Alex W. starb am 18. September in Idar-Oberstein durch die Kugel eines „Corona-Rebellen“. Weil W. den Kunden auf die Verpflichtung zum Tragen einer Maske hingewiesen hatte, war dieser nach Hause gegangen, hatte eine Waffe geholt, war zurück in die Tankstelle gekommen und tötete den 20-jährigen Kassierer. Die Tat könnte gedeutet werden als das sichtbarste Zeichen für den steigenden Handlungsdruck, der entstanden war, weil die Corona-Proteste seit Beginn der Pandemie Menschen als Feinde markiert hatte. Dabei schien die Bewegung zwischenzeitlich zu schwächeln und auf der Suche nach neuen Themen zu sein. Das verheerende Jahrhunderthochwasser vom 14. Juli bot „Querdenkern“ im besonders betroffenen Ahrtal den Raum und die Gelegenheit, sich in der neuen Ausnahmesituation als Retter:innen zu behaupten. Der verhasste Staat und seine Zivilgesellschaft sollten – abermals – als handlungsunwillig und den Menschen schädlich überführt werden. Auch Rechtsextreme nutzten die Katastrophe, um im Ahrtal Aktivitäten zu entfalten. Und nicht nur hier: 2021 war überdies geprägt von dem Bestreben altbekannter rechtsextremer Akteur:innen, an politischer Wirksamkeit zu gewinnen – mit begrenztem Erfolg.
„Querdenker“ und Neonazis im Flutgebiet
Unmittelbar nach der Flutkatastrophe mobilisierten „Querdenker“ auf ihren Telegram-Kanälen Hilfsangebote und Spendensammlungen und errichteten in der Aloisiusschule Ahrweiler eine physische Anlaufstelle, wobei besonders der Verein „Eltern stehen auf“ hervortrat. Wie bedeutend die Katastrophe für die Bewegung der „Querdenker“ war, zeigte eine von Bodo Schiffmann initiierte Spendenaktion, die über 700 000 Euro einwarb – welche bislang aber aus verschiedenen Gründen nicht ausgezahlt wurden. Aus der Schule heraus berichteten auch bekannte Medienaktivist:innen wie etwa Matthäus Westfal, Ignaz Bearth, Reza Begi und die unter Pseudonym auftretende Streamerin „Patriot on Tour“. Ins Ahrtal waren auch eindeutig neonazistische Medien wie die „Deutsche Stimme“, der als „Volkslehrer“ bekannte antisemitische Youtuber Nikolai Nerling und das „Compact“-Magazin gekommen, das angibt, dort inzwischen ein eigenes Büro eröffnet zu haben.
Hilfe von auswärts leistete etwa die neonazistische Partei „Der III. Weg“. Mit Unterstützung aus Thüringen und Bayern halfen, unter Beteiligung des damaligen Bundesvorsitzenden Klaus Armstroff aus Bad Dürkheim, rund 30 Personen bei den Aufräumarbeiten in Ahrweiler. Später reiste eine zweite Gruppe aus Bayern und Württemberg ins Ahrtal.
Aus Sachsen brachte eine 20-köpfige Gruppe um den NPD-Politiker Stefan Trautmann fünf Transporter mit gespendeten Hilfsgütern nach Dernau an der Ahr. Der rheinland-pfälzische Landesverband der NPD war vor Ort zwar nicht wahrnehmbar, für die gesamte Partei ist das Thema allerdings relevant. In ihrem Werbespot zur Bundestagswahl sprach der Bundesvorsitzende Frank Franz die Flut und das angebliche Versagen des Staates noch vor Pandemie und Rente an.
Hinzu kommen rechtsextreme Einzelpersonen, die sich vielfältig an Hilfeleistungen im Katastrophengebiet beteiligten: Timm Kellner, Ex-Polizist, rechtslastiger Rocker und Mitbetreiber des Medienportals „Profortis Deutschland“, rief in einem Video Motorradclubs und Fußballfans auf, ihm nachzueifern und vor Ort Hilfe zu leisten. Zugunsten der „Kameraden im Ahrtal“ wurde bei Telegram Merchandise des Musikers „Rac Drummer“ und des rheinland-pfälzischen Liedermachers „Renitenz“ versteigert.
Auch die Bremer Hooligan-Band „Kategorie C“ forderte zu Sachspenden auf und versteigerte CDs. Einen Teil der Erlöse verteilte die Aktivistin Melanie Dittmer an Neonazis. Einen anderen Teil übergab Rene Laube („Die Rechte“), etwa an Marcel R., einen ehemaligen Angeklagten im Prozess gegen das „Aktionsbüro Mittelrhein“ (ABM). Neben R. hatten sich ab 2012 noch 25 weitere Neonazis wegen ihrer Aktivitäten im Umfeld des ABM vor dem Landgericht Koblenz verantworten müssen. Darunter war auch Philipp Neumann gewesen, dessen Band „Flak“ dem Ahrtal weiterhin verbunden ist. Anlässlich der Zerstörungen rief er zu Spendenzahlungen auf ein Konto der Partei „Die Rechte“ auf und beteiligte sich an den Aufräumarbeiten. In der Krise konnten alte rechtsextreme Netzwerke offenbar reaktiviert werden.
Corona-Protestler:innen werden gewaltbereiter
Das Corona-Protest-Milieu eint im Kern ein Dreiklang aus der irrationalen Verharmlosung der Pandemie, einer kollektiven narzisstische Besserwisserei und der Billigung, Menschen sterben zu lassen, die durch die Einhaltung von Maßnahmen gerettet werden könnten. Bei den Anhänger:innen entsteht Handlungsdruck, weil sie sich in der letzten Verteidigungslinie gegen die vermeintlich aufziehende Corona-Diktatur wähnen. Ebendieser Glaube dient bereits der vorgelagerten Rechtfertigung kommender Taten als Notwehr. Schließlich kanalisieren Verschwörungsmythen, die Personalisierung von politischen Fragen und ein Freund-Feind-Denken Frustration, Wut und Hass. Ins Fadenkreuz geraten diejenigen, die als willfährige Vertreter:innen der staatlichen Maßnahmen identifiziert, als Feind:innen markiert und für vogelfrei erklärt werden – wie Alex W.
Der Mord am 18. September in Idar-Oberstein reiht sich dementsprechend ein in eine Abfolge von Straftaten gegen vermeintliche und tatsächliche Verantwortliche der Corona-Politik: Im Vorgarten des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz legten 30 Impfgegner:innen Grabkerzen ab; mutmaßliche Anhänger:innen des Protestmilieus beschmierten Plakate zur Landtagswahl und ein Impfzentrum; Mitarbeiter:innen von Impfzentren wurden bedroht, die Zentren beschädigt und teilweise angezündet. In weiteren Fällen missachteten „Corona-Rebellen“ demonstrativ Infektionsschutzregeln, bedrohten andere Menschen oder griffen sie an. Gerade nach der Tat in Idar-Oberstein häuften sich derlei Vorfälle und die Täter:innen bezogen sich teils explizit auf den Mord. Schon vor der Tat hatte sich im 25 Kilometer von Idar-Oberstein entfernt gelegenen Simmertal auf politischer Ebene gezeigt, welchen Einfluss „Corona-Rebellen“ auf das Leben in der Kleinstadt ausüben konnten. Wegen fehlender Unterstützung und Anfeindungen war die gegen deren Demonstrationen engagierte Ortsbürgermeisterin zurückgetreten. Der gesamtgesellschaftliche Konflikt zieht sich mitunter auch durch Familien. Die „Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus“ verzeichnet das wachsende Bedürfnis nach Beratung und Hilfe im Umgang mit „Querdenker“-Partner:innen und -Eltern. Protestversammlungen fanden über das ganze Jahr hinweg und verteilt im ganzen Bundesland statt. Im Winter häuften sich die Versammlungen, die nun auch neue Sympathisant:innen mobilisierten und konfliktreicher wurden. In Bad Dürkheim kam es beispielsweise zu Ausschreitungen. Am 19. Dezember demonstrierten landesweit 3 000 Gegner:innen der Corona-Maßnahmen, davon 1 800 in Koblenz.
Rechtsextreme arbeiten mit- und nebeneinander
Die rechtsextremen Parteien und Gruppierungen beabsichtigten auch 2021, mit ihren Aktivitäten Mitstreiter:innen (enger) an sich zu binden, und suchten die Öffentlichkeit vor allem durch Aufmärsche.
Besonders auffällig waren Demonstrationen des „Landesverbandes Südwest“ der Partei „Die Rechte“, der teils auch als „Kameradschaft Rheinhessen“ oder seit Kurzem als „Neue Stärke Rheinhessen“ auftritt. Ihre Versammlungen fanden, häufig unterstützt von der NPD und dem „Nationalen Widerstand Zweibrücken“, in Alzey, Bad Kreuznach, Bingen, Bretzenheim, Ingelheim, Osthofen, Worms und Wörrstadt statt. Selten mobilisierten sie mehr als 20 Anhänger:innen. Inhaltlich waren sie meist klar auf den Nationalsozialismus oder das Deutsche Kaiserreich hin ausgerichtet, traten ein für eine Täter-Opfer-Umkehr und ermöglichten es den Teilnehmenden, sich in nationale, nationalsozialistische und soldatische Traditionen zu stellen. Unter der Regie des nordrhein-westfälischen Landesverbands der Partei „Die Rechte“ fand abermals der jährliche Aufmarsch in Remagen in Gedenken an die in den Rheinwiesenlagern inhaftierten Wehrmachtssoldaten statt. Mit nur noch etwa 50 Teilnehmer:innen ist die Beteiligung an dem einstmals größten Aufmarsch im Land jedoch auf einen historischen Tiefstand gesunken.
Auch der „Nationale Widerstand Zweibrücken“ bezog sich mit seinen eigenen Aktivitäten auf den Nationalsozialismus, etwa indem er Grabstätten von Soldaten säuberte, Kränze niederlegte und eine Demonstration anlässlich des Jahrestags der Bombardierung Zweibrückens durch die Alliierten veranstaltete. Am Volkstrauertag störte er die offizielle Kranzniederlegung der Stadt.
Als Bürgerwehr unter der Selbstbezeichnung „Schutzzone Alzey – Worms“ traten Personen aus dem Umfeld der NPD unregelmäßig in den beiden Städten auf. Sie gaben vor, damit die öffentliche Sicherheit zu garantieren, die sie von der multikulturellen Gesellschaft, „korrupten Migrationsbefürwortern aus der Politik“ und vom Drogenhandel bedroht wähnen.
Die NPD machte besonders zur Bundestagswahl im September und vor allem durch ihren Flyer- und Plakat-Wahlkampf mit dem Schwerpunkt in Worms auf sich aufmerksam. Hier lag sie mit 0,2 Prozent trotzdem nur leicht über dem Landesschnitt von 0,1 Prozent (das sind 0,2 Prozentpunkte weniger als 2017). Öffentliche Wahlkampfaufmärsche gab es keine – obwohl die Partei unter ihrem Landesvorsitzenden Markus Walter einen prominenten Spitzenkandidaten aufgestellt hatte: den ehemaligen Europa-Abgeordneten Udo Voigt. Zur Landtagswahl im März war die Partei nicht einmal angetreten, was ein Indiz für ihre beschränkte Handlungsfähigkeit ist. Abseits des Wahlkampfs richtete sich die NPD mit kleineren Versammlungen etwa in Bretzenheim und Trier an die Öffentlichkeit. In der letztgenannten Stadt klagte ihr örtlicher Vorsitzender Safet Babic gegen den Oberbürgermeister Wolfram Leibe, weil die Stadt vergessen habe, „die Rathaus-Zeitung als Zeitung im Sinne der Gemeindeordnung für öffentliche Bekanntmachungen“ zu bestimmen. Des Weiteren erstattete er Anzeige bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier, weil der Oberbürgermeister demonstrativ Partei für Protestierende ergriffen habe, die sich gegen „Querdenker“ versammelten. Babic sah darin eine Verletzung der kommunalen Neutralitätspflicht. Diese rechtlichen Auseinandersetzungen reihen sich ein in Babics langjährige Praxis „rechtspolitischer Interventionen“. Eigene Feste der NPD zum „Samhain“ und der Wintersonnenwende fanden in Pirmasens statt und richteten sich an Gefolgsleute.
2021 wurden diverse Konzerte von verschiedenen Organisator:innen in Rheinland-Pfalz beworben, wobei die Situation unübersichtlich ist. Angekündigt waren etwa Auftritte von „Eidstreu“, Frank Rennicke, „FreilichFrei“, „Hermunduren“, „Mjöllnir“, „Rac Drummer“ und „Renitenz“.
„Der III. Weg“ wurde 2013 von dem bis dato bei der NPD organisierten Ehepaar Dörthe und Klaus Armstroff aus dem pfälzischen Bad Dürkheim gegründet. In Rheinland-Pfalz gibt es die „Stützpunkte“ „Westerwald/Taunus“, „Rheinhessen“ und „Pfalz“, wobei insbesondere Aktivitäten des erstgenannten im Dreiländereck von Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz festzustellen sind. Wanderungen zu geschichtsträchtigen Sehenswürdigkeiten wie Bismarcktürmen, eine Sommersonnenwende-Feier am Rande des Lahntals, Stammtische und ein Ausdauerschwimmen in der Lahn sind Beispiele für den von der Partei propagierten „Kampf um die Gemeinschaft“. Mit einigen politischen Botschaften wandte sich „Der III. Weg“ auch nach außen. Anlässlich eines Fußballspiels des 1. FC Kaiserslautern gegen Türkgücü München verbreiteten zehn Vermummte mit Transparenten und Rauchtöpfen die rassistische Botschaft: Auf dem „Betze“ sei der „Türkenverein“ nicht willkommen. An den „Rheinpfalz“-Redakteur Christoph Hämmelmann adressierte „Der III. Weg“ einen „Ausreisegutschein“, was offensichtlich der Einschüchterung des Journalisten dienen sollte. Im pfälzischen Ludwigshafen verteilten Anhänger:innen der Partei im Januar 2021 Flyer gegen einen angeblichen Corona-Impfzwang. Beachtenswert ist auch, dass Klaus Armstroff im Juni als Zeuge in einem Verfahren gegen seine ehemalige Parteifreundin Susanne G. aussagte. Er gab an, in den Jahren 2019 und 2020 zusammen mit ihr zum Schießtraining in der Tschechischen Republik gewesen zu sein. G. wurde im Juli vom Oberlandesgericht München wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat schuldig gesprochen, weil sie Anschläge auf Muslim:innen, Polizist:innen und Politiker:innen geplant haben soll. Sie hat Einspruch eingelegt. Im November machte der Bundesvorsitzende Armstroff den Weg für einen Wechsel an der Spitze frei und wurde unter dem aus Brandenburg stammenden neuen Vorsitzenden Matthias Fischer als dessen Stellvertreter gewählt.
Das 2018 infolge des Mordes eines Geflüchteten an seiner 15-jährigen Ex-Freundin gegründete rechtsextreme „Frauenbündnis Kandel“ konzentrierte sich dieses Jahr vor allem darauf, falsche und irreführende Informationen zur Pandemie auf Telegram zu verbreiten. Gegen den ehemaligen Wortführer Marco Kurz hatte die Generalstaatsanwaltschaft bereits 2020 Ermittlungen eingeleitet, weil er einer Richterin 2019 einen „netten Plausch auf der Terrasse“ in Aussicht gestellt haben soll – was von den Ermittler:innen als Anspielung auf die Ermordung Walter Lübckes gedeutet und als Drohung bewertet wurde. 2021 lehnten sowohl das Landauer Amts- als auch das Landgericht die Eröffnung eines entsprechenden Verfahrens ab, da keine ernsthafte In-Aussicht-Stellung einer Straftat gegeben gewesen sei. Unterstützer:innen der ebenfalls dem „Frauenbündnis“ zuzurechnenden Lehrerin Myriam Kern demonstrierten wie schon im Vorjahr auch 2021 mehrfach vor dem Landauer Redaktionsgebäude der „Rheinpfalz“. Die Lokalzeitung hatte wiederholt über Kern berichtet, weil die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier bereits 2020 ein Disziplinarverfahren wegen Kerns politischem Aktionismus eröffnet hatte.
Die „Identitäre Bewegung“ trat vereinzelt durch rassistische Propaganda-Aktionen im Großraum Koblenz und in Mainz in Erscheinung. Der auch bei Identitären beliebte neurechte Youtuber Christian „Outdoor“ Illner nahm außerdem in Baden-Württemberg an einem Wochenendseminar zu rechter Lebensführung teil. Neben ihm referierten auch die NSU-Anwältin Nicole Schneiders, der „Stahlgewitter“-Musiker Frank Kraemer und der den „Hammerskins“ zuzurechnende Malte Redeker.
AfD in den Schlagzeilen
Dass die Abgrenzung der AfD zu Neonazis häufig nicht so trennscharf ist, wie sie selbst verlautbart, deckte in diesem Jahr der SWR auf. Demnach beschäftigten der Trierer Kreisverband und die Stadtratsfraktion unter ihrem Vorsitzenden und rheinland-pfälzischen Spitzenkandidaten zur Landtagswahl Michael Frisch einen polizeibekannten Rechtsextremen, der einige Jahre zuvor für die NPD bei einer Landtagswahl kandidiert hatte und sich noch 2020 an einem Infostand der „Identitären Bewegung“ beteiligte. 2009 hatte das Bundeskriminalamt ihn als „Gewalttäter rechts“ geführt, ein Jahr später war er als „relevante Person“ eingestuft worden. Diesem Personenkreis trauen Behörden zu, erhebliche politisch motivierte Straftaten zu begehen. Für Schlagzeilen sorgte zudem ein Mitarbeiter der rheinland-pfälzische AfD-Landtagsfraktion, der 2012 zu der vom niedersächsischen Innenminister verbotenen Neonazi-Gruppe „Besseres Hannover“ gehört hatte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt außerdem gegen Justin Cedric Salka, bisheriges Vorstandsmitglied der AfD Rheinland-Pfalz und stellvertretender Vorsitzender der dortigen Jungen Alternative, weil dieser in einer Chatgruppe Bilder von Adolf Hitler verschickt haben soll. Weitere Ermittlungen richteten sich gegen ein Kreistags-Mitglied der AfD in Mutterstadt. Weil der Abgeordnete keinen Corona-Test machen wollte, randalierte er zunächst im Gebäude und schlug auf dem Parkplatz dem Bürgermeister Hans-Dieter Schneider ins Gesicht. Die AfD erreichte bei der Landtagswahl 8,3 Prozent (das sind 4,3 Prozentpunkte weniger als 2016) und bei der Bundestagswahl 9,2 Prozent der Stimmen (das sind 2 Prozentpunkte weniger als 2017). Der Rückgang lag somit im Bundestrend.
Gelegenheit macht Aktive
Für Rechtsextreme und „Querdenker“ boten die Flutkatastrophe im Ahrtal und die Pandemie zwei historische Gelegenheiten, die sie politisch nutzen konnten.
Medienaffine „Querdenker“ zogen ins Ahrtal, hatten vor Ort aber keine nennenswerte Verankerung und standen noch dazu im kritischen Fokus der Öffentlichkeit. Ihnen gelang es in den ersten Tagen nach der Flut dennoch, Unruhe zu stiften und das schwindende Vertrauen in den Staat weiter zu schwächen. Mangels Struktur und Organisation waren sie aber nicht in der Lage, ihre Aktivitäten zu verstetigen, um ihrer im Sommer schwächelnden Bewegung neuen Auftrieb zu geben. Die Proteste intensivierten und verbreiterten sich mit der angespannten Corona-Situation im Herbst. Hervorzuheben sind die vielen Drohungen und Übergriffe gegen jene, die sich für die Bekämpfung der Pandemie einsetzten, und der Mord in Idar-Oberstein. Das Corona-Protest-Milieu kapselt sich weiter von der Realität ab und trägt damit weiterhin politischen und sozialen Sprengstoff in sich.
Neonazis demonstrierten durch bundesweit koordinierte Hilfeleistungen für geschädigte „Kameraden“ im Ahrtal ihre – gleichwohl eingeschränkte – Handlungsfähigkeit, die mittelfristig ihre Basis stärken und verbreitern soll. Ob sie aus dieser gesellschaftlichen Krisenerfahrung mit ihrem enormen Konfliktpotenzial langfristig werden Kapital schlagen können, ist offen. Die rechtsextremen Akteur:innen dulden einander oder kooperieren miteinander. Ihren Machtanspruch demonstrieren sie auf den Straßen und Plätzen des Landes; durch Bedrohungen versuchen sie, Engagierte einzuschüchtern. Eher im Verdeckten probieren sie parallel dazu, ihre eigenen Strukturen zu festigen, indem sie Menschen in ihre Gruppen einbinden und ihnen durch politische und kulturelle Aktivitäten Identifikationsmöglichkeiten bieten.
Mehr zur Situation im Bundesland finden Sie bei der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Rheinland-Pfalz
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