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„Inter-, Multi- oder Transkulti“ Jugendliche diskutieren über Herkunft und Kulturen

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Das Bündnis für Demokratie und Toleranz hatte 450 junge Menschen eingeladen, rund um den Tag des Grundgesetzes vom 20. bis zum 24. Mai im Berliner Congress Center (BCC) über eine bunte Palette gesellschaftspolitischer Themen zu diskutieren, in deren Mittelpunkt die Partizipation stehen soll. Über 30 Workshops und mehrere Ausflüge standen zur Wahl.

Von Geburtsorten und Kulturen

Max, Jan und Markus aus Gardelegen interessieren sich für „alles, wo rechts drin vorkommt?. Ihr Engagement beschränkt sich nicht auf die Teilnahme am Kongress. „Am nächsten Wochenende organisieren wir ein Konzert gegen Rechts?, sagt Markus. Heute hat sich der 20-Jährige für den Workshop „Tatort Stadion? entschieden. Auch Osvaldo und Umer aus der Nähe von Köln wollen dorthin. „Ich spiele selber auch Fussball?, erzählt Osvaldo. Der 19-jährige Mosambikaner möchte wissen, was man zum Thema Diskriminierung im Fußball machen kann. Kati vom Humboldt-Gymnasium Berlin-Tegel, die mit zwei Mitschülern am Rand des Speisesaals steht, will zum „Kultur?-Workshop.

Fast vierzig Jugendliche, zwei Drittel Mädchen, sitzen in dem großen Raum. Andrea Vorrink und Toan Nguyen von der Bildungswerkstatt Migration und Gesellschaft bringen die Gruppe gleich mit einer ersten Übung in Schwung. „Wie oft seid ihr schon in Berlin gewesen?? „Wo lebt ihr?? „Welche Sportart betreibt ihr?? Bei jeder der zahlreichen Fragen gruppieren sich die Jugendlichen im Raum um. Bei der Frage nach dem Geburtsort verschwinden zwei in den Ecken des großen Raumes. „Venezuela? und „Kalifornien? rufen sie den anderen zu. Vasilios steht in Griechenland, Sarah in Hamburg, Audir im Irak. Sarah toppt alle anderen bei der Frage, wie oft sie schon umgezogen seien. Auf elf Umzüge bringt es die ASF-Aktivistin, die heute in Potsdam lebt.

Über Unterschiede und unveränderliche Merkmale

„Ich würde insgesamt sagen, dass wir total unterschiedlich sind, aber auch Gemeinsamkeiten haben. Das fand ich sehr interessant,? überlegt ein Junge, der sich bei dem Spiel als SPD-Mitglied zu erkennen gab, bei der Auswertung dieser und einer weiteren Übung. „Man lernt Leute kennen und fühlt sich verbunden,? stellt eine junge Muslima fest. Sie findet den Austausch wichtig, um Vorurteile abzubauen. Audir, der vor acht Jahren aus dem kurdischen Irak nach Süddeutschland zog, teilt mit ihr die Befürchtung, dass man sonst auch schnell in einen Topf geworfen werde, aus dem man nicht mehr hinaus komme. Ob es überraschende Momente gegeben hätte, fragen die Moderatoren. Ein Teilnehmer findet, dass es nicht verwundert habe, dass die Kopftuchträgerin islamischen Glaubens ist. Es entsteht eine rege Diskussion: Kann man Menschen den Glauben ansehen? Ja oder nein? „Ich kann heute christlich erzogen sein und trotzdem Hip Hop hören?, meint eine junge Frau in grüner Bluse. „Man kann nicht aus einer Sache auf die andere schließen,? findet sie.

Bei der Frage, ob es denn Merkmale gäbe die unveränderlich seien, und welche die man verändern kann, gibt es viele nachdenkliche Gesichter. Man könne vieles verändern bis auf die Charakterzüge, überlegt der SPD-Aktivist. „Da möchte ich widersprechen,? sagt Vasilios energisch. „Je nachdem, was man im Leben erlebe, kann man alles verändern,? meint der 17jährige, der als drei Monate altes Baby mit seinen Eltern von Griechenland nach Deutschland zog. „Es ist ein ewiger Streit, was prägt: angeboren oder angelernt??, fasst Toan Nguyen das ungelöste Problem kurz vor der Pause zusammen. Dass es ihm und seiner Kollegin um die Vermittlung eines weitläufigen, veränderbaren Kulturbegriffs geht, wird im zweiten Teil des insgesamt vierstündigen Workshops noch sehr deutlich. „Kultur ist das, was man macht, aber auch das, was den Menschen macht,? bringt eine Teilnehmerin das Wechselspiel auf den Punkt.

Immer wieder werden politische Fragen angeschnitten. Die Diskussion darüber, ob Staaten sich in die Angelegenheiten anderer Staaten einmischen dürften wie im Irak zieht die Frage nach den universellen Menschenrechten nach sich. Kontrovers wird es am Schluss trotz allgemeiner Erschöpfung bei der Frage, ob Frauenunterdrückung besonders mit bestimmten religiösen oder kulturellen Strömungen einhergehe. Die verschiedenen Meinungen hierzu bewegen sich zwischen dem Hinweis auf „Ehrenmorde? und der Einschätzung, dass der Islam sehr heterogen sei und man differenzieren müsse.

Mehr Diskussionsbedarf

Nach vier Stunden intensiver Arbeit sind die Jugendlichen zufrieden. „Ich fand es gut, dass wir so intensiv über den Kulturbegriff nachdenken konnten,? zieht Vasilios, der heute in der Nähe von Nürnberg lebt, Bilanz. Seine Befürchtung, dass der Workshop zu theoretisch werden könnte, hatte sich bereits in der Pause zerschlagen. Auch Audir fand es gut, dass Fragen gestellt wurden, „über die jeder was weiß?. „Ich war positiv überrascht, dass so viele dafür waren, dass aus verschiedenen Kulturen Leute hier sind. Das ist nicht selbstverständlich?, freut sich der 17jährige Kurde aus Fürstenfeldbrück. Schade sei nur, dass nicht ausführlicher über die Frauenrechte gesprochen werden konnte. ?Der Islam ist nicht nur so?, sagt er. ?Mehr Zeit wäre gut gewesen.?

Beim Mittagessen brummt der Saal. Audir und Vasilios sitzen zusammen mit Gertrud am Tisch. Die 18-Jährige, deren Eltern aus Kirgisien und Usbekistan stammen, fand es gut, dass es in dem Workshop so viele verschiedene Meinungen zum Thema Kultur gab. Beim Nachtisch stellen sie fest, dass sie am Nachmittag alle drei den Workshop „Mit Worten Welten bewegen? belegt haben. „Das ist kein Zufall, sondern Schicksal?, lacht Vasilios. Audir meint, dies sei der Beweis, dass es eines der wichtigsten Ergebnisse des Kongresses sei, neue Leute kennen zu lernen.

Zum Thema

| Videobericht vom Jugendkongress

Weblinks

| Bündnis für Demokratie und Toleranz

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