Weiter zum Inhalt Skip to table of contents

Kommentar Das Gegenteil von Schwarz

Von|
Anetta Kahane ist Vorsitzende des Vorstands der Amadeu Antonio Stiftung (bis Ende März 2022); Foto: MUT

Der blinde Philosophieprofessor an der Universität fragte in seinen Prüfungen stets auf eine Art, die den Einsatz von Spickzetteln für die Antwort nutzlos machte, und auch sonst konnte nicht geschummelt werden. Als ich dran war, wollte er wissen, was das Gegenteil von Schwarz sei. Dass die Antwort nicht einfach „Weiß!“ sein konnte, war mir schon klar. Also bot ich ihm als Kompromiss meiner Dummheit ein zaghaftes „Grau?“ an. Er ließ mich dafür lächelnd durchfallen. Das Gegenteil von Schwarz, so meinte er, seien alle anderen Farben und nicht Weiß oder eine Nuance davon.

Wenn Zorn emanzipatorische Werte verteidigt

An dieses erhellende Gleichnis des blinden Professors erinnert mich derzeit die Diskussion überEinwanderung und den Islam. Letzterem wird vorgeworfen, demokratiefeindlich, antiliberal, frauenfeindlich, autoritär, antisemitisch und insgesamt unaufgeklärt zu sein. Er entspricht also dem Schwarz in der Gleichung derer, die ihren Zorn über das Kritikwürdige äußern. Zorn ist gut. Vor allem, wenn er die emanzipatorischen Werte verteidigt, auf die wir so stolz sind. Diese Werte sind kompliziert, denn sie erheben den Anspruch auf die Gleichwertigkeit von Menschen verschiedener Herkunft und auf Gleichberechtigung von Mann und Frau, auf Liberalität im Umgang miteinander, auf Differenzierung, auf öffentliche und freie Meinungsäußerung. Alle anderen Farben eben.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf dem Portal „Mut gegen rechte Gewalt“ erschienen (2002-2022).

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?

Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende! Schon 2 Euro helfen!

Lexikon: |
Bundesland:

Weiterlesen

2015-09-10-islamfeindlichke

Menschenfeindlichkeit August 2015 Islamfeindlichkeit

Monatsüberblick zu Islamfeindlichkeit im August 2015: 23 Angriffe auf Moscheen und islamische Einrichtungen im ersten Halbjahr 2015. Muslim-Jewish Conference in Berlin:…

Von|
Zwei Menschen sitzen an einem Tisch. Vor ihnen stehen zwei Wasserpfeifen

Shisha Bars Zwischen Safer Space und Razzien

Shisha Bars sind besonders für junge Menschen mit Migrationsgeschichten oft ein Safe Space. Gleichzeitig werden sie von Politik und Medien oft als kriminelle Orte dargestellt. Dr. Mahmoud Jaraba über Shisha Bars im Spannungsfeld zwischen öffentlicher Wahrnehmung und sozialer Realität:

Von|
Eine Plattform der