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Landtagswahl Was passiert, wenn die AfD in Sachsen Gesetze durchsetzen kann?

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Der sächsische Landtag in Dresden. (Quelle: Wikimedia / Geo-Loge / CC BY-SA 3.0)

Die AfD-Landtagsfraktion in Sachsen unter dem Vorsitz von Jörg Urban möchte einiges in der Landesgesetzgebung Sachsens ändern – und schreibt dazu fleißig Gesetzesentwürfe. Bevor ein Gesetz verabschiedet wird, durchläuft es ein mehrstufiges Verfahren. 

Quelle: Landtag Sachsen (https://www.landtag.sachsen.de/de/landtag/grundlagen/gesetzgebung-95.cshtml)

 

Wenn am Ende des Verfahrens das Gesetz angenommen wird – mit Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten in der Bundesgesetzgebung oder mit einfacher Mehrheit der Stimmen bei vielen Landesgesetzen – dann tritt es in Kraft. Bisher ist die AfD in Sachsen weit davon entfernt, so viel Zustimmung für ihre Gesetzesentwürfe zu erhalten. Sie hat bisher 9 Sitze im Landtag von insgesamt 126, kann also bisher rund 11 % der Stimmen erhalten, wenn alle AfD-Abgeordneten zustimmen. Die Landtagswahlen können diese Kräfteverhältnisse allerdings deutlich verschieben.

Welche Gesetze möchte die AfD-Fraktion Sachsen aktuell durchsetzen?

Bye, bye, Demokratieerziehung – die steht dann unter Strafe

Da ist etwa das „Gesetz zur Herstellung von Chancengleichheit der Parteien im politischen Wettbewerb im Freistaat Sachsen“, eingereicht am 07.05.2019.

Link zum Gesetzesentwurf: https://donotlink.it/B77GA 

Worum geht es?

Die AfD stört sich an „ungeregelter, ‚wilder‘ Politikfinanzierung“, die sie gegen die „Chancengleichheit der Parteien“, also gegen sich selbst gerichtet, sieht. Was soll das heißen? Die AfD will per Gesetz unterbinden, dass das Land Initiativen fördert, die sich mit „staatspolitischer Meinungs- und Willensbildung, Demokratieerziehung oder Formen politischer Bildung oder Information“ beschäftigt. Also: Keine Vereinigungen, Stiftungen und Institutionen, die sich für Demokratiererziehung einsetzen, wie etwa das „Netzwerk Tolerantes Sachsen“, das gefördert mit Landesmitteln Demokratieinitiativen im ganzen Bundesland unterstützt. 

Übrigens reicht Ihnen das noch nicht: Außerdem soll verboten werden, dass solche Angebote mit Bundesmitteln oder Geld von „ausländischen Staaten“ finanziert werden. Sollten diese Gelder angenommen werden, droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren.

Da sich die AfD kein Szenario vorstellen kann, in dem sie von Demokratiebildung nicht benachteiligt würde, gibt es für sie „keine Alternative zum grundsätzlichen Verbot.“ AfD und Demokratie passt also für die AfD offenkundig nicht zusammen.

Folge: 

Es gäbe keine Angebote der Demokratieerziehung und politische Bildungsarbeit in Sachsen mehr. Wer versucht, solche Angebote anderweitig als mit Landesmitteln zu finanzieren, dem droht eine Freiheitsstrafe.

Erziehungsgeld? Nur für Menschen, die seit mindestens 10 Jahren in Sachsen leben

Dann gibt es das „Vierte Gesetz zur Änderung des Sächsischen Landeserziehungsgeldgesetzes“, eingereicht ebenfalls am 07.05.2019. 

Link zum Gesetzesentwurf: https://donotlink.it/lppX3 

Worum geht es?

Hier gießt die AfD ihre biologistisch-völkische Weltsicht in ein Gesetz, das eigentlich Familien unterstützen soll. Erziehungsgeld ist die staatliche Unterstützung im Anschluss an das Elterngeld für Menschen, die ihre Kinder länger als ein Jahr zu Hause betreuen wollen. Geht es nach der AfD, kommen in diesen Genuss in Sachsen aber nur noch ganz bestimmte Familien:

„Da das Landeserziehungsgeld vor allem in Sachsen verwurzelten Familien zu Gute kommen soll, wird als ergänzende Anspruchsvoraussetzung geregelt, dass die Leistungsempfänger einen Hauptwohnsitz aktuell in Sachsen haben müssen und zudem einen Hauptwohnsitz für die Gesamtdauer von mindestens 10 Jahren in Sachsen vorweisen müssen.“

Folge: 

Pech also für alle, die mal während der Ausbildungszeit oder für einen Job Sachsen verlassen haben, oder planen, aus anderen Teilen Deutschlands nach Sachsen zu ziehen: Sie bekommen in Sachsen kein Erziehungsgeld mehr. Es sei denn, sie heiraten einen Sachsen oder eine Sächsin: Es reicht, wenn eines der Elternteile seit 10 Jahren in Sachsen wohnt.

AfD bereitet den Austausch ihnen missliebiger Beamter vor

Und das geschieht im „Gesetz zur Abschaffung  des politischen Beamtentums und zur Neuregelung der Rechtsstellung der Staatssekretäre im Freistaat Sachsen“, eingereicht am 25.02.2019.

Link zum Gesetzesentwurf: https://donotlink.it/G99m3 

Worum geht es?

Staatssekretär*innen sind in Sachsen Beamt*innen, und damit auch nach ihrer Entlassung entsprechend abgesichert. Das missfällt der AfD, denn sie möchte offenbar gern einige Beamt*innen in den Ruhestand versetzen und nicht die dafür nötigen Kosten tragen. Denn sie denkt nicht an eine Beendigung des Dienstverhältnisses aus Altersgründen oder fachlichen Gründen. Im Gesetzesentwurf heißt es: 

“Staatssekretäre könnten zu Beamten auf Lebenszeit erklärt werden, ohne dass ein Recht des Dienstherrn auf Versetzung in den einstweiligen Ruhestand besteht. Sie sind jedoch Vertreter der Minister ihres Geschäftsbereichs und haben in dieser Funktion eine Vielzahl politischer Entscheidungen zu treffen. Weiterhin haben sie sicherzustellen, dass die Politik der Regierung im Rahmen der Gesetze in der Verwaltung umgesetzt wird. Sie spielen daher eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der politischen Ziele der Regierung und müssen in Übereinstimmung mit der Regierungspolitik handeln und aktiv dafür eintreten. Soweit dies nicht mehr gewährleistet ist, muss die Entlassung der Staatssekretäre möglich sein, was mit einer Rechtsstellung als Beamter auf Lebenszeit nicht vereinbar ist.“

Das heißt: Die AfD vermutet, dass Menschen, die jetzt Staatssekretär*innen sind, ihre Politik auch dann nicht umsetzen würden, wenn die AfD die die Regierung darstellen würde – und deshalb wollen sie sie entlassen. Soviel zum Thema Berufsverbote. Interessant auch das angestrebte Datum des Inkrafttretens des Gesetzes: der 1. September 2019, Tag der sächsischen Landtagswahl.

Folge: 

Die AfD möchte Staatsbeamte, die ihnen politisch nicht opportun sind, schnellstmöglich und kostengünstig aus dem Staatsdienst entlassen, um auch in der Verwaltung großflächig Anhänger*innen ihrer Politik zu installieren, um ihre gegen Grundgesetz und Menschenrechte gerichtete Politik möglichst widerspruchsfrei umsetzen zu können.

Geschichtsrevisionismus als Feiertag

Und dann ist da noch das „Gesetz zum Schutze des Jahrestages 13. Februar als Sächsischer Gedenk-und Trauertag für die Opfer der Bombenkriege“.

Link zum Gesetzesentwurf: https://donotlink.it/VvvNw 

Worum geht es?

Am 13. Februar 1945 wurde Dresden von den Alliierten bombardiert und dabei großflächig zerstört. Grund für die Bombardierung war die Vernichtungs- und Expansionspolitik des Nationalsozialismus. Die Stadt Dresden pflegt allerdings seit Jahrzehnten ein wenig reflektiertes Gedenken, dass Ursache und Folgen der Bombardierung nicht klar benennt – was unter anderem zu jahrelangen Neonazi-Großdemonstrationen am 13. Februar führte.

Die AfD wünscht sich nun für Sachsen den 13. Februar als Feiertag – ob sie dabei an noch größere Revisionist*innen-Demonstrationen denken? Begründen tun sie den Vorstoß so:

„Ziel des Gesetzentwurfes ist es, ein stilles und würdiges Gedenken an die Schrecken des Bombenkrieges gegen sächsische Städte sicherzustellen. Der Gedenk-und Trauertag wird und soll darüber hinaus aufgrund der hohen Symbolkraft des Namens „Dresden“ zugleich dem mahnenden Andenken an alle Opfer von Bombenkrieg und Massenvernichtungswaffen dienen.(…)“ 

Von den Opfern des Nationalsozialismus lesen Sie nicht nur hier nichts, sondern nirgends im gesamten Gesetzesentwurf.

Folge

Die AfD fördert Geschichtsrevisionismus mit einem Feiertag, der die Täter des Nationalsozialismus zu Opfern umdefiniert – und dürfte damit in Sachsen durchaus auf offene Ohren stoßen, da entsprechende Erzählungen in den Familiengeschichten tradiert sind und in der DDR nicht durch Bildungsangebote aufgearbeitet wurden.

Diese Gesetzesentwürfe zeigen exemplarisch, wohin Sachsens Reise mit der AfD gehen kann: Einschränkungen in der Meinungsbildung und Verbot von politischen Bildung – und das verdrehterweise im Namen der „Chancengleichheit“.

Titelbild: Wikimedia / Geo-Loge / CC BY-SA 3.0

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