Die einzige Partei, die maßgeblich Stimmen dazu gewonnen hat, ist bei der Landtagswahl 2021 die CDU. Sie hat 7,3 Prozent mehr Stimmen geholt. Die AfD hat dagegen 3,5 Prozentpunkte verloren. Die Linke ebenfalls 5,3 Prozent verloren, die SPD 2,2. Lediglich die FDP konnte 1,5 Prozent gut machen, die Grünen haben 0,7 Prozent dazu gewonnen. Zum ersten mal ist die Partei „Die Basis“ aus dem verschwörungsideologischen „Querdenken“-Milieu angetreten, erhielt aber lediglich 1,5 Prozent der abgegeben Stimmen, ähnlich erging es WIR2020 aus dem gleichen Spektrum, die aber nur 0,2 Prozent der Stimmen erhielten. Andere Parteien aus dem rechtsalternativen bis rechtsextremen Spektrum konnten kaum Wähler:innen überzeugen. Nur 160 Menschen in ganz Sachsen-Anhalt gaben ihre Erststimme der NPD. Zweitstimme erhielten die Rechtsextremen fast 3.000. Damit kommen sie auf einen Stimmenanteil von 0,3 Prozent. Die Liberal-Konservativen Reformer (LKR), eine Partei, die von Bernd Lucke nach seinem Austritt aus der AfD gegründet wurde, erhielt insgesamt lediglich 473 Stimmen, weniger als 0,1 Prozent.
Besorgniserregend sind die Zahlen nicht nur, weil mehr als 20 Prozent der Wähler:innen ihre Stimme einer rechtsradikalen Partei gegeben haben, die für antiemanzipatorische Werte steht, sondern auch mit Blick auf die Verteilung in den einzelnen Altersgruppen und nach Geschlecht. Bei den 18-24-Jährigen liegt die AfD mit 17 Prozent nur ein Prozent hinter der CDU (immerhin erreichen aber auch die Grünen hier 14 Prozent). Zählt man nur die männlichen Befragten, liegt die AfD mit 20 Prozent vorne, gefolgt von CDU (18 Prozent) und FDP (16 Prozent). Bei den 25-34-Jährigen sieht es am düstersten aus. Insgesamt liegt die AfD hier mit 27 Prozentpunkten vor der CDU (22 Prozent) und ist die stärkste Kraft in der Altersgruppe. Bei den männlichen Befragten in diesem Alter sind die Zahlen noch extremer. 31 Prozent haben die AfD gewählt und damit zehn Prozent weniger als CDU (21 Prozent). Aber auch bei Frauen ist das Ergebnis erschreckend. Die CDU liegt in der Altersgruppe nur mit zwei Prozentpunkten vor der AfD, die von 22 Prozent der Frauen zwischen 25 und 34 gewählt wurde.
Reiner Haseloff, der CDU-Ministerpräsident des Landes, hatte von Anfang an eine Koalition mit der rechtsradikalen AfD ausgeschlossen und seinen Wahlkampf auch gerade auf dieses Thema ausgerichtet. 87 Prozent der CDU-Wähler:innen sprechen sich gegen eine Koalition mit der AfD aus, nur 11 Prozent dafür. Umgekehrt sieht es bei den Wähler:innen der AfD aus. Ganze 91 Prozent erhoffen sich eine Koalition mit der CDU. Obwohl die AfD auch diesmal wieder versucht, sich selbst und ihre Wähler:innen als „konservativ“ zu verkaufen, also an einem Narrativ einer „konservativen Mehrheit“ bestehend aus CDU und AfD strickt, scheint die Brandmauer nach Rechtsaußen weiterhin zu halten.
Die Umfragen zeigen auch, dass die Wähler:innen aller Parteien in Sachsen-Anhalt in der Mehrheit davon ausgehen, dass „Ostdeutsche von der Bundespolitik nicht ausreichend berücksichtigt werden“. Bei der CDU sind es 57 Prozent, bei den Grünen 57 und bei der SPD 59 Prozent. Am höchsten fällt die Zustimmung bei AfD und Linken aus. 80 Prozent der Linken- und 81 Prozent der AfD-Wähler:innen fühlen sich als Ostdeutsche zu wenig berücksichtigt.
Ohnehin fühlen sich die Wähler:innen der Rechtsradikalen benachteiligt. 41 Prozent von ihnen glauben, dass sich in ihrer Gegend „die Lebensumstände in den letzten Jahren verschlechtert“ hätten. Die Wähler:innen aller anderen Parteien sehen das größtenteils anders. Nur 20 Prozent der Linken-Wähler:innen sind der gleichen Meinung, 16 Prozent bei FDP, 12 bei SPD und neun bei Grünen und CDU. Folgerichtig fühlen sich 44 Prozent der AfD-Wähler:innen als „Verlierer“. Auch damit sind sie Spitzenreiter, im Vergleich zu etwa SPD- (24 Prozent) oder Grünen-Wähler:innen (18 Prozent).
Selbst bei den AfD-Wähler:innen scheint die Legende von der Protestpartei langsam zu kippen. Immer weniger Wähler:innen behaupten, aus „Enttäuschung von anderen Parteien“ AfD zu wählen (49 Prozent, minus 15 im Vergleich zu 2016), sondern wählen aus „Überzeugung für meine Partei“ (44 Prozent, plus 17 im Vergleich zu 2016). 70 Prozent der Wähler:innen geben dann auch an, dass sie sich wegen des Programms für die Partei entschieden hätten. Dadurch wird deutlich, dass ein massiver Wähler:innen-Anteil für demokratische Positionen nicht mehr erreichbar ist, und sich stattdessen lieber auf rassistische, antisemitische, frauen- und menschenfeindliche Positionen zurückzieht.