittlerweile stabil zweistellige Ergebnisse einfährt. Eine Ausnahmestellung hat weiterhin das Grenzdorf Reinhardtsdorf-Schöna, in dem der Klempnermeister Michael Jacobi als wichtige Identifikationsfigur gilt. Dort brachte es die NPD am Sonntag sogar auf 25,2 Prozent, womit sie nur noch 1,6 Prozentpunkte hinter den Freien Wählern liegt und CDU wie LINKE hinter sich gelassen hat.

Zugleich ist aber zu beobachten, dass sie sich dank flächendeckenden Ausbaus ihrer Strukturen im Land weiter ausbreiten konnte. Bei den Kreistagswahlen lag die Zustimmung zwischen 7,5 Prozent in der Sächsischen Schweiz, wo die NPD noch vor der SPD landete, und 3,3 Prozent im Zwickauer Land. Neben dem Kreis in Westsachsen ist die NPD auch im Vogtland vergleichsweise schwach verankert; dort kam sie auf 3,6 Prozent. In fünf der zehn Kreise schaffte es die Partei freilich auf mehr als fünf Prozent, was bedeutet, dass sie in den künftigen Kreisparlamenten in Fraktionsstärke vertreten sein wird. Da es bei Kommunalwahlen in Sachsen aber keine 5-Prozent-Hürde gibt, kann die NPD Abgeordnete in alle zehn Kreistage schicken.

Lokale Verankerung

Wie viele Mandate sie genau errungen hat, wird erst im Laufe des Tages feststehen; die Zahl wird aber deutlich höher liegen als bei den letzten Kommunalwahlen 2004. Da die Partei landesweit 224 Bewerber nominiert hatte, dürfte sie alle Sitze besetzen können. Gleichwohl offenbarten die Kandidatenlisten ebenso wie die Bewerbungen von Landtagsabgeordneten wie Gansel und Schüßler oder von parlamentarischen Mitarbeitern wie Rose auf Landratsposten, wie dünn die Personaldecke der NPD zwischenzeitlich geworden ist. In einzelnen Regionen wurden Ehepaare und ganze Familien ins Rennen geschickt, um die Listen zu füllen. Im Zwickauer Land etwa kandidierten neben Schüßler auch ihr bereits zuletzt im Kreistag des Chemnitzer Lands vertretener Mann und ihre Tochter. Es muss freilich davon ausgegangen werden, dass mit wachsender lokaler Verankerung auch mehr Bewerber für Wahlen bereit stehen.

„In der Fläche angekommen“

Friedemann Bringt vom „Kulturbüro Sachsen“, das sich für die Stärkung der Zivilgesellschaft und gegen Rechtsextremismus engagiert und die Entwicklung in den Kommunen sehr genau verfolgt, ist wenig überrascht über die Erfolge der NPD. Sie sei „als politische Kraft im Land verankert und in der Fläche angekommen“, resümiert Bringt, der darauf hinweist, dass die Partei etwa in der Oberlausitz bei den Kreistagswahlen vor vier Jahren noch gar nicht angetreten war, künftig aber sogar eine eigene Fraktion stellen wird. Eine der Ursachen liege darin, dass vorhandene Konzepte zur Eindämmung des Rechtsextremismus nur halbherzig verfolgt würden. Und in der sächsischen Landespolitik, klagt Bringt, werde die Entwicklung mehr oder weniger resigniert hingenommen. „Im Wahlkampf gab es ein paar Aktionen von Jusos und wenigen anderen“, sagt er, „ansonsten war nicht zu sehen, dass sich irgend jemand auch nur mit dem Thema auseinander gesetzt hätte“.

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