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Juli 2012 Fahndungspannen bis zur Reißwolf-Affäre

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02.07.2012

NSU: Italien warnte bereits 2003 vor Neonazi-Netzwerk

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat bereits im März 2003 konkrete Hinweise auf ein Netz rechtsextremer Terrorzellen in Deutschland erhalten. Das berichtet die Frankfurter Rundschau unter Berufung auf ein Schreiben des italienischen Staatsschutzes AISI an den Verfassungsschutz vom 14. Dezember 2011. In dem Schreiben hatte demnach der italienische Staatsschutz seine Erkenntnisse über deutsche Neonazis aus dem Umfeld der mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe zusammengefasst. Aus dem Schreiben der Italiener geht nach Angaben der FR auch hervor, dass deutsche Neonazis insbesondere aus Bayern und Thüringen seit Jahren enge Beziehungen nach Italien pflegen. (Zeit,Süddeutsche ZeitungStern)

Kassel: Mordfall Yozgat – Vorwürfe gegen Verfassungsschutz

Im Zusammenhang mit dem Mord an Halit Yozgat hat die Kasseler Polizei erstmals heftige Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz erhoben. Man fühlte sich vom hessischen Verfassungsschutz nicht ausreichend bei den Ermittlungen unterstützt. Halit Yozgat war am 6. April 2006 in seinem Internetcafé an der Holländischen Straße vermutlich von rechten NSU-Terroristen erschossen worden. Zur Tatzeit hielt sich der Hofgeismarer Verfassungsschutzmitarbeiter Andreas T. in dem Café auf. (Hessische/Niedersächsische Allgemeine)

03.07.2012

NSU: Verfassungsschutz manipulierte Computer

Wie der „Spiegel“ aus einem bereits länger vorliegenden internen Untersuchungsbericht berichtete, sollen Verfassungsschutzbeamte offenbar auch Computerdateien zur NSU-Mordserie bewusst lückenhaft geführt haben. Kurz nach Bekanntwerden der Mordserie hatte ein Referatsleiter zudem Ordner mit Details zu den Ermittlungen vernichtet. (Kölner Stadt-Anzeiger)

NSU: Bouffier stützte Geheimdienst-Schweigen

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) gerät wegen seines Verhaltens bei der Aufklärung eines mutmaßlichen Mordes der Rechtsterroristen Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) in Kassel im Jahr 2006 unter Druck. Ein Agent war bei dem NSU-Mord in Kassel anwesend – Aufklärung darüber behinderte die Behörde nach Kräften. Bouffier, der damalige Innenminister Hessens, stützte das Handeln des Verfassungsschutzes. (Frankfurter RundschauFrankfurter Allgemeine Zeitung)

Friedrich stellt Verfassungsschutz auf Prüfstand

Nach dem Rückzug von Verfassungsschutz-Präsident Heinz Fromm hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich weitere Konsequenzen in der Behörde angekündigt. Man müsse sich grundsätzlich Gedanken machen über die Arbeitsweise der Behörde. „Der Nachrichtendienst ist ja nicht für sich da, sondern er ist für die Information der Abgeordneten als Vertreter der Bevölkerung da“, sagte Friedrich. (MDR THüringen)

Grünen fordern Auskunft über V-Leute im NSU-Fall

Nach der Aktenvernichtung im Fall der Zwickauer Terrorzelle verlangen die Grünen Auskunft über alle geheimdienstlichen Operationen und V-Leute in der rechten Szene zwischen 1997 und 2011. Das habe die Fraktion im Untersuchungsausschuss des Bundestages beantragt, sagte Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele. (Rheinische Post)

Wie reagieren die NSU-Opfer auf Fromms Rücktritt?

Die Angehörigen der Opfer des NSU-Terrors sind in besonderer Weise an rückhaltloser Aufklärung über die Pannen bei der Fahndung interessiert. Wie reagieren sie auf den Rückzug des Verfassungsschutz-Chefs? Ein Bericht. (CiceroTagesspiegel)

Türkische Gemeinde begrüßt Rücktritt von Verfassungsschutzpräsident

Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat den Rücktritt des Verfassungsschutzpräsidenten Heinz Fromm wegen der Pannen bei der Verfolgung der Neonazi-Zelle NSU begrüßt. „Es ist höchste Zeit, politische Konsequenzen zu ziehen“, erklärte der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, am Montag in Berlin. (Welt)

04.07.2012

Verfassungsschutz hatte Hinweise nach NSU-Nagelbombenattentat

Vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags sind neue ungeklärte Fragen zur Rolle des Verfassungsschutzes nach dem Kölner Nagelbombenattentat 2004 aufgetaucht. Der Verfassungsschutz habe laut Akten schon früh vermutet, dass das Attentat nach dem Muster der internationalen Neonazi-Organisation «Combat 18» abgelaufen sei. Die Hinweise blieben aber folgenlos. (Welt)

NSU: Vierter Ausschuss soll Neonazi-Morde untersuchen

Nach dem Bundestag sowie den Ländern Sachsen und Thüringen will am Mittwoch auch der bayerische Landtag einen Ausschuss zur Untersuchung der Mordserie durch das rechtsextreme Zwickauer Terrortrio NSU einsetzen.  Aufgabe des Gremiums soll es sein, das mögliche Fehlverhalten bayerischer Sicherheits- und Justizbehörden sowie der zuständigen Ministerien aufzuklären. (Westdeutsche Allgemeine ZeitungMerkur Online)

NSU: Landtagsausschuss erfährt Klarnamen von Neonazi-V-Leuten

Thüringens Innenminister Jörg Geibert will dem Landtags-Untersuchungsausschuss zur Neonazi-Terrorzelle Einsicht in die Klarnamen-Datei der V-Leute gewähren. Damit sollen Spekulationen aus dem Weg geräumt werden, dass ein Mitglied des Neonazi-Trios ein geheimer Informant des Verfassungsschutzes gewesen sein könnte. (Zeit)

NSU: Militär-Geheimdienst blockiert Akten

Bisher verweigert der Militärische Abschirmdienst den Zugriff auf seine Akten zu den Ermittlungen gehen die Zwickauer Zelle. Der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy beharrt nun auf der Herausgabe. Der Untersuchungsausschuss zum Rechtsterrorismus soll Zugang zu den geheimen Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutzes (BfV) zur umstrittenen Operation „Rennsteig“ bekommen, nun soll auch der Militärische Abschirmdienst (MAD) seine „Rennsteig“-Akten offen legen müssen, fordert Edathy. (Frankfurter Rundschau)

NSU: Thüringens Verfassungsschutz-Chef muss Amt aufgeben

Das Beben in den deutschen Geheimdiensten klingt nicht ab. Nach dem Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz muss nun auch der Präsident des Landesamtes in Thüringen gehen. Thomas Sippel wird vom dortigen Innenminister Jörg Geibert (CDU) in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Das teilte Geibert am Dienstagabend mit. Sippel stand wegen seiner Informationspolitik in der Kritik. Der Vorsitzende des Bundestags-Untersuchungsausschusses will weitere Rücktritte nicht ausschließen. (Süddeutsche ZeitungStern)

06.07.2012

 

NSU: Familie zeigt Verfassungsschutz an

Hinterbliebene der NSU-Opfer haben bei der Karlsruher Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen Mitarbeiter des Bundesverfassungsschutzes eingereicht. Die Angehörigen des in Hamburg von der rechtsextremen Zwickauer Terrorzelle NSU erschossenen Gemüsehändlers Süleyman Tasköprü werfen den Verfassungsschützern demnach vor, wichtige Aktenordner zum NSU-Komplex im November 2011 vernichtet zu haben. Erreicht werden soll damit laut Zeitungsbericht unter anderem ein Durchsuchungsbeschluss für die Räume des Bundesverfassungsschutzes. (WeltNDR,Hamburger Abendblatt)

NSU: Auch MAD legt Akten zu Neonazi-Affäre offen

Auch die geheimen Akten des Militärischen Abschirmdienstes zur Neonazi-Affäre werden für Mitglieder des Bundestags-Untersuchungsausschusses offengelegt. Der MAD hatte von 1999 bis 2003 Informationen zum rechtsextremistischen «Thüringischen Heimatschutz» gesammelt. Dabei ging es darum festzustellen, ob Bundeswehrsoldaten in rechtsextremistische Aktivitäten involviert waren. (Welt)

NSU: Innenminister setzt Sonderermittler ein

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat zur Aufklärung der Neonazi-Affäre einen Sonderermittler in seinem Ressort eingesetzt. Ab kommender Woche soll der Ermittler auch mögliche Fehler des Verfassungsschutzes untersuchen. (Handeslblatt)

09.07.2012

NSU: Andreas T. soll aussagen

Der Untersuchungsausschuss im Bundestag zur Mordserie des rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) will offenbar weitere Zeugen zu der Tat in Kassel hören, die sich im April 2006 ereignet hat. Neben dem früheren hessischen Verfassungsschutzpräsidenten Lutz Irrgang und dem hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) soll auch der ehemalige Verfassungsschützer Andreas T. aussagen, der sich damals am Tatort aufgehalten hatte. Der Verfassungsschützer war während der Ermittlungen 2006 vorübergehend unter Verdacht geraten, in den Mord möglicherweise verwickelt zu sein. (Frankfurter Allgemeine Zeitung)

 

NSU: Innenminister Friedrich kündigt Umbau des Verfassungsschutzes an

Als Konsequenz aus der Affäre um die Vernichtung von Akten der Zwickauer Terrorzelle NSU will Innenminister Friedrich den Verfassungsschutz grundlegend umbauen. Die aufgetretenen Mängel zeigten, dass es im Verbund dringenden Reformbedarf gebe. Der Minister schloss eine Reduzierung der derzeit 16 Landesämter für Verfassungsschutz nicht aus. (FocusN24WeltFrankfurter Rundschau)

Bundesrat billigt Neonazi-Datei

Der Bundesrat billigte am Freitag die Einrichtung der Datensammlung. Vorbild ist die Anti-Terror-Datei, in der Polizei und Geheimdienste schon seit Jahren ihre Erkenntnisse über mutmaßlich gefährliche Islamisten verknüpfen. Die Neonazi-Datei soll von Polizei und Verfassungsschutzämtern in Bund und Ländern mit Informationen über gewaltbereite Rechtsextremisten und deren Kontaktpersonen gefüttert werden. (Berliner ZeitungSüddeutsche Zeitung)

10.07.2012

NSU: Bouffier will im Untersuchungsausschuss aussagen

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier will bei der Aufklärung der Neonazi-Affäre helfen. Er habe zwar noch keine Vorladung für den NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag bekommen, sagte Bouffier. Er werde aber alles darlegen, was ihm möglich sei. Nach Medienberichten soll Bouffier am 28. September vor dem Gremium aussagen. Der CDU-Politiker wies erneut Vorwürfe zurück, er habe 2006 als damaliger Landesinnenminister im Kasseler Neonazi-Mordfall die Ermittlungen behindert. (ZeitWelt)

NSU: Justizministerin stellt Nachrichtendienst MAD in Frage

Die deutschen Geheimdienste stehen seit der Blamage um die Zwickauer Terrorzelle in der Kritik. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger zweifelt nun auch die Notwendigkeit des Militärischen Abschirmdienstes an. Der MAD sei „in dieser Form“ nicht mehr brauchbar. „Der Militärische Abschirmdienst muss auf den Prüfstand“, sagte die FDP-Politikerin der „Augsburger Allgemeinen“. Auch er sei ohne Erfolg mit der rechtsextremen Thüringer Szene befasst gewesen. (SpiegelWelt)

11.07.2012

NSU: Sachsens Verfassungsschutzchef tritt zurück

Der sächsische Verfassungsschutzpräsident Reinhard Boos tritt wegen Pannen bei den Ermittlungen zur rechtsextremen Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zurück. Das teilte Landesinnenminister Markus Ulbig (CDU) im Landtag in Dresden mit. Boos habe selbst um seine Versetzung zum 1. August gebeten. Er ist nach Bundesverfassungsschutzchef Heinz Fromm und dem thüringischen Verfassungsschutzpräsidenten Thomas Sippel binnen kurzer Zeit bereits der dritte Chef eine Geheimdienstbehörde, der wegen der Pannen in den NSU-Ermittlungen vorzeitig aus dem Amt scheidet. (DonaukurierSpiegel)

NSU: Kolat wirft Behörden Rassismus vor

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, hat deutschen Behörden angesichts der NSU-Fahndungspannen und der Vernichtung von Akten im Bundesamt für Verfassungsschutz Rassismus vorgeworfen. „Die türkischstämmige Bevölkerung hat überhaupt kein Vertrauen mehr in die Sicherheitsorgane“, sagte er der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung. „Es gibt einen institutionellen Rassismus in den Behörden.“ Kolat sagte weiter: „Wir leben gern in Deutschland. Aber wir wollen ohne Angst leben.“ (Süddeutsche ZeitungWeltFocus,Deutschlandradio)

12.07.2012

NSU: Skurrile Geschichten umgeben Roewer

Während NSU-Terroristen modeten, zitterten vor dem Chef des Thüringer Verfassungsschutzes offenbar nur die Untergebenen. Beteiligte erzählen skurrile Geschichten über Helmut Roewers Arbeit und darüber, wie er in seine Position kam. Die Frage steht im Raum: Wie konnte solch ein Mensch in so eine wichtige Position kommen? Um die Antwort drücken sich vor dem Untersuchungsausschuss im Erfurter Landtag alle beteiligten, die Landtagsabgeordnete Katharina König (DIe Linke) hat einige besonders denkwürdige Sätze dokumentiert. (Berliner ZeitungKölner Stadt-AnzeigerAugsburger Allgemeine)

NSU: Abgeordnete rätseln über mysteriöse Akte

Der sächsische Verfassungsschutz hat eine Geheimakte monatelang zurückgehalten – angeblich wurde sie erst jetzt gefunden. Auf den ersten Blick sind es banale Protokolle. Wäre da nicht die enge Verbindung eines Mitglieds der rechtsextremen Gruppe „Blood & Honour“ zu einem V-Mann. (SpiegelTagesspiegel)

13.07.2012

NSU: Verfassungsschutz schreddert zweimal

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat nicht nur am 11. November 2011 NSU-Akten geschreddert, sondern auch noch einige Tage danach. Und anders als im ersten Durchgang vernichtete man dabei auch Dokumente, die noch nicht genauer gesichtet worden waren. Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ hat eine Zeugin gesagt, dass sie einige Tage nach der ersten Schredderaktion „zufällig“ einen weiteren Ordner gefunden habe, der zu den anderen gehörte und eigentlich schon am 11. November hätte beseitigt werden müssen. (Süddeutsche ZeitungFrankfurter Allgemeine Zeitung)

NSU: Leak-Seite veröffentlicht erstaunliche Berichte

Das Jahr 2000, mitten in Thüringen: Während das Landesamt für Verfassungsschutz in Erfurt federführend involviert ist in die Suche nach Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, legt ein vom Innenministerium des Landes beauftragter Prüfer einen „Bericht über die Funktionsweise des Amtes“ vor. Zwei Monate hat der aus Gießen stammende Rechtsanwalt Karl Heinz Gasser die Behörde durchleuchtet. Und Erschütterndes vorgefunden, wie das mit „VS – nur für den Dienstgebrauch“ gestempelte Originaldokument zeigt, das das Internetblog NSUleaks jetzt veröffentlicht hat. (Mitteldeutsche Zeitung)

NSU: Brandenburger Altfälle überprüft

Nach der Mordserie der Zwickauer NSU-Terrorzelle haben auch die Brandenburger Sicherheitsbehörden die Archive nach möglichen Altfällen durchforstet, die ins Verbrechensraster der drei Neonazis fallen könnten. Dabei sei nach bundesweit abgestimmten Regeln verfahren worden. Auf relevante Parallelfälle sei man dabei jedoch nicht gestoßen. (Märkische Allgemeine Zeitung)

Sachsen: Koalition gegen Vernehmung von Verfassungsschutzchef Boos

Der Untersuchungsausschuss des sächsischen Landtags zum Neonazi-Terror wird in der kommenden Woche nicht den scheidenden Verfassungsschutzchef Reinhard Boos vernehmen. Die schwarz-gelbe Koalitionsmehrheit im Ausschuss lehnte den Antrag von Linken, SPD und Grünen für eine entsprechende Sondersitzung ab. Der Grund: Die Ausschussmitglieder könnten derzeit noch nicht die Papiere einsehen, die jüngst im Landesamt für Verfassungsschutz aufgetaucht waren, worauf Boos seinen Rücktritt eingereicht hatte. (Stern)

16.07.2012

 

NSU: Neue Polizei-Akten aufgetaucht

In Thüringen sind nach einem Bericht des MDR neue Akten zu der NSU-Terrorzelle aufgetaucht. In Archiven der Kriminalpolizei seien Tausende Dokumente gefunden worden, die 20 Ordner füllen, teilte MDR Thüringen am Sonntag in Erfurt mit. In den neuen Papieren sind laut MDR Einzelheiten zu Ermittlungen gegen die rechtsextreme Vereinigung „Thüringer Heimatschutz“ enthalten, wo Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe Mitglieder waren. (WeltStern)

18.07.2012

Verfassungsschutz-Vize: „Wir waren blind, was die Neonazi-Szene angeht“

Kaum V-Leute, ein selbstgerechter Chef, fachfremde Referatsleiter: Der Thüringer Verfassungsschutz war in den Neunzigern eine Chaostruppe. Peter Nocken, stellvertretender Chef des Amts, offenbarte vor dem Neonazi-Untersuchungsausschuss die blanke Ahnungslosigkeit der Beamten – und redet sich um Kopf und Kragen (Spiegel online). Mitglieder des Thüringer NSU-Untersuchungsausschusses erhielten am Dienstag zudem Einblick in geheime Akten, die auch Klarnamen von V-Leuten enthielten (mdr.de). Das Aufklärungs-Chaos in Thüringen verärgert die Politiker*innen: Erst am Wochenende waren neue Polizei-Akten zum „Thüringer Heimatschutz“ anscheinend „plötzlich“ aufgetaucht (Berliner Zeitung).

Verfassungsschutz warnt vor NSU-Nachahmern

Heute wird der bundesweite Verfassungsschutzbericht 2011 in Berlin vorgestellt.  ZEIT online berichtet vorab, dass die Verfassungsschützer*innen nun – NSU sei Dank? – der Meinung sind, dass die Zahl gewaltbereiter Rechtsextremer steige – von 9.500 auf 9.800. Die Zahl rechtsextremer Demonstrationen habe mit 260 im Jahr 2011 einen Höchststand erreicht. In den letzten Jahren hatte der Verfassungsschutz die rechtsextreme Szene stets unter „ferner liefen“ behandelt. 2011 war etwas „Linksextremismus“ das Top-Thema – nachzulesen noch einmal hier auf netz-gegen-nazis.de

19.07.2012

Anweisung zum Schreddern der NSU-Akten vom Bundesinnenministerium

Wie sich jetzt im Bundes-Untersuchungsausschuss zur Zwickauer Terrorzelle herausstellte, hat auch das Bundesinnenministerium (BMI) zehn Tage nach dem Auffliegen der Thüringer Neonazi-Zelle NSU im vergangenen November angeordnet, Protokolle von sechs Abhörmaßnahmen des Bundesamts für Verfassungsschutzes zu vernichten, obwohl damit mutmaßlich Unterstützer von Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe bespitzelt wurden. Das BMI will am heutigen Donnerstag in einer Sondersitzung dazu Stellung nehmen (Stuttgarter NachrichtenFTD). Als Konsequenz forderten nun Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses einen sofortigen Stopp des Aktenschredderns (Spiegel online).

20.07.2012

NSU-Skandal: Reißwolf-Affäre weitet sich aus

Im NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag wurde am Donnerstag über die Vernichtung von Verfassungsschutz-Akten zu Abhörprotokollen auf Anordnung des Bundesinnenministeriums (BMI) wenige Tage nach Bekanntwerden der Zwickauer Terrorzelle NSU getagt.  Danach sagte der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy: „Heute ist nachdrücklich klar geworden: Es gab eine Vertuschungsaktion.“ Der FDP-Abgeordnete Hartfrid Wolff sprach von „Sodom und Gomorrha“ im Umgang mit Akten beim Verfassungsschutz. Unions-Obmann Clemens Binninger: „Ich bin fassungslos, wie die Sicherheitsbehörden mit den Akten umgehen und umgegangen sind.“ (Welt onlinetaz) Während das BMI noch angibt, es habe sich um Akten gehandelt, die aus allen Bereichen stammten, nicht nur aus dem Bereich Rechtsextremismus, und um keine Akten, die im Zusammenhang mit der NSU standen, berichtet die Stuttgarter Zeitung mit Berufung auf Insider, es habe sich sehrwohl nur um Akten aus dem Bereich Rechtsextremismus gehandelt. Geschreddert wurden laut dem Bericht im November 2011 elf Aktenordner über Observationen gegen Rechtsextremisten, im Dezember zwölf und zuletzt im April 2012 vier und noch im Mai 2012 ein Ordner. Die Akten dokumentierten die Ergebnisse so genannter G-10-Maßnahmen, die nur angewendet werden dürfen, wenn „drohende Gefahren für den Bestand oder die Sicherheit des Landes“ bestehen (Stuttgarter Zeitung). DieMitteldeutsche Zeitung berichtet, unter den Akten seine Dokumente zu den Neonazis Jan W. und Thomas St. gewesen, die der Zwickauer Terrorzelle nahestanden. Starke soll sogar eine zeitlang mit Beate Zschäpe liiert gewesen sein (mz-webWelt).

Nach Befragung vor Thüringer NSU-Ausschuss: Roewer erstattet Anzeige gegen ehemalige Mitarbeiter

Die Befragung des ehemaligen Thüringer Verfassungsschutz-Chefs Helmut Roewer und zwei seiner früheren Mitarbeiter vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags bekommt nun offenbar ein juristisches Nachspiel. Roewer hat bei der Staatsanwaltschaft Erfurt Strafanzeige gegen die beiden ehemaligen Mitarbeiter wegen Falschaussage erstattet. Sie hatten am 9. Juli vor dem Ausschuss unter anderem von seltsamen Gepflogenheiten ihres damaligen Vorgesetzten Roewer berichtet (MDRSpiegel online).

23.07.2012

Kritik an Friedrich wegen Aktenvernichtung nach NSU-Enttarnung

Die Kritik am Bundesinnenministerium wegen der Aktenvernichtung nach der Enttarnung der Zwickauer Terrorzelle ebbt nicht ab. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, sagte am Wochenende zur Vernichtung von Akten mit Bezug zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) auf Weisung des Ministeriums: „Hier wird nicht aufgeklärt, sondern vertuscht.“ Kolat sagte außerdem, Friedrich trage „jetzt die volle politische Verantwortung und muss gegebenenfalls die politischen Konsequenzen ziehen.“  Aus Sicht der SPD hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) die Sicherheitsbehörden nicht im Griff (Welt online). Innenminister Friedrich verteidigt den Verfassungsschutz weiter – allerdings könnte auch der amtierende stellvertretende Vorsitzende nach Heinz Fromm, Alexander Eisvogel, Konsequezenzen tragen müssen (F.A.Z.).

CSU-Experte schreibt NPD-Verbot wegen Aktenvernichtung ab

Ein Verbot der rechtsextremen NPD ist durch die Affäre um die Vernichtung von Akten beim Bundesamt für Verfassungsschutz fast unmöglich geworden. Davon geht CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl laut einem Zeitungsbericht aus. Das Material des Geheimdienstes könne nun leicht in Zweifel gezogen werden (Spiegel online).

25.07.2012

NSU-Untersuchungsausschuss: Wo ist eigentlich die Presse?

Der NSU-Ausschuss versucht derzeit, die Pannen aufzuklären, die bei den Ermittlungen zu den Morden der rechtsradikalen Gruppe passiert sind. Die Publizistin Mely Kiyak ist als Zuschauerin regelmäßig dabei und schockiert, dass so wenig Kollegen mit ihr auf der Tribüne sitzen (Deutschlandradio).

26.07.2012

Strafanzeige wegen geschredderter Neonazi-Akten in Sachsen

Die Vernichtung von Ermittlungsakten zum Rechtsextremismus beim Verfassungsschutz Sachsen hat ein juristisches Nachspiel. Der Rechtsexperte der Grünen im Landtag, Johannes Lichdi, stellte Strafanzeige gegen Mitarbeiter der Behörde, unter ihnen der scheidende Behördenchef Reinhardt Boos und dessen Stellvertreter Olaf Vahrenhold. Grund sei der Verdacht auf einen sogenannten Verwahrungsbruch wegen der Zerstörung dienstlicher Schriftstücke, erklärte der Landtagsabgeordnete (mdr.de). Passend dazu eine Satire-Aktion aus Dresden: Dort protestierten junge Dresdner*innen mit Plakaten wie „Verfassungsschutz ist Heimatschutz“ (LVZ online).

31.07.2012

NSU-Mord an Polizistin: Gibt es eine Spur zum Ku-Klux-Klan?

Warum die Neonazis der NSU die Polizistin Michèle Kiesewetter töteten, ist bislang ein Rätsel. Die Polizei soll nun angeblich eine Spur prüfen, die zum rechtsradikalen Ku-Klux-Klan führt. In dessen deutscher Sektion soll nämlich Kiesewetters Zugführer bei der Polizei früher einmal Mitglied gewesen sein. Ein Informant bei der Polizei wäre eine plausible Erklärung dafür, warum die Rechtsterrorist*innen wussten, wann Kiesewetter wo Dienst hatte (n24.de). Die Bundesanwaltschaft hat diesen Zusammenhang zurückgewiesen. Zwar sei der Mann bis mindestens 2003 Mitglied der deutschen Sektion des KKK gewesen, bestreite aber jeden Zusammenhang mit der Tat (Donaukurier). Infos zum Ku-Klux-Klan in Deutschland hat BILD online.

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