Von: Kira Ayyadi
Die Aktion nennt sich „Defend Europe“: Mit einem Schiff namens C-Star wollten deutsche, österreichische, italienische und französische Neonazis der „Identitären Bewegung“ (IB) unter anderem Geflüchtete auf dem Mittelmeer abfangen und sie an die libysche Küste bringen. Ihr Ziel war es, aufzuzeigen, dass Seenotretter im Mittelmeer angeblich nichts anderes seien, als Schleuser-Banden, die vom Menschenhandel profitieren. Diese Aktion scheint nun zu einem Fiasko für die Rechtsextrem zu werden, denn offenbar haben sich Mitglieder des Schiffspersonals des Menschenhandels schuldig gemacht.
Die “Identitäre Bewegung” will die Rettung Geflüchteter auf See stoppen – durch Spenden“Identitären”-Schiff nimmt Kurs auf die Libysche Küste, um Seenotrettung zu behindern
Am 8. Juli begann die Schiffsfahrt der „Identitären“ samt Crew von Dschibuti aus. Bevor sie ihre menschenverachtende Aktion im Mittelmeer beginnen, wollten sie ursprünglich weitere 10 bis 15 IB-Mitglieder am sizilianischen Hafen Catania einsammeln. Ab dem 13. Juli musste die C-Star jedoch am Suezkanal vor Anker gehen, angeblich haben ihnen Papiere gefehlt. Am Montag konnten sie dann ihren Weg fortsetzen. Allerdings fuhren die Rechtsextremen statt nach Sizilien, nach Zypern und hier scheint die IB-Aktion vollends baden zu gehen:
„Defend Europe“ wird zum Fiasko für die Neonazis
Neun Besatzungsmitglieder der C-Star wurden offenbar wegen des Verdachts auf Menschenhandel in Zypern festgenommen. Laut “Faktenfinder” der ARD würden die Männer nach einem Termin beim Haftrichter bis Freitag festgehalten. Die Behörde prüfe, ob sich an Bord Männer mit falschen Papieren als Seeleute ausgegeben haben. Wie die „taz“ von der zyprischen Polizei erfahren hat, wurde auch der Kapitän der C-Star und seinen Stellvertreter festgenommen. Ihnen wird Schlepperei vorgeworfen. Bei dem festgenommenen Kapitän handelt es sich nach „taz“-Informationen um den Deutschen Alexander Schleyer, einen ehemaligen Bundeswehr-Marinesoldat, der auf der „Gorch Fock“ und in der Unifil-Marinemission vor Libanon gedient hat. Heute lebt Schleyer in Wien
An Bord sollen sich zusätzlich zur übrigen Besatzung 20 Tamilen aus Sri Lanka befunden haben. 15 von ihnen flogen nun von Zypern aus zurück in ihre Heimat, fünf der Crew-Mitglieder beantragten in Famagusta Asyl.
Im Kampf gegen Schlepper werden die „Identitären“ selbst zu Schleppern
Die Tamilen sind offenbar in Dschibuti auf das Schiff gelangt. Ihnen soll gegen eine Geldzahlung versprochen worden sein, nach Italien gebracht zu werden. Laut eines Berichts des „Guardians“ zahlten sie 10.000 Euro, um in die EU zu kommen.
Laut ARD-Informationen wird der Schiffscrew nun vorgeworfen, dass die Tamilen gefälschte Seemannspapiere gehabt hätten. Sollten sich diese Vorwürfe bestätigen, hätte sich das Führungspersonal von „Defend Europe“ der Schlepperei schuldig machen.
Die C-Star wurde vorher als Waffendepot am Horn von Afrika genutzt, von einer Firma mit Verbindungen in private Sicherheitskreise. Informationen einer zyprischen Zeitung zufolge, wurde nun auch der zwielichtige Besitzer der C-Star festgenommen. Ihm wird Schlepperei und Schmuggel vorgeworfen.
Die „Identitären“ sehen in all dem eine Verschwörung gegen sie
Die „Identitären“ bezeichnen diese Berichte in einer Stellungnahme als Fake News, die von linken Aktivist_innen in die Welt gesetzt wurden. Die Neonazis behaupten die Tamilen seinen wegen eines kostenpflichtigen Trainingseinsatzes an Bord gewesen und wären dann von NGOs gedrängt worden, Asyl zu beantragen.
Das ist die klassische Strategie der IB, entweder sie inszenieren sich als Gewinner einer Aktion oder sie titulieren sich als Opfer von mächtigen Intriganten. So wird auch die jetzige Situation als Handlung dargestellt, die in verschwörerischer Absicht geschieht.
Ihr Scheitern wird so ausgelegt, dass es in ihr verschwörerisches Weltbild vom „Großen Austausch“ passt, nachdem das deutsche, beziehungsweise europäische Volk gegen ein anderes, der Politik hörigeres, ausgetauscht werden soll.
Die Wahrheit, dass die „Identitäre Bewegung“ damit die erste NGO im Mittelmeer sein dürfte, die wegen Schlepperei mit Konsequenzen zu rechnet hat, passt eben nicht so gut ins eigene Weltbild.
Update 22 Uhr: Mittlerweile wurde die festgesetzte Crew wieder freigelassen und die C-Star ist wieder in Bewegung.