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„Keine Irren, sondern gefährliche Antisemiten“

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Schön wäre es, würde es sich bei Holocaustleugnern wie Ernst Zündel, David Irving oder Rudolf Germar um ein paar verirrte Irre handeln. So irrsinnig die Vorstellung ist, der Holocaust habe nicht stattgefunden, noch viel irritierender ist es zu erfahren, dass die Holocaustleugner oft zugleich ?den Juden? für so gefährlich halten, dass sie ihn angreifen, vertreiben oder töten wollen und mehr oder weniger insgeheim damit einverstanden sind, dass der Holocaust stattgefunden hat, eben nur nicht konsequent genug.

Holocaust-Leugner leugnen eben nicht einfach nur ein Verbrechen oder ziehen es in Zweifel, die dahinter steckende Motivation ist in der Regel ein tief verwurzelter Antisemitismus. Holocaust-Leugner eint die Vorstellung, dass ?der Jude? für alles Übel in der Welt verantwortlich ist und deswegen ausgeschaltet werden muss, um selbst zu überleben. Und genau dieser ?Erlösungsantisemitismus? war die Ursache des nationalsozialistischen Staatsverbrechens, der Ermordung von sechs Millionen Juden in Europa.

Diese Kernvorstellung des radikalen Antisemitismus ist auch heute unter neonazistischen Rechten in Deutschland, in Russland oder in den Vereinigten Staaten verbreitet. In Deutschland dominiert diese Strömung den Rechtsextremismus: von Christian Worch, der die Freien Kameradschaft und auch die autonomen Nationalisten in ihrer radikalen Gewalt ideologisch stützt, bis zu Jürgen Rieger, der kürzlich zum stellvertretendem Vorsitzenden der NPD gewählt wurde. Ihr radikaler Antisemitismus ist die zentrale Ideologie, die die gefährlichsten und einflussreichsten Rechtsextremen in Deutschland eint. Ihr Antisemitismus ist Ausdruck einer ungeheuren Aggression ? und man würde dies verharmlosen, wenn man ihn nur als Ausdruck einiger Irregeleiteter bezeichnete. Der Rechtsextremismus hierzulande ist bekanntermaßen ? einzigartig in Westeuropa ? seit der Wiedervereinigung für über 150 Morde, über 15.000 Gewaltstraftaten und über 150.000 Straftaten verantwortlich.

Tatsächlich war Rechtsextremismus bis Mitte der achtziger Jahre in Westdeutschland vergleichsweise isoliert. Nicht zuletzt dank Leuten wie David Irving konnten sich die rechtsextremistischen Kader Ende der achtziger und Anfang der neunziger Jahre massiv ausbreiten, ehe Gerichtsurteile, Auftritts- und Vereinsverbote sie wieder ein Stück weit eingedämmt hatten. Solange der gewaltbereite, neonationalsozialistische Rechtsextremismus nicht erneut isoliert ist, bleibt auch die strafrechtliche Verfolgung der Holocaust-Leugnung wichtig.

Und: Die Reden der Leugner wirken auf die Opfer des Völkermords an den Juden und auf deren Nachkommen jedes Mal aufs Neue traumatisierend. Die Solidarität mit ihnen erfordert eine klare Grenzziehung. Das war auch der Grund, warum die Historikerin Deborah Lipstadt sich (mit Hilfe unseres Instituts) in einem aufwändigen Gerichtsprozess in London mit David Irving erfolgreich auseinandergesetzt hat. Die Holocaust-Leugner sind eben keine vereinzelten Irren, sondern repräsentieren ein nach wie vor leider gefährliches, internationales Netzwerk.

Gestern erschien an dieser Stelle ein Kommentar von Christoph Seils, der die Bestrafung von Holocaust-Leugnern ablehnt. Was meinen Sie? Diskutieren Sie in unserem Forum

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Hajo Funke ist Professor für Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut der Freien Universtität Berlin

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