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Internet-Taktiken Tank-Boykott mit rechtem Einschlag?

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Steigende Benzinpreise sind ein klassisches Aufreger-Thema. So erfreute sich ein Protest-Aufruf des Facebook-Nutzer Andy A. schnell großer Beliebtheit, der zum Tank-Boykott am 01.03.2012 aufrief: „Findet ihr auch, dass der Benzin-Preis alle Rekorde bricht? Dann macht mit und tankt diesen einen Tag nicht. Dieser eine Tag soll den Öl-Multis die Macht der Konsumenten – nämlich unsere zeigen!“ Stolz führt A. auf: 40.000 „Gefällt mir“s in weniger 16 Stunden, 270.000 nach einem Tag. Das geht natürlich nur mit weiter Verbreitung, für die jede/r, der oder die auf „Gefällt mir“ klickt, sorgen kann.

Auch Moderator Horst von Radio Hamburg bekam eine Einladung – und war verblüfft, als er sich das Profil des Erstellers ansah: So gefiel diesem die rechtsextreme Partei NPD und auch Adolf Hitlers „Mein Kampf“. Ist dieser Tank-Boykott-Aufruf etwa eine neue rechtsextreme Strategie, um nicht-rechte Menschen anzusprechen? So wie Neonazis es etwa beim Thema Kindesmissbrauch immer wieder versuchen?

Auf kritische Kommentare des Moderators (?Sorry, aber ich folge kei­ner Einladung eines Menschen mit rech­ter Gesinnung. So gebe ich ihm das Gefühl Macht zu haben, etwas bewe­gen und Leute hin­ter sich ver­sam­meln zu kön­nen. Das ist bei jeman­dem, der ?Mein Kampf? als Lieblingsbuch bezeich­net eher bedenk­lich!“) reagierte Ersteller Andy A. zunächst mit der Löschung der beanstandeten Inhalte und dann mit einer verschnupften Erklärung seiner rechtsextremen Vorlieben auf Facebook: „…dazu muss aber erwähnt werden, das jeder von euch sicher auch eine Sturm und Drang-Phase erlebt hat. Meine gipfelte in diesen ?Likes?, die dort die letzten beiden Jahre unbeanstandet stehen blieben. Hierzu möchte ich sagen das ich weder Hitlers Mein Kampf gelesen habe (kenne nur Ausschnitte aus den Lesungen von Serdar Somuncu! – einen der besten Entertainer Deutschlands). Auch stehe ich der NPD weder als Mitglied noch als Unterstützer nahe.“ Die maue Dementi-Argumentation tut der Beliebtheit des Tank-Boykotts keinen Abbruch: Aktuell gefällt er 1,3 Millionen Menschen und bei weiteren 4 Millionen liegt noch die Einladung im Postfach.

Rechtsextreme Strategie?
Ist der Tank-Boykott also eine neue subtile rechtsextreme Strategie, um mit nicht-rechten Menschen in Kontakt zu kommen? Andy A.s Aktion ist bislang zumindest zugute zu halten, dass sie (noch) nicht versucht hat, rechtsextreme Ideologie an die Unterstützer/innen zu verbreiten. Ein weiteres Argument gegen eine (organisierte) Nazi-Aktion ist die Tatsache, dass die NPD selbst noch darüber diskutiert, ob Sie sich nicht diesem Thema widmen sollte. So schreibt NPD-Sachsen-Kader René Despang heute auf seiner Pinnwand: „Da müßen wir endlich mit einer Kampagne darauf reagieren!!!!!!!“ – übrigens nicht in Bezug auf die Veranstaltung von Andy A., sondern auf den Artikel „Dauerthema Benzin- und Dieselpreise: staatlich geduldeter Terror an der Tankstelle“ der Rechtsaußen-Nachrichten des Kopp-Verlages. Seine „Freunde“ stimmen zu. „Tob Sucht“ etwa meint: „wir alle sind vom lieben öl abhängig, deshalb würden die bürger großes interesse an flugblättern der partei zeigen, welche sich kritisch mit den momentanen vorgängen auseinandersetzen“.

Gegenaktion
Doch einen eintägigen Tank-Boykott kann man auch ohne Nazi-Beteiligung unangemessen oder lächerlich finden. Unpolitisch, aber lustig ist etwas die Facebook-Gegenaktion „Am 01.07.12 in ganz Deutschland kein Eis essen!!!!!!

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2015-04-20-1

Nazi-Taktik auf Facebook Seriösität per „Gefällt mir“-Klick –aber: Freunde kann man sich aussuchen!

Neonazis versuchen immer wieder, mit unauffällig wirkenden Seiten in Sozialen Netzwerken mit Menschen in Kontakt zu treten, die mit offenem Rechtsextremismus nichts zu tun haben wollen. Eine neue, perfide Technik ist dabei: Seriöse Seiten per „Gefällt mir“-Funktion angeben, um den rechtsextremen Ursprung zu verbergen. Doch die so missbrauchten Seiten können aktiv werden. Wir sagen, wie!

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