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Internet Bester Vertriebskanal für rechtsextreme Musik und Propaganda

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Musik ist eines der wichtigsten Mittel der rechtsextremen Szene, um Jugendlichen rechtsextreme Inhalte zu vermitteln und Kontakte zum organisierten Rechtsextremismus herzustellen. CD-Produktionen und Konzerten sprechen junge Menschen in einem für sie wichtigen Freizeitbereich an.

Musik wirkt – und wird benutzt

„Eine gut gemachte CD ist definitiv weitaus besser als ein gut gemachtes Flugblatt“ urteilte beispielsweise Thorsten Heise, Mitglied des NPD-Bundesvorstandes und Betreiber eines einschlägigen Musikversandes. Die Instrumentalisierung von Musik durch die rechtsextreme Szene zeigte sich auch im „Projekt Schulhof“ der NPD: Im Vorfeld des sächsischen Landtagswahlkampfs 2004 produzierte die NPD die CD „Schnauze voll – Wahltag ist Zahltag“, die Titel bekannter rechtsextremer Balladensänger und Szene-Bands sowie Wahlwerbung enthielt. Auch im Bundestagswahlkampf 2005 und im Landtagswahlkampf 2006 in Mecklenburg-Vorpommern versuchte die NPD mit derartigen Gratis-CDs auf Stimmenfang bei jungen Wählern und Wählerinnen zu gehen.

Melodien transportieren Parolen effektiv

Musik ist das Medium, über das am direktesten und schnellsten bei Jugendlichen Interesse für rechtsextreme Ideologie geweckt werden kann. Denn besonders Jugendliche, die oftmals in einer ihrer Umwelt gegenüber rebellischen Phase auf der Suche nach Sinn und Inhalten sind, erscheinen anfällig für die aggressiven und populistischen Liedtexte rechtsextremer Musik. Hier werden einfache Erklärungsmuster und populäre Feindbilder geliefert, welche für die Jugendlichen einfach aufzunehmen und zu verinnerlichen sind.

Musik ist ein wesentlicher, identitätsstiftender Faktor für den vorwiegend subkulturell und gewaltbereit auftretenden Neonazismus. Die Texte und Lieder formen und transportieren ein politisches Weltbild, das sich vorrangig aus Versatzstücken demokratiefeindlicher, nationalistischer, fremdenfeindlicher und antisemitischer Einstellungsmuster zusammensetzt. Auch über Musik festigen sich die typischen stereotypen Feindbilder der Szene wie ?Fremde?, ?Ausländer?, ?Juden? oder der demokratische Verfassungsstaat.

Außerdem bietet Musik den Rechtsextremen die Möglichkeit, innerhalb anderer jugendlicher Subkulturen ihr Gedankengut zu verbreiten. So gibt es neben dem lange Zeit dominierenden Rechtsrock der Skinhead-Szene etwa auch Hardcore, Hatecore, Liedermacher, Schlager, Techno, Gothic-Rock und HipHop mit rassistischen und neonazistischen Texten.

Bedeutung des Internets für die rechtsextreme Musikszene

Da sich die rechtsextreme Musikszene, um etwaigen Verboten entgegenzuwirken, überwiegend konspirativ organisiert, ist sie darauf angewiesen, möglichst verborgene, durch die Öffentlichkeit und die Strafverfolgungsbehörden nur schwer einsehbare Wege zur Kommunikation zur Verfügung zu haben. Aus diesem Grund hat sich in den letzten Jahren das Internet zum zentralen Medium für die rechte Szene entwickelt.

Anonymität und Propaganda-Effekt

Über einschlägige Seiten werden Adresslisten, Termine und Veranstaltungsorte ausgetauscht und verbreitet. Neben dem Vorteil, den die Anonymität des Internets zur Organisation etwa rechtsextremer Konzerte und Treffen bietet, ist auch der Propagandaeffekt ein zweiter wichtiger Aspekt für die Szene.

War die Szene in früheren Jahren eher für sich, um auf speziellen Seiten Propagandaschriften, Musik oder auch Anleitungen zum Bombenbau auszutauschen, dringen die Neonazis in den letzten Jahren verstärkt auch in die sich explosionsartig entwickelnden Internet-Gemeinschaften und sozialen Netzwerke ein.

Rechtsextreme hetzen oft lange ungestört

Der Grund dafür ist einfach. Indem die Rechtsextremen sich an den populären Netzwerken wie „MySpace“, „Facebook“ oder „Studi.vz“ beteiligen, können sie offen oder auch versteckt an den sich ständig neu bildenden Gruppen und Diskussionen teilnehmen und sie gemäß ihrer Ideologie beeinflussen. Aus taktischen Gründen geben sie sich dabei oftmals in keinerlei Weise als Rechtsextreme zu erkennen, sondern steigen als normaler Benutzer in die Diskussionen ein, die sich thematisch eignen. So kann eine ursprünglich politisch neutrale und sachliche Debatte um die Beitragshöhe von Hartz 4-Bezügen oder den Bauzustand kommunaler Spielplätze unbemerkt unterwandert und thematisch aufgeladen werden, indem es plötzlich etwa um Ausländerkriminalität oder die Infragestellung der demokratischen Werteordnung geht.

Ziel: Normalisierung von Nazi-Parolen

Ziel ist, einschlägige Propaganda vom konspirativen rechten Rand in die Mitte der Internet-Gemeinschaft zu ziehen. Durch die Breitenwirkung innerhalb der Gesellschaft, die hohe Nutzungsfrequenz vor allem durch junge Nutzer, aber auch der gleichzeitigen Anonymität eröffnet das Internet eine geradezu prädestiniertes Betätigungsfeld, auf dem die rassistischen, antisemitischen und antidemokratischen Ressentiments verbreitet werden, die damit das um ein Vielfaches wirksamer werden, als sie es durch Flugblattaktionen, Schulhof-CD?s oder Parlamentsdebatten je sein könnten.

Auch Seiten „von Nazis für Nazis“ gibt es zuhauf

Das soll aber nicht heißen, dass zugleich die einschlägigen rechtsextremen Seiten verschwinden würden. 2008 stellte die länderübergreifenden Organisation Jugenschutz.net fest, dass es mit über 1.600 deutschsprachigen Angeboten inzwischen so viele rechtsextreme Webseiten im Internet gab wie nie zuvor.

Optimales Austauschmedium – auch für Neonazis

Aber Selbstvergewisserung und Propaganda sind eben nur ein Teil der rechtsradikalen Betätigungsschwerpunkte im Netz. Neben der Verbreitung von Ideologie ist es der Austausch von Bildern, Filmen und vor allem Musik, der im Internet blüht.

Die enorm aggressive, oftmals wegen Volksverhetzung oder Anstachelung zum Rassenhass in Deutschland verbotene Musik, lässt sich im Internet relativ einfach, ungestört und vor allem anonym beziehen. Dabei spielt der klassische Versandhandel eine zunehmend kleinere Rolle. Auf Video-Plattformen wie „Youtube“ oder Musikplattfomren wie „last.fm“, aber auch innerhalb von Social-Community-Networks wie „Facebook“ oder „MySpace“ lassen sich ohne größere Hindernisse Videos und Live-Mitschnitte platzieren und herunterladen.

Gegenwehr? Zögerlich…

Das Problem ist seit längerem bekannt. Doch wer geglaubt hatte, dass es zumindest bei offen nationalistischer, Gewalt verherrlichenden oder Menschen verachtenden Auftritten funktionierende Kontrollmechanismen im Internet gibt, wird in diesem Themenbereich eines Besseren belehrt. Erst nach einer Entscheidung des Landgerichtes Hamburg im April 2008, dass „Youtube“ verpflichtet sei, die Inhalte der veröffentlichten Videos nicht nur auf eventuell pornographische, sondern auch auf andere, eventuell strafrechtlich relevante Inhalte zu überprüfen, kam etwas Bewegung auf. Unterstützt durch eine negative Medienkampagne entschloss sich „Youtube“ zu einer Prüfung der auf diesem Portal veröffentlichten Medieninhalte und löschte daraufhin auch eine ganze Reihe der offensichtlichsten Nazivideos.

…und oft von kurzer Dauer

Doch nach dieser ersten Sichtung und Löschung ist keine grundlegende Besserung der Situation festzustellen. Nach wie vor ist das Angebot auf „Youtube“ an einschlägiger Neonazi-Musik oder mit martialischen Klängen unterlegten Wehrmachts- und SS-Streifen unüberschaubar. Um diese zu finden, muss man sich nicht einmal besondere Mühe geben. Es reicht schon, wenn man auf der Startseite irgendein allgemein bekanntes Schlagwort der rechten Szene wie ?white power? oder ?Hatecore? eingibt. Prompt befindet der User sich in Gesellschaft hassverzerrter Schlägervisagen, Runentätowierungen und Erkennungsmarken verfassungsfeindlicher Organisationen.

Nur öffentlicher Druck ändert etwas

Dass sich hier die gesammelt Prominenz der internationalen Nazi-Musik-Szene besonders wohl fühlt, verwundert bei der anscheinend nur auf öffentlichem Druck entstehenden Sensibilität seitens der Betreiber dann auch nicht. Das geht soweit, dass bekannte deutsche Nazi-Bands ihre Alben über „Youtube“ bewerben und zum Download bereitstellen. Bevor der Staat reagiert und diese indiziert werden können, bekommt so jeder Interessierte die Möglichkeit, sich mit den jeweils neuesten Alben und Videos seiner aktuellen Lieblings-Naziband zu versorgen.

Und so können die User etwas tun

Immerhin bietet beispielsweise Facebook mit einem am unteren linken Seitenrand versteckten Link namens „Seite melden“ oder „Gruppe melden“ die Möglichkeit, die jeweilige Seite wegen Verletzung der Nutzungsbedingungen zu melden. Auch Fotos und Notizen mit „hasserfülltem Inhalt“ können anonym gemeldet werden. Eine weitere Möglichkeit ist, „Facebook“ eine Email mit der Beschwerde zu schreiben an abuse@facebook.com. Auf den Druck einer Bloggerin, die auf „Boocompany“ schreibt und jüngst rund 200 nazistische Profile auf „Facebook“ zusammenstellte und öffentlich machte, hat Facebook nun begonnen, die beanstandeten Seiten zu sperren. Dass die Deutsche Telekom am 15. April beschlossen hat, aufgrund der vielen offen neonazistischen Inhalte vorerst keine Werbung mehr auf facebook zu schalten, wird diesen Prozess hoffentlich noch beschleunigen.

MySpace“ bietet in der Fußzeile unten den Link „Unangemessenen Inhalt melden„, hinter dem sich ein Meldeformular verbirgt.

Zwar hat auch „Youtube“ für jeden Benutzer, welcher über ein eigenes Konto auf der Seite verfügt, die Möglichkeit vorgesehen, ein Video als ?unangemessen? zu melden. Ob damit aber ein konkreter Erfolg im Kampf gegen die Nazi-Musik auf der Plattform verbunden ist, erscheint angesichts der Entwicklungen der letzten Jahre fraglich.

Ähnlich problematisch stellt sich die Sachlage auch bei Internet-Musikanbietern dar. Insbesondere die ständig wechselnden illegalen Musik-Tauschbörsen üben keinerlei Kontrolle über ihre angebotenen Inhalte aus.

Ein offizieller Anbieter, welcher einen mit „Youtube“ vergleichbaren, kostenlosen Service zu Anhören von Musik im Internet bietet, ist last.fm. Deren Seite geriet im letzten Jahr ebenfalls aufgrund ihres sehr toleranten Umgangs mit Nazi-Inhalten in die öffentliche Kritik. Seit Januar dieses Jahres versuchen die Betreiber der Seiten zwar, die zumindest offensichtlichsten und bekanntesten Nazi-Bands auf ihrem deutschsprachigen Angebot zu löschen. Mit einigen, inzwischen über die Szene hinaus bekannten Bands wie etwa ?Störkraft?, ?Landser? oder ?Weisse Wölfe? gelang das auch. Hier erhält der User unter dem Hinweis auf Jugend gefährdende Inhalte keinen Zugriff mehr. Ebenso wurden die bekanntesten Schlagwörter gelöscht.

Bei weniger offensichtlichen Inhalten greift das Bemühen der Verantwortlichen aber leider schon nicht mehr. Viele der Bands sind unter Kürzel oder variierender Schreibweise nach wie vor präsent ? für jeden Internetnutzer mit ein wenig Erfahrung in der Bedienung einer Suchmaschine kein wirkliches Hindernis. Abgesehen von den deutschen Fällen waren Musiker verwandter Denkrichtung aus Skandinavien, England oder etwa den USA hingegen nie irgendeiner Prüfung unterlegen und erfreuen sich einer regen Präsenz auf last.fm. Dabei unterstützt das Programm den einzelnen Nutzer, indem es ihm entsprechend seinem Suchprofil passende weitere Musik anbietet. So erscheint nach ein paar Minuten Recherche etwa ?Nigger- I hate your face ? Entdecke neue Musik bei last.fm?!

Dass sich das Internet insbesondere für rechtsextreme Musik zu einem Hauptmedium und Einfallstor für die Anwerbung jugendlicher Sympathisanten entwickelt hat, ist unter Jugendschützern schon länger bekannt. Die Organisation Jugendschutz.net, die eng mit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien zusammenarbeitet, hat bereits Mitte vergangenen Jahres Kontakt zu last.fm aufgenommen. Die Verantwortlichen zeigten sich laut Jugendschutz.net zwar kooperativ, haben aber anscheinend nicht die Mittel oder das Wissen, um die rechtsextremen Umtriebe auf ihrer Seite entscheidend einzudämmen.

Erschwerend kommt hinzu, dass deutsche Rechtsvorschriften, etwa zur Volksverhetzung oder Aufstachelung zum Rassenhass, welche ein Verbot einschlägiger Musikvideos in Deutschland erlauben, sich bei einem Unternehmen im Ausland nur mit großem Aufwand, beziehungsweise gar nicht durchsetzten lassen.

Also sind doch die Betreiber gefragt, auch wenn bei last.fm die Hürden am größten sind, um „unangemessene Inhalte“ zu melden: Im Fußbereich der Seite unter „Hilfe“ auf „FAQ“ klicken. Und der allerletzte Punkt der dann erscheinenden langen Seite heißt „Verschiedenes“. Dort klicken auf „Wie kann ich einen offensiven Benutzer oder einen unangemessenen Inhalt melden?“, dann auf „Support Email“ – die muss allerdings auf Englisch verfasst werden.

Neonazistische, rassistische, antisemitische und menschenfeindliche Internetseiten allgemein können Jugendschutz.net gemeldet werden, die prüfen, ob eine strafrechtliche Verfolgung möglich ist.

| Der Link zum Beschwerde-Formular:
www.jugendschutz.net/hotline

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