Schaut man sich YouTube-Videos aus der neurechten Szene an, oder stöbert man durch einschlägige Profile von zentralen Akteur:innen der sogenannten „neuen“ Rechten auf Instagram, fällt auf, sie scheinen ein neues Lieblingslabel zu haben: „Peripetie – die Kleidermarke für Konservative und Patrioten!“. Die Marke existiert bereits seit 2019. Großen Teilen der rechtsextremen Szene wurde das Label wohl durch eine Kooperation mit dem rechtsextremen Rapper Christoph Zloch (Chris Ares) bekannt, der seit 2020 immer wieder in Klamotten des neurechten Labels poste. Zloch ist mittlerweile von der Bildfläche verschwunden. Wie gern die „neue” Rechte Intellektualität bemüht, zeigt sich im Namen des Labels: „Peripetie” kommt aus der Theatertheorie und meint einen entscheidenden Wendepunkt in der Handlung.
Das Markensymbol, ein stilisierter aufsteigender Phönix, wird in verschiedenen Größen auf Polohemden, Shirts, Mützen, oder Beuteln angeboten, ab einem Bestellwert von 100 Euro bekommen Kund:innen eine Deutschlandflagge gratis dazu. Die günstigsten Shirts gibt es für knapp 30 Euro. Was „Thor Steinar” für die Neonazi-Szene ist, möchte „Peripetie“ für die „neue“ Rechte sein und damit scheinen sie auch erfolgreich.
Laut Handelsregister startete die Firma im Juli 2019 mit einem Kapital von 27.000 Euro, so Spiegel Online. Hinter der „Peripetie“ GmbH aus Hochdorf stecken zwei Personen: Harald Kendzia aus dem baden-württembergischen Göppingen und Florian Gräßle aus dem nahgelegenen Hochdorf. Während Harald Kendzia eher für das Geschäftliche zuständig ist, scheint Florian Gräßle laut Impressum der Verantwortliche von „Peripetie“ in Hochdorf zu sein. Er ist es wohl auch der die rechte Ideologie einfließen lässt. Politisch trat Gräßle bereits im Juni 2016 in Erscheinung, als Schatzmeister des AfD-Kreisvorstandes Esslingen, so das Recherche-Kollektiv „Identitäre in Bochum“. Später wurde er dann Mitglied der Jungen Alternativen (JA), der Jugendorganisation der AfD und vertrat seinen Kreisverband beim AfD-Parteitag 2019 in Braunschweig.
Nach der Gründung von „Peripetie“ im Sommer 2019, musste Gräßle zunächst noch selbst als Fotomodell für seine Marke herhalten. Später übernehmen dies andere Personen aus der „neuen“ Rechten wie der AfD-Politiker Jan Nolte oder die beiden identitären Rapper Christoph Zloch (Chris Ares) und Kai Naggert (Prototyp). Prominentestes Werbegesicht der Marke ist aber wohl Björn Höcke. Auf drei Bildern auf seinem Instagram-Account posiert er einmal lässig in der Hocke in einem Poloshirt der Marke, ein andermal in einem „Peripetie“ -Pullover an einem Baum. „Trage, was Du fühlst!“, heißt es in der Bildbeschreibung.
„Peripetie“ als Teil der metapolitischen Strategie der „neuen“ Rechten
In einem Interview eines extrem rechten Mediums mit den Machern von „Peripetie“ ordnen sie die politische Agenda hinter dem Label ein:
„Die Neue Rechte braucht Präsenz im kulturellen Raum. Besonders die Entwicklung der eigenen Jugendkultur, mit eigener Musik, eigener Mode schafft in unserer individualisierten Zeit die wichtige Symbolkraft eines Zugehörigkeitsgefühls. Wir müssen, um als politische Bewegung erfolgreich zu sein, auch die vorpolitischen Räume besetzen.“
Diese Strategie, die vorpolititschen Räume zu besetzen, heißt Metapolitik. Sie ist ein zentrales Element der Ideologie der „neuen“ Rechten. Mit unterschiedlichen Angeboten, möchten sie in alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens eindringen. Es geht darum, der Anhängerschaft einen eigenen Kosmos an Inhalten anzubieten, der rechtsextreme Ideologie normalisiert. Hauptaugenmerk liegt hier auf jungen Menschen. Zum Repertoire des neurechten Angebots gehören zum Beispiel eigene Influencer:innen, ein Musik-Angebot, besonders rechtsextreme Rapper:innen stehen hier im Vordergrund, neurechte Magazine und Bücher, Computergames, eine eigene Online-Uni und nun mit „Peripetie“ wieder ein eigenes Klamotten-Label, sodass die rechte Anhängerschaft sich nicht mehr bei der „links, gutmenschlich orientierten Bereicherungsmafia“ eindecken muss. Durch dieses vermeintliche unpolitische Label sollen junge Menschen an die extrem rechte Szene herangeführt werden. Und Menschen die bereits Teil der Szene sind, können mit dem Tragen der Klamotten ihren rechten Lifestyle feiern.
Dabei muss gesagt werden, dass „Peripetie“ nicht das erste Kleidungs-Angebot von der Szene für die Szene ist. Bereits mit der Marke „Phalanx Europa“, boten Aktivist:innen der sogenannten „Identitären Bewegung“ (IB) ideologisch aufgeladene Kleidungsstücke an. Da die IB jedoch kaum noch jemanden darüber hinwegtäuschen kann, dass es sich bei ihr um eine gewaltbereite rechtsextreme Gruppe handelt, dürfte die Marke kurz vor ihrem Ende sein. 2019 wanderte der Onlineshop „Phalanx Europa“ von Österreich nach Deutschland. Patrick Lenart, Betreiber von „Phalanx Europa“, und Identitären-Chef Martin Sellner waren im Frühjahr 2019 ins Visier der Ermittler:innen geraten. Es gab Hinweise darauf, dass über „Scheinvereine“ Löhne an Sellner, Lenart und weitere Identitäre geflossen sein sollen.
„Peripetie“ will eine Nische besetzen und ein unverfängliches Angebot für die extreme Rechte schaffen
Im Interview bemängeln die Macher von „Peripetie“, dass im „patriotischen Lager“ beliebte Marken „von den Linken und auch der Antifa vereinnahmt“ wurden. Und tatsächlich, die Marken Lonsdale zum Beispiel galt lange Zeit als beliebtes Label in der klassischen Neonazi-Szene. Ihr Schriftzug ergibt bei halb geöffneter Jacke die Buchstabenkombination NSDA, also beinahe NSDAP. Durch gezielte Kampagnen, gelang es Lonsdale jedoch sich ein antirassistisches Image aufzubauen und so sank die Beliebtheit der Marke unter Neonazis. Diese Nische will nun „Peripetie“ wiederbesetzen, mit einem unverfänglichen Logo und ohne direkte politische Aussage.
Aktueller Markenbotschafter, nachdem Chris Ares sein Rapper-Karriere für beendet erklärt hat, ist der Schweizer Neonazi und Corona-Leugner Ignaz Bearth. Beinahe täglich veröffentlicht er Videos auf seinem YouTube-Kanal, den fast 54.000 Menschen abonniert haben. Darin trägt er nun immer Polo-Hemden mit einem verschlungenen Phönix auf der Brust, von „Peripetie“.