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Jahresrückblick 2020 Rechte Gewalt in Bremen 2020 – Ein Lagebild

Teilnehmerin der sogenannten „Hygiene-Demonstration" in Bremen im Jahr 2020. (Quelle: recherche nord)

Rechte Gewalt ist kein Betriebsunfall oder eine Randerscheinung, im Gegenteil: Mögen sich die unterschiedlichen Gruppierungen, die sich unter ‚extrem rechts’ subsumieren, in ihrem Auftreten und ihren Handlungsmustern durchaus unterscheiden, gewaltförmige Praktiken bleiben ein wesentlicher Bestandteil extrem rechter Inszenierungen und Aktionsformen – auch im Land Bremen.

Gewalt und Bedrohungsszenarien – darunter Angriffe auf Parteibüros, Drohbriefe, Morddrohungen, sowie Brand- und Farbanschläge – bestimmten im Bundesland Bremen bereits zu Beginn des Jahres die Arbeit des mobilen Beratungsteams der Stadt Bremen (MBT).

Die Pulverbriefserie – prägendes Thema in 2020

Bereits im Dezember 2019 nahm eine Drohbriefserie ihren Anfang, die sich über das gesamte Jahr 2020 erstreckte. Insgesamt wurden dabei über 30 sogenannter Pulverbriefe an Parteibüros, Privatpersonen und alternative Wohnprojekte verschickt – der Großteil davon im Land Bremen. Einige Empfänger*innen stellten nicht von ungefähr eine Verbindung zu den sogenannten ,Anthrax-Anschlägen’ aus dem Jahr 2001 her. Damals wurden in den USA etliche Briefe postalisch verschickt, die mit einem Pulver gefüllt waren, welches sich später als Milzbrandsporen herausstellte. Diese Anschlagsserie forderte mehrere Todesopfer.

Auch die in Bremen versendeten Briefe enthielten ein zunächst unbekanntes weißes Pulver. Die Behörden nahmen die Sache ernst und setzten bei Brieffunden sogenannte ,Delaborierer’ ein – polizeiliche Fachkräfte spezialisiert auf Kampfmittelräumung. Das Pulver stellte sich zwar jeweils als harmlose Substanz heraus, der Schock für die Betroffenen saß jedoch tief. In den beigefügten, mitunter mit Hakenkreuzen gespickten Hass- und Drohschreiben, wurden die Empfänger*innen zum Teil offen mit dem Tode bedroht.

Mit einer politischen Einordnung hielten sich die bremischen Behörden bislang zurück. Aus fachlicher Perspektive können hier Anknüpfungspunkte zu Form und Funktion des offenen Rechtsterrorismus attestiert werden. So verfolgte der*die, bislang unbekannte(n) Urheber*in(nen) der Pulverbriefe eine Kommunikationsstrategie, welche darauf abzielte, Schockeffekte mit entsprechender (gesellschaftlicher) Außenwirkung zu erzeugen. Auch konnten hier, anstatt spontaner Akte, planmäßige Vorbereitungen und die notwendige operative Intelligenz zur Durchführung der Taten beobachtet werden. Dies sind allesamt Grundvoraussetzungen, die den Anfangsverdacht terroristischen Handelns erfüllen. Der*die Täter*in(nen) sind bis zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung (Februar 2021) nicht ermittelt worden.

Mehrere Brandanschläge

Im Jahr 2020 ereigneten sich mehrere Brandanschläge im Bremer Umland. Foto: recherche nord

In der Nacht auf den 16. Februar verübten bislang unbekannte Täter*innen einen Brandanschlag auf eine Jugendfreizeiteinrichtung in Bremen, bei der sich nach bisherigen Erkenntnissen mehrere Personen während einer Konzertveranstaltung Zutritt zu den oberen Räumlichkeiten verschafften und dort Feuer legten. Diese wurden dadurch weitestgehend zerstört. Die Täter*innen hinterließen im Eingangsbereich des Gebäudes Aufkleber der neonazistischen Kleinstpartei ‚Die Rechte’, die im Bundesland als Landesverband organisiert ist. Am darauffolgenden Tag gab es einige ungeklärte Brandanschläge u.a. auf eine alternative Fußball-Kneipe in Bremen-Vahr sowie einen Kiosk in unmittelbarer Nähe des Weserstadions, deren Betreiber*innen eine Migrationsgeschichte haben. Im Mai ereignete sich zudem ein weiterer Anschlag auf ein Wohnmobil einer SPD-Ortsrätin im alternativen Bremer Stadteil Viertel. Auch hier ist der Hintergrund ungeklärt.

Im Februar, kurz vor dem Brandanschlag auf die Jugendeinrichtung in Bremen, wurde ein Feuer in einem Bistro in Syke, einem Ort im Bremer Umland, gelegt. Die Täter hinterließen extrem rechte Parolen und Symbole. Dieser war der erste von bislang drei Anschlägen solcher Art auf Gaststätten im unmittelbaren Bremer Umland: Im Juli brannte ein syrisches Restaurant in der Gemeinde Gnarrenburg und im Oktober eine Gaststätte in Ganderkesee. Die Täter sprühten mit schwarzer Farbe rechte Symbole an die Rückseite der Gebäude oder im Inneren an die Wände. Der Staatsschutz ermittelt wegen schwerer Brandstiftung. Obgleich alle Anschläge sich gegen Betreiber*innen richteten, denen eine Migrationsgeschichte zugeschrieben wird, ein ähnliches Tatvorgehen sowie rechte Symbole am Tatort gefunden wurden, stellen die polizeilichen Ermittler*innen keine Verbindung zwischen den Anschlägen her. Die Staatsanwaltschaft Verden erteilte einem rechtsmotivierten Hintergrund sogar zwischenzeitlich eine Absage, da die rechten Symbole an nicht offensichtlich sichtbaren Stellen angebracht worden seien. Erst nach öffentlichem Druck wurde diese Aussage revidiert.

Rechtsmotivierte Gewalt und Farbanschlagserie

Antisemitisch motivierte Farbattacke im Bremer Viertel im März 2020. Foto: recherche-nord

Im Februar versendeten bislang unbekannte Täter*innen eine Droh-Email an eine Moschee in Bremen-Gröpelingen. In dem Schreiben wurde laut Polizei angekündigt, dass eine Bombe am Gebäude detonieren würde. Die Polizei durchsuchte daraufhin das Gelände, fand jedoch keinen Sprengkörper.

Über das gesamte Jahr 2020 wurden im Bundesland Bremen zudem eine Vielzahl antisemitisch motivierter Taten dokumentiert. Angefangen mit antisemitischen Beleidigungen und Bedrohungen, über rassistisch und antisemitisch motivierte Drohschreiben, hin zu Farbanschlägen auf Gedenkorte und weitere Ziele im alternativen Stadtteil Viertel in Bremen. Die Täter*innen sprühten dabei mit gelber Farbe Hakenkreuze, Siegrunen, Davidsterne sowie die Jahreszahl 1939 an die Fassaden mehrerer Lokalitäten und Häuser.

Im Oktober wurde eine 20-jährige Bremerin von drei Täter in einem Nachtbus rassistisch beleidigt und körperlich verletzt, sodass sie infolge schwerer Kopfverletzungen im Krankenhaus behandelt werden musste. Das gemeinsam von der Betroffenenberatung soliport und dem MBT betriebene Webchronik-Projekt Keine Randnotiz dokumentierte im Jahr 2020 insgesamt 90 Einträge und Meldungen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Im Jahr 2018 waren es lediglich 30 solcher Taten und im darauffolgenden Jahr 59.

Menschenfeindlichkeit in Institutionen

Content Note: Androhung sexualisierter Gewalt

Im November 2020 wurden Vorwürfe gegen die Bremer Feuerwehr bekannt. Einige Mitarbeiter*innen sollen sich in internen Gruppenchats rassistisch und sexistisch geäußert haben. Chatprotokolle und Audioaufnahmen offenbarten, dass die Vorfälle mindestens bis ins Jahr 2013 zurückreichten. Nachdem diese an die Öffentlichkeit gelangten, berichtete eine Betroffene, dass Androhungen korrektiver Vergewaltigung durch ihre Kollegen alltäglich waren – sexistische, rassistische und extrem rechte Äußerungen in einigen Bremer Feuerwehrwachen zur Tagesordnung gehörten. Vorgesetzte hätten sich nicht nur beteiligt, sondern hätten diese Kultur selbst vorgelebt. Für die Anwält*innen der Betroffenen sowie für das MBT steht fest, dass es sich nicht um Einzelfälle, sondern um ein strukturelles Problem handelt. Als Reaktion auf die Geschehnisse übernahm der Bremer Innensenator Mäurer die Leitung der Feuerwehr und setzte eine Sonderermittlerin ein, um die Vorfälle aufzuklären. Der erste Bericht wurde für Ende Januar angekündigt.

Auch die Polizei Bremen sah sich im Jahr 2020 mit Vorwürfen von strukturellem Rassismus konfrontiert. Im Juni erschossen Polizist*innen einen offenbar psychisch instabilen 54-jährigen Marokkaner, der nach Reizgaseinsatz einen Beamten mit einem Messer attackierte. Daraufhin formierten sich Proteste gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt in Bremen.

Beamt*innen der Polizei Bremen äußerten sich öffentlich auf Facebook mehrfach diskriminierend über Tatverdächtige. Die senatorische Behörde für Inneres leitete daraufhin Disziplinarverfahren ein und versetzte drei Bedienstete vorerst in den Innendienst. Auch kam es, wie bereits in den Jahren zuvor, zu Vorfällen von ,Racial Profiling’ durch Bremer Polizist*innen. Die Erfahrung dieser verfassungswidrigen Praxis stellt einen häufigen Grund dar, aus dem sich Personen an soliport wenden, die Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Bremen.

Im November 2020 verabschiedete der rot-rot-grüne Bremer Senat ein neues Polizeigesetz, inklusive dem Verbot rassistisch motivierter Polizeikontrollen. Seit Oktober 2020 beschäftigt die Bremer Polizei zudem eine Referentin für Vielfalt und Antidiskriminierung. Die Maßnahmen, die von der Polizei ergriffen wurden, deuten in eine begrüßenswerte Richtung. Nach Einschätzung des MBTs handelt es sich jedoch sowohl bei der Feuerwehr als auch innerhalb der Polizei nicht um Einzelfälle, sondern, wie nicht zuletzt der Blick in andere Bundesländer zeigt, um ein strukturelles Problem der Institutionen.

Razzien beim Bremer Chapter der Hammerskins im Bremer Umland

ausdurchsuchungen bei Mitgliedern der Hammerskins Bremen. Foto: Polizei Cuxhaven

Neonazis, die dem Bremer Chapter der sogenannten ,Hammerskin Nation’ zuzurechnen sind, gerieten im vergangenen Jahr in das Visier des Staatsschutzes. Bei den ‚Hammerskins’ handelt es sich um eine elitäre, international vernetzten Vereinigung von Neonazis, deren Mitglieder immer wieder durch Gewalttaten bis hin zu Mord in Erscheinung traten. Sie sind fester Bestandteil der extrem rechten Musik-Szene und organisieren sich, ähnlich wie Rocker-Clubs in sogenannten,Chaptern’. Der Bremer Chapter gilt dabei als einer der ältesten der Bundesrepublik. Sein Territorium erstreckt sich bis an die niederländische Grenze.

Polizei und Staatsanwaltschaft werfen den Männern Volksverhetzung und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vor. Bei Hausdurchsuchungen wurden extrem rechte Ton- und Datenträger, Kleidungsstücke sowie weiteres Propagandamaterial sichergestellt. In dem Zusammenhang wurden weiterhin Durchsuchungen bei drei Mitgliedern des Motoradclubs ‚Freeway Riders MC’ durchgeführt.

Die rechten Parteien im Bundesland

Im Bundesland Bremen bestehen mehrere Parteien im rechten Spektrum. Die Partei ,Die Rechte’ und die NPD sind dem neonazistischen Spektrum zuzuordnen: Sie orientieren sich offen an nationalsozialistischer Ideologie, ihre Vertreter machen aus ihrer Gesinnung keinen Hehl und bezeichnen sich teilweise selbst als Nationalsozialisten. Die AfD sowie die ‚Bürger in Wut’ sind als rechtspopulistische Parteien einzuordnen.

Der AfD-Landesparteitag fand im Jahr 2020 in einer Pizzeria in Bremen Huchting statt. Foto: recherche nord

Der Landesverband der AfD führte im Oktober 2020 seinen Landesparteitag in einer Pizzeria in Bremen-Huchting durch. Wie in den vergangenen Jahren war dieser durch innere Zerwürfnisse und Streitigkeiten geprägt. Ein Abwahlantrag gegen den derzeitigen Landesvorsitzenden scheiterte nur knapp. In dieses Bild passt auch der Wechsel von Natalia Bodenhagen aus der AfD-Fraktion in Bremerhaven zur CDU, die sie im Oktober 2020 aufgrund „inhaltlicher Übereinstimmungen“ aufgenommen hatte.

Auch andere Afd‘ler*innen gehen in Bremen inzwischen andere Wege. So kam es im November 2020 zu einem Aufmarsch polnischer Nationalist*innen im Innenstadtbereich in Bremen anlässlich des polnischen Unabhängigkeitstages. Anmelder war ein ehemaliger AfD-Stadtteilpolitiker.

Bremen verfügt nach wie vor über einen NPD-Landesverband, der allenfalls nur noch eine marginale politische Bedeutung hat. Beispielhaft für den Bedeutungsverlust der NPD im Bundesland können auch die Vorgänge rund um das Verbot von Reichs- und Reichskriegsflaggen gelten: Nachdem die Bremer Innenbehörde das Zeigen von Reichs- und Reichskriegsflaggen im September 2020 untersagt hatte und damit bundesweit Aufmerksamkeit erregte, organisierte der Bundesvorstand der NPD eine Kundgebung in Bremerhaven gegen das Verbot. An dieser nahmen fast ausschließlich Anhänger*innen der Partei ‚Die Rechte’ aus den Bundesländern Bremen und Niedersachsen teil. Der NPD gelang es nicht, Mitglieder des Bremer Landesverbandes zu mobilisieren. Auch ein ursprünglich für 2020 geplanter Landesparteitag wurde auf das Jahr 2021 verschoben.

Neben der NPD agiert im Bundesland noch die neonazistische Kleinstpartei ‚Die Rechte’, die vorrangig in Bremerhaven aktiv ist. Im Jahr 2020 fanden neben regelmäßigen Flugblattaktionen im Januar, April und Oktober jeweils Kundgebungen der Kleinstpartei statt. Eine für den 1. Mai 2020 in Bremen angekündigte Demonstration wurde jedoch im Vorfeld durch die Behörden untersagt. Die augenscheinliche Kontinuität und Regelmäßigkeit der Aktivitäten konnten allerdings auch im Jahr 2020 nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Partei nur über eingeschränkte personelle Ressourcen und strukturübergreifenden Einfluss verfügt. So konnten die Kundgebungen lediglich mit Unterstützung durch den Bundesvorstand und den niedersächsischen Landesverband der Partei durchgeführt werden. Zum Ende des Jahres gab der Bremer Landesverband den Rücktritt des bisherigen Vorstands bekannt und kündigte Neuwahlen an. Diese Ankündigung wurde jedoch nicht eingelöst. Stattdessen mehrten sich Anzeichen der Selbstauflösung des Landesverbandes. In dieses Bild passt auch, dass der bisherige Landesvorsitzende der Partei inzwischen bei der neonazistischen Kleinstpartei ‚Der Dritte Weg’ in Erscheinung tritt.

Hygienedemos als Bühne für antisemitische Verschwörungsmythen und Anknüpfungspunkt für extrem Rechte im Bundesland Bremen

Wie auch in anderen Bundesländern, begannen sich Ende März Coronaleugner*innen in Bremen zu organisieren und gegen die politischen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu mobilisieren. Ab April fanden regelmäßig Kundgebungen auf dem Bremer Marktplatz statt. Die anfängliche Organisationsstruktur setze sich u.a. aus Einzelpersonen eines im Selbstverständnis alternativen Spektrums zusammen und richtete sich vorgeblich gegen mögliche Einschränkungen der demokratischen Grundrechte. Doch bereits bei den ersten Kundgebungen konnte ein Zulauf aus Kreisen der extremen Rechten, wie etwa AfD-Politiker*innen, rechten Hooligans, Reichsbürger*innen und Anhänger*innen der Partei ‚Die Rechte’ dokumentiert werden, die im Verlaufe der Proteste zu einem festen Bestandteil der Organisationsstrukturen wurden. Bereits zu Beginn dieser Proteste in Bremen wurden Verschwörungsmythologien und antisemitische Narrative auf Plakaten und in Verlautbarungen sowie in Telegramgruppen, über die sich die Teilnehmer*innen organisierten, bedient.

Die Strukturen spalteten sich im Verlauf des Jahres in verschiedene Fraktionen und Untergruppierungen. Auch hier gab es eine Gruppe, die sich am Aufbau der selbsternannten Bewegungspartei ‚Widerstand 2020’ beteiligte. Dieses, wie auch andere Vorhaben scheiterten jedoch an der Heterogenität, Paranoia und Zerstrittenheit der Mitstreiter*innen. Dennoch konnten die Coronaleugner*innen über das gesamte Jahr hinweg Kundgebungen abhalten, die – abgesehen von zwei Großveranstaltungen im Mai – nur wenig Außenwirkung entfalteten und eine geringe Anzahl von Teilnehmer*innen verzeichneten.

Am 05. Dezember plante ein Organisationskreis aus dem „Querdenken“-Netzwerk analog zu den Großveranstaltungen in Berlin und Leipzig eine bundesweite Demonstration in Bremen, zu der bis zu 20.000 Teilnehmer*innen angekündigt wurden. Die Veranstaltung wurde aus Gründen des Infektionsschutzes untersagt, das Bundesverfassungsgericht bestätigte das Verbot. Dennoch rief ein Teil der Organisationsstrukturen weiter zur Anreise auf. Zwar kam es zu kleineren Zusammenkünften im Bremer Stadtgebiet von wenigen hundert Teilnehmer*innen, die jedoch allesamt von den Sicherheitsbehörden aufgelöst wurden. Es wird sich zeigen, ob dieser Verlauf das personelle Mobilisierungspotential der Akteur*innen geschwächt hat oder er gar das vorläufige Ende des gepflegten Revolutions-Narratives bedeutet.

Verharmlosung von Rassismus durch die Bremer Staatsanwaltschaft

Wegen Volksverhetzung erstattete ein zivilgesellschaftliches Bündnis im August Anzeige gegen den Betreiber einer Kneipe in Bremerhaven. Der Grund: Der Wirt schenkt dort ein Getränk mit rassistischer Bezeichnung und Bebilderung aus. Als Reaktion auf die Strafanzeige bewarb der Betreiber kurzum ein neues Getränk, das der Schmähung des Bündnisses gelten sollte. Im Dezember 2020 stellte die Staatsanwaltschaft Bremen das Ermittlungsverfahren gegen die Bremerhavener Kneipe jedoch ein. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft greift der verwendete Begriff nicht die Menschenwürde von Schwarzen Menschen an. Gegen den Beschluss wurde inzwischen Beschwerde durch das Bündnis eingelegt.

Entwicklungen im Bereich extrem rechter Infra- und Vertriebsstrukturen

Wie auch in den vorangegangenen Jahren beteiligten sich auch im Jahr 2020 Bremer Neonazis an der Organisation und Durchführung der jährlichen Nazi-Kampfsportveranstaltung ,Kampf der Nibelungen’. So fungierte unter anderem der umtriebige Bremer Neonazi Henrik Ostendorf als Moderator der diesjährigen Veranstaltung, die nach einem Verbot lediglich als Online-Stream realisiert werden konnte.

Dass Ostendorf diese Rolle übernahm, ist Beobachter*innen nach kein Zufall, gilt er doch – nicht zuletzt aufgrund seiner jahrelangen Vernetzungsarbeit und seines Geschäftsmodells – als wichtiger Knotenpunkt der norddeutschen Neonaziszene. Weiter betreibt Ostendorf den Verlag ,Am Wall – Hanseatischer Buchhandel’ für einschlägige Schriften, in denen das nationalsozialistische Soldatentum und die damit verbundenen Verbrechen im zweiten Weltkrieg glorifiziert werden. Ferner gibt er das Magazin ,Ein Fähnlein’ heraus, das im Jahr 2020 zwei Ausgaben veröffentlichte, und ist zudem verantwortlich für den Versandhandel ,Unsere Farben’, über den er vorrangig Textilien in Reichsfarben vertreibt, wie etwa Schweißbänder, Handtücher, Sturmhauben und Flaggen. Durch die Coronapandemie hat Ostendorf nun scheinbar einen neuen Absatzmarkt für sich erschlossen: Mund-Nasenschutzmasken in einschlägiger Reichsfarbenkombination. Neben diesen Tätigkeiten beteiligte er sich im Jahr 2020 auch an den Coronaprotestveranstaltungen, unter anderem in Berlin und Leipzig. Hier organisiere er sich, wie auch weitere Bremer Neonazis, in gewaltsuchenden Männergruppen, die sowohl Linke, Gegendemonstrant*innen und Journalist*innen jagten, als auch die Auseinandersetzung mit der Polizei suchten.

Nachdem die Bremer Rechtsrock-Band ,Endstufe’ 2019 zahlreiche Konzerte gespielt hatte, wurden die Rechtsrock-Festivals in Tschechien und im sächsischen Ostritz, zu denen die Band geladen war, aufgrund der Coronapandemie abgesagt. Ende Oktober 2020 wurde ein Konzert mit der Band durchgeführt, das zuvor über Internetpräsenzen des neonazistischen ,Blood & Honour’-Netzwerkes beworben wurde. Zudem veröffentlichte die Band im Jahr 2020 zwei Tonträger. Bereits jetzt werden für das Jahr 2021 zwei Festivals beworben, bei der Auftritte der Rechtsrock-Band geplant sind.

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