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Januar 2018 Monatsüberblick Rechtsextremismus

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Übergriffe, Gewalt und Prozesse

Mehrere Unbekannte sollen in der Neujahrsnacht in eine Cottbuser Flüchtlingsunterkunft eingedrungen sein und Bewohner verletzt haben. Der Staatsschutz ermittelt. Es gehe um gefährliche Körperverletzung, und es müsse auch geprüft werden, ob ein fremdenfeindliches Motiv hinter dem Angriff stecke. (Neues Deutschland, Tag24)

Rechte Pöbler hetzten in Dresden einen Hund auf eine Äthiopierin (19). Die junge Frau wurde verletzt. (Bild) Zwei Wochen später haben Ermittler die Tierhalterin und einen weiteren Verdächtigen ermittelt. Gegen die 23-Jährige werde wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt, teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch in der sächsischen Stadt mit. (Neues Deutschland)

Ein stark alkoholisierter Mann ist vor einer Rettungsstelle in Berlin-Biesdorf von der Polizei festgenommen worden. Der 34-Jährige hatte dort zuvor lautstark herumgepöbelt und nach einem Arzt verlangt. Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes verwiesen den Pöbler schließlich des Hauses. Der 34-Jährige machte auf dem Vorplatz weiter und spielte über sein Handy und die Lautsprecherbox laut Neonazi-Lieder ab. Dabei soll er auch die rechte Hand gehoben und „Heil Hitler“ gebrüllt haben. (Morgenpost)

Am gleichen Tag hatte ein alkoholisierter 19-Jähriger einen Sicherheitsmitarbeiter der BVG (37) rassitisch beleidigt und versucht, ihm einen Kopfstoß zu verpassen. Der Sicherheitsmitarbeiter und sein 53-jähriger Kollege drückten den jungen Mann auf den Boden und übergaben ihn der Polizei. Er sieht nun einem Ermittlungsverfahren wegen versuchter Körperverletzung und Beleidigung entgegen. (Tagesspiegel)

In einem Magdeburger Supermarkt ist es zu einem ausländerfeindlichen Angriff gegen eine Mutter und ihren Sohn gekommen. Laut Polizeibericht war die 33-jährige Deutsche mit indischen Wurzeln mit ihrem 10-jährigen Sohn beim Einkaufen, als ein Mann sie beleidigte. Der Sohn zeigte dem Mann daraufhin den Mittelfinger. Infolge dessen schlug der Täter der Frau gegen den Hals und dem Jungen ins Gesicht. Danach soll er den Jungen gewürgt haben, bis ein Zeuge einschritt. (Focus, Tag24)

Rund 250 Rechtsextreme und Hooligans zogen am 11. Januar 2016 durch Leipzig-Connewitz, hinterließen im linken Szene-Bezirk eine Spur der Verwüstung. Zwei Jahre danach wird 216 von ihnen nun wohl der Prozess gemacht. (Bild) Wegen der hohen Zahl der Verfahren seien bis auf wenige Ausnahmen jeweils zwei Beschuldigte gemeinsam wegen besonders schwerem Landfriedensbruch angeklagt worden, sagte Staatsanwältin Jana Friedrich. (taz, Endstation Rechts)

Im Lahn-Dill-Kreis (Hessen) hat die Polizei vier Neonazis vorübergehend festgenommen und ihre Wohnungen gesucht. Ihnen wird vorgeworfen, eine rechtsgerichtete Vereinigung mit etwa 100 Anhängern gegründet zu haben. (Neues Deutschland)

Ein sächsischer Neonazi baut das Konzentrationslager Auschwitz als weihnachtliches Räucherhäuschen nach und stellt ein Foto davon samt zynischem Kommentar ins Internet. Nun muss er für 18 Monate in Haft. (Frankfurter Rundschau, Nordbayern.de)

Für die internationale Neonazi-Szene war es ein Paukenschlag: Die mutmaßlichen Betreiber der zwischenzeitlich aus dem Netz genommenen Neonazi-Plattform Altermedia wurden vor das Oberlandesgericht in Stuttgart gestellt. Nun zeichnet sich das Ende eines bemerkenswerten Prozesses ab: Die Plädoyers werden erwartet. (Schwarzwälder Bote)

Die Gedenkstätte Buchenwald hat im vergangenen Jahr rund 20 Vorfälle bei der Polizei angezeigt. Etwas weniger als die Hälfte davon hatte aus Sicht der Gedenkstätte einen rechtsextremen Hintergrund. Das sagte ein Sprecher der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Dabei habe es sich beispielsweise um Hakenkreuz-Schmierereien in Gästebücher gehandelt. Bei den übrigen Vorfällen sei die Motivation der Täter nicht eindeutig. Eine Bank auf dem Gelände zu zerkratzen, könne auch unpolitischer Vandalismus sein. (Thüringen24)

Mit rund 400 neuen Verdachtsfällen von Rechtsextremismus prüft der Militärgeheimdienst so viele Soldaten wie seit Jahren nicht mehr. Die Bundeswehr erklärt das mit einer höheren Sensibilität für das Thema. (FAZ)

Angriffe auf Demo und Journalisten in Wurzen

250 Antifaschisten folgten der bundesweiten Antifa-Kampagne „Irgendwo in Deutschland“ nach Wurzen, um gegen rassistische Gewalttaten zu protestieren. Die Kampagne verzeichnet in der sächsischen Stadt „ungestörte Nazistrukturen« und eine »schweigende bis unterstützende Stadtbevölkerung“.

Noch vor Beginn der linken Demonstration patrouillierten bereits ab Sonnabendmittag die ersten Neonazis durch Wurzen. Zwar wurde die fünfzehn Personen starke Gruppe frühzeitig von Polizisten angehalten, doch kontrolliert wurde sie dabei offenbar nicht.

Zu einem schweren Zwischenfall kam es, als mehrere vermummte Neonazis aus einer Werkstatt stürmten, als Journalisten daran vorbeiliefen. Das Gelände ist als rechte Szene-Immobilie bekannt. Fünfzig Meter jagten die Neonazis hinter den Reportern her. Als Gegendemonstranten und Polizisten auf die Straße einbogen, zogen sich die Angreifer vorerst zurück.

Eine Stunde später standen die Neonazis wieder auf der Bahnhofsstraße, diesmal jedoch schwer bewaffnet. Mit einem Arsenal aus Baseballschlägern, Teleskopschlagstöcken, Pfefferspray und Macheten gingen sie drohend auf Journalisten und Demonstrierende zu. Dem Fotojournalisten Sören Kohlhuber zeigte einer der Neonazis eine Halsabschneide-Geste mit der Machete und brüllte ihm zu: „Wir kriegen dich!“ Journalisten und Demonstrierende wurden von den Rechtsextremen fotografiert. (Neues Deutschland, Zeit)

Kohlhuber: „Die Sache hatte eine Vorgeschichte. Ich lief mit Kollegen an dem Haus entlang und wir sahen darin schon eine Gruppe vermummter Personen. Wir hoben die Kameras. Die Gegenseite fotografierte auch. Plötzlich stürmten sie auf uns zu, machten Jagd auf uns. Sie verschwanden hinter einer Ecke. Nach einer Stunde kamen sie mit allerhand Material, also Waffen, wieder. Der eine brüllte, dass man mich kriegen würde. Eine Person mit blauer Jacke und Messer nahm es an seinen Hals und machte zu mir eine Halsabschneide-Gestik.“ (Bild)

Übergriffe in Cottbus

Eine Zusammenfassung der Ereignisse in Cottbus. (Zeit)

Wegen zwei von minderjährigen syrischen Flüchtlingen verübten Messerattacken in Cottbus etwa 1500 Menschen an der Demonstration des rechten Vereins „Zukunft Heimat“ teilgenommen. Darunter waren auch die Vize-Chefin der Brandenburger AfD-Landtagsfraktion, Birgit Bessin, Mitglieder der rechtsextremistischen Identitären Bewegung und andere Neonazis. Bei der Demonstration sind Journalisten attackiert worden.

Die rechtsextremistische Szene in Cottbus ist laut Verfassungsschutz hochgradig gewaltorientiert – ein Mix aus Neonazis, Rockern, Kampfsportlern, Hooligans, Hass-Musikern und Mitarbeitern von Sicherheitsdiensten. Sie tauchten auch  am Sonnabend bei den Kundgebungen des Vereins „Zukunft Heimat“ auf.  Der Verfassungsschutz registrierte bereits mit Sorge, dass nicht nur in Cottbus die Grenzen zwischen rechtsextremen und bürgerlich-asylkritischen Demonstrationen zunehmend verwischen und immer weniger Berührungsängste zwischen Bürgerinitiativen, Rechtspopulisten und Rechtsextremisten bestünden. (Tagesspiegel, Belltower.News)

SPD-Innenminister Schröter verfügt, dass nach  Konflikten keine Asylbewerber mehr in der Stadt untergebracht werden. (Potsdamer Neueste Nachrichten)

Rechtsterrorismus: NSU, Gruppe Freital, OEZ München

NSU

Im Münchner NSU-Prozess haben die Anwälte der Angehörigen der Terroropfer des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ am Dienstag ihre Plädoyers fortgesetzt – mit erneut massiven Vorwürfen gegen Behörden. Die Nürnberger Polizei habe zehn Jahre lang gegen die Familie des ersten NSU-Mordopfers, Enver Simsek, ermittelt, sagte die Anwältin der Familie, Seda Basay, in ihrem Plädoyer. Zeugenaussagen, die auf die wirklichen Täter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt deuteten, seien dagegen ignoriert worden. (Hamburger Abendblatt, BR)

Das erste Jahr des NSU-Unterausschusses im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern ist vorüber. Nach elf Ausschusssitzungen wird deutlich, dass die rechtlichen Möglichkeiten begrenzt sind und das Versprechen des Innenministeriums zu einer umfänglichen Aufklärung beizutragen nicht gehalten worden ist. Eine Chronologie. (Endstation Rechts)

NSU-Opferanwalt Mehmet Daimagüler im Interview: „Wir leben in Zeiten, in denen rassistischer Hass sich immer ungenierter öffentlich artikulieren kann. In unserer Zeit wird  nicht mehr genetisch argumentiert, sondern kulturell. Der alte Rassismus tarnt sich oft „Islamkritik“. Ich möchte mit meinem Plädoyer deutlich machen, dass Rassismus, ebenso wie Antisemitismus, Homophobie und Sexismus uns ALLE betrifft und dass wir alle aufgerufen sind, dagegen zu kämpfen, im Kleinen wie im Großen.“ (IslamIQ)

Mit einer zusammengestampften Zeugenliste setzt der NSU-Untersuchungsausschuss Baden-Württemberg seine Arbeit fort. Eigentlich wollte das Landtagsgremium in Stuttgart den Neonazi Tino Brandt zu seinen Verbindungen zum NSU befragen. Der sitzt allerdings in Thüringen im Gefängnis und kann dem Vernehmen nach nicht kurzfristig nach Baden-Württemberg gebracht werden. Brandt hatte in den 90er Jahren die Neonazi-Kameradschaft „Thüringer Heimatschutz“ aufgebaut, in der sich auch das NSU-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe bewegte. (Welt)

Der NSU-Untersuchungsausschuss will sich in diesem Jahr vor allem dem Neonazi-Netzwerk Blood & Honour, dem Thema V-Leute des Verfassungsschutzes und der rechten Musikszene widmen. Das Gremium will auf diese Weise weiter nach einem möglichen Unterstützernetzwerk der rechten Terrorzelle NSU in Baden-Württemberg suchen, wie der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler der Deutschen Presse-Agentur sagte. (Waiblinger Kreiszeitung)

Der Skandal um den Brandenburger V-Mann „Piatto“ weitet sich aus. Über die Landesgrenzen hinaus, und zu einem Justizskandal im Land: Ehe der militante, kriminelle Neonazi Carsten Szczepanski ab 1994 – trotz versuchten Mordes an einem Nigerianer – unter dem Decknamen „Piatto“ für den brandenburgischen Verfassungsschutz gut bezahlt spitzeln durfte, war er womöglich schon zwei Jahre lang V-Mann für das Bundesamt für Verfassungsschutz oder einen anderen Dienst. Diesen Verdacht hat am Donnerstag der Berliner Anwalt Christoph Kliesing im NSU-Ausschuss des Landtages geäußert und plausibel begründet. Er verwies unter Verweis auf Akten auf insgesamt „über 20 Eigentümlichkeiten“ beim Umgang von Sicherheitsbehörden und Justiz mit Szczepanski vor 1994, der Anwerbung als Brandenburger V-Mann. (Potsdamer Neueste Nachrichten)

Gruppe Freital

Eine Zusammenfassung der Ereignisse in Freital. (Standard)

Im Prozess gegen die rechtsextreme „Gruppe Freital“ hat die Bundesanwaltschaft auf eine Verurteilung der acht Angeklagten wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung plädiert. Die sieben Männer und eine Frau im Alter zwischen 20 und 40 Jahren hätten bei den ihnen vorgeworfenen Sprengstoffanschlägen auch die Tötung von Menschen in Kauf genommen, sagte Oberstaatsanwalt Jörn Hauschild zu Beginn des mehrstündigen Plädoyers vor dem Oberlandesgericht Dresden. Der Gruppe sei es darauf angekommen, „ein Klima der Angst zu schaffen“, sagte Hauschild. Ausländern und politischen Gegnern hätten die Mitglieder „das Recht abgesprochen, in Frieden zu leben“. Den Taten habe eine fremdenfeindliche, rechtsextreme und zum Teil nationalsozialistische Ideologie zugrunde gelegen. Insofern handele es sich um Angriffe „gleichsam auf das demokratische Grundprinzip“. (Tagesspiegel)

Noch bevor er mit seinen Schlussworten begann, erklärte Generalbundesanwalt Jörn Hauschild: „In den Medien und bei der Bevölkerung sind immer wieder Auffassungen zu vernehmen, dass es sich bei den Taten der Gruppe Freital um „Lausbubenstreiche“ handelt und man es nicht übertreiben soll. Jedoch hat die Beweisaufnahme ergeben, dass es nicht so ist. Die Chatprotokolle der Gruppe Freital zeigen eindeutig wie gefährlich die Gruppierung ist.“ Die Taten der Gruppe hätten die Sicherheit der BRD gefährdet. (Bild)

Anschlag in München 2016

Das Münchner Landgericht hat mit seinem Urteil gegen den Waffenlieferanten des Attentäters vom Olympia-Einkaufszentrum auch bundesdeutsche Justizgeschichte geschrieben: Zum ersten Mal wurde ein Händler für Morde belangt, die mit einer von ihm verkauften Waffe verübt wurden. Doch die Bedeutung des Urteils reicht weit über diese juristische Grenzverschiebung und die verhängte Strafe von sieben Jahren wegen fahrlässiger Tötung hinaus.

Die Kammer nämlich hat sich nicht gescheut, den angeblichen „Amoklauf“ als das zu bezeichnen, was er in Wirklichkeit war. Die Richter hegen keine Zweifel an dem rassistischen, fremdenfeindlichen Motiv hinter dem Anschlag. Die Einzigen, die jetzt noch daran zweifeln, sind die bayerische Staatsregierung und die CSU-Mehrheit im Landtag. (SZ)

Rechtsextremismus in der AfD

Bei der Veranstaltung „Fraktion im Dialog“ kommen bei  der AfD-Hamburg regelmäßig Gastredner zu Wort. Mal prominente Parteimitglieder, mal Externe. Am 24. Januar darf nun ein Mann im Kaisersaal sprechen, der eine fragwürdige politische Vergangenheit hat: Bernd Kallina (67).

Laut AfD-Einladung „Journalist“ und „Medienberater“, ehemaliger Redakteur des Deutschlandfunks. Was verschwiegen wird: Kallina ist Ex-NPD-Mitglied, wie Fraktionschef Alexander Wolf (50) „Alter Herr“ der stramm rechten Burschenschaft „Danubia“. (Bild)

Einer lügt. Entweder ein NPD-Stadtrat aus Bayern oder Andreas Kalbitz, der Vorsitzende von AfD-Landtagsfraktion und Landesverband in Brandenburg, inzwischen auch Mitglied im Bundesvorstand. Der 45-jährige Kalbitz – eloquenter Typ, Ruf eines Rechtsaußen selbst innerhalb der AfD – hat am Mittwoch auf Anfrage des Tagesspiegel jedenfalls strikt bestritten, enge Verbindungen zu einem bekannten NPD-Politiker zu pflegen. Kalbitz selbst war wegen rechtsextremer Umtriebe in seiner Vita – und bei Mitarbeitern – wiederholt in die Schlagzeilen geraten. Diesmal geht es um Karl Richter, der in München in der NPD aktiv ist und für die Initiative „Ausländerstopp“ in den Stadtrat gewählt wurde, ein NPD-Politiker, der wegen Hitlergrußes bei seiner Vereidigung zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Und dieser Karl Richter hält offenbar viel von Kalbitz, wie der NPD-Mann nach dem letzten AfD-Bundesparteitag am 4. Dezember 2017 im sozialen Netzwerk Facebook schrieb – und zwar in einer Einschätzung über den neuen AfD-Bundesvorstand. Zitat: „Auch wenn die Lügenmedien jetzt ein weiteres Mal den ‚Rechtsruck‘ der AfD herbeihalluzinieren – nichts ist falscher“, schrieb Richter. „In Wahrheit ist der ‚Flügel‘ bis auf den Brandenburger Fraktionschef Andreas Kalbitz, mit dem mich eine langjährige politische Freundschaft verbindet, im neuen Bundesvorstand praktisch nicht mehr präsent“, heißt es weiter. (Tagesspiegel)

In geschlossenen Facebook-Gruppen hetzen Rechte gegen Flüchtlinge und Juden, leugnen den Holocaust, warnen vor einer „muslimischen Invasion“, rufen zum Mord an Politikern auf. Auch die Namen von AfD-Politikern tauchen in den Foren auf. (FAZ)

Parteien: NPD, Die Rechte, III. Weg

NPD

Vor einem Jahr scheiterte das zweite NPD-Verbotsverfahren. Doch das hat den Rechtsextremen nichts genutzt. Die Partei verliert massiv Wähler und Mitglieder. (Tagesspiegel, Saarbrücker Zeitung)

Die rechtsextremistische Partei wird weiterhin mit Steuergeldern unterstützt. Zwar einigten sich die Bundesländer im Juli darauf, der NPD die staatliche Parteienfinanzierung zu entziehen und änderten dafür das Grundgesetz. Doch entscheiden müsste das Bundesverfassungsgericht – und dort liegt noch kein entsprechender Antrag vor. (Merkur)

Die NPD hat durch das Wahlergebnis von 0,4 Prozent ihre Ansprüche aus der Parteienfinanzierung für Bundestagswahlen verloren. Bereits erhaltene Abschlagszahlungen für 2017 – nach Angaben der Bundestagsverwaltung rund 770.000 Euro – muss die Partei größtenteils zurückzahlen. Die genaue Summe wird derzeit berechnet, Mitte Februar soll der Bescheid ergehen. (Focus)

Der NPD-Funktionär und langjährige Anführer der Neonazi-Gruppierung „Kameradschaft Northeim“, Thorsten Heise, hat in einem kuriosen Rechtsstreit vor dem Landgericht Göttingen klein beigegeben. Der 48-Jährige habe einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Gründer und Leiter des Künstlerkollektivs „Zentrum für politische Schönheit“ (ZPS), Philipp Ruch, zurückgezogen, teilte eine Gerichtssprecherin mit. Heise wollte dem ZPS gerichtlich verbieten lassen, Tassen, T-Shirts und andere Artikel zu vertreiben, auf denen er gemeinsam mit dem umstrittenen AfD-Politiker Björn Höcke abgebildet ist. Sein Anwalt hatte den Antrag damit begründet, dass Heise einer solchen Verwendung nie zugestimmt habe und nicht mit dem Protagonisten einer „weit links stehenden Konkurrenzpartei“ in Verbindung gebracht werden wolle. (HNA, Neues Deutschland)

Weder Sachsens NPD-Chef Jens Baur noch seine Ex-Freundin Nele Schier dürfen sich künftig dazu äußern, was Ende Juni 2016 im Verlagshaus der rechtsextremen NPD in Riesa vorgefallen ist. Laut einer Sprecherin des Landgerichts Dresden haben sich die beiden Parteien auf einen Vergleich verständigt, in dem diese Einigung formuliert wurde. Schier, ehemalige Moderatorin von Deutsche-Stimme-TV, hatte öffentlich behauptet, von ihrem Ex geschlagen worden zu sein. Baur streitet das ab. (Sächsische Zeitung)

Die Rechte

Erst verließ der Bundesvorsitzende Christian Worch die von ihm gegründete Partei Die Rechte, wenig später schmiss der Landesvorstand Thüringen hin – nun sollen offenbar auch sämtliche Mitglieder aus Brandenburg der Neonazi-Partei den Rücken kehren. Es soll zurückgehen in alte Kameradschaftsstrukturen. (Endstation Rechts)

Am 2. Juni 2018 soll im niedersächsischen Goslar der diesjährige bundesweite Naziaufmarsch „Tag der deutschen Zukunft“ (TDDZ) stattfinden. Vor wenigen Tagen hat nun die organisierende Struktur vor Ort, das „Kollektiv Nordharz“, seine Auflösung bekanntgegeben. Kurz danach gründeten Aktivisten einen „Großkreisverband Süd-Ost-Niedersachsen“ der Partei Die Rechte. (Zeit, Neues Deutschland)

Die Grünen in Bayern wollen den Zusammenschluss aus gewaltbereiten Kameraden und Ex-NPDlern jetzt verbieten lassen. (Vice, SZ)

III. Weg

In Plauen sammeln Neonazis der Kleinstpartei „III. Weg“ für Bedürftige – allerdings nur für Deutsche. Der Verfassungsschutz warnt vor den „pseudosozialen“ Aktivitäten und sieht in der „Deutschen Winterhilfe“ klare „Bezüge zum historischen Nationalsozialismus“. Nämlich zum karitativen Projekt der Nazis, dem „Winterhilfswerk des Deutschen Volkes“. (MDR)

Reichsbürger

Die Szene der sogenannten „Reichsbürger“ in Deutschland wird immer größer. Wie das Nachrichtenmagazin „Focus“ unter Berufung auf die Verfassungsschutzämter der Länder berichtet, ist die Zahl der „Reichsbürger“ und sogenannten Selbstverwalter binnen Jahresfrist um mehr als 50 Prozent gestiegen – auf nunmehr 15.600 im Januar 2018. Anfang 2017 gingen die Sicherheitsbehörden noch von rund 10.000 „Reichsbürgern“ in Deutschland aus. (FAZ)

In Sachsen gaben zuletzt gut 120 sogenannte Reichsbürger ihre Personalausweise zurück, in Sachsen-Anhalt waren es 35: Die beiden Länder prüfen ebenso wie Thüringen, von solchen Pass-Rückgebern künftig eine Aufbewahrungsgebühr zu verlangen. Das teilten die drei Innenministerien auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. In Brandenburg oder Berlin ist die Idee den zuständigen Behörden zufolge hingegen kein Thema. (Morgenpost)

Nach FOCUS-Informationen plant eine bewaffnete Gruppe innerhalb der Reichsbürger-Szene offenbar den Aufbau einer eigenen Armee. Entsprechende Bestrebungen haben Verfassungsschutzämter in Ostdeutschland registriert. Sicherheitskreise bestätigten FOCUS, dass sich Reichsbürger aus mehreren Bundesländern bei einem konspirativen Treffen mit dem Aufbau einer militärischen Organisation befasst haben. „Die bereiten sich eigenen Angaben zufolge auf den Tag X vor“, so ein ranghoher Beamter, wobei unklar sei, welches Datum sie damit meinten. (Focus)

Rechtsextremismus-Experte: „Die Reichsbürger sind ein Club voller chaotisch denkender Menschen. Die Idee, dass mehrere Tausend diszipliniert durch die Gegend marschieren, ist für mich völlig unvorstellbar. Die Reichsbürger sind so wirr, dass sich ihre Gruppen ab einer Größe von rund zehn Leuten schon wieder teilen, weil sie intern nicht kompatibel sind. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es die Idee einer Armee gibt, aber den Reichsbürgern fehlt die dafür nötige organisatorische Kraft.“ (Stern)

Leas Vater ist ein Reichsbürger, für den die Bundesrepublik Deutschland nicht existiert. Das hat Folgen für den Alltag seiner Tochter. (taz)

„Identitäre Bewegung“

Gerne inszeniert sich die Identitäre Bewegung als hippe Jugendbewegung, die mit der Alten Rechten wenig gemein habe. Dass Gewalt jedoch auch bei der IB elementarer Bestandteil ist, zeigt eine aktuelle Auflistung aus Sachsen-Anhalt. Gegen die dortigen Gruppen ermittelte die Polizei gleich in mehreren Fällen wegen Körperverletzung, Beleidigung und eines Verstoßes gegen das Waffengesetz. (Endstation Rechts)

Provokationen sind das Geschäftsmodell der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ (IB). Mit mehr oder minder aufwendigen Aktionen versuchen die Aktivist_innen Aufmerksamkeit für sich zu generieren. Der IB-Ableger in Hamburg ruft jetzt seine Anhänger dazu auf, Vormundschaften für minderjährige Geflüchtete zu übernehmen. Das Ziel dabei: die Minderjährigen sollen überzeugt werden, dass Land wieder zu verlassen. (Belltower.News, Welt)

Der Kinderschutzbund hat die Justiz vor Anfragen Rechtsextremer gewarnt, die eine Vormundschaft für minderjährige Flüchtlinge übernehmen wollen. Das bestätigte ein Sprecher der Sozialbehörde. (Spiegel)

In völkischen Jugendorganisationen wird seit Jahren extrem rechter Nachwuchs herangezogen. Inzwischen gehen die Sprösslinge in der Identitären Bewegung auf, die gute Kontakte zur AfD pflegt. (Kontext)

Rechtsrock

In Leipzig traf die Polizei nach einem Hinweis auf etwa 70 Rechtsextreme, die auf einer Industriebrache vor einer Halle standen. Offenbar sollte dort an diesem Abend ein Rechtsrock-Konzert stattfinden. Laut Polizeibericht handelt es sich um ein Gelände in der Kamenzer Straße. Dort befand sich zwischen Sommer 1943 und Frühjahr 1945 ein Außenlager des KZ Buchenwald. Die SS hatte dort mehr als 5.000 weibliche KZ-Häftlinge interniert, die für den Rüstungskonzern HASAG Waffen und Munition herstellen mussten. Bereits 2009 hatte der damalige Leipziger Polizeipräsident Horst Wawrzynski in einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung gesagt, dass auf dem Gelände damals regelmäßig „Skinhead-Konzerte“ stattgefunden hätten, nachdem ein „Rechstextremer“ das Areal gekauft hatte. (Vice)

Für 45 Euro wird allerlei geboten, was Neonaziherzen höher schlagen lässt: Rechtsrock, Propaganda, Kampfsport, Tätowierer. Auch das Datum des Festivals „Schild und Schwert“ ist eine der in der rechten Szene beliebten Anspielungen: Ab dem 20. April, dem Geburtstag Adolf Hitlers, lädt NPD-Vizechef und Neonazikader Thorsten Heise für zwei Tage in das sächsische Örtchen Ostritz an der polnischen Grenze ein. Das Fest könnte eines der größten Vernetzungstreffen der militanten Neonaziszene dieses Jahres werden. Hunderte Rechtsradikale werden erwartet. (Frankfurter Rundschau, Berliner Rundschau)

Vermischtes, Debattenbeiträge und Recherchen

Gerade hat der Generalbundesanwalt im Terror-Prozess am Oberlandesgericht gegen die rechte Schlägertruppe „Gruppe Freital“ Haftstrafen von fünf bis elf Jahren für die acht Angeklagten gefordert.  Und am Landgericht Dresden wird seit Wochen gegen sechs mutmaßliche Mitglieder der „Freien Kameradschaft Dresden“ (FKD) verhandelt. Die Ermittlungen in der rechten Szene sind aber noch lange nicht abgeschlossen. Seit neuestem sitzt Rene H. (31) in U-Haft. Sein Name wurde in den Prozessen immer wieder genannt. (Tag24)

Neue Rechte und Alt-Right wollen, dass Männer endlich wieder männlich sein dürfen. Denn Schuld an allem Übel sei der Feminismus, weil er die Frauen wider ihre Natur vom Herd getrennt hat. (FAZ)

Die radikale Rechte hat den Bitcoin entdeckt – als Werkzeug, Einnahmequelle und politisches Symbol. Aktivisten rufen zu Kryptospenden auf und feiern die neue „Währung der Rechten“. Ihr Schattenreich wächst schnell. (Handelsblatt)

Mit dem Auffliegen des Nationalsozialistischen Untergrunds wurde offenbar, dass die Ermittlungsbehörden nur wenig über die Netzwerke der rechtsextremen Szene wissen. Wer zu den aktiven Unterstützern der Terrorzelle gehörte – darüber wird noch immer diskutiert. Die Szene zu durchdringen ist auch deshalb so schwer, weil ständig neue Gruppen und Verbindungen aufploppen. So wie gerade die „Erzlichter“ aus dem Erzgebirge. Was ist über die Gruppierung bekannt und wie ernst muss man sie nehmen? (MDR)

Der Potsdamer Neonazi Gabor G. war nach PNN-Recherchen für die Bewachung einer Flüchtlingsunterkunft in der Stadt zuständig. Am Mittwoch nun wurde er nach Beschwerden vom Dienst suspendiert. (Potsdamer Neueste Nachrichten)

Der bayerische Verfassungsschutz beobachtet die „Soldiers of Odin Germany Division Bayern“ ab sofort als rechtsextremistische Bestrebung und ordnet die Gruppierung dem „subkulturell geprägten Rechtsextremismus“ zu. (BNR)

E-Mail mit Hitlergruß und Schulung „patriotischer“ Betriebsräte: Medien berichten, dass ein rechter Verein Einfluss auf den Daimler-Betriebsrat in Untertürkheim nimmt. (Zeit)

Neonazis haben einem Zeitungsbericht zufolge in Deutschland mehr als hundert Immobilien für politische Zwecke unter ihre Kontrolle gebracht. Die Bundesregierung zählte bis Ende vergangenen Jahres 136 entsprechende Grundstücke, Häuser und Wohnungen, wie das RedaktionsNetzwerk Deutschland (Freitag) berichtet. Diese würden für Treffen, Propaganda oder Musikfestivals der rechten Szene genutzt. Die Zeitungsgruppe beruft sich dabei auf einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion. (Neues Deutschland)

Ausland: Griechenland, Österreich, UK, Polen

Nach Angriffen auf ein soziales Zentrum in Griechenland wurden am Donnerstag vier mutmaßliche Neonazis festgenommen. Die griechische Anti-Terror-Polizei verhaftete die Männer am Morgen in der Region Attika. Ihnen wird vorgeworfen, im August vergangenen Jahres einen Brandanschlag auf das linke Zentrum „Favela“ im Hafenviertel von Piräus verübt zu haben. (Neues Deutschland)

Der Kurznachrichtendienst Twitter macht auch in Griechenland Ernst mit seiner Ankündigung, gegen Hassreden und Rassismus durchzugreifen: Seit Donnerstag ist der Account der griechischen rechtsradikalen Partei Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte) bei Twitter gesperrt. (NZZ)

Kritik an Besetzung der FPÖ-Kabinette in Österreich: Einige Mitarbeiter sollen Kontakte zur extremen Rechten (gehabt) haben. (Die Presse, FAZ)

Markus Ripfl ist FPÖ-Gemeinderat. Ein „Like“ am Silvesterabend für eine Neonazi-Band brachte ihn auf Twitter in Erklärungsnot. Und kostete ihn letztlich auch seinen Posten. (Heute, oe24)

Nach rund zwölf Stunden Beratung haben die Geschworenen im Leobener Landesgericht sieben mutmaßliche Neonazis wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt. Sie fassten teils bedingte Haftstrafen von acht bis 30 Monaten aus. Manche von ihnen müssen Geldstrafen bezahlen und ein Alkoholverbot einhalten. (Kurier)

Die britische Polizei hat am Mittwoch sechs Menschen wegen Terrorverdachts festgenommen. Den fünf Männern und einer Frau im Alter von 21 bis 37 Jahren werden Mitgliedschaft in der verbotenen Neonaziorganisation „National Action“ und Vorbereitung terroristischer Straftaten sowie Anstiftung dazu vorgeworfen. (Junge Welt)

TV-Recherchen über die polnische Organisation „Stolz und Moderne“ sorgen seit dem Wochenende für Aufsehen, Hitler-Huldigung inklusive. Aufmerksam wird auch die Reaktion der Regierung verfolgt: Ihr wurde oft vorgeworfen, rechtsradikale Gruppierungen gewähren zu lassen. Doch das ist dieses Mal anders. (DLF)

 

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