„Das ist eine Enttäuschung“, sagt der Dresdner OB-Kandidat Maximilian Krah, der für die AfD im EU-Parlament sitzt. „Unsere Ziele über 20 Prozent und Platz zwei aller Kandidaten haben wir leider nicht erreicht“, so Krah. Das Ergebnis ist weitaus schlechter, als von der Partei erhofft. Im Ersten Wahlgang konnte keiner der Kandidat:innen der Partei große Erfolge verbuchen. Es wird aller Voraussicht nach – in einigen Kommunen gibt es einen zweiten Wahlgang – vorerst keine Landräte oder Bürgermeister:innen mit AfD-Parteibuch geben. Und auch die rechtsextremen „Freien Sachsen“ konnten keine Posten ergattern. Aber trotzdem sind die Wahlergebnisse Grund zur Sorge, denn sie machen deutlich, wie hoch das rechtsextreme Wählerpotential in einigen Gegenden in Ostdeutschland weiterhin ist.
Immerhin fällt das Wahlergebnis in fast allen Kommunen eindeutig aus. Exemplarisch zeigt sich das in Dresden, wo Krah Oberbürgermeister werden wollte. Die meisten Stimmen konnte Amtsinhaber Dirk Hilbert sammeln (32,5 Prozent), an zweiter Stelle mit 18,9 Prozent kommt die Kandidatin der Grünen, Eva Jähningen. Platz drei holt Albrecht Pallas (SPD) mit 15,2 Prozent. Krah, der zu den bekannteren Gesichtern der AfD zählt, erreichte nur Platz vier, mit 14,2 Prozent. Doch der Kandidat will nicht aufgeben und auch beim zweiten Wahlgang am 10. Juli erneut antreten.
Im Landkreis Mittelsachsen hatte sich die rechtsextreme Partei die besten Chancen erhofft. Doch auch hier landet Kandidat Rolf Weigand mit 28,7 Prozent auf dem dritten von drei Plätzen, hinter einem parteilosen und einem CDU-Kandidaten.
Bei den Landratswahlen in Görlitz ist ebenfalls ein bekannter AfD-Kandidat vorerst gescheitert. Sebastian Wippel, der für die Partei im Landtag sitzt, erreichte zwar 35,5 Prozent der Stimmen, liegt damit aber mehr als zehn Prozent hinter CDU-Kandidat Stephan Meyer. Auch in Görlitz wird es einen zweiten Wahlgang geben. Interessant wird, ob die auch die anderen Kandidat:innen nochmals antreten oder eine Wahlempfehlung abgeben. Die Kandidatin der FDP hatte 8,1 Prozent der Stimmen erhalten, der unabhängige Kandidat Sylvio Arndt, der aus der „maßnahmenkritischen“ Szene kommt erreichte 10,1 Prozent der Stimmen.
Auch bei der rechtsextremen Kleinstpartei „Freie Sachsen“ gab es am Sonntag nur bedingt Grund zum Feiern. In Strehla trat NPD-Landeschef und „Deutsche Stimme“-Chefredakteur Peter Schreiber für die „Freien Sachsen“ an und erreichte 9,7 Prozent der Stimmen. Gewonnen hat Jörg Jeromin, Kandidat der Freien Wähler mit 87,1 Prozent. Die Kandidatin der AfD erreichte 3,3 Prozent. Im Erzgebigskreis zeichnet sich ein ähnliches Bild ab, der Kandidat der AfD erhielt 17,8 Prozent der Stimmen, die „Freien Sachsen“ 10 Prozent. Auf Platz eins und zwei Kandidaten der CDU und der Freien Wähler. In Niederfrohna kommt der ehemalige Zwickauer AfD-Stadtrat Frank Neufert, der für die „Freien Sachsen“ als Bürgermeisterkandidat antrat, mit 8,1 Prozent auf den dritten von drei Plätzen. Jens Hinkelmann (CDU) gewinnt mit 83 Prozent.
In Oelsnitz im Erzgebirge findet der zweite Wahlgang am 3. Juli statt. Hier hat Frank Czyba mit 33,3 Prozent die meisten Stimmen erreicht. Von Czyba, der für die Freien Wähler antrat, waren vor der Wahl Fotos von 2016 und 2018 aufgetaucht, auf denen er vor einer Bar posierte, in der Flachen mit Hakenkreuzen, Hitler-Bildern und anderen NS-Devotionalien zu sehen waren. Im Interview mit der Freien Presse sagte er, dass er „mit gewissen Gesinnungen – ob nun rechts oder links – nichts am Hut“ habe.
Die AfD und die „Freien Sachsen“ konnten keine Posten ergattern oder mehr Einfluss in den Kommunen gewinnen. Aber zur Wahrheit gehört leider auch, dass in Sachsen und auch in Thüringen offenbar viele Bürger:innen unbeirrt rechtsextrem wählen. So verlor bei der Bürgermeisterwahl in Dohna zwar die „Freie Sachsen“-Kandidatin Ulrike Böhlke gegen den CDU-Kandidaten Ralf Müller, aber trotzdem erhielt sie 30,1 Prozent der Stimmen und fuhr damit das beste Ergebnis für die Neonazi-Partei ein. 30 Prozent der Stimmen für eine Rechtsaußen-Sammelbewegung, die von NPD-Kadern gegründet wurde. In Zwönitz konnte sich ebenfalls der CDU-Kandidat mit 74,7 Prozent der Stimmen durchsetzen. Gegenkandidatin Klaudia König erhielt aber 25,3 Prozent der Stimmen. Ein Viertel der Stimmen geht also an eine Frau, die vor Ort die demokratiefeindlichen „Montagsspaziergänge“ organisiert und im Reichsbürger:innen-Milieu aktiv ist. Noch klarer wird das Bild beim Blick über die Landesgrenzen hinweg, denn auch in Thüringen wurde gewählt. Auch hier richten die Stimmen für Rechtaußen-Kandidat:innen nicht für Mandate und trotzdem bleiben die Ergebnisse hoch. Besonders drastisch zeigt sich das in Kloster Veßra im Kreis Hildburghausen. Hier kandidierte der Neonazi und Rechtsrock-Unternehmer Tommy Frenck für das Bürgermeisteramt. Frenck unterlag zwar deutlich dem Amtsinhaber Wolfgang Möller, trotzdem konnte er fast 30 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen. Frenck ist ein einflussreicher Netzwerker unter Rechtsextremen und war Mitveranstalter des Rechtsrockfestivals in Themar 2017. Für ein Drittel der Bürger des thüringischen Ortes offenbar kein Ausschlusskriterium.
Dass unter den Gewinner:innen der Kommunalwahlen praktisch keine Rechtsaußen-Kandidat:innen sind, ist also nicht so ein großer Grund zur Freude, wie nach dem ersten Blick gedacht. Manchmal auf Platz zwei und manchmal noch etwas dahinter sammeln Rechtsextreme und Neonazis trotzdem weiter Stimmen und normalisieren auch auf diesem Weg menschenfeindliche Ideologien. Diese Strategie wird weitergeführt werden. Tommy Frenck schwört seinen Telegramkanal noch am Wahlabend auf die Zukunft ein: „Wenn ihr die Möglichkeit habt, dann tretet zu den Wahlen an, nehmt den Etablierten so viele Stimmen wie möglich weg“.