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Idylle in Grün-Braun

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Rassismus und "Volkstod" im Tierreich: "Umwelt & Aktiv" berichtet über böse asiatische Marienkäfer: "Inzwischen jedoch ist er zum Problem geworden, da sich sein Appetit nicht nur auf die Schädlinge beschränkt, sondern, falls Nahrungsmangel herrscht, auch unsere heimischen Käfer und deren Larven auf seinem Speisezettel stehen." (Quelle: Screenshot)

Von Christian Thiele und Marlene Weiss

Grüne Arbeitshose, kariertes Flanellhemd: Hans-Günter Laimer ist das, was man hier in Niederbayern „a gstandns Mannsbuid“ nennt, ein echter Kerl. Er steigt von seinem Traktor und grüßt mit einem freundlichen „Servus“. Die Zufahrt zu seinem Hof ist frisch aufgekiest. Er sperrt den schmucken Hofladen auf, den seine Frau betreibt. Milchprodukte aus dem Chiemgau, Zwicklbier aus Landshut, am Samstag bringt der Bäcker aus Dingolfing frisches Brot und Semmeln, alles aus der Gegend, alles Bio. Wenn Landschaftsgärtner Laimer auf seinen Hof zum Tag der offenen Tür lädt, spielt eine Flötengruppe, es gibt eine Märchenerzählerin, einen Kinderflohmarkt und eine Hüpfburg. Ein kleines Bioparadies ist der Gartenbaubetrieb in Mienbach, einem Weiler zwischen Landshut und Passau.

„Grüner Gutmensch“ würden viele vor dieser Kulisse über Laimer sagen. Aber mit den Grünen hat er nichts am Hut. Er ist laut Vereinsregister Traunstein im Vorstand des Vereins Midgard, der das Magazin Umwelt & Aktiv herausgibt. Auf den ersten Blick passt das Blatt zum Biohof, es geht um Kirscheneinwecken und Waldkindergärten.

Da ist aber auch mal ein Bericht über das germanische Julfest oder ein Nachruf auf Klaus Sojka, Tierschützer und Funktionär der rechtsextremen DVU. Oder Lob für die Landwirtschaftspolitik der NPD, die das Heft als Werbemittel im Internet vertreibt. Laimer kandidierte einst bei einer Bezirkswahl für die Partei.

„Unser Ziel ist es, die Menschen für Tierschutz, Umweltschutz und Heimatschutz zu sensibilisieren“, heißt es auf der Homepage von Umwelt & Aktiv, auf der man sich momentan wegen eines kritischen Artikels auch über „die Journaille“ von Spiegel Online empört. Auf der Titelseite des Magazins prangt die Irminsul, ein bei Rechtsextremen beliebtes Symbol aus der germanischen Mythologie. „Wir halten das ganz klar für eine NPD-Tarnzeitschrift“, heißt es beim bayerischen Verfassungsschutz.

Naturschutz – nie für die Grünen reserviert

Als „Schriftleiter“ des Blatts bezeichnet sich Christoph Hofer, niederbayerischer NPD-Kandidat für die Landtagswahl 2008 und Ex-Bezirkschef der Partei. Fragen beantwortet Hofer nur schriftlich, er schreibt zum Anliegen von Umwelt & Aktiv: „Uns liegt vielmehr daran, einer Vielzahl von ökologisch denkenden und handelnden, von Natur aus konservativen Menschen, ein publizistisches Sprachrohr zu bieten.“ Das Heft sei parteipolitisch unabhängig.Biobauer Laimer selbst bestreitet eine Beteiligung an dem Magazin. Und überhaupt, die Biobranche sei gänzlich links dominiert, beschwert er sich. „Was ist denn an meiner Gurke anders als an der, die von einem Grünen kommt?“, fragt Laimer.

Naturschutz war nie für die Grünen reserviert. Die Bewegung entstand im 19. Jahrhundert, aus Protest gegen die Industrialisierung. Im Nationalsozialismus war er eines der Kernthemen, 1933 und 1935 wurden das Reichstierschutz- und das Reichsnaturschutzgesetz erlassen. Naturschutz, Heimatschutz und Blut-und-Boden-Ideologie gehörten für die Nationalsozialisten zusammen.

„In fast allen Bereichen der NS-Ideologie gab es einen Anknüpfungspunkt zum Naturschutz“, sagt der Historiker Nils Franke. Für die Landeszentrale für Umweltaufklärung von Rheinland-Pfalz hat er die Broschüre „Naturschutz gegen Rechtsextremismus“ erstellt, die Natur- und Umweltschützern helfen soll, sich gegen Unterwanderung von rechts zu wehren.

Wegen des Erfolgs des Öko-Themas in der Gesellschaft habe etwa die NPD ein gesteigertes Interesse, sich den Naturschutz auf die Fahnen zu schreiben, glaubt Franke: „Mit Parteichef Holger Apfel ist in der NPD der intellektuelle Flügel an der Macht, die überlegen sich ganz klar, welche Themen sie besetzen.“ Und so landet rechtsextremes Gedankengut, unschuldig grün verpackt, Schritt für Schritt in der Mitte der Gesellschaft.

Am anderen Ende der Republik, in der Mecklenburgischen Schweiz zwischen Rostock und Schwerin, ist nach der Wende eine Aussteigerbewegung entstanden: Familien, die ein „artgerechtes“, „völkisches“ Leben führen wollen. Einige von ihnen ließen sich vor Jahren in einer enthusiastischen Homestory der rechtskonservativen Wochenzeitung Junge Freiheit als Nachfolger der Artamanen vorstellen – einer völkischen Bewegung, die in den späten Jahren der Weimarer Republik in jener Gegend entstand. Zur Artamanenbewegung gehörten Auschwitzkommandant Rudolf Höß und SS-Reichsführer Heinrich Himmler. Sie ging später im Landdienst der Hitlerjugend auf.

Seit einigen Jahren beobachtet die „Arbeitsgemeinschaft völkische Siedler“ der Regionalzentren für demokratische Kultur, des Vereins Soziale Bildung und der Opferberatung Lobbi die Zuzügler. Ihrer Einschätzung nach kommen die Siedler seit den neunziger Jahren in die Gegend, mittlerweile seien mehr Kader von NPD und anderen rechtsextremen Strukturen dabei. Es sind keine kahlgeschorenen Typen; sie leben konservativ, ökologisch und heimatverbunden.

„Für die Rechtsextremen werden ökologische Themen immer wichtiger“, sagt eine Mitarbeiterin des Regionalzentrums für demokratische Kultur im mecklenburgischen Roggentin, die nicht namentlich genannt werden will. „Die wollen, dass die Menschen nicht über Politik nachdenken, wenn sie das Wort NPD hören. Die wollen möglichst unverdächtige Brücken in die Lebenswelt der Bürger bauen.“

Auf einem der Aussteigerhöfe: Die Schweine grunzen, der Pferdestall wird aufgehübscht, man kann „Deutschen Honig“ kaufen. Der Inhaber will nicht mit Journalisten reden und wettert von der „Hysterie im Kampf gegen rechts“. Ein Nachbar erzählt von Männern in Bomberjacke und Springerstiefeln, die regelmäßig aus dem ganzen Land angefahren kommen, Fackeln anzünden und völkische Lieder singen. Er erzählt auch von dem Mann vom Verfassungsschutz, der bei ihm, dem Nachbarn, hin und wieder vorbeischaue, einen Kaffee trinke und frage, ob es was Neues gebe.

Im ländlichen Raum verwurzelt

Gudrun Heinrich von der Arbeitsstelle Politische Bildung der Universität Rostock hat Anfang des Jahres mit der Heinrich-Böll-Stiftung das Buch „Braune Ökologen“ herausgegeben. „Die NPD ist hier eng mit den Kameradschaften verwoben und dadurch automatisch im ländlichen Raum verwurzelt“, sagt sie. Ihr gehe es nicht darum, die Bio-Szene zu diskreditieren. Aber man müsse sich daran gewöhnen, dass „Bio“ nicht automatisch Gleichheit und Menschenwürde bedeute.

Auch der Öko-Baustoffhändler Huwald Fröhlich und der Bio-Landwirt Helmut Ernst haben sich in der Mecklenburgischen Schweiz niedergelassen. Im NPD-nahen Sammelband „Opposition für Deutschland“ legt Fröhlich dar, dass Humanismus und Internationalismus „ihrem Wesen nach widernatürlich“ seien, und verlangt Rückbesinnung auf nordische Tugenden und regionale Selbstversorgung.

Über Helmut Ernsts Türstock steht in Frakturschrift: „Freiheit sei dein Sehnen, Kampf ist Deine Bewährung, Freude nimm zum Weggenoss'“. Er war Koordinator der „Initiative für eine gentechnikfreie Region Nebel/Krakow am See“. 2007 kam es zum Eklat, als bekannt wurde, dass Ernst seit zwei Jahren NPD-Mitglied war; im NPD-Organ Deutsche Stimme schwadronierte er über die durch Gentechnik bedrohte „Ernährungssouveränität der Völker“.

Ernst und Fröhlich sind Mitglieder im Bio-Anbauverband „Biopark“, mit 700 Mitgliedsbetrieben einer der größten Ökolandbauverbände in Deutschland. Biopark betreibt eigene Läden und beliefert Edeka-Märkte. Dass Ernst, Fröhlich und möglicherweise noch weitere braune Biobauern zu ihrem Verband gehören, habe sie erst Anfang 2011 erfahren, sagt Biopark-Geschäftsführerin Delia Micklich.

Einerseits, sagt sie, „heiße ich die Ideologie dieser Leute absolut nicht gut. Und ich kann auch verstehen, wenn Leute bei Biopark deshalb nicht mehr einkaufen wollen. Bei Ernährung geht es schließlich immer um eine Bauchsache.“ Andererseits: Die NPD sitze schließlich im Landtag, satzungsrechtlich könne sie nichts tun, denn die genannten Betriebe seien gut geführt. „Ich kann ja keine politische Grundhaltung zertifizieren, ich kann nur ökologische Anbaumethoden zertifizieren“, sagt Micklich. „Nur wenn man die Partei verbietet, dann haben wir eine Handhabe gegen solche Leute.“

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